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Das Gefängnis ‹Bässlergut› ist nicht gerade das, was eine freie Gesellschaft auszeichnet

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In den letzten Monaten wurden über 6000 Exemplare des nachfolgenden Flyers in Basler Briefkästen verteilt. Ein weiterer Versuch, eine grundlegende Kritik am Gefängnis- und Ausschaffungswesen und dem Bau des Bässlergut II sichtbar zu machen und zu verbreiten.

Das Gefängnis ‹Bässlergut› ist nicht gerade das, was eine freie Gesellschaft auszeichnet

Sicher hast du in den letzten Monaten mal was dazu gelesen. Nachfolgend eine kurze Übersicht über den Erweiterungsbau, warum es richtig ist dagegen Widerstand zu leisten und über vieles mehr!

Bässler–was? Niemert wöt das! Das im Jahre 2000 erbaute Straf- und Ausschaffungsgefängnis ‹Bässlergut› nahe der deutschen Grenze wird derzeit erweitert. Der Neubau wird 78 Plätze für den regulären Strafvollzug bieten, wodurch im bisherigen Gebäude neu 73 Plätze der Ausschaffungshaft zur Verfügung stehen.
Seit Anfang 2017 versuchen Unbekannte, den Bau direkt und indirekt aufzuhalten. Die Mittel sind vielfältig: Eine Demonstration, verschiedene Diskussionsrunden, Texte und direkte Angriffe (insbesondere Brandanschläge auf Firmenfahrzeuge) haben stattgefunden, um die Beteiligten zu einem Ausstieg aus dem Bauprojekt zu bewegen und um gleichzeitig eine praktische Kritik am Gefängnis- und Ausschaffungswesen zu üben.

Herrschaftssicherig – kennsch? Es wird einem seit Kindheitstagen beigebracht, dass das Gefängnis für Kriminelle gedacht ist. Für Menschen, die weggesperrt werden müssen, weil sie eine Gefahr für unsere Gesellschaft darstellen. Doch die meisten Häftlinge kommen von ‹unten›, das heisst: arm und ohne Privilegien, meistens migrantisch – und/oder mit den ‹falschen› oder gar keinen Papieren.
Gefahr also für wen? Für den Reichtum, der aus mehreren hundert Jahren Kolonialismus und Kriegen stammt. Für das Eigentum, das hierzulande besser geschützt ist als ein (migrantisches) Menschenleben. Für die Reichen also, die nicht teilen wollen. Wer kein Stück vom Kuchen bekommt, nimmt es sich halt. Und wer sich nicht an die Regeln hält, sei es aus freien Stücken oder aus Überlebenszwang, wird zum ‹Kriminellen›. Und auf diesen wartet in unserer vordergründig friedlichen Gesellschaft in letzter Instanz nur eines: das Gefängnis. Eine ziemlich primitive und gewalttätige Lösung – oder wie sollte die Einsperrung sonst bezeichnet werden? Für Migrant*innen mit einer ‹falschen› Herkunft hält der Staat zudem die Deportation bereit.

Sich nit ybinde lo. Jede Gesellschaft funktioniert nur dann, wenn ein grosser Teil der Bevölkerung mitspielt. Das schliesst sowohl die Armen als auch die Reichen mit ein. Eine glitzernde Welt voller Waren, die gekauft werden müssen, Karrieren, die in Angriff genommen werden müssen, die angebliche Möglichkeit zur politischen und sozialen Teilhabe, Freiheiten (aber keine Freiheit). Aber wehe dem, der nicht mitspielen will. Zuckerbrot und Peitsche!
Der Widerstand gegen das ‹Bässlergut› lässt sich glücklicherweise nicht in geordnete Bahnen lenken. Also bleibt den Autoritäten nur die Möglichkeit, den Widerstand als eine Serie von «kriminellen Gewaltakten» darzustellen. Hauptsache, niemand spricht von der professionalisierten Gewalt, die eine Einsperrung aufgrund von einfachen Eigentumsdelikten oder fehlenden Papieren bedeutet.

Ufmache, Polizei! Getrieben von der bisherigen staatlichen Unfähigkeit, die geschehenen Angriffe aufzuklären, gab es Anfang Oktober mehrere Hausdurchsuchungen im Kanton Basel-Stadt und Zürich. Der Vorwurf: Beteiligung an der Demonstration gegen das ‹Bässlergut› im Mai 2017. Vermummt drang eine Horde Zivil­polizist*innen frühmorgens in sieben Privaträume ein, stahl Unterlagen, Computer und Kleidungsstücke, schikanierte die Anwesenden und zwang die Beschuldigten nach Verhören zu einer DNA-Entnahme.
«Und das nur wegen einer friedlichen Demonstration, was söll dä Scheiss?», magst du dich jetzt fragen. Dabei ist die Demonstration doch bloss ein Vorwand, um einzuschüchtern – mit der leisen Hoffnung, irgendwann doch noch Ermittlungserfolge präsentieren zu können. Einige würden sich nun darüber empören und die fehlende Verhältnismässigkeit anprangern, doch darum geht es nicht. Denn egal auf welchem Flecken Erde und zu welcher Zeit: Überall dort, wo Menschen Widerstand gegen unerträgliche Zustände leisten, ist die – teils willkürliche – Gewalt des Staates nicht weit. Je vehementer der Widerstand, desto energischer der staatliche Gegenangriff.

Und was mache d’Medie? Diese lassen sich gerne vor den staatlichen Karren spannen und schüren Angst: «Autonome greifen Basel an» und ähnliche Schlagzeilen sollen ein Droh­szenario schaffen, welche die Politik und die Polizei zum Handeln gegen «Linksextreme» bewegen soll. Die Inhalte der einzelnen Aktionen geraten in den Hintergrund. Das liegt nicht am Mass der ausgeübten ‹Gewalt›, sondern am fehlenden journalistischen Willen und Mut, sich detailliert mit einer Kritik am Gefängnis und dem Schweizer Migrationsregime auseinanderzusetzen. Die Verhinderung von Widerstand, das heisst die Aufrechterhaltung des sozialen Friedens, hat auch in den Medien offenbar Priorität.

