Ein runder Tisch rund um die „Menschenrechte im Gefängnis“ fand am Donnerstag, 24. November in der Sorbonne statt. Organisiert wurde der Anlass von der Vereinigung Farapej. Ein dutzend Personen haben ihren „Dialog“ gestört, an dem u.a. Patrice Bourdaret, Direktor des Gefängnisses von Villenauxe-la-Grande (Aube), teilgenommen hat.
Unterbrechungen, Slogans, Transparente, Flyer (siehe unten) und Stinkbomben trafen auf einige komplizenhafte Schmunzler im Publikum und auf eine gegenseitige Feindschaft mit den Organisatoren und ihren Verteidigern.
Während der Staat seine Inhaftierungsmaschine perfektioniert und 33 neue Knäste bauen wird, vermehren wir die Sandkörner in seinen Getrieben.
Solidarität mit allen, die sich im Alltag gegen die Bullen, die Justiz und die Einsperrung auflehnen.
Der verteilte Flyer:
Das Gefängnis ist nicht zu denken, nicht zu verbessern, nicht zu ersetzen, aber zu zerstören!!!
Wir befinden uns heute im Rahmen der „nationalen Tage des Gefängnisses“, eine Woche, die unter anderen von den zentralen Institutionen organisiert wurde, die in den Käfigen des Staates arbeiten. All diese Organisationen, die Seite an Seite mit den Behörden zusammen arbeiten, die für ihr „humanitäres“ Engagement bekannt sind und die uns von der „Solidarität“ und der „Unterstützung“ von Ausgeschlossenen, Vergessenen, Marginalisierten berichten. Scheinbar voll mit edlen Absichten. Unter diesen Institutionen befindet sich beispielsweise das Rote Kreuz, stets an der Seite des Staates, des Militärs, stets zugegen, wenn es darum geht, die Bevölkerung zu „verwalten“, wie zum Beispiel in den zones d‘attente (ZA, z.dt.: Wartebereich), sprich in den Gefängnissen, in denen der Staat die Ausländer und Ausländerinnen einsperrt, denen die Einreise auf das französische Hoheitsgebiet verweigert wurde. Seit 2003 ist das Rote Kreuz darin als Hilfskraft für die Polizei involviert und mit den medizinischen Aspekten sowie der Verwaltung der Inhaftierung beauftragt. Das Rote Kreuz beteiligt sich ebenfalls an der Organisation der Abschiebeflüge und hat sogar (2004 in Amiens) ihre Lokalitäten zur Verfügung gestellt, sodass sie im Anschluss einer Massenverhaftung von dutzenden rumänischen Sans-Papiers als LRA (Locaux de Rétention Administrative, Anm.d.Ü. Kurze Administrativhaft vor der Verlegung in die CRAs oder der Abschiebung) genutzt werden konnten!
Das gleiche gilt für la CIMADE, „association militante depuis 1939“ (z.dt. etwa: aktive Vereinigung seit 1939), die seit den frühen 80er-Jahren „einen Einsatz der Begleitung von Ausländern in den administrativen Haftzentren“ leitet. Wenn man die Unterlagen der Gefangenen betrachtet, sieht man, dass sie die Arbeiten ausführt, die der Staat seit Beginn an loszuwerden versuchte: Während sich der Staat nur noch um die Bewachung der CRAs kümmern muss, führt la CIMADE die Arbeiten des administrativen Dienstes aus, indem sie die guten und die schlechten Akten sortiert.
Mit dem Gefängnis zu arbeiten, um das Gefängnis zu verbessern, sind so auch die expliziten Ziele dieser „Gefängnisberatungsgruppe“ und einer Organisation wie la FARAPEJ, die eine „tiefgreifende Transformation des Gefängnislebens“ vorschlägt und erklärt, „die Funktionsweise der Justiz verbessern“ zu wollen. Dass es allen klar ist; das Problem für all diese Institutionen liegt keinesfalls in der Existenz eines auf kapitalistischer Ausbeutung gestützten Systems, der Grenzen, der staatlichen Herrschaft durch die Uniformen, der brutalen Auferlegung der Autorität über das Leben der Individuen, der Repression von all denen, die nicht den richtigen Weg gehen oder gegen die Ordnung rebellieren. Nein, im Gegenteil, diese vermeintlich humanitären oder aktivistischen Institutionen kollaborieren mit der Verwaltung der Ordnung und sind unabdingbar für sein Funktionieren. Auch wenn sie von der „Abschaffung der Gefängnisse“ sprechen, meinen sie damit ein alternatives Bestrafungs- und Kontrollsystem, wie der Verwendung von elektronischen Fussfesseln oder der Wiedereingliederung durch die Arbeit. Gleichermassen wie die Bullen sind sie Teil der Funktionsfähigkeit und der Kontrolle eines Systems mit den Imperativen: Arbeite! Achte das Gesetz! Respektiere die Autorität der Familie, des Chefs und des Bullen!
Wir wissen natürlich, dass sich unter euch, unter den Leuten, die sich für den Ablauf dieses Events interessieren und ihm folgen, auch solche befinden, die ab der Einsperrung von menschlichen Wesen wirklich angewidert sind und vielleicht sogar solche, die diese Welt des Geldes, der Bullen, der Gitter und der Stacheldrähte verabscheuen. Und dennoch erweist uns hier, direkt vor uns, ein Widerling wie Patrice Bourdaret die Ehre, der Direktor der Haftanstalt Villenauxe-la-Grande. Ein Direktor, der, nach uns, genauso wie seine Gefängnisaufseher, nichts als Verachtung und Hass verdient hat, da genau sie die Direktverantwortlichen für hunderte Suizide in den Knästen, Prügel, Isolierung, Leid, zerstörte Leben von tausenden in den Käfigen des Staates eingesperrten Männern und Frauen sind.
Wir sind für die Zerstörung des Gefängnisses und wir sind solidarisch mit den Revoltierenden inner- wie ausserhalb der Knäste, nicht nur, weil wir gegen den Horror der Inhaftierung sind, sondern weil wir glauben, dass der Knast, genauso wie die Arbeit, einer der Grundpfeiler einer Welt ist, die strukturell auf der Herrschaft, der Gewalt und der Exklusion gründet. Wir sind für die Zerstörung des Gefängnisses, aber auch der Gerichte, der Armee und der Polizei, denn wir tragen eine Welt in unseren Herzen, eine Welt von freien Wesen, eine horizontal organisierte und auf gegenseitiger Hilfe aufgebaute Welt. Unsere Freiheit lässt sich nicht messen, nicht kontrollieren, passt nicht in die Gesetzesartikel des sogenannten „Rechts“, das immer von dem beschlossen und gestaltet wird, der die Macht hat. Wenn es wirklich stimmt, dass wir Träumer sind, dann weil wir nicht auf den Tag einer hypothetischen Revolution warten werden, um die Autorität, seine Käfige, seine Schergen und seine Erziehung zu bekämpfen.
Es lebe die Revolte, es leben die Meutereien, es leben die Ausbrüche!