Archiv der Kategorie: Todesfälle

Lausanne: Die Polizei tötet Mike vom collectif Jean Dutoit

übersetzt von renversé

„Unser Freund Mike wurde in dieser Nacht von der Lausanner Polizei getötet. Unser Haus trauert um ihn. Wir brauchen Unterstützung.“, steht auf der facebook-Seite des collectif Jean Dutoit. Am Donnerstagabend kam es zu einer spontanen Demonstration.

Mike vom collectif Jean Dutoit wurde in der Nacht vom 28. Februar in Lausanne von der Polizei getötet. Während einer Kontrolle in der Nähe des Bahnhofs „wurde er mit Gewalt überwältigt und anschliessend in Handschellen gelegt. Dabei hatte er einen Schwächeanfall und verlor das Bewusstsein“, schreibt die Zeitung 24heures, die die Meldung der Polizei wiedergibt.

Im Spital erliegt er am nächsten Tag seinen Kopfverletzungen.

In dieser Nacht hat die Polizei schon wieder getötet, wie sie Lamin vor drei Monaten getötet hat, wie sie Hervé vor einem Jahr getötet hat, wie sie Claudio und soviele andere geschlagen hat.

Neben der Wut und der Trauer fand am Abend des 1. März auch eine Versammlung beim Place de la Riponne statt. 150 Menschen zogen unter den Rufen „We want Mike“ und „Fight Polie“ durch Lausanne. Trotz einem langen Halt vor dem Polizeiposten, haben sich diese nicht gezeigt.

Eine Freude für die Rüstungskonzerne

übernommen von der WOZ, 08. Feb 2018

Themis, so heisst in der griechischen Mythologie die Göttin der Gerechtigkeit und der Philosophie, der auch die moralische Ordnung anvertraut ist. Und „Themis“ nennt die europäische Grenzschutzagentur Frontex ihre neuste Mittelmeeroperation, die sie am 1. Februar praktisch ohne mediales Aufsehen gestartet hat und die die bisherige (nach dem Meeresgott Triton benannte) Mission ersetzt.

Als „Assistenz für Italiens Grenzschutz“ preist Frontex die neue Operation in der dazugehörigen Medienmitteilung an. Im Klartext bedeutet das: Die Flucht nach Europa wird weiter erschwert. Bislang kamen Flüchtende, die auf dem Mittelmeer aus Seenot gerettet wurden, automatisch nach Italien. Künftig sollen sie zum nächstgelegenen Hafen gebracht werden. Zwar beteuert die Agentur, mit dieser vagen Formulierung lediglich die Häfen von EU-Ländern wie Malta zu meinen. Doch wer soll garantieren, dass man die Geflüchteten nicht in Länder wie Tunesien zurückbringt? Oder nach Libyen, wo sie in gefängnisartige Lager gesteckt und gefoltert werden? Die Guardia Costiera operiert zudem künftig nur noch bis zu 24 Seemeilen (rund 44 Kilometer) vor Italiens Küsten. Weil die Behörden die privaten SeenotretterInnen, die in der Vergangenheit in die Bresche sprangen, kriminalisieren, dürfte die Zahl der Todesfälle auf dem Mittelmeer nur noch weiter steigen.

Auch sonst beinhaltet das Mandat der neuen Operation einige Unklarheiten: So soll „Themis“ neu auch „Terrorismus und Drogenschmuggel“ bekämpfen. Dafür wird Frontex mit der EU-Militäroperatin Eunafvor Med und der NATO-Operation Sea Guardian kooperieren, von denen die Grenzschutzagentur beispielsweise Aufklärungsdaten aus der Satelitenüberwachung erhält. So schreitet die Militarisierung der Grenzsicherung immer weiter voran.

Bis Anfang Februar haben in diesem Jahr knapp 7800 Menschen die Fahrt übers Mittelmeer gewagt. 321 haben die Reise niht überlebt. Die neue Frontex-Mission will ihren Fokus vor allem auf die Bekämpfung „grenzübergreifender Kriminalität“ legen. Die Einzigen, die sich ob diesem Zynismus freuen dürften, sind die europäischen Rüstungskonzerne, die für die Operationen auf hoher See die Technologie verkaufen.

Trento, Italien: Zugblockade als Antwort auf die Grenzkontrollen und die Toten beim Brenner

übersetzt von round robin

Seit die Kontrollen vor drei Jahren beim Brenner angelaufen sind, wurden ca 3000 Personen ohne Dokumente von den drei Polizeien (italienische, deutsche und österreichische) verhaftet, 600 Verhaftungen alleine im 2017. Angesichts der Kontrollen an den Stationen von Verona und Bolzano (respektive indem den Personen mit schwarzer Haut der Zutritt in die internationalen Züge der ÖBB (A.d.Ü. Österreichische Bundesbahnen) zwischen Verona und Monaco verweigert wird) versuchten und versuchen diverse migrantische Personen riskantere Wege, um die Polizei zu umgehen, indem sie der Bahnstrecke entlang laufen oder sich in Güterzügen verstecken. Aus diesem Grund sind bisher sechs Personen gestorben oder von Zügen zerquetscht worden. Vor zwei Wochen wurde ein junger Mann von der hohen elektronischen Spannung getroffen. Nicht zu vergessen sind die quasi Toten, die beim Versuch, den Brennerpass zu Fuss zu überqueren, beinahe erfrieren. Beim Brenner wurde keine Mauer errichtet, aber der mörderische Schatten dieser Grenze zieht sich über ein viel grösseres Gebiet.