Handligsfähig wärde! Die Logik des Gefängnisses, das heisst der Autorität und der Kontrolle, hört nicht an seinen meterhohen Mauern auf. Auch in der Schule, der Familie, auf der Arbeit, auf Ämtern und in der Psychi­atrie lässt sich diese beobachten. Solange es Institutionen gibt, die auf Menschen Zwang ausüben, wird es weder Freiheit noch Sicherheit geben (auch wenn das Gegenteil behauptet wird). Nicht für dich, nicht für mich und auch nicht für alle anderen Habenichtse. Und trotz oder gerade wegen dieser ziemlich aussichtslosen Situa­tion wird es immer Menschen geben, welche sich zusammen tun, sich wehren, ohne um Erlaubnis zu betteln. Wär jo au absurd, oder?

Auf dass es also weiter geht, damit irgendwann auf den Ruinen des Staates und all seinen Institutionen eine neue, freie, solidarische Gesellschaft entstehen kann.

P.S. Geschrieben von einem losen Zusammenhang von Rebell*innen, deren Ziel die Überwindung von Staat und Kapitalismus ist. Wir sprechen nicht für andere, sondern nur für uns selbst!

Erinnerst du dich noch…

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Nachfolgend noch ein Text, der während dem Prozess am Freitag, 23. März in den Strassen Basels verteilt und aufgeklebt wurde.

Erinnerst du dich noch, als damals, vor knapp acht Jahren, im Mai 2010 die Freie Strasse in Basel auseinandergenommen wurde? Wie all die Scheiben dieser Einkaufsstrasse zerdeppert wurden und noch wochenlang danach davon gezeichnet waren? Wie die Medien und die Bullen rumgeheult haben? Wie sie zuerst niemanden erwischen konnten? Erinnerst du dich auch noch an die Molotow-Cocktails, die nur ein paar Wochen zuvor auf den Claraposten geflogen sind? Schon lange ist es her, dieser wilde Mai 2010, doch wissen wir noch genau, wie wir damals darüber gelacht haben, wie wir auch heute noch darüber lachen…

Schon lange ist es her und leider ist es nicht dabei geblieben, dass niemand dafür gefasst wurde. Heute steht ein Mensch unter anderem für die tatkräftige Teilnahme an diesem Umzug vor Gericht. Bereits im September 2016 wurde er aufgrund von gefundenen DNA-Spuren vor dem Strafgericht zu 18 Monaten Haft verurteilt. Heute fällt also das Urteil vor dem Appellationsgericht, das sich direkt neben dieser „Freien“ Strasse befindet. Zusätzlich ist er angeklagt, 2013 während einer Störaktion gegen den Marsch-fürs-Läbe einen Bullen geschubst zu haben, um diesen daran zu hindern, eine Verhaftung durchzuführen. Dieser Marsch-fürs-Läbe, ein christlicher und frauenfeindlicher Zusammschluss, der noch immer nicht mitgekriegt hat, dass Gott tot ist, setzt sich seit Jahren hauptsächlich für das Verbot von Abtreibungen ein.

Heute wird er also vor Gericht verurteilt werden, vermutlich zu mehreren Monaten Knast. Das Gesetz vergisst nichts und weiss alles. Anstelle von uns definiert dieses Ding, anstelle von uns urteilt dieses Objekt. Die richtende Person: nur ein Sprachrohr dieses Gesetzes. Selber denken, selber entscheiden, das ist schon längst nicht mehr gefragt in diesem Universum der Delegation an Institutionen oder Dinge – nein, schlimmer: wir haben gar keine Ahnung, wie das überhaupt gehen würde.

Wir wollen uns aber nicht vorgeben lassen, schon gar nicht unter Drohung, wie wir selbst zu leben haben. Wir haben unsere eigenen Erfahrungen, Kenntnisse und Gefühle, nach denen wir leben und nach denen wir Menschen, ihre Ideen und Handlungen beurteilen wollen. Wir wollen nicht, dass uns unser Vermögen zu denken und zu entscheiden genommen wird, nicht von der Schule, nicht vom Boss, nicht von Papa und auch nicht vom Gesetz. Nein, mehr: Wir rufen dazu auf, all das zu bekämpfen, um endlich und vollständig frei denken, entscheiden und handeln zu können!

Wenn auf ein Symbol des Kapitalismus eingeschlagen wird, der nichts anderes zu bieten hat als blinden Konsum, nein, schlimmer: der uns Blinde bereits konsumiert hat, so freuen wir uns. Nein, mehr: Wir rufen dazu auf! Es wird die Schande dieser Gesellschaft nicht rückgängig machen und sie – zumindest vorerst – auch nicht aufhalten oder beseitigen können, doch sind wir des Weinens, des Schlafens, des Konsumiert-Werdens satt. Wir wollen unseren Hass ausleben und gleichzeitig lieben. Wir wollen kämpfen und gleichzeitig lachen.

Heute steht ein Mensch vor Gericht, weil er es gewagt haben soll, mit dem Gehorsam zu brechen und mit seinen eigenen Überzeugungen und Ideen zurückzuschlagen. Lassen wir ihn nicht alleine mit seinen Träumen, denn er ist nicht der einzige, der vom Gesetz getroffen wird.

Mit einem Grinsen im Gesicht und der Revolte im Herzen gegen diese Welt der Einkaufsstrassen, des Geldes, der Justiz, der Autorität!

Basel, 23. März 2018

Basel: Update zum Prozess am Freitag 23. März

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Am letzten Freitag, 23. März 2018, fand um 8.00 Uhr der Prozess, bezüglich der wilden Demo an der Freiestrasse 2010 und den Protestaktionen gegen den „Marsch fürs Läbe“ 2013, gegen unseren Gefährten im Appelationsgericht in Basel statt. Während er im Gerichtssaal das Justiztheater über sich ergehen lassen musste, wurden in der Stadt Flyer verteilt, Stickers geklebt und Plakate gekleistert. Mit dieser kleinen Geste der Solidarität wurde der Prozess aus dem Gerichtssaal nach aussen getragen.

