Archiv der Kategorie: Besetzungen

Lesbos, Griechenland: Mitglieder der Kommunistischen Partei räumen besetztes Haus

übersetzt von clandestina

Gestern, 10. November räumten Mitglieder_innen der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE), die Rolle der Riot Polizei spielend, mit Gewalt ein von Flüchtlingen und Migrant_innen besetztes Haus zur vorübergehenden Unterkunft. Das ehemalige „Arbeiter_innen Zentrum“ wurde letzten Samstag, 07. Novemember besetzt. Das Haus war über mehrere Jahre leer. Die Kommunistische Partei, die das Zentrum kontrolliert, nutzte es aber als Lagerraum.

Flüchtlinge und Migrant_innen sind gezwungen, in den Strassen von Lesbos zu schlafen, während sie auf Papiere warten, um nach Athen zu reisen und von da in den Norden Europas.

In diesem Video sieht man die Reaktionen der solidarischen Menschen, die die Räumung des Squats beobachteten:

 

Lesbos, Griechenland: Gebäude besetzt und weitere Neuigkeiten

übersetzt von clandestina

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Gestern (07.11.15) besetzten Migrant_innnen das alte „Arbeiter_innen Zentrum“ in Mytilini. Das Zentrum war in den letzten Jahren geschlossen. In den letzten Tagen lebten tausende Menschen im Hafen und in den Strassen und warteten auf die Schiffe, die allerdings von den Arbeiter_innen bestreikt wurden. Dies ist eine selbst-organisierte Initiative von Migrant_innen und wird von lokalen Gruppen unterstützt.

ein paar weitere Neuigkeiten aus Griechenland

Die letzten Tage vor dem Protest gegen den Zaun bei Evros waren, wie ihr vielleicht mitbekommen habt, die tödlichsten in der Geschichte der Ägäis. 86 Personen sind gestorben oder werden vermisst. Während den ersten zehn Monaten des Jahres 2015 sind mehr als 454 Migrant_innen gestorben oder werden immernoch vermisst.

Alles, was wir tuen, erscheint so klein, gleichzeitig aber so notwendig.

Die griechische Regierung ist entschlossen, den Zaun bei Evros nicht zu entfernen. Stattdessen wollen sie Verhandlungen mit der türkischen Regierung starten, um eine von hohen EU-Offiziellen vorgeschlagene „Vereinbarung“ zu treffen. Vor drei Tagen begleitete Alexis Tsipras den Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz zu einem Besuch auf der Insel Lesbos.

Lokale Anarchist_innen besetzten das Ratshaus und brachten ein grosses Transparent („Die Ägäis ist voll mit Leichen von Migrant_innen. Europäer_innen sind auch Mörder_innen“) an, das an den altbekannten linken „anti-Amerika“-Spruch „Amerikaner_innen, ihr Mörder_innen“ angelegt ist.

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Als Tsipras und Schulz auf der Insel eintrafen, warteten auch andere Protestirerende auf die Beiden.

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Die Bewegung in Lesbos unterstützte auch den Protest am 31. Oktober: Anarchist_innen und radikale Linke organisierten eine grosse Demonstration, bei der auch viele Migrant_innen teilnahmen. Bei dieser Demo, gleich wie in Evros vor ein paar Tagen, waren die Mitglieder_innen von Syriza nicht akzeptiert.

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Auf dem nächsten Foto sieht man ein Transparent von Anarchist_innen mit der Aufschrift: „Die Ägäis ist ein Friedhof. Die Mörder_innen werdenbezahlen!“

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Letzten Freitag (06. Novemeber) verhinderten 400 Kamerad_innen den Protest eines faschistischen „Nachbarschafts Komitees“ gegen die Präsenz von Migrant_innen beim Victoriaplatz. Viele Migrant_innen nutzen diesen Platz für ein oder zwei Tage Pause auf ihrem Weg raus aus Griechenland. Die Faschist_innen von Athen versuchten unter den Nachbar_innen eine Anti-Migrant_innen Hysterie zu kreieren, hatten aber nur mässig Erfolg. Nur 40 Menschen folgten dem faschistischen Aufruf.