Am Freitag, dem 05. Januar hat deshalb eine Gruppe von Kamerad_innen den ÖBB-Zug von 17.59 Uhr nach Monaco blockiert. Dabei waren Redebeiträge übers Megaphon, Rauchbomben und ein Transparent über den Gleisen mit der Aufschrift: „Beim Brenner wie andernorts: Grenzen töten“. Angesichts der grossen Grauzone im Bezug auf die Kollaboration mit der Kontroll- und Abschiebemaschine muss angeführt werden, dass der vom Protest genervte Zugführer wiederholt versucht hat, die Redebeiträge übers Megaphon mit den Zugsignalen zu übertönen. „Aber wie haben sich gewisse Personen in den 30er-Jahren verhalten?“ Sie haben genau das getan.

Lugano: 23. Dezember – Umzug gegen Rassimus, Faschismus, Kapitalismus und gegen alle Grenzen

übersetzt von frecciaspezzata

WIR SUCHEN KEINEN FRIEDEN
GEGEN KRIEG UND RASSISMUS REBELLIEREN WIR!

Treffpunkt um 14.00 auf dem Piazza Molino Nuovo in Lugano.

DIE ZEICHEN EINES ENTSETZLICHEN FRIEDENS

Sie wollen uns glauben machen, dass alles in Ordnung ist…

– Ein Polizist tötet in Brissago in ohrenbetäubender Stille der Komplizenschaft einen Migranten.

– In Balerna stirbt ein Migrant auf dem Dach eines Zuges, wo er den Kontrollen der Grenzwächter zu entkommen versucht.

– In einem „Empfangszentrum / unterirdischen Bunker“ in Camorino wird ein Asylbewerber von der Polizei und einem Security gefoltert. Sie fesseln ihn mit Handschellen an eine Dusche und drohen ihm über Stunden.

– In Locarno greift ein Neonazi der Crew38 einen jungen Mann an und verletzt diesen mit einer Klinge.

– In Lugano, einer Stadt voller Kameras, Polizisten und Securitys kann man auf der Strasse keine Rosen verkaufen oder betteln, denn die Polizei verfolgt, raubt, entführt und verprügelt, während ganze Quartiere im Namen der Sicherheit durchsucht werden, um den Luxus zu verteidigen.

– Im ganzen Tessin werden alle, die keine weisse Haut haben, von der Polizei und der Grenzwache angehalten, durchsucht, geschlagen, deportiert.

– Während die rechten Parteien Rassismus schüren, planen die Führer_innen der Linken Konzentrationslager für Migranten und schlagen Abschiebungen vom Flughafen Agno vor.

– In Lugano empfangen die Lega Nord und der Bürgermeister Borradori mit der Beteiligung von linken und rechten Politiker_innen unter grossem Prunk die Kriegsverbrecherin Tzipi Livni. Vor Trump hat bereits Borradori Jerusalem als Hauptstadt des Staates Israel vorgeschlagen.

– Die Demokratie ist eine Illusion der Partizipation: Die Interessen des Staates, der Politiker_innen und der ökonomischen Macht werden nie beeinträchtigt. Wir sind frei, das zu wählen, was sie uns auftischen: Wen wählen und was kaufen?

– In diesem schwachsinnigen Klima des „zuerst die Unseren“, kommt zuallererst bloss die Ausbeutung, der Verlust der Aufenthaltsgenehmigungen und die Abschiebungen (zum Beispiel von Minderjährigen, die hier geboren und aufgewachsen sind!), die mit der Prekarisierung und den Entlassungen begründet werden!

– Das Tessin ist der erste Kanton der Schweiz, der das Burka-Verbot mit rassistischen und islamophoben Begründungen verabschiedet hat. Das Anti-Hooligans-Gesetz kann so auch auf nicht-sportliche Kundgebungen erweitert werden.

– Im Tessin werden jegliche Ideen und Ausdrücke der Freiheit, der Gemeinschaftlichkeit und der Zusammenkunf isoliert und verdrängt. Von der Bar zum Stadion zu den Konzerten, alles ist kontrolliert, befriedigt, entleert und kommerzialisiert.

– Die Schule, die sich mehr und mehr den Aufrufen der nationalistischen Rechten anpasst, ist ein Transmissionsriemen neoliberaler Ausbeutung. In Lugano drängt die Bauspekulatuion, den teuersten und elitärsten Universitätscampus von Europa zu bauen.

– Journalist_innen, lokale Medien und Onlineportale schüren ein Klima des Hasses und der Angst, verändern und verzerren die Fakten und die Realität. Auf diese Art tragen sie dazu bei, Unsicherheit zu schaffen und einen Sicherheitsstaat rechtzufertigen.

– Schweizer Unternehmen und Finanzinstitute verwüsten den Planeten, um Berge an unnützen Waren herzustellen, die die Schaufenster füllen und die Reichen noch reicher werden lassen.

WIR WISSEN, WER UNSICHERHEIT UND TERROR AUF DEN STRASSEN SCHAFFT.

WIR WISSEN, WER ZU SEINEM EIGENEN WAHLVORTEIL ZU XENOPHOBIE UND RASSISMUS DRÄNGT, UM JEGLICHEN AUSDRUCK DER VERWEIGERUNG ZU ERSTICKEN.

WIR WISSEN, DASS DER ANSTAND DIESES SCHANDKANTONS NUR DAS WEISSE GESICHT EINER MÄNNERBANDE VON EINHEIMISCHEN GESCHÄFTSLEUTEN UND KAPITALISTEN IST.

AUS ALL DIESEN GRÜNDEN UND UM UNS DIESEM FÜRCHTERLICHEN FRIEDEN ZU WIDERSETZEN, GEHEN WIR AUF DIE STRASSE GEGEN RASSISMUS, FASCHISMUS, KAPITALISUS UND GEGEN ALLE GRENZEN.