Hinter den Mauern des Gerichtsgebäudes gaben sich Staatsanwaltschaft und RichterInnen Mühe, die Willkür der Justiz in ihrem vollen Umfang darzustellen. Mit der Argumentation des Gerichts, dass DNA-Spuren auf einem Handschuh hinreichend sind, ihm jegliche Taten anzulasten – egal ob er die Sachbeschädigung selbst begangen hat – trage er die kollektive Schuld mit. Dies anhand der Begründung, dass er aufgrund seiner konsequenten Aussageverweigerung (ähm, war das nicht mal so was wie ein Grundrecht?) ein ideologischer Überzeugungstäter und Wiederholungstäter sei. So bestätigte das Dreiergericht das Urteil der ersten Instanz und verurteilten unseren Freund zu 1.5 Jahren Knast.
Wir sind nicht überrascht. Dass RichterInnen ohne mit der Wimper zu zucken, mit ihren willkürlichen Interpretationen Leben zerstören und Jahre unserer Leben klauen, stärkt nur unsere Ablehnung gegenüber der Justiz und bestätigt die Lächerlichkeit ihrer Tätigkeiten. Trotzdem macht es wütend, dass sie unseren Freund wegsperren wollen. Doch noch mehr verstärtke es unsere Wut, als nach der Urteilsverkündung die Bullen Spalier stehen und ihn direkt im Kastenwagen abführen. Ohne Vorankündigung und Erklärung enführten sie ihn nach Zürich, wo er direkt dem Haftrichter vorgeführt wurde und nun in Untersuchungshaft steckt. Bis jetzt ist lediglich klar, dass es um eine neue Ermittlung der Staatsanwaltschaft D4 Zürich handelt.

Wir sind wütend und vermissen unseren Freund. Betonwände können uns zwar räumlich trennen, doch niemals unsere Ideen und Solidarität!

Kein Bundeslager in Grand-Saconnex noch anderswo

übersetzt von renverse

In Grand-Saconnex beim Flughafen von Genf befindet sich zurzeit das Wohnheim Tilleuls für geflüchtete Familien und Einzelpersonen. Dieses soll zewcks des Baus eines grossen Komplexes bestehend aus einen Bundeslager für Asylsuchende mit 250 Plätzen, einem Administrativgefängnis mit 50 Plätzen sowie einer Polizei- und Zolldienststelle in den nächsten Monaten abgerissen werden.

Hinter der „Beschleunigung der Verfahren“ der neuen schweizer Asylpolitik, die ab dem 1. Januar 2019 umgesetzt werden soll, versteckt sich in Wahrheit der Wille zu kriminalisieren, zu inhaftieren, zum Schweigen zu bringen, um letztendlich Personen abzuweisen, deren einziges Vergehen darin besteht, vor Kriegen oder Armut geflohen zu sein.
Dieses Bundeslager ist Symbol einer rassistischen Politik der Nicht-Gastfreundschaft, die immer härter wird und sehr gut die Ungerechtigkeit und die Gewalt des schweizer Asylsystems zeigt.

BUNDESLAGER: EIN GEFÄNGNIS-EMPFANG

Das Lager ist als gigantisches Abschiebelager konzipiert: ein einziger Eingang, Isolationszellen und ein direkter Zugang zum Flughafen. Der von den Behörden gewählte Standort lügt nicht.

Genf wird zur Drehscheibe der Abschiebungen in der Romandie und erhält auf diese Weise die inhumanen Praktiken aufrecht, die bereits von der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus kritisiert wurden.

Wie denn abgewiesenen Asylsuchenden besser „begegnen“ als in einem Gefängnis-Universum? Eine bevormundende und willkürliche Disziplin: obligatorische Meldung bei Kommen und Gehen, Durchsuchungen, Bestrafungen, Fingerabdruck-Entnahme, Unmöglichkeit Nahrungsmittel aufzubewahren oder zu kochen. Eine lächerliche „Nothilfe“, die nur dazu dient, die Asylsuchenden hinsichtlich ihrer Abschiebung der Polizei zur Verfügung zu halten. Arbeit, die wie bei den Gefangenen mit 3.75 CHF pro Stunde entlöhnt wird.

Das Ganze ist ebenfalls darauf ausgelegt, dass sich die Asylsuchenden nicht unter den Rest der Bevölkerung mischen. Restriktive Zeitpläne (9h – 17h unter der Woche) verunmöglichen Arbeit sowie soziales Leben ausserhalb des Lagers. Die Kinder werden schliesslich im Innern eingeschult, was sie von anderen Kindern trennt und sie eines normalen Lebens beraubt.

ADMINISTRATIVHAFT: RUHE, WIR SPERREN EIN, WIE SCHIEBEN AB

Die Administrativhaft erlaubt es den Behörden, ausländische Personenen bis zu 18 Monaten einzusperren, einzig, weil sie nicht über die guten Papiere verfügen. Es bedingt keines Verbrechens, um hinter den Gittern zu landen.

In Genf bestehen heute drei solche Gefängnisse: La Favra, Frambois und der Service asile et rapatriement à l‘aéroport (SARA, z.dt. Asyl- und Rückführungsdienst beim Flughafen). Diese Gefängnisse sollen in den nächsten Jahren durch La Brenaz (168 Plätze) und durch das an das Bundeslager von Grand-Saconnex angrenzende Gefängnis (50 Plätze) ersetzt werden.

Während diese Praxis in Genf vor 20 Jahren beinahe beinahe unbekannt war, wird der Kanton schon bald über mehr als 218 Plätze zur Inhaftierung von migrantischen Personen verfügen. Ein exponentieller Anstieg, Ausdruch einer immer gewalttätigeren und enthemmteren rassistischen Migrationspolitik

SYMBOLPROJEKT EINER RASSISTISCHEN POLITIK

Diese Politik des gewalttätigen Ausschlusses, die klar auf Menschen aus aussereuropäischen Ländern zielt, kann als nichts anderes als rassistische Politik qualifiziert werden. Die Bundesbehörden, der Kanton Genf und die Gemeinde Grand-Saconnex lassen der Bevölkerung keine andere Wahl, als sich zu organisieren, um sich dagegenzustellen und sich mit den betroffenen Personen zu wehren.

LEXIKON

„Abgewiesene Asylsuchende“: Personen, deren Asylantrag abgelehnt wurde (Negativ- oder Nichteintretensentscheid). Von den Behörden und den rassistischen schweizer Gesetzen werden sie von da an als „illegal“ angesehen. Niemand sollte illegal sein.
„Administrativhaft“: Inhaftierung einer Person, während die Behörden a) die Identität überprüfen oder b) die Ausweisung aus dem schweizer Gebiet organisieren. Die inhaftierte Person wird folglich als kriminelles Subjekt betrachtet und als solches behandelt.