Die nächste „grosse Sache“ (nach dem Protest in Evros) wird eine Demonstration am 21. November in Athen sein. Gleichzeitig finden lokale Proteste und Infoveranstaltungen in ganz Griechenland statt.

Weiteres Video vom Protest in Evros vom 31.10.15 (gefunden auf act for freedom)

 

Calais: Sturm auf den Tunnel

übersetzt von calaismigrantsolidarity

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Gestern Nacht (02.10.15) durchbrochen etwa 200 Personen ohne Papiere den Stacheldrahtzaun und strömten in den Tunnel unter dem Ärmelkanal, um nach England zu gelangen. Nach Berichten der Autoritäten wurden einige 16 km vor dem Ausgang gestoppt (der Tunnel ist insgesamt 50.45 km lang. Immer wieder werden Menschen, denen es gelingt, durch den Tunnel zu laufen, in England verhaftet und vor Gericht gestellt). Unklar bleibt, ob es auch einige geschafft  haben.

Der Tunnel war die ganze Nacht geschlossen, was, als der Verkehr über den Hafen umgeleitet wurde, dazu führte, dass durch den verursachten Stau einige in die Lastwagen steigen konnten. Um 08.30 Uhr (03.10.15) kam es zu einem erneuten Stau, als Sans-Papiers Barrikaden auf der Schnellstrasse oberhalb des Jungles errichteten, was wiederum einigen erlaubte, in die Wagen zu gelangen. Seltsamerweise waren nur zwei Wagen der Gendarmerie vor Ort, völlig machtlos, die Sans-Papiers zu stoppen.

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Leider führten diese gewagten Aktionen zu 100 Verhaftungen im Tunnel und sieben Verletzungen.

Die Gewerkschaft der französischen Polizei veröffentlichten unterdessen ein Statement, welches die „Anarchisten“ für die „Koordinierung“ dieser Offensive auf den Tunnel beschuldigt. Wir können nur folgendes dazu sagen:

Die kollektiven Aktionen in der letzten Nacht und am Morgen, sowie andere Offensiven in den letzten Wochen, wurden von Menschen ohne Papiere selbst organisiert. Menschen von Afrika oder Asien brauchen keine europäischen Anarchisten, um sich anzustiften oder organisieren zu lassen. Dies sind Menschen, welche Revolutionen und Kriege erlebt haben und gefährliche Wege auf sich genommen haben, was nicht nur individuellen Mut, Initiative und Ausdauer erfordert, sondern auch kollektive Solidarität und Selbstorganisation. Dies zu sagen ist also beleidigend und zu tiefst rassistisch. Wir „No Borders“, Anarchisten und andere sind stolz darauf, unsere Solidarität mit unseren Freunden ohne Papiere auszudrücken. Doch diese Aktionen sind ihre Aktionen. Sie brauchen uns nicht, um sie anzuführen oder ihnen zu zeigen, wie man kämpft.

Wieso sträuen die Autoritäten und die Medien solche Anschuldigungen? Von Menschen ohne Papiere koordnierte kollektive Aktionen gegen die Grenzen sind sehr kraftvoll. Über ganz Europa haben solche Aktionen in den letzten Wochen zugenommen und wurden intensiver. Dies erschreckt diejenigen, welche die „Festung Europa“ aufrechterhalten wollen. Doch Aktionen von Migranten alleine werden wohl nicht reichen, das mörderische Grenzeregime wirklich ins Straucheln zu bringen. Unsere Kraft wird am stärksten, wenn Menschen mit und ohne Papiere zusammen kämpfen. Es scheint, als würden die Autoritäten genau das verhindern wollen: Ihr Ziel ist es, den Kampf der Migranten zu isolieren, sie unsichtbar und fremdartig erscheinen zu lassen und sie in den Ghettos auserhalb der Stadt einzusperren. Unsere Solidarität zu dämonisieren und kriminalisieren ist ein Schachzug in diesem Spiel. Es wird ihnen nicht gelingen.

Al shab yurid iskat al-hudud. Die Menschen wollen die Grenze niederreissen.