GEGEN DIEJENIGEN, DIE DIE REBELLISCHEN HERZEN AUSLÖSCHEN WOLLEN.

Tote, Proteste, Besetzungen, Radau – Zur Situation auf Lesbos, Griechenland

Tote und Demonstrationen von Migrant_Innen in Moria

übersetzt von musaferat

 Mit dem Tod eines 5-jährigen Kindes am 10. Oktober wurde eine weitere Person der Liste der bisherigen Toten im Internierungslager von Moria hinzugefügt. Die Ursache für diesen Tod ist bis jetzt ungeklärt. Am Freitag, dem 20. Oktober verstarb ein 55-jähriger Iraker. Es ist dies der 13. Tod im Konzentrationslager der Insel. Die medizinische Untersuchung nannte Herzprobleme als Ursache für den Tod, während seine Mitinsassen sagen, dass er sich in der letzten Woche bei den Behörden und NGOs beklagte, ohne dass ihm Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Die selben Beschwerden existieren auch beim 5-jährigen Mädchen, das in einem Zelt mit ihren Eltern und fünf Brüdern schlafen musste: Ihre Anfragen nach Bettdecken wurden ebenfalls nicht beachtet. Die Behörden bemühen sich darum, die Tode im Lager als das Resultat von natürlichen Ursachen oder chronischen Krankheiten hinzustellen; diese sind jedoch nichts weniger als das Resultat der tödlichen Antimigrationspolitik von Griechenland und der EU. Tausende Migrant_innen sind in Internierungslagern gefangen, müssen unter jämmerlichen Bedingungen leben, erschöpft von der langwierigen Internierung und verzweifelt von der Unsicherheit, die sie umgibt. Die einzige Ursache für diese Tode ist die Abwertung ihrer Leben durch die rassistische Politik des Staates. Als „Fremdkörper“ sind sie nicht berechtigt, die gleichen Bedürfnisse – Unterkunft, Nahrung oder der Zugang zum Gesundheitssystem – wie alle anderen zu haben.

Da die Zahl der Neuankömmlinge stark zugenommen hat und die Asylverfahren extrem langsam sind, werden momentan mehr als 5‘500 Migrant_innen in das Lager Moria gepfercht, dessen aktuelle Kapazität bei 2‘500 liegt. Diese Bedingungen haben die Situation für die meisten unter ihnen unerträglich werden lassen. Eine Mischung aus verschiedenen miteinander verbunden Kräften und repressiven Massnahmen soll die Migrant_innen disziplinieren.

Das letzte Beispiel ist der Protest von ungefähr 150 hauptsächlich afghanishen Migrant_innen, der seit Freitag, dem 20. Okotber anhält. Eine ernsthafte Auseinandersetzung zwischen arabisch sprechenden Migrant_innen und Afghan_innen im Internierungslager brachte viele Inhaftierte dazu, keinen weiteren Tag darin verbringen zu wollen. Sie besetzten die Strasse vor dem Lager für eine Nacht, um die Behörden dazu zu drängen, die Asylverfahren zu beschleunigen, aber auch um sie an einen sichereren Ort zu bringen, da viele Kinder und Frauen unter ihnen waren. Am Samstag morgen versuchten sie dann, für einen Protest in die Stadt Mytilene zu marschieren, wurden allerdings am Stadtrand von Polizeikräften aufgehalten. Als die Strasse wieder freigegeben wurde, führten sie ihren Marsch in Richtung Sappho Square fort. Sie entschieden sich, auf diesem zentralsten Platz der Stadt zu bleiben, bis ihre Forderungen erfüllt werden. Von Anfang an war die Polizei sehr heftig in ihrem Versuch, die Migrant_innen zu terrorisieren aber es kamen auch sehr viele Menschen, um ihre Solidarität zu zeigen, die dann wiederrum auch von der Polizei kontrolliert wurden. Die konstante Ankunft von immer mehr Menschen brachte die Polizei dazu, sich vom Platz zurückzuziehen und die Migrant_innen konnten die Nacht auf dem Platz verbringen. Seit Sonntag morgen versuchten die Behörden die Besetzenden davon zu überzeugen, den Paltz zu verlassen und versprachen ihnen, ihre Verfahren zu beschleunigen und sie ins Lager Kara Tepe zu brigen. In der Zwischenzeit mussten mehrere Migrant_innen, darunter Kinder, aufgrund der Erschöpfung ins Spital gebracht werden. Eine grosse Hürde für die Erfüllung einiger ihrer Forderungen stellt die UNHCR dar, die Berichten zufolge die Registrierung der Protestierenden auf dem Sappho Square, um sie ins Lager Kara Tepe zu bringen, verweigert und sie auffordert, ins Lager Moria zurückzukehren, da sie befürchtet, dies könnte ein Beispiel für andere Migrant_innen sein.

Während die Wetterbedingungen in den nächsten Tagen schlechter werden, ist die einzige Lösung für die Migrant_innen und solidarische Menschen die Stärkung der Kämpfe. Gegen die staatlich-kapitalistische Barbarei, die Kultur der Grenzen, der Nationen und des Nationalismus.

Musaferat
Oktober 2017


 

Die Spannungen auf den Inseln steigen, als Migrant_innen randalieren und Ortsansässige protestieren

übersetzt und zusammengefasst von ekathimerini

Ängste, dass die Situation in den Aufnahmelager auf den ägäischen Inseln ausser Kontrolle gerät, wachsen an, während Krawalle und Auseinandersetzungen mit der lokalen Bevölkerung zunehmen.