WAS TUN?

Die rassistische staatliche Politik nicht zu unterstützen, heisst insbesondere:
– sich auf asile.ch und renverse.co zu informieren
– Solidarisch mit Menschen im Exil zu sein und diese durch ein Maximum an Initativen und Aktionen zu unterstützen
– Darüber zu sprechen und die Aktionen von Perce-Frontières zu unterstützen. Sendet ein Mail an perce-frontières(at)noborders.ch, um über anstehende Events auf dem Laufenden gehalten zu werden.

NO PRISONS FOR MIGRANTS

Technologie und Krieg

übersetzt von round robin

Folgendes Plakat tauchte in den Strassen Ghedis (eine Gemeinde in der italienischen Region Lombardei) auf.

Der Krieg beginnt hier. Rwm Italia produziert mit der Komplizenschaft der Banca Valsabbina S.C.p.A. Bomben, die von Italien und Europa auf verschiedenen Kriegsschauplätzen eingesetzt werden.

Rwm Italia, eine Tochtergesellschaft der deutschen Rheinmetall Defence, ist Teil der italienischen und europäischen Aufrüstung; ein Schritt, der unmöglich wäre ohne den Fortschritt der technologischen Forschung, der zugleich über allem Leben schwebt und die Beziehungen entfremdet. Die Unterscheidung zwischen technologischer Forschung für zivile und militärische Zwecke verliert ihre eigene Glaubwürdigkeit angesichts der pausenlosen Entwicklung der Werkzeuge des Massakers, welche die Produkte dieses Unternehmens in erster Linie ausmachen. Es genügt, die Desaster zu betrachten, die von der sogenannten zivilen Nukleartechnologie 1986 in Tschernobyl und 2011 in Fukushima ausgelöst wurden.

Der Krieg treibt die „ökonomische Entwicklung“ an: Den Kapitalisten von überall dient er, um Absatzmärkte zu erobern, verursacht dadurch Tod, Verwüstung und die Abschiebung derer, die von den kolonisierten Gebieten flüchten.

Wirtschaft, Krieg, technologische Forschung und Konzentrationslager, wie es das vorgesehene CPR in Montichiari sein wird, sind ein untrennbares Ganzes.
Angesichts des anhaltenden italiensichen Eingriffs in Libyen und der von ENI verursachten Umweltzerstörung, möchten wir mit Nachdruch wiederholen, dass sich die wahren Feinde unentwegt in unserem Alltag befinden. Es liegt an jedem Individuum, sie zu erkennen und seine eigene Entscheidung zu treffen. Hören wir auf zuzuschauen, stoppen wir diejenigen, die den Krieg hervorbringen.

TECHNOLOGIE UND KRIEG: DER SOZIALE FRIEDE IST EINE WAHRE BOMBE!

Der Feind steht Kopf

gefunden in der Revolte – anarchistische Zeitung aus Wien Nr. 25

Einige Texte wurden in dieser Zeitung schon zur neuen österreichischen Regierung geschrieben. Doch die Entwicklungen in diesem Land folgen einem Trend, der sich längst in weiten Teilen der Welt verbreitet hat. Die alte sozialdemokratische Vorherrschaft scheint sich in Auflösung zu befinden. Der ’neue Stil‘, von dem Kurz und Strache sprechen, spiegelt all die neuen Grundlagen wieder, mit der die krisenhafte kapitalistische Ausbeutung fortgesetzt werden soll. Abschottung, Nationalismus, Durchsetzung von Wirtschaftsinteressen, Kontrolle der Medien, Ausbau von Militär- und Polizeistrukturen, Beschneidung von sozialen Absicherungen und Arbeitsrechten, Arbeitsflexibilisierung, Ausbau von Digitalisierung und Überwachung usw. Doch das ist nicht nur das neue Gesicht Österreichs, sondern die hässliche Fratze des Europas im 21. Jahrhundert.

Nach den Wahlsiegen von Rechten und Konservativen rund um die Welt wurde der Sieg von Alexander Van der Bellen gegen Norbert Hofer im Herbst 2016 als „Sieg der Vernunft“ gefeiert. Ein außerordentlicher Zynismus, dass gerade Van der Bellen nun eine Regierung von FPÖ und ÖVP angelobt hat. Während sich die Mehrheitsgesellschaft in Österreich selbst anlügt, dass nämlich die heutige FPÖ eine gemäßigtere sei als 2000, genau das Gegenteil ist aber der Fall! Wir wollen hier alle, die an Gedächtnisverlust über die jüngere österreichische Geschichte leiden, daran erinnern, dass die FPÖ im Jahr 2000 noch einen wirtschaftsliberalen Flügel hatte. Dieser verabschiedete sich durch den sogenannten ‚Knittelfelder Parteitag‘ im Jahre 2002 aus der FPÖ oder besser: wurde verabschiedet. Ein Teil dieser Personen wird übrigens in den letzten Jahren und auch in der aktuellen BUWOG-Affäre der Prozess wegen Korruption gemacht. Seit dem ist in der FPÖ das deutsch-nationale Lager vorherrschend.

Dass diese Regierung fast ausschließlich aus Rechtsextremisten und ManagerInnen besteht, sollte jedem klar sein, der einen letzten Funken Verstand im Schädel hat. Jene, die diese Offensichtlichkeit abstreiten, sind wohl auch nicht mehr vom Gegenteil zu überzeugen, deshalb werden wir diese Diskussion hier auch nicht mehr länger bemühen.

Über die Wahrheit

In der wirklich verkehrten Welt ist das Wahre ein Moment des Falschen.“

Die Gesellschaft des Spektakels. Guy Debord

Die Wahrheit ist im digitalen Zeitalter ein knappes Gut geworden. Sie verkauft sich schlecht. Mit ihr lässt sich kein Wahlkampf machen und niemand zur Arbeit zwingen. Während die Sozialdemokratie einem ideologischen Konstrukt von Befriedung und Rekuperation gefolgt ist, dem man zustimmen oder es als korrumpierendes Instrument zur Verhüllung des Klassenkonfliktes bekämpfen konnte, haben diese Fakten an Wert verloren. Geschehnisse und Tatsachen sind zu bloßen Meinungen verkommen. Diejenigen, die am adäquatesten auf diesen Trend reagiert haben, sind die Reaktionären. Die Rechte hat durch diese Taktik von Verdrehung und Manipulation in unzähligen Ländern die Wahlen gewonnen und sitzt nun in den Regierungen.