Ventimiglia, Italien: No Borders Camp geräumt

übersetzt von rabble

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Am Mittwoch Morgen (30. September 2015) räumte die italienische Polizei das 200 Personen umfassende No Borders Camp an der Grenze zwischen Frankreich und Italien. Das Camp wurde im Juni als Antwort auf die Schliessung dieser Grenze eingerichtet. Die Bewohner_innen verschoben sich auf die Steine an der Küste, um die Räumung zu erschweren, wurden allerdings von den Bullen umstellt und für mehrere Stunden dort festgehalten, während – wie in Calais mittlerweile üblich – Bulldozers eingesetzt wurden, um die Zelte und Habseligkeiten zu zerstören.

Nicht-Europäische Migrant_innen wurden in ein Camp des Rotes Kreuzes gebracht, die Europäer_innen wurden für illegale Besetzung von öffentlichem Grund verhaftet.

In ganz Italien fanden bereits Solidaritäts-Demos und Aktionen statt.

Lampedusa

Lyon

Renens, Waadt: Neue Besetzung des Kollektivs Jean Dutoit

übersetzt von renversé

Wir haben heute (22. September) um den Mittag herum die Schule an der Route de Berne 50 verlassen, um in Begleitung einer Gruppe Sympathisant_innen ein neues Gebäude (noch grösser!) zu besetzen.

Angesichts des rechtlichen Status der meisten unter uns ist die Besetzung die einzige Möglichkeit, einen Unterschlupf für den kommenden Winter zu finden. Aufgrund aller genannten Gründe in unserem Kommuniqué vom 20. September und weil die Debatte von den kantonalen Autoritäten laufend zurückgewiesen wird, haben wir uns in der ehemaligen Halle von Heineken (Eigentum des Kantons) eingerichtet.

Im Wissen, dass die nötige Baugenehmigung noch nicht erteilt und noch kein Datum für den Beginn der Baustelle festgelegt wurde, nehmen wir diesen Raum in Anspruch, bis eine andere Lösung gefunden wird.

Uns von einem Ort zu jagen, wird uns nicht verschwinden lassen… ein Ort, der sich leert, ein anderer, der sich füllt. Zögert nicht uns zu besuchen und unseren Kampf zu unterstützen. Weitere Infos folgen…

Zusatz: Die Polizei hat einen Sicherheitsabstand um das Haus gezogen und verhindert so die Zufahrt. Wenn sich die Einsatzkräfte (Gendarmerie, Polizei von Lausanne und Renens) weiter ausbreiten, befürchten wir eine Räumung der Unterkunft. Eine solche Operation wäre sehr dramatisch, angesichts unseres Versuchs, mit den zuständigen Autoritäten in Diskussion zu treten.

Berlin: Solidarität muss politisch werden

gefunden auf linksunten

Diese Foto veröffentlichten die Aktivisten auf Twitter.

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben heute Morgen das Gebäude in der Englischen Straße 20 besetzt, weil wir denken, dass wir so auf unser Anliegen aufmerksam machen und ganz nebenbei auch noch ein paar Schlafplätze zur Verfügung stellen können.

Zunächst wollen wir die unhaltbaren Zustände auf dem Berliner Lageso Gelände ansprechen. Nach unserer Meinung wird hier gerade ein Notstand inszeniert, der in dieser Form nicht gegeben ist oder den es so nicht geben müsste. Wenn es ein Staat innerhalb von wenigen Stunden schafft mehrere Milliarden Euro zu mobilisieren, um ein paar Banken zu retten, dann können wir uns beim besten Willen nicht vorstellen, dass derselbe Staat mit der Unterbringung von einigen 10.000 Flüchtlingen nicht zurecht kommt. Zudem muss man sehen, dass auch in diesen Zeiten jede Menge Gebäude leer stehen, weil sie gar nicht zum Wohnen gedacht sind, sondern als Spekulationsobjekt dienen und eben nicht denen zur Verfügung stehen, die ein Dach über dem Kopf brauchen, sondern denen, die ein Geschäft damit machen wollen. Das ist eine der Absurditäten dieser Wirtschaftsordnung, in der wir leben und mit der wir nicht einverstanden sind. Tagtäglich werden Menschen vor dem Lageso abgewiesen oder bekommen Gutscheine für Hostels ausgestellt, die schon lange keine Gültigkeit mehr besitzen, weil das Lageso schon seit Februar die Hostel Rechnungen nicht mehr bezahlt hat. Aus diesem Grund haben wir uns entschlossen das Gebäude …. Zu einer Notunterkunft für 50 Personen auszubauen, um zu zeigen, dass man das Problem auch anders lösen könnte, hätte man den entsprechenden politischen Willen. Wir fordern alle Menschen dazu auf, dieses Projekt zu unterstützen und ähnliche Projekte in die Tat umzusetzen.