Das schlechte Wetter trägt zur Not von tausenden verzweifelten Menschen bei.

(…)

Die Situation in den Lagern ist nicht viel besser. Da die meisten Einrichtungen doppelt gefüllt sind, kommt es oft zu Auseinandersetzungen und Zusammenstössen zwischen verschiedenen Gruppen von Migrant_innen, gewöhnlich zwischen unterschiedlichen ethischen Gruppen.

Der letzte solche Zusammenstoss erreignete sich am frühen Montag (20.11.17) im Lager Moria auf Lesbos. Gegen Mitternacht eskalierte ein Streit zwischen Migrant_innen in eine Schlägerei und dann in einen Riot, bei dem das Büro der Flüchtlingsagentur der Vereinten Nationen (UNHCR) und einer weiteren Hilfsorganisation vor Ort beschädigt wurden. Die Unruhen liessen nach dem Einschreiten der Riot-Polizei gegen 4 Uhr morgens nach.

Am selben Montag hatten lokale Behörden und Geschäfte wegen eines Generalstreiks geschlossen. Der Sterik sollte auf die Hauptforderung, die Migrant_innen umgehend auf das griechische Festland zu verlegen, aufmerksam machen.

8‘500 Migrant_innen leben zur Zeit in überfüllten Einrichtungen auf Lesbos. Da es ein beliebter Ort für Schmuggler ist, wollen die Behörden mehr Lager bauen. Die lokalen Behörden und Bewohner_innen haben allerdings genug.

(…)


Stellungnahme zur Besetzung des Syriza Hauptsitzes auf Lesbos

übersetzt von musaferat

Flüchtlinge und solidarische Unterstützer_innen besetzten am Samstag, 25. November 2017 nach einer anti-faschistischen Demonstration, an der Flüchtlinge, Teile der anti-autoritären Bewegung und ausserparlamentarische Linke teilgenommen haben, den Sitz von Syriza in Mytilene, Lesbos. Die Besetzung ist die Weiterführung des Kampfes, der seit eineinhalb Monaten auf dem Sappho Square andauert, als eine Gruppe von Flüchtlingen aus Protest das Internierungslager Moria verlassen hat und klar machte, dass sie weder nach Moria noch in andere, ähnliche Lager zurückkehren werden. Dieser Protest ist keine Bestrebung, irgendwelche Privilegien gegenüber anderen Flüchtlingen zu fordern, sondern einfach, weil wir uns weder sicher fühlen noch sind.

Die inakzeptablen Bedingungen der Unterkunft, das miserable Essen, die Abwesenheit anständiger und angemessener medizinischer Versorgung, die rachedürstige Unterbrechung der Wasserverversorgung zum Trinken wie auch zur Hygiene aufgrund der Teilnahme an Protesten, die ständige polizeiliche Unterdrückung innerhalb von Moria und die gewalttätigen Konflikte unter unterschiedlichen Nationalitäten, die von der Verwaltung des Lagers selbst gefördert werden, bilden den Rahmen dieser aggressiven Inhaftierung. Die sexuelle Ausbeutung von Frauen, Homosexuellen und auch von Kindern, die auf diese entmenschlichenden Wege getrieben werden, sei es aus der Notwendigkeit heraus zu überleben oder weil sie Opfer von kriminellen Vereinigungen geworden sind, ist ebenfalls Teil der Kulmination dieses Kannibalismus. Die erzeugten Spaltungen unter den Flüchtlingen mittels den kategorischen Unterteilungen zwischen Flüchtlingen versus Migrant_innen schaffen chronische Konflikte zwischen den unterschiedlichen Nationalitäten aufgrund der Privilegien, die gewissen Nationalitäten gewährt werden.

All das oben genannte ist mit der EU-Politik verbunden, die kontinuierlich Kriege produziert, welche wiederrum Migrationsströme auslösen, währenddem ein freier und sicherer Korridor für die Opfer dieser Kriege verweigert wird. Diese Politik beinhaltet den EU-Türkei Deal, der von der SYRIZA-ANEL Regierung unterzeichnet wurde. Das Mittelmeer als Friedhof, die ägäischen Inseln, die in ein offenes Freiluft-Gefängnis verwandelt wurden und die Konzentrationslager, in denen die Flüchtlinge zusammengedrängt werden, sind die Resultate dieser tödlichen Politik.

Es muss ebenfalls angefügt werden, dass ab dem Moment, als wir auf dem Sappho Square angekommen sind, wir unsichtbar für all die internationalen Nichtregierungsorganisationen wurden. Das beste Beispiel dafür ist die totale Abwesenheit medizinischer Versorgung oder anderen Formen der Unterstützung.

Trotz den Angriffen auf dem Sappho Square bleiben wir lieber der Kälte und anderen Gefahren ausgesetzt, als dass wir in das Lager namens Moria zurückkehren würden. Die Angriffe reichten von der provokativen Gleichgültigkeit der direkt Verantwortlichen (wie der UNHCR, Syriza und anderen lokalen Behörden), der Apathie von Teilen der lokalen Community, über den Hass, wie er zum Beispiel vom stellvertretenden Bürgermeister Katzanos zur Schau gestellt wurde, als er die Transparente auf dem Square herunterriss, der Versammlung, die vom Bürgermeister S. Galinos ausgerufen wurde, von den Positionen, die der ehemalige Präsident des Wirtschaftsverbands Poulelli eingenommen hat bis zu den Schlägen der Polizei.

