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Italien/Frankreich: Gegen GEPSA

übersetzt von macerie

GEPSA steht für „gestione dei servizi ausiliari negli stabilimenti penitenziari“ („Verwaltung von Hilfsdiensten in Strafvollzugsanstalten“).

1987 in Folge der Liberalisierung von privaten Haftanstalten gegründet, verwaltet GEPSA in Frankreich 34 Gefängnisse, 8 CRAs, beteiligt sich am Bau von 4 neuen Strafanstalten und lässt mehr als 1700 Gefangene in verschiedenen Knästen arbeiten. GEPSA ist eine Tochtergesellschaft von Cofely, ein Koloss der Industrieanlagen und gehört ENGIE (ex GDF-SUEZ), ein weltweiter Gigant in der Produktion und Verteilung von Energie.

In Italien verwaltet GEPSA die Zentren zur Identifikation und Abschiebung (CIE) in Turin und Rom und beteiligt sich am Betrieb des Aufnahmezentrums für Asylbewerber (CARA) in Mailand. Neben der Verwaltung und Instandhaltung der CIEs beteiligt sich GEPSA aktiv an den Abschiebungen von Personen ohne Dokumente.

Die Administrativhaft und die privaten Haftanstalten in Italien stellen für GEPSA einen allzu grossen Leckerbissen dar. Die CIEs und die CARAs sind für dieses Unternehmen nur ein kleines Sprungbrett, von dem aus sie sich in den bereits eingeleiteten Prozess der Privatisierung der italienischen Gefängnisse hochkatapultieren können.

Die Interessen dieses Riesen beschränken sich allerdings nicht nur auf das Geschäft mit den Knästen. ENGIE und Cofely sind auf der ganzen Welt präsent und fördern Projekte in vom Krieg oder anderen Instabilitäten verwüsteten Gebieten, dieselben Gebiete, von denen die meisten Migranten, die in Europa ankommen, aufbrechen. Dieselben Personen, die dann die italienischen Haftanstalten durchlaufen.

GEPSA und Cofely ENGIE haben ihre Niederlassungen und Autos

Halten wir sie auf
Stören wir sie
Sabotieren wir sie

Paris: Und jetzt, wo die Misere nicht mehr ins Auge springt?

übersetzt von non-fides

Mitten in Paris, zwischen Jaurès und Stalingrad bestand über längere Zeit ein Camp von Migrant_innen, das immer wieder geräumt und wiederbelebt wurde. Nach einer Räumungsaktion am 16. September 2016, bei der über 2000 Flüchtlinge vertrieben wurden, hat sich das Camp dann aber wieder neu gebildet. Rund um die 2000 Migrant_innen übernachteten dann wieder in diesem Camp. Anfang November 2016 wurde das Camp dann endgültig geräumt.

Folgendes Flugblatt wurde nach der Räumung in Paris verteilt.


Über die Camps für Migranten und „uns“ alle

Man glaubte sich schon an den täglichen Anblick gewöhnt zu haben… Tausende von den Verdammten dieser Erde, die den Entschluss gefasst haben, ihre Familien, Freunde und Angehörigen zurückzulassen und die mit der Erwartung auf Hoffnung in den Strassen Paris` gelandet sind. Das Elend, das keinesfalls neu ist, befindet sich nun also durch den Zufall der Umstände vor den Augen aller. In diesem Elend, das die Verwalter „den Migrations-Parcours“ nennen, sind die Camps nicht der erste und auch nicht der letzte Schritt.

Nun ist es geregelt: die Gewalt des Gesetzes wurde mobilisiert, um die Armen einzuladen und abzutransportieren, niemand weiss wohin, weg von unserem täglichen Blickfeld, weg von unseren kleineren oder grösseren Sorgen der Trauer, der Empörung, der Übertreibung, der Machtlosigkeit oder der Gleichgültigkeit. Das Leben ist endlich wieder zur Normalität zurückgekehrt: Die Jugend kann sich wieder dem Sport zuwenden, so wie sie es gemacht hatte, die Familien können wieder unter dem Geruch der Tannen spazieren gehen, und all das in der Sicherheit der vom Bürgermeisteramt aufgestellten Gitter.