Darüber hinaus wollen wir aber auch noch darauf aufmerksam machen, dass es mit humanitärer Hilfe allein nicht getan ist. Es ist wirklich wunderschön zu beobachten, mit wie viel Solidarität ein großer Teile der Bevölkerung den ankommenden Geflüchteten begegnet, wie herzlich die Menschen aufgenommen werden und wie hilfsbereit die Menschen sind, wenn es darauf ankommt. Parallel dazu wissen wir aber auch, dass zur gleichen Zeit schon wieder an der nächsten Aufenthaltsrechtsverschärfung gearbeitet wird. Während die Bundeskanzlerin Flüchtlinge umarmt und streichelt, erwägt Innenminister Thomas de Maiziere eine Grundgesetzänderung, um der Flüchtlingsströme Herr zu werden. Ist die letzte Bleiberechtsverschärfung erst im letzten Monat in Kraft getreten, mit der Androhung Tausende von Geflüchteten in Abschiebehaft zu nehmen, wird hinter vorgehaltener Hand schon an der nächsten gearbeitet und der „nationale Notstand“, „die humanitäre Katastrophe“ instrumentalisiert. Einmal, um zu zeigen, dass nicht alle Deutschen so sind, wie diejenigen, die mit ausländerfeindlichen Sprüchen im Netz und dem Molotowcocktail in der Hand gegen Ausländer hetzen und die es nach wie vor gibt und zweitens, um gleichzeitig klar zu machen, dass man dann aber eben doch nicht alle aufnehmen kann. Diejenigen, denen unterstellt wird, dass Armut kein Fluchtgrund sei und die nach Politker_innen Rhetorik nur kommen „um uns auszunutzen“ müssen dann eben wieder abgeschoben werden. Kalt und pragmatische, wird in gute und schlechte Flüchtlinge unterschieden, in „begründete“ und „unbegründete“ Fluchtgründe, um auch weiterhin die abschreckenden Grenzsicherungsmaßnahmen am Rande Europas aufrecht erhalten zu können. Anlagen, die nun von einigen verzweifelten Menschen überrannt wurden und die nun dafür mit Willkommenskultur überschüttet werden. Auch das, ein zutiefst grotesker Umstand. Man errichtet jede Menge Hindernisse, um dann all jene dafür zu feiern, wenn sie diese Hindernisse lebend überwunden haben. Irrsinn!

Zumal wir den Eindruck haben, dass es in der Politik auch gar keine Änderungen gibt, geschweige denn ein Umdenken oder neue Ideen. Selbst wenn man für einige Tage das Dublin Abkommen außer Kraft setzt, selbst wenn man am unbedingten Überlebenswillen einiger Tausend Menschen scheitert mit seinen Grenzsicherungsmaßnahmen, so besteht kein Zweifel daran, dass die Politik an den althergebrachten Rezepten festhalten will und mittelfristig darauf setzt, die Flüchtlingsströme noch vor den Toren Europas zu stoppen. Oder man spricht darüber, dass man die Fluchtursachen bekämpfen möchte, in dem ein paar Bomben abwirft, um Frieden zu schaffen, oder die Wirtschaftshilfe ankurbelt, um auch südlich der Sahara oder auf dem Balkan eine funktionierende Marktwirtschaft zu errichten. Gleichzeitig stellt man aber seine unbezwingbare Marktmacht zur Schau und exportiert Waffen in aller Herren Länder, aber am liebsten dorthin, wo sie dann auch benutzt werden. Auf die Idee, das einfach mal sein zu lassen oder darüber nachzudenken, wie die Dinge des täglichen Bedarfs in einer gemeinschaftlichen, kooperativen Weise hergestellt werden könnten, ohne laufend einige wenige ökonomische Gewinner aber jede Menge ökonomische Verlierer zu produzieren, kommt offensichtlich niemand.