Die Anderen

Was in ganz Europa nicht erst seit der sogenannten Flüchtlingskrise passiert, ist eine beharrliche Konstruktion des ‚Anderen‘. Derjenigen, die nicht dazugehören. Dabei wird jedes Vergehen, egal ob wirklich passiert oder erfunden, präzise herausgeschält und von der Presse vermarktet.

Die Umkehrung des Klassenverhältnisses dient in einer Gesellschaft, in der nahezu jeder Mensch Teil der herrschenden und besitzenden Kaste sein will, zur Legitimation der Herrschaft selbst. Der Wettlauf und die Konkurrenz um alle Profite, egal ob sozial, gesellschaftlich, finanziell, religiös, kulturell oder politisch dienen zur Vernichtung des Gedankens an den Aufstand und die Revolte. Je mehr Kategorien von den Herrschenden eingeführt werden, desto geringer ist das Risiko, dass es eine Solidarisierung und in weiterer Folge eine mögliche Erhebung unter den Ausgebeuteten gibt.

Der Hass auf die herrschende, besitzende Klasse kehrt sich immer mehr in eine Abneigung gegen die Habenichtse, vor allem gegen Fremde. Und das in der Regel immer stärker, je ärmer man selber ist. Fremdenhass und Angst sind längst wieder zu einem nicht mehr wegzudenkenden politischem Steuerungselement geworden. Eine neue Methode, die zur Förderung des Sozialkannibalismus und der Konkurrenz zwischen den Ausgebeuteten fungiert. Der Hass auf die Anderen dient als Machtabsicherung für die Herrschenden.

Das Lager

Das Lager ist neben dem Gefängnis wieder zum integralen Bestandteil von Repression und Ausschluss geworden.

Was macht es für die Herrschenden für einen Unterschied, wenn wir nicht rebellieren, weil wir vollgefressen oder verängstigt sind? Der Geflüchtete zeigt der europäischen Gesellschaft der ‚Freiheit‘ und des ‚Friedens‘ ihre eigene Lebenslüge auf. Dass der schier grenzenlose Konsum und die Selbstgerechtigkeit, die geschaffen wurde, um uns ruhig zu halten, nur wackelige Konstrukte sind, die niemals für alle Menschen real werden können.

Aus diesem Grund müssen die „Anderen“, die der Gesellschaft ihre Verletzlichkeit und Arroganz vor Augen halten, ausgeschlossen und an einem Ort zusammengefasst werden, an dem es keine Vermischung mehr geben kann. Und genau das sind auch die Vorschläge eines Johann Gudenus von der FPÖ, wenn er die Unterbringung von Migrant_innen am Stadtrand verlangt. Diejenigen in Lagern zu konzentrieren, die nun auch von den billigsten Verheißungen des Kapitalismus ausgeschlossen werden: Dem Smartphone und der Sozialhilfe.

Am besten für Europa wäre es jedoch: Sie kommen gar nicht so weit. Aus diesem Grund hat die EU schon seit geraumer Zeit Deals mit Machthabern jenseits der europäischen Außengrenzen gemacht. Beispielsweise mit diversen bewaffneten Gruppen in Libyen. Damit diejenigen, die ihren Weg nach Europa machen wollen, dort interniert werden. In diesen Lagern werden sie systematisch misshandelt und müssen unter miserablen Bedingungen hausen. Das ist es, was so simpel hinter der Forderung ‚Schließung der Mittelmeerroute‘ von Sebastian Kurz steckt.

Fortschritt und Geschwindigkeit

Die Autorität hat ein hochgezüchtetes Netzwerk erschaffen, das sich immer mehr verselbständigt. Die täglichen Entwicklungen überschlagen sich, wir können dem Fluss an Informationen nicht mehr folgen. Diese Tatsache erlaubt es den Herrschenden auch, uns ständig mit neuen Angriffen auf unser Leben zu konfrontieren und bevor wir auf eine geplante Schweinerei antworten können, ist sie bereits beschlossen, eingeführt, im Gesetz verankert und wird praktiziert. Und die nächste befindet sich schon in Vorbereitung. Unsere Zeit ist rasend schnell geworden. Wer mithalten will, muss sich anpassen.

Der Feind steht Kopf. Er verrenkt sich in alle Himmelsrichtungen, um uns in sämtlichen Lebensbereichen die richtige Schablone aufzuzwingen. Um immer als erster zu den wichtigen Fragen des Lebens eine vorgefertigte Meinung zu propagieren. Bevor wir uns selbst ein eigenes Bild von den Umständen machen können, kommen die Medien bereits mit 1000 Schlagzeilen, um unsere Gedanken zuzuscheißen. Um unsere Fantasie und unsere Vorstellungskraft zu zerstören. Wenn ihr mich fragt, bleibt angesichts dieser Umstände nur ein einziger Weg übrig: Den Gegensatz zu all ihren billigen Vorschlägen zu zelebrieren. Vernichtet jede Form der Autorität zur sich am besten bietenden Gelegenheit. Angriff!

Renitente Nr. 2 erschienen

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Die Renitente ist ein offenes Zeitungsprojekt aus der Zentralschweiz. Sie veröffentlicht verschiedene kritische Stimmen im Kampf gegen die Regierung von Migration. In der aktuellen kurzen Ausgabe widmen sich die Autor*innen individuellen Geschichten des Widerstands. Dieser passiert mal mit Leib und Leben, mal mit Farbe gegen Wände und Ämter.

Die Zeitung ist zu finden im Luzerner Infoladen Romp, in der neuen Besetzung Rosa Lavache (Güterstrasse 7) oder hier als .pdf.