Das Elend besteht weiterhin, so, wie es auch schon vor den Camps in den Strassen von Stalingrad bestanden hat. Die Bullen, die regelmässig kamen, um zu kontrollieren, wegzuschicken, zu schlagen oder einfach, um die Menschen zu terrorisieren, haben ihre dreckige Arbeit nicht ausgesetzt. Die Behörden des OFPRA (Office française de protection des réfugiés et apatrides, Französisches Amt zum Schutz von Flüchtlingen und Heimatlosen) haben nicht aufgehört, unter denjenigen Einteilungen vorzunehemen, die es, nach ihnen, verdienen, als Flüchtlinge angesehen zu werden und dem Rest, dem die Kontrollen, die Einsperrung in den CRAs, die Abschiebungen und in der Zwischenzeit auch die beschleunigte Ausbeutung und der soziale Ausschluss vorenthalten werden. Die Bau- und Unterhaltungsfirmen der CRAs, wie Vinci, die Banken, die die Sans-Papiers verpfeifen, wie LCL, La Poste und BNP, diejenigen, die abschieben, wie SNCF oder Air France, sowie eine ganze Palette an Zeitarbeitsfirmen, bilden ein Geschäftsfeld, für das die Misere der Migranten nur eine weitere rentable Marktlücke ist. Und nicht zu vergessen die netten, karitativen und kommunalen Geister, das Bürgermeisteramt an vorderster Stelle, die alles dafür tun, dass dieser Schrecken hinter den sportlichen und familiären Aktivitäten vergessen geht.
Und nun?

Ein Schritt
Auch wenn wir in einer Zeit leben, in der die ganze Welt, von der extremen Rechten bis zur extremen Linken, uns nach Herkunft, dem schwachsinnigen Glauben, der ins Unendliche teilbaren Leiter der sozialen Hierarchie, den Identitäten, die eine leerer als die andere, nach den „Rassen“ einzuteilen versucht, halten wir daran fest, dass die Solidarität von allen Verdammten dieser Erde geteilt wird. Wir weisen es zurück, die Migranten ohne Papiere als getrennt von uns selbst zu betrachten. Wir akzeptieren es nicht, „wir“ ohne Anführungszeichen zu sagen.

Angesichts des extremen Elends, wie diesen Sommer in den Strassen rund um Stalingrad, kann das Gefühl der Solidarität mit uneingestandem Mitleid, ungeschickter Herablassung, ohnmächtiger Verzweiflung wirr durchsetzt sein. Das ist nicht heroisch aber auch keine Schande.

Aber kann man nur mit denen solidarisch sein, die „uns“ ähnlich sind? Vielleicht. Sollte man betonen, dass die Ausbeutung der Migranten eine intensivere Version dessen ist, was jeder Prolet bei der Arbeit erlebt? Oder dass auch die Gefängnisse, gleich wie die CRAs, für all diejenigen reserviert sind, die es nicht schaffen zu beweisen, dass sie einen Platz in dieser „bessten“ aller Gesellschaften haben? Man weiss es nicht.

Es sollte jedoch nicht darum gehen, aufgrund der Ähnlichkeit des Elends ein Argument für die Solidarität zu machen. Und dies für einen guten Grund: Unser Problem ist weniger das Elend, sondern vielmehr seine Akkzeptanz. Die Solidarität stützt sich demnach nicht auf der gemeinsamen Misere, sondern auf der geteilten Ablehnung derjenigen.

Angesichts der in letzter Zeit künstlich erzeugten Leere, war die Gleichung eine einfache: Dem lebendigen Mensch folgt ein nach Tanne riechender Wald, danke der Poesie – angesicht der Leere also, erfordert die Idee der Solidarität mehr von allen: Sie erfordert einen bewussten Schritt, eine aktive Bejahung. Der falsche Inhalt und die reale Leere der Strassen im Quartier um Stalingrad antworten nicht mehr auf die alltäglichen Gesten der Empathie und dies aus dem gleichen Grund, der sie unzureichend, ja, auch wenn bis vor ein paar Wochen verständlich, sogar lächerlich machte: Es ist der Staat und seine Zöllner der menschlichen Ware, die tausende von Menschen dazu bringen, sich auf den Strassen niederzulassen; es sind die Eigentümer und die Ausbeuter, die sie davon abhalten, von dort aufzubrechen; es ist der Staat und seine Wärter, die sie schliesslich einsammeln, einsperren und abschieben.
Die federführenden Autoritäten bringen diese menschliche Katastrophe hervor und haben dann die Frechheit, sich bei denen zu bedanken, die, angetrieben von der menschlichen Empathie, das Elend „austragen“, das sie geschaffen haben?

Zweiter Schritt
Was tun also? Werden wir es der makaberen Inszenierung vergeben, die alles tut, damit man die Katastrophe vergisst, wenn man durch die Strassen Paris` schlendert? Werden wir uns bei unseren Herren bedanken, die das Elend verborgen haben, während wir weiterhin in den Knästen, in den Strassen und an den Grenzen zu Grunde gehen? Werden wir