Aus diesem Grund wollen wir abschließend darauf hinweisen, dass es auch in Zukunft jede Menge zivilgesellschaftliches Engagement bedarf und die Flüchtlingsströme nicht abreißen werden, wenn man nicht mal grundsätzlich etwas ändert.

Da wir aber nicht davon ausgehen, dass die Halsstarrigkeit eines Systems, von dem so gut wie jeder weiß, dass es nicht funktioniert, und das trotzdem immer weiter läuft – dass diese Halsstarrigkeit nicht von dem einem auf den anderen Tag einfach so verschwindet, werden wir die Dinge nun selbst in die Hand nehmen und in diesem Gebäude einen Freiraum schaffen, in dem verschiedene Initiativen und Organisationen eine Bleibe und 50 Menschen zumindest einen Schlafplatz finden.

Wir fordern den Senat dazu auf, unsere Notunterkunft zu unterstützen und weitere Gebäude für ähnliche Zwecke zu öffnen. Wir fordern alle Menschen in dieser Stadt dazu auf, sich ähnliche Gebäude notfalls selbst anzueignen, wenn diese benötigt werden und wenn man weiß, dass da Häuser sind, die nicht gebraucht werden, außer zu Spekulationszwecken.

Wir fordern alle auf, uns und unser Angebot zu unterstützen.
Vergesst die politische Aussagen nicht. Lasst uns solidarisch sein – in der Hilfe und in den Forderungen.

Kein Mensch flieht freiwillig und jeder Fluchtgrund ist politisch.

Ergänzung von Tagesspiegel

(…)
Eigentümer stellt Strafanzeige – Aktivisten sollen aus dem Haus

Um 14.15 Uhr teilte die Polizei mit, dass der Eigentümer der Immobilie Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs gestellt habe und das Räumungsbegehren ausgesprochen habe. Die Polizei forderte die Besetzer auf, bis etwa 14.25 Uhr aus dem Haus zu kommen. „Wenn sie nicht freiwillig herauskommen, gehen wir rein“, sagte eine Polizeisprecherin. 100 Beamte seien vor Ort, um die „Berliner Linie“ durchzusetzen. Auch die Hausbesetzer bekamen Unterstützung von Außen: Mehrere Dutzend Aktivisten hielten sich rings um das Gebäude auf.

Räumung in wenigen Minuten
Um 14.30 Uhr bestätigte die Polizei, dass das Gebäude geräumt worden sei. Minuten vorher hatten die Aktivisten getwittert, dass mit der Räumung begonnen wurde. Offenbar brauchte die Polizei nur wenige Minuten, um das Hausrecht des Eigentümers durchzusetzen.

Nach Angaben der Aktivisten wurden sechs Hausbesetzer festgenommen. Die Polizei bestätigte, dass sich fünf Männer und eine Frau widerstandslos in Gewahrsam nehmen ließen. „Die beiden anderen, die mit auf dem Dach waren, hatten sich offenbar freiwillig entfernt“, spekulierte die Polizeisprecherin. Alle hätten Anzeigen wegen Hausfriedensbruch erhalten.

Hundert Aktivisten bei Spontandemo
Nach der Räumung brachen etwa 100 Aktivisten zu einer Spontandemo auf. Es ging in einem Rundkurs um den Block. Dabei wurden laut Polizei mindestens drei Demonstrationsteilnehmer festgenommen. „Ein Mann wurde wiedererkannt, gegen den bereits ein offener Haftbefehl vorlag“, sagte die Sprecherin. Außerdem seien ein Mann und eine Frau festgenommen worden – die Frau wegen Körperverletzung, Beleidigung und versuchter Gefangenenbefreiung, der Mann wegen Widerstands und Beleidigung. Die genauen Umstände dieser Festnahmen konnten noch nicht in Erfahrung gebracht werden – die Aktivisten kritisierten die „brutalen Festnahmen.“

Per Twitter kündigten die Aktivisten für 19 Uhr eine Kundgebung vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in der Turmstraße an. Eine offizielle Anmeldung ist laut Polizei noch nicht erfolgt. Sie könnte in den kommenden Stunden erfolgen.

Paris: Hungerstreik, Besetzung und Verhaftungen

übersetzt von paris-luttes

Seit der Räumung von la Chapelle am 02. Juni dieses Jahres wurden der Reihe nach verschiedene weitere Camps in Paris geräumt. Ein Teil der Flüchtlinge wurde in Zentren gesteckt, isoliert und teilweise ohne das Mindeste, Andere wurden auf der Strasse gelassen.

40 Migrant_innen, welche am 28. Juli vom Camp de Pajol geräumt wurden und seitdem im Centre Emmaüs untergebracht sind, haben am 11. August 2015 einen Hungerstreik begonnen, um die Bedingungen ihrer Betreuung anzuprangern: ungeniessbares und unzureichendes Essen, keine Hygieneprodukte, keine Fahrkarten, keine administrative Bemühungen und kein Besuchsrecht.

Am Morgen des 12. Augusts wurden die Wasserleitungen ins Zentrum unterbrochen. Die Flüchtlinge entschieden sich, das Zentrum zu besetzen und forderten, dass Bruno Juillard, Zuständiger des Bürgermeisteramtes von Paris, und Pascal Brice, Direktor von OFPRA (französische Behörde zum Schutz von Flüchtlingen und Heimatlosen), ins Zentrum kommen.

Ihre Forderungen lauten:
– Beschleunigung ihrer Asylanfragen durch OFPRA
– würdige Unterkünfte zu erhalten: Ernährung, Hygiene, Fahrkarten, Besuchsrecht

Mit diesen Forderungen konfrontiert, rufte Emmaüs die Polizei, welche vier zur Unterstützung anwesende Personen festnahm. Eine von ihnen ist Asylantragsstellerin.

Der Hungerstreik wurde an diesem Abend unterbrochen. Das Zentrum ist immernoch vom Wasser getrennt.

Solidarität ist kein Verbrechen.

Genf: Gegen die Überstellungen in die Bunkers, Demos, Versammlungen, Besetzung des Theaters Grütli

übersetzt und zusammengefasst von renversé

Am Montag, dem 15 Juni kam die Polizei, um die Bewohnenden des Tattes zu zwingen, sich im Bunker zu begraben. Die überstellten Personen haben alle einen negativen Entscheid für ihre Asylanfrage erhalten. Sie wurden dazu gedrängt ein Dokument zu unterschreiben, welches sie nicht verstehen und verpflichtet, nicht mehr in ihr Heim, in dem sie gewohnt haben, zurückzukehren. Die meisten bevorzugten es draussen zu schlafen, als diese unmenschliche Situation hinzunehmen.

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Mehrere dutzend Menschen von Genf haben sich vor dem Heim von Tattes versammelt, um die Antragsstellenden zu unterstützen und die Überstellungen zu verhindern. Um eine Versammlung vor Ort zu unterbinden, hat das Heim Einsatzkräfte gerufen, welche dann zahlreich erschienen.

Nach mehreren Minuten Streit und Drohungen zogen 300 Flüchtlinge und Menschen aus Genf schreiend durch die Strassen bis zur Kirche Sacré-Coeur. Nach einigen erfolglosen Versuchen Zugang zum Gebäude zu erhalten, entschieden sich die übrigen Menschen, sich in das Theater Grütli zu begeben, um dort die Nacht zu verbringen.

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(On nous met dans des bunkers, on nous fait manger de la merde. Y en a marre! – Man steckt uns in Bunkers, man gibt uns Scheisse zum Essen. Es reicht!)

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Am Dienstag ging die Mobilisierung weiter und die Besetzung nahm Form an. Am Nachmittag kam es von verschiedenen Seiten (Stopbunkers, Solidarité Tattes, parti SolidaritéS, die Grünen Genf und dem Kollektiv Sans retour) zu einem Gespräch mit dem Berater des Departements für Soziales, Mauro Poggia, welcher aber keine Alternative zur Unterbringung in Bunkern sieht. Nach ihm werden in den nächsten Tagen 90 Menschen umgesiedelt. Aufgrund der Missachtung der Autoritäten demonstrierten die Migranten und ihre Unterstützer erneut an diesem Abend. Im Anschluss gab es Essen und eine Versammlung im Grütli.

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Die Besetzer_innen des Grütli haben am Mittwoch ein Manifest verfasst, welches vor Ort unterschrieben werden kann. Darin fordern sie die Wiederrufung der Überstellungen in die Bunkers, die Schliessung der PCi Unterkünfte, die Schaffung von würdigen und humanen Empfangs- und Unterkunftsbedingungen und rufen alle solidarischen Gruppen und Menschen auf, die Bewegung zu unterstützen. (Das ganze Manifest kann hier nachgelesen werden)

Es werden weiterhin helfende Hände (kochen, basteln, transportieren…), Schlafsäcke, Matratzen, Decken, Essen (Gemüse, Beilagen, Früchte…), Besteck und Geld benötigt.

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Für diesen Samstag, 20. Juni wird für eine Demonstration aufgerufen. Treffpunkt: 16 Uhr beim Théatre du Grütli

Räumungen in Calais und Paris

übersetzt von calaismigrantsolidarity und paris-luttes

Heute (2. Juni) räumte die französische Polizei den Squat Galloo und den Jungle in der Nähe des Supermarktes Leader Price. Im Juli 2014 von verschiedenen Zusammenschlüssen, Migrant_innen und Aktivist_innen geöffnet war der Squat Galloo ein Zuhause für teilweise mehr als 300 Menschen. Ein Ort in Calais, wo Menschen sich treffen, essen teilen, Natels aufladen und verbleiben konnten.

Die Bullen umstellten das Gebäude und versperrten alle Ausgänge. Einige berichten, dass 66 Menschen verhaftet und etwa 40 davon ins Internierungszentrum von Coqulles gebracht wurden. Diese Information ist allerdings nicht bestätigt. Securitys bewachen nun den Eingang zum Gebäude.

Beim Leader Price Jungle, welcher in diesem Jahr bereits teilgeräumt wurde, hat eine grosse Anzahl von Gendarmen die Menschen aus ihren Schlafplätzen gezwungen. Auch hier gibt es Berichte von Verhaftungen.

Das neue Zuhause soll nun das Open-Air-Gefängnis am Rande von Calais Jules Ferry Zentrum werden. Die heute Geräumten haben sich dem „freiwilligen“ Umzug vor zwei Monaten zum neuen Zentrum verweigert, zu welchem sie von den Bullen und anderen staatlichen Organisationen gedrängt wurden.

Diese Polizei-Operation war koordiniert mit der Räumung des Jungles in La Chapelle in Paris, in welchem mehr als 400 Menschen gelebt haben. Bei der Räumung wurden alle Zelte der Migrant_innen kaputt gemacht. Einige versuchten am Mittwoch (03. Juni) auf zum Camp zurückzukehren. Das Gelände (im Besitz von Eurovia, Tochterunternhemen von Vinci) wird allerdings von Bullen bewacht. Als sich die Migrant_innen und Solidarische am Donnerstag in der Nähe des ehemaligen Camps versammelten, wurden sie sogleich von den Bullen eingekesselt. Momentan existiert noch ein weiteres Camp von Flüchtlingen am Gare d’Austerlitz. Es wird befürchtet, dass dieses ebenfalls geräumt wird.

Das Ganze geschieht 2 Jahre nach dem Mord an Clément Méric, einem 18 jährigen Antifaschisten, welcher am 05.Juni 2013 auf offener Strasse in Paris von einem Faschisten getötet wurde.