Wir laden alle ein zur Diskussion der aktuellen Ausgabe am 8. Februar um 19 Uhr, im Rossstall (Industriestrasse 9). Da gibts auch Essen und Trinken 🙂

Jede Grenze ist Krieg, jede Grenze ist ein Knast

übersetzt von sans attendre, publitziert in der 7. Ausgabe der anarchistischen Zeitschrift Du pain sur la planche vom Dezember

Folgender Text wurde im Oktober/November 2017 in Marseille verteilt. Im Kontext der Mobilisierungen gegen die Ausschaffungen von Menschen, die vom Staat als unerwünscht betrachtet werden, ist dieser Text ein Beitrag zum Kampf gegen die Grenzen, die Kontrolle und die Einsperrung als solche. Von den Hauts Alpes nach Ventimiglia, über das Royatal nach Marseille gibt es viele, die materielle Unterstützung organisieren, um bei der Überquerung der Grenzen zu helfen und Räume der Beherbergung zu öffnen, die nicht von der Einteilungs- und Verwaltungslogik der Institutionen und ihren assoziativen/humanitären Hilfskräften abhängig sind.

Die Herrschaft packt jede Gelegenheit beim Schopf, um ihr Arsenal der Kontrolle und der Repression zu verstärken. Einige Stunden nach einem Messerangriff, der beim Bahnhof St-Charles (A.d.Ü. Bahnhof in Marseille) zwei Personen das Leben kostete, wurde angekündigt, weitere Zellen im Internierungslager zu bauen. Unmittelbar danach hörte man, dass im Dezember die „Kapazitäten“ im CRA Canet von 60 auf 138 Personen erhöht werden sollen, was die Bullen ermutigen wird, noch mehr Kontrollen, Verhaftungen und Abschiebungen vorzunehmen. Im gleichen Zuge möchte die Regierung die Maximaldauer der Einsperrung im CRA von 45 auf 90 Tage erhöhen und Hausarrest-Zentren in der Nähe von Flughäfen eröffnen, um die Dublin-Ausschaffungen zu beschleunigen.

Über die Unterstützung von Menschen, die von einer Ausschaffung bedroht sind, hinaus, scheint es uns wichtig, die Dynamiken von autonomen Kämpfen zu fördern, die den Dialog mit den institutionellen Akteuren verweigern und Wege der Solidarität und der Offensive gegenüber der sich täglich intensivierenden Jagd auf die Armen erkunden.

Von daher kommt der Vorschlag in diesen Zeilen, die verschiedenen verantwortlichen Strukturen, die in der Inhaftierungs- und Abschiebemaschine involviert sind, klar zu benennen. Wir betrachten diese nicht als Gesprächspartner, aber als Feinde, die es zu bekämpfen gilt. Dieser Vorschlag erfordert es, ausgebaut und präzisiert zu werden, sowohl durch geschriebene Beiträge und Diskussionen, als auch in der Praxis.

Heute wie gestern, hier wie überall: Zerstörung der Internierungslager, Freiheit für alle!

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Jede Grenze ist Krieg,
jede Grenze ist ein Knast

Jede Grenze wird auferlegt. Die Herrschaft definiert mit Gewalt den Raum ihres Territoriums, bestimmt, wer das Recht hat, sich darauf niederzulassen und wer nicht. Es gibt daher keine „richtige“ Verwaltung der Migration (und wir wollen keine davon) aber eine Willkür, die sich entsprechend der Epoche und gemäss den Interessen der Herrschenden behauptet und entwickelt.

Die Epoche, in der wir leben, ist gekennzeichnet von einem Kontext der Kriege und der bewaffneten Konflikte in allen Ecken des Planeten, die immer von den Staaten vor Ort und den konkurrierenden Kräften, die die Macht und die Kontrolle über die Bevölkerung und die Reichtümer dieses oder jenes Gebiets wollen, genährt werden. Diese Bedingungen zwingen Millionen von Personen, aus den Regionen, in denen sie wohnen, zu flüchten, um zu überleben, ein besseres Leben und mehr Freiheit zu suchen.

Die europäischen Behörden haben ihr repressives Dispositiv in den letzten Jahren angepasst und erweitert, um die Kontrolle angesichts der Zwangsvertreibungen von Bevölkerungen zu wahren. Im Anschluss an die aufeinanderfolgenden Räumungen der Camps in Calais und Paris hat der Staat die unterschiedlichen Strukturen (CRA, temporäre Lager, CAO (A.d.Ü. Centres d‘accueil et d‘orientation – Aufnahme und Orientierungslager), PRAHDA (A.d.Ü. programme d‘accueil et d‘hébergement des demandeurs d‘asile – Programm zur Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern)…) vervielfacht und sie der Einteilung, der Isolierung und der Abschiebung von als unerwünscht betrachteten Migrant_innen angepasst, um jeden Referenzpunkt und jede Möglichkeit der Selbst-Organisation zu durchbrechen. Parallel dazu wird das Dublinsystem regelmässig erneuert und verstärkt und die europäischen Staaten gliedern die Verwaltung der Grenzen durch Vereinbarungen mit der Türkei oder Libyen aus, mit dem Ziel, die Personen frühzeitig zu stoppen. Kürzlich hat die Regierung die Verlängerung der Haftdauer von 45 auf 90 Tage angekündigt sowie ein voraussichtlicher Plan, weitere Internierungszentren zu bauen. Die Inhaftierungs- und Abschiebemaschine breitet ihre Netze aus und verkompliziert nicht nur ihren Betrieb, sondern auch die Art und Weise, sich dem entgegenzusetzen.

Angesichts dieser infamen Jagd auf migrantische Personen haben zahlreiche Initiativen versucht, der Isolierung und Zerstreuung entgegenzuwirken, insbesondere durch das kollektive Öffnen und Besetzen von Räumen, die hilfreiche Etappen im Parcours sein können, besonders durch das Département Hautes Alpes, das als Weg häufiger genutzt wird, seitdem die Behörden die Grenze bei Ventimiglia abgeriegelt und die Durchreise durch das Royatal erschwert haben.

Es ist nicht ungewöhnlich, dass die Grenzen durchbrochen werden, wie in Ceuta und Melilla (Marokko/Spanien) oder in Calais, dass Revolten in den Internierungslagern ausbrechen oder dass Leute es schaffen, daraus auszubrechen, dass Proteste die humanitäre Maske der „Empfangszentren“ zerfetzen, um ihre wahre Funktion aufzuzeigen: Die von allen Gefängnissen.