Auf dem Schachfeld des breiteren sozial-politischen Szenarios haben alle eine aktive Rolle zu spielen. Nachdem wir diese Tatsachen realisiert haben, gingen wir weiter und besetzten den lokalen Sitz von Syriza, um Druck auf einen der verantwortlichen und mitschuldigen Akteure dieses Vertrags auszuüben und sie zur Rechenschaft zu ziehen. Durch diesen Kampf haben wir die Distanz zwischen uns aufgehoben und bewiesen, dass Charity eine Illusion und Solidarität unsere Waffe ist.

Wir, als Flüchtlinge, können nur bezeugen, dass diese wenigen Menschen alle Grenzen durchbrochen und uns das Gefühl gegeben haben, Teil dieser Gesellschaf zu sein.

Um abzuschliessen, hier unsere Forderungen:

– Die sofortige Freilassung von Hesam Shaeri Hesari – eingesperrtes Mitglied der protestierenden Flüchtlinge.
– Die Aufhebung der geographischen Einschränkungen der Bewegung für alle protestierenden Flüchtlinge, um nach Athen zu gelangen und Garantie der Regierung, dass bis zur Ankunft in Athen niemand der Protestierenden verhaftet und/oder ausgeschafft wird.
– Die Unterbringung aller protestierenden Flüchtlinge bis zur Ankunft in Athen.
– Kein Lager ist eine akzeptable Unterbringung.
– Die Unterbringung muss in Athen sein.
– Die Unterbringung muss menschlichen Lebensbedingungen angemessen sein.

Flüchlinge und solidarische Unterstützer_innen

Eine weitere Person in den Kerkern des Staates gestorben

übersetzt von renversé

Am 24. Oktober stirbt ein 23-jähriger Mann in der Haftanstalt „la Blécherette“ in Lausanne. Die Umstände sind noch nicht geklärt, doch schliessen die Medien Dritteinwirkung bereits aus. Die Polizei eröffnet eine Untersuchung, mehr aus Pflicht als um die Umstände zu klären. Nach drei Tagen weiss die Polizei, dass die verhaftete Person in der Tat eine andere war, als sie dachte. Man sieht also, die Untersuchung kommt gut voran… Für die Anhänger_innen der Herrschaft ist auf jeden Fall bereits alles gesagt. Die Polizei macht ihre Arbeit, die Gefängnisse funktionieren und das solide Fundament des Strafvollzugssystems sollte nicht durcheinandergebracht werden. Die Gründe für diesen x-ten Tod im Knast interessieren uns nicht. Ein Tag im Knast ist bereits einer zuviel und man sollte diese als das betrachten, was sie sind: Ein Ort, an dem man widerspenstige Individuen bricht, isoliert, tötet.

Dieses Jahr sind dutzende Personen in den Gefängnissen gestorben. Sehr oft durch Selbstverstümmelung, was das Mass der Hoffnungslosigkeit der Gefangenen zeigt.

– Im November letzten Jahres nimmt sich eine 61-jährige Frau im Regionalgefängnis von Thun das Leben.
– Am 7. Dezember ist es ein 21-jähriger Mann im Regionalgefängnis von Bern: Suizid.
– Im Februar sterben im Gefängnis von Muttenz in der Nähe von Basel zwei Personen. Beide durch Suizid.
– Im Juni ist es ein 29-jähriger Mann im Gefängnis von Champ-Dollon in Genf. Suizid.
– Im Juli erhängt sich im Gefängnis La Croisée bei Orbe ein Mann.
– Im September weigert sich ein Gefangener im Gefängnis Bochuz, nach dem Spaziergang in seine Zelle zurückzukehren, steigt auf das Dach und droht, sich selbst umzubringen. Nachdem er von den Beamten gepackt und in die Isolationszelle gesteckt wird, verwüstet er diese noch am selben Tag.
– Am 25. Oktober wird ein 61-jähriger Mann tot im Untersuchungsgefängnis Ferrara im Tessin aufgefunden.

Dieste Liste tut weh und sie ist sicherlich nicht vollständig. Sie zeigt aber eine brutale Kontinuität auf und dass der jüngste Tod in Lausanne nicht isoliert ist. Das ist nicht normal, nein. Ob es sich um einen Suizid, eine Herzkrankheit oder um was auch immer handelt, das ist keine Banalität.

Die Revolten existieren auch in den schweizer Gefängnissen und man erinnert sich noch an die schönen Meutereien im Champ-Dollon zwischen 2011 und 2014. Doch sind die Momente der Aufsässigkeit innerhalb der Knäste im generellen nicht so spektakulär und die Medien bemühen sich nicht, die Informationen zu teilen. Es kann sich dabei um die Weigerung handeln, nicht in seine Zelle zurückzukehren, um gegen die Haftbedingungen zu protestieren, um Briefe an den Direktor, um die Verwüstung seiner Zelle, um Kidnapping eines_r Wärter_in oder um einen Aufruhr. Es ist jedes Mal ein Schrei der Wut, der Hoffnung und des Leids.

Wir erinnern uns auch noch, was aus der „Affäre Skander Vogt“(1) wurde, die die Mauern der Gefängnisse kaum erschüttert hatte. Die Aasgeier der linken Politik waren gerührt, die Presse war ab der Situation in den Knästen beunruhigt, die Justiz und die Polizei versicherten, dass neue Gefängnisse gebaut werden, moderne dieses mal… selbstverständlich. Für die Mächtigen war das Problem also gelöst. Und die Liste der Toten und der Revolten in den Knästen wird immer länger.

Die Gefängnisse bleiben immer Orte, an denen die Unerwünschten in düsteren Betonzellen abgestellt werden, dem Licht und der Luft beraubt, getrennt von ihren Freund_innen und ihrer Familie. Ein Ort, an dem man ungestraft verprügeln kann, an dem Druck auf ohnehin schon geschwächte Menschen ausgeübt wird, an dem man in vollster Ruhe demütigen kann.

Mit dem modernen Vokabular lässt sich dieser Ort so gut schönreden, ökologisch nachhaltig, Resozialisierung, ultra high-tech Sicherheitsblablabla… Sie werden weiterhin zerstören und töten. Diese Änderungen stehen mehr in der Logik der Semantik als dass sie die Lebensbedingungen im Innern verbessern würden. Sie dienen dazu, sich ein gutes Gewissen einzureden, die empörten Bürger_innen zu beruhigen, die im Knast nur ein Problem der Überbevölkerung sehen. Und natürlich zieht der Bau von neuen Knästen die Geier an, die ihr Geld auf dem Rücken der Misere machen (Baufirmen, Zeitarbeitsfirmen, Banken und Architekten).
Ahhh die Macht der Worte, stets geschickt eingesetzt von den Anhänger_innen der Herrschaft. Ein Gefängnis für Menschen, die nicht über die richtigen Papiere verfügen, nennt sich „Empfangszentrum für Flüchtlinge“ und ein Krieg wird zu einer „humanitären Intervention“.

In der gleichen Manier gaukelt man uns heute die Illusionen über die Strafanstalten vor, indem ihre „Humanität“ hervorgehoben wird. Doch menschliches Einsperren gibt es nicht. Das Ziel davon ist, die Individuen moralisch wie physisch zu brechen, den Armen, den potentiellen Rebell_innen und allen Unerwünschten eine Welt aufzuzwingen, die auf der Herrschaft und dem Geld basiert. Das Gefängnis folgt der Kontinuität anderer Institutionen der Unterwerfung; das Patriarchat, die Schule, die Religion, die Justiz…

Draussen
Ausserhalb des Gefängnisses ist die Kontrolle allgegenwärtig, auch wenn sie versteckter und weniger erdrückend ist. Die Bullen führen das Gesetz aus, Kontrolle von Armen, Knüppel und Prügel. Die Justiz führt aus, verurteilt… in Abhängigkeit zur Person, die beschuldigt ist. Man verlangt von allen, sein_ihre eigener_eigene Unternehmer_in zu sein, sich an der Verwaltung der Misere zu beteiligen, hart zu arbeiten, um einige Krümel abzusahnen. Das Überleben wird immer schwieriger und gleichzeitig richten sich die Reichen ganz gemütlich in den neuen Luxusquartieren ein. Das Leben gleicht einem Gefängnis unter offenem Himmel. Die Bahnhöfe und die Metrostationen mit ihren intelligenten Überwachungssystemen gleichen immer mehr den Checkpoints. Architektur und Urbanismus sind die Mittel, um das Territorium zu kontrollieren und die Reichen zu beschützen. Ghettos für Arme, Ghettos für Reiche. Es ist ein Totentanz durch die Metropole.

Man will aus uns gehorsame, konforme Wesen machen. Man will uns den Regeln unterwerfen und wenn man sich weigert, werden wir ins Gefängnis gesteckt, wo man lange Jahre dahinvegetiert und eine permanente Kontrolle über unser Leben ausgeübt wird.

Zum Glück gibt es heute noch Menschen, die nicht resignieren und diejenigen angreifen, die ausbeuten und unterwerfen. Durch verstreute und diffuse Revolten in Basel und Zürich in den letzten Jahren wurde das Spiel der Normalität durchbrochen.

In Basel soll ein neues Gefängnis gebaut werden. Und die Aasgeier, die mit Freude an die Arbeit gehen, um die „Unerwünschten“ einzusperren, kommen nicht ungeschadet davon. Mehrere Fahrzeuge der Implenia, Bauherrin und eine der „Leaders“ im Bausektor der Schweiz gingen in Flammen auf. Wilde Demonstrationen zogen durch die Stadt oder vor die Knäste, um Feuerwerk zu zünden und Solidarität zu zeigen.

Es ist immer möglich, die Herrschaft anzugreifen. Diese Angriffe werden das Projekt nicht aufhalten, doch ist dies kein Grund sich damit abzufinden. Denn immerhin erwärmen sie die Herzen derjenigen, die da draussen sind und offene Rechnungen mit der Macht und der Herrschaft zu begleichen haben und zeigen den Eingesperrten eine praktische Solidarität. Diese Angriffe zeigen, dass sie nicht alleine sind und dass ein Kampf gegen die Hölle des Gefängnisses möglich ist. In der Schweiz ist es im Gegensatz zu dem, was wir manchmal hören, nicht schwieriger als anderswo. Gehen wir ebenfalls mit ganzem Herzen und Freude an die Sache. Lassen wir die Polizei, die Knäste, die Justiz ihre dreckige Arbeit nicht in Ruhe erledigen.

Es ist möglich, Verbindungen zwischen drinnen und draussen herzustellen, die Revolten im Innern aufzugreifen, zu unterstützen, rund um die Lebensbedingungen im Knast und für die Zerstörung derer zu agitieren. Die Mauern, die die Herrschaft zwischen uns errichtet, sind nicht unerschüttlich. Seien wir kreativ. Vom Verteilen von Flugblättern an die Familien und Freund_innen der Inhaftierten vor den Knästen, dem Briefeschreiben an die Gefangenen, ein bisschen Gras oder ein Telefon über die Mauer werfen, die schönen, glühenden Ausflüge in der Nacht, Dynamit. Solange sie die Liebe zur Freiheit für alle in sich tragen, sind alle Mittel gut.

Schaffen wir uns die Möglichkeiten unseres kollektiven Ausbruchs.

Feuer den Knästen.
Freiheit für alle.


(1) 2010 erstickt Skander Vogt in der Hochsicherheitsanstalt von Bochuz bei Orbe, nachdem er die Matratze in seinem Zimmer in Brand gesetzt hat. Nach 12 Jahren hinter Gittern, davon 5 in Isolation, zwischen den Gefängnissen hin und her geschoben, fügte sich der Gefangene noch nicht seiner Situation. Er beschimpfte und attackierte die Wärter weiterhin regelmässig, um gegen die Einsperrung zu protestieren. Für ein paar Monate im Knast gelandet, verlängert sich sein Aufenthalt ein ums andere Mal wegen den Ausbrüchen des Ungehorsams. Er verweigerte sich der Erpressung der Wiedereingliederung, die die aktive Teilnahme der Gefangenen an der Gefangenschaft vorsieht, indem man zum Beispiel für ein paar Groschen jeden Tag arbeitet. Als Zeichen seines Protestes gegen die Inhaftierung steigt er im Juli 2008 aufs Dach. Nach mehr als 30 Stunden wird er von der Spezialeinheit der Gendarmerie (DARD) runtergeholt. In der Nacht vom 10 März 2010 setzt er seine Zelle in Brand. Die Wärter lassen ihn während zwei Stunden alleine im Rauch, bevor sie ihn rausholen, tot. 8 Wärter werden freigesprochen, ein Wärter wird zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt.

Lausanne: Ein undokumentierter Migrant stirbt «ohne Grund» in Polizeigewahrsam

gefunden auf barrikade

Eine im Exil lebende Person, deren einziges Verbrechen darin bestand, sich in der Schweiz aufzuhalten, wurde am Dienstag gegen 11 Uhr tot aufgefunden. Er war seit Montag in einer Zelle der Haftanstalt «Centre de la Blécherette» in Mont-sur-Lausanne inhaftiert. Man weiss die Todesursache des jungen Mannes nicht, nur eines ist sicher: er hat sich nicht umgebracht.

Das Opfer, das sich in einer «irregulären» Situation in der Schweiz befand, war am Sonntag, den 22. Oktober um 20.00 Uhr von den Grenzschutzbeamten im Bahnhof Lausanne festgenommen worden.
Zunächst wurde er für medizinische Kontrollen ins CHUV geschickt, wo er die Nacht verbrachte bevor er am Montagmorgen ins Gefängnis der waadtländischen Kantonspolizei in Mont-Sur-Lausanne überführt wurde.

Der Mann sollte am Dienstagmorgen nach Luzern, den zuständigen Kanton, versetzt werden.

Nach Angaben der Polizei versuchte ein Versetzungs- und Überwachungsbeamter, den Gefangenen mit einer Herzmassage wiederzubeleben. Sofort alarmierte er die Rettungsdienste, aber der Arzt des SMUR und die Sanitäter konnten nur den Tod feststellen. Das Centre universitaire romand de médecine légale wird eine Autopsie durchführen um die Todesursache festzustellen.

Seltsamerweise stellte kein Journalist die einfachste Frage: Wer hätte diesen jungen Mann außer einem Polizisten umbringen können?

Dieser Fall kommt nur drei Wochen nachdem die Tessiner Polizei in Brissago einen Asylbewerber erschossen hat.

Chiasso: 70 Personen gegen die mörderischen Grenzen

übersetzt von frecciaspezzata

  Sprüche beim Bahnhof von Balerna

Bericht vom Umzug vom 02. März 2017 in Chiasso

Gegen 17.30 Uhr versammelten sich die Leute an der Piazza Indipendenza, hängten Transparente auf und verteilten Flugblätter an Passant_innen. Nach einigen Ansprachen übers Megaphon formierte sich ein kleiner, spontaner Umzug ohne irgendwelche Parteien oder Organisationen in Richtung Bahnhof und skandierte Slogans gegen die Grenzen, den Rassismus und die Polizei. Nachdem der Verkehr für einige Minuten blockiert wurde, zogen die Demonstrant_innen zum Gleis 4, wo die Züge aus Italien ankommen und dann von der Grenzwache mit ihrer rassistischen Selektion durchsucht werden.

Als die Demonstrat_innen auf dem Gleis eintrafen, wurden sie bereits von einem immensen Aufgebot der Kantonspolizei in Kampfmontur empfangen, die es mit Schubsern und Schlägen verunmöglichte, auf die Gleise zu kommen. Nach etwa 10 Minuten der Gegenüberstellung mit den Bullen, entschied man sich, den Umzug fortzuführen und unserer Solidarität per Megaphon und Spruchbändern Ausdruck zu verleihen. Zurück an der Piazza Indipendenza löste sich die kleine Menge dann langsam auf.

Mindestens vier Kastenwagen der Anti-Riot-Kantonspolizei, Stadtpolizei und Bahnpolizei waren um den Bahnhof und beim Zoll präsent. Klar, dass es den Bossen eines Systems, das Tag für Tag ausbeutet, misshandelt, bedroht und abschiebt nicht gefällt, wenn man von der Person spricht, die am 27. Februar gestorben ist.

So war dann auch in den Tagen nach dem 27. Februar eine Patrouille am Bahnhof von Balerna präsent, um die Menschen einzuschüchtern, die Blumen, Briefe oder andere Zeichen der Verbundenheit und der Solidarität vorbeibrigen wollten.

Ein paar Anmerkungen über die Journalist_innen…

Von Anfang an waren verschiedene Journalist_innen vor Ort, deren einziges Ziel es war, kleine, reisserische Artikel zu schreiben, die die im aktuellen sozialen und politischen Kontext schon bestehenden xenophoben und rassistischen Meinungen weiter nähren. Auf der Jagd nach „Nachrichten“, berichten sie nicht einmal über die tatsächlichen Fakten. Es genügt, die oberflächlichen News zu lesen, die permanent auf den tessiner Onlinemedien erscheinen: Es war noch nie im Interesse dieser Personen, die Mechanismen, die hinter den Nachrichten, über die sie berichten, stehen, zu analysieren und/oder zu kritisieren.

Mit dieser Versammlung wollten wir nicht im Rampenlicht der guten demokratischen Bürger_innen erscheinen, die nach einer Realität verlangen, in der die Freiheit eine reine Illusion ist, in der das Resultat dieser Demokratie genau diese Tode und Abschiebungen sind, gestützt auf den gleichen Mechanismen, die das Leben auch hier unterdrücken.

Deshalb wird es nie eine Zusammenarbeit und Verbundenheit mit diesem Journalismus geben. Antiautoritäre Praktiken haben nichts zu tun mit der Unterwürfigkeit und den Interessen der Institutionen und der Macht.

Die Solidarität, die sich in diesem Moment auf der Piazza gezeigt hat, darf allerdings nicht bei diesem Todesfall, der sich vor unseren Augen abgespielt hat, stehen bleiben, denn das Monster aus Krieg und Verwüstung fordert jeden Tag ihre Opfer, weit weg von den Blicken unseres Gewissens.

Feindinnen und Feinde der Grenzen

Chiasso: Ein Toter an der Grenze – Versammlung gegen alle Grenzen!

per Mail

Donnerstag, 02. März, 17.30 Uhr Versammlung in Chiasso, Piazzale Indipendenza (bei der Post)

Gegen die Grenzen und in Solidarität mit denen, die ihr Leben riskieren, um die Grenzen zu überqueren.

Am Montag 27. Februar wurde ein Mann auf dem Dach eines Regionalzuges auf der Höhe von Balerna von den Hochspannungsleitungen tödlich getroffen. Der Mann wollte die Grenze ohne Kontrolle passieren, da er nicht über die richtigen Dokumente verfügt.

Tragischer Vorfall“ oder Mord?
Nach uns wurde er von der schweizer Migrations- und Asylpolitik getötet; durch die Grenzen, den Rassismus und all jenen, die die Augen verschliessen vor dem Leid, das die Flüchtenden mitbringen. Die Menschen, die flüchten oder die sich entscheiden, für ein würdigeres Leben loszuziehen, tuen das, wie das die Menschen immer getan haben, auch die Grossmütter und Väter aus dem Tessin, die im letzten Jahrhundert nach Amerika zogen, um dort Arbeit zu finden.

Die Menschen flüchten vor Krieg und Armut, hervorgebracht durch die Staaten und die westlichen Konzerne, wie auch der Schweiz mit ihrer Rüstungsindustrie und Rohstoffhandel.

Der Rassimus, die Grenzen und der Kapitalismus tötet: Seien wir keine Komplizen!

Feind_innen aller Grenzen

PS: Komm als Individuum, bring keine Fahnen oder Transparente von Parteien, Vereinen etc. Keine Fotos! Keine Journalisten!


Auf FrecciaSpezzata wurde vor Kurzem ein zusammenfassender Lagebericht zur Grenze Como/Chiasso veröffentlicht. Die deutsche Version findet ihr hier.

Cona, Italien: Ausschreitungen im Erstaufnahmezentrum

gefunden auf Stol.it Nachrichten für Südtirol

Flüchtlingsrevolte: 25 Mitarbeiter verbarrikadieren sich in Büro

In einem Erstaufnahmezentrum für Flüchtlinge in der Provinz Venedig ist es am Montagabend (02.01.17) zu Ausschreitungen gekommen.

Revolte in einem Erstaufnahmezentrum in der Provinz Venedig: Flüchtlinge protestierten gegen die Bedingungen in der Unterkunft, drehten den Strom ab, legten Feuer. - Foto: LaPresse

Revolte in einem Erstaufnahmezentrum in der Provinz Venedig: Flüchtlinge protestierten gegen die Bedingungen in der Unterkunft, drehten den Strom ab, legten Feuer.

Nach dem Tod einer jungen Frau aus Cote d‘Ivoire randalierten Asylwerber und setzten Holzpaletten in Brand. 25 Mitarbeiter der Einrichtung verbarrikadierten sich daraufhin im Büro und konnten erst nach Stunden befreit werden, berichteten italienische Medien.

Der Protest gegen die Bedingungen in dem Flüchtlingslager in der Ortschaft Cona begann am Montagnachmittag, nachdem eine 25-jährige Migrantin tot in der Dusche aufgefunden wurde. Die aufgebrachten Flüchtlinge drehten den Strom in dem Aufnahmezentrum ab und legten Feuer. Wegen der angespannten Situation schlossen sich die Mitarbeiter in den Verwaltungsräumlichkeiten ein, aus denen sie erst nach Mitternacht von der Polizei befreit werden konnten, wie die Tageszeitung „Corriere della sera“ in der Nacht in ihrer Online-Ausgabe berichtete.

Betreiber leisteten angeblich zu spät Hilfe

Die aufgebrachten Asylwerber warfen den Betreibern der Unterkunft vor, dass der jungen Frau aus Cote D`Ivoire zu spät Hilfe geleistet worden sei. Die Rettungskräfte wiesen die Vorwürfe zurück. Die Staatsanwaltschaft von Venedig ordnete eine Autopsie an, um die Todesursache festzustellen.

In dem Erstaufnahmezentrum in einer aufgelassenen Militärbasis in der 3.000 Einwohner-Gemeinde Cona sind rund 1.000 Asylwerber untergebracht.