In gewissen Quartieren in Marseille, die häufiger von der Polizei heimgesucht werden, häufen sich in letzter Zeit die Grosskontrollen, um die Bestrebungen des Stadtrates umzusetzen, die das Stadtzentrum „reinigen“ wollen, um den Tourist_innen und anderen Bürger_innen Platz zu machen. Die RTM (Verkehrsbetriebe von Marseille) haben ebenfalls an diesen Kontrolloperationen teilgenommen, die dazu führen können, dass Personen in Untersuchungshaft oder in Lager gesteckt werden.

Die Abschiebemaschine, die von der Verhaftung über die Einsperrung bis zur Abschiebung reicht, baut tatsächlich auf verschiedenen Etappen auf, in denen zahlreiche Akteure involviert sind: Die PJJ (protection judiciaire de la jeunesse, z.dt. Etwa Jugendrechtsschutz), die die Strafvollzugsanstalten für Minderjährige verwaltet, in denen zahlreiche isolierte, ausländische Minderjährige landen, die von den Bullen verhaftet wurden. L‘Addap 13 (Association Départementale pour le Développement des Actions de Prévention des bouches-du-rhônes), die sich damit brüsten, Minderjährige im Auftrag des Département ausfindigzumachen und zu verwalten. Adoma, die die Sortierungszentren im Rahmen von PRAHDA verwalten. Aber auch Bouygues, die das CRA Canet gebaut haben und die die Verwaltung davon mit anderen Unternehmen wie Vinci (GTM Multiservice), Défi Restauration…, oder auch der SNCF (A.d.Ü. staatliche Eisenbahngesellschaft Frankreichs) teilen, die nicht zögern, Menschen aus den Zügen zu werfen und/oder sie den Bullen auszuhändigen.

Eine von zahlreichen Arten, der Mechanik der Abschiebungen, entgegenzutreten, könnte eine Verbreiterung der Feindschaft gegenüber diesen Beteiligten sein, die sich auch in anderen Bereichen wiederfinden, die diese Welt prägen: Mittel zur Überwachung, Autobahnen und Flughäfen, Atomkraftwerke, Gerichte und Knäste…

Wenn wir es ablehnen, passiv zu bleiben und die Unterdrückung als desillusionierte Zuschauer_innen zu betrachten, dann weil wir auf die ganze Unterdrückung und Ausbeutung spucken, in die uns der Staat und der Kapitalismus zwingen wollen.

Das, was wir für unsere eigenen Leben ablehnen, lehnen wir auch für andere ab.

Wir wollen für unsere Freiheit kämpfen und es ist in diesem Kampf, in dem sich neue explosive Komplizenschaften spinnen können.

Schärfen wir unsere Wut, um die Grenzen, die Staaten und alles, was ihnen erlaubt zu existieren, zur Strecke zu bringen!

Freiheit für alle!

Gegen das PJZ und alle Gefängnisse dieser Welt!

gefunden in der Dissonanz – anarchistische Zeitung Nr. 52. Ein Archiv mit verschiedenen Ausgaben findet ihr hier.

Anfang Juli 2017, kanpp zwei Wochen nach dem Spatenstich, brannte bei der PJZ-Baustelle eine Trafostation.

Anfang Juli 2017, kanpp zwei Wochen nach dem Spatenstich, brannte bei der PJZ-Baustelle eine Trafostation.

Folgender Text wurde im letzten September in den Quartieren rund ums PJZ (Polizei- und Justizzentrum) verteilt.

Langsam aber sicher sollten es alle bemerkt haben, dass nach einem 1 ½ jährigen Baustopp nun auf dem ehemaligen Güterbahnhof der Grundstein für das geplante Polizei- und Justizzentrum gelegt wird. In diesen 1 ½ Jahren wurde noch eine Etage obendrauf geplant, welche ab 2021 über dem Quartier thronen soll. Als Mahnmal der staatlichen Kontrolle soll das PJZ tief in die Kreise 4 und 9 (und eigentlich die ganze Stadt) reinleuchten, um damit all diejenigen, die sich nicht an die Gesetze halten wollen (oder können), daran zu erinnern, dass sie in dieser Stadt keine Zukunft haben, sondern eingesperrt und weggefegt gehören. Ganz konkret wird das PJZ den Bullen und der Justiz die systematische Kontrolle der genannten Stadtkreise elementar vereinfachen, da dann verschiedene Polizeiinfrastrukturen und Strafverfolgungsbehörden in diesem einen Palast vereint werden sollen.

Doch wird das PJZ, ist es dann mal fertiggestellt, auch klar sichtbare Veränderungen für einen grossen Teil seiner Nachbarschaft bringen, wie etwa die komplette Neustrukturierung des Bullingerquartiers. Mit dem Abriss und Renovationen von anliegenden Wohnhäusern sollen die Zufahrtswege des PJZ verbessert werden, wäre ja blöd, wenn die Cops dann ständig an roten Ampeln stehen müssten. Mit dem ganzen Prozedere wird aber vor allem die soziale Struktur des ganzen Quartiers rundherum so verändert werden, dass sich dort auch reichere Leute mir ihren ganzen Bedürfnissen wohl fühlen… eine ganz andere Stimmung soll da geschaffen werden.

Doch seit Anfang an gab es Individuen, die – jeden heuchlerischen Volksentscheid ablehnend – den Willen nicht verloren haben, sich gegen das Unterfangen zu stellen. Denn das PJZ ist, was es bleibt… ein brachiales Instrument der Mächtigen zur Kontrolle und Einschüchterung der Unerwünschten und Unterdrückten, ein Schlag auf den Kopf aller freiheitsliebenden und das Gesetz verachtenden Menschen. Wie schon mal vor längerer Zeit gesagt wurde, wird der Bau des PJZ auch durch unsere Resignation ermöglicht. So ist es ein kleiner Teil der Bevölkerung dieser Stadt, welcher das PJZ „benötigt“, um seinen Reichtum und seine Privilegien zu verteidigen und auszubauen, genauso wie es ein viel kleinerer Teil der Gesellschaft ist, der einen viel grösseren, aber lethargischen Teil regiert, ausbeutet und wenn er dann nicht mehr gebraucht wird, auf den Müll schmeisst, also verdrängt, einsperrt oder abschiebt.

Wieso aber lassen wir dies einfach geschehen? Denn wir wollen weder eine Welt, in der eine Mehrheit über eine Minderheit herrscht, noch eine Welt, in der überhaupt Menschen beherrscht werden und alles ruhig in Reih und Glied steht. In Richtung dieser Welt schreitend, stehen uns das PJZ und alle Gefängnisse dieser Welt, im Wege.

Lasst uns alle unsere zugeordnete Rolle ablegen, dem falschen Spiel der Politik auf die Schuhe spucken und uns auf die Suche nach vielfältigen Mitteln machen, die den Bau des PJZ verhindern können!


Chaoten greifen Polizisten mit Eisenstangen an

gefunden auf 20min

In der Nacht auf Dienstag (26.12.17) feierten bis zu 200 Personen eine illegale Party neben der PJZ-Baustelle. Als die Polizei diese auflösen wollte, eskalierte die Situation.

Am 26. Dezember kurz vor 1.30 Uhr wurde der Stadtpolizei Zürich gemeldet, dass mehrere Personen beim Hardplatz und der Grossbaustelle des Polizei- und Justizzentrums Zürich (PJZ) Betonwände besprayen.

Als die Patrouillen vor Ort eintrafen, wurden sie sofort mit Steinen und Eisenstangen beworfen und angegriffen. Zudem wurde mehrfach pyrotechnisches Material gezündet. Die Stadtpolizei setzte daraufhin Gummischrot und Reizstoff ein. «Wir hatten aus der ganzen Stadt Einsatzkräfte zusammengezogen und hatten auch Unterstützung von Patrouillen der Kantonspolizei», sagt Michael Walker, Sprecher der Stadtpolizei Zürich.

Reizstoff führte zur Auflösung der Party

Die Personen zogen sich danach in die Unterführung beim Hardplatz zurück, in der eine illegale Party mit rund 100 bis 200 Personen im Gang war. «Ob es einen Zusammenhang gibt zwischen den Sprayern und der Party, ist zurzeit noch nicht bekannt», so Walker. Fakt sei jedoch, dass anschliessend weiter Steine und Flaschen aus der Menge in Richtung Polizisten geflogen seien.

Nachdem die Polizisten die Leute mehrfach mit einem Megafon aufgefordert hatten, die Party zu beenden und die Unterführung zu verlassen, wurden sie erneut mit Steinen und Flaschen angegriffen. Nach einer weiteren Abmahnung wurde schliesslich Reizstoff eingesetzt, was dazu führte, dass die Leute die Party beendeten und die Örtlichkeit verliessen.

Keine Verletzten

«Es wurden keine Verhaftungen und keine Kontrollen durchgeführt», sagt Walker. Man sei in erster Linie froh, dass sich bei den Ausschreitungen niemand verletzt habe: «Da kann man sicher von Glück sprechen – geworfene Steine, Flaschen oder Eisenstangen können schwere Verletzungen zur Folge haben.»

Wer hinter der Party und den Sachbeschädigungen steckt, ist nun Gegenstand der Ermittlungen. Auch die Höhe des angerichteten Sachschadens kann noch nicht beziffert werden.

Laut einem Leser-Reporter, der vor Ort war, seien alle Personen komplett in Schwarz gekleidet gewesen: «Es herrschte eine Stimmung wie am 1. Mai.» Er sei sich zudem sicher, dass auch ein paar Stadtzürcher Fussballanhänger an den Sprayereien und Ausschreitungen beteiligt gewesen seien.

Basel: Communiqué zur verhinderten Demo „Zämme gege Repression“

gefunden auf barriakde

Gestern Nachmittag haben sich rund 150 Personen im Kleinbasel versammelt, um gegen staatliche Repression auf die Strasse zu gehen.

Masken wurden verteilt und die Teilnehmenden dazu aufgerufen, sich unkenntlich zu machen, um sich vor Repression zu schützen. Nach verschiedenen Redebeiträgen zu Vermummung und intelligenter Videoüberwachung, zur Arbeit der Antirep-Gruppe Basel und zu Racial Profiling setzte sich die Demonstration in Bewegung.

Entschlossen und mit neuen Liedern zog die Menge Richtung Claraplatz, in der Hammerstrasse fand der Umzug nach wenigen hundert Metern jedoch ein jähes Ende. Polizist*innen versperrten die Strasse und kesselten alle Anwesenden. Trotz des martialischen Auftretens der Polizei trugen Parolen, Lieder und Redebeiträge die Anliegen der Demo nach aussen und sorgten für eine solidarische Stimmung untereinander. Eine Gruppe lud zudem zum gemeinsamen Abzeichnen der Uniformierten ein. Nach einer halben Stunde konnte sich die Demo zurück zum Startpunkt bewegen und sich gemeinsam der Personenkontrolle durch die Polizei entziehen. Vor dem Hirscheneck gab es weitere Redebeiträge von einer illegalisierten Person und zur geräumten Schwarzen Erle.

Eine Demo, die die geplante Route nicht laufen kann, ist kein Erfolg. Beim vorhandenen Polizeiaufgebot und dessen eskalativen Auftreten war an diesem Tag aber nicht mehr möglich. Die Demo reiht sich damit ein in jene Gründe, die uns ursprünglich auf die Strasse gebracht haben. Es ist und bleibt wichtig, auf die Strasse zu gehen und den reibungslosen Ablauf des Alltags zu stören. Wann und wie wir das tun, entscheiden wir selbstbestimmt, ohne nach einer Bewilligung zu fragen. Denn Bewilligungen sind Teil der Bevormundung und Einbindung des Staates, gegen die wir uns zu Wehr setzen.

Den Kampf gegen Repression und für einen selbstbestimmten Widerstand gilt es weiterzuführen – gegen eine Einteilung in „friedliche“ und „gewalttätige“ Demonstrierende und gegen die schleichende Delegitimierung unbewilligter Anlässe. Die gemeinsame Solidarität und gegenseitige Unterstützung, auch bei unterschiedlichen Ausgangslagen, ist ein entscheidendes Element beim Kampf für eine Gesellschaft ohne Staaten und deren Repressionsmechanismen. Wie die Beispiele im Flyertext zeigen, sind unzählige Menschen aber tagtäglich von staatlicher Repression betroffen. Das Durchbrechen der Vereinzelung und der Widerstand gegen die Repression müssen auch im Alltag weitergeführt werden.

Auf ein solidarisches und kämpferisches 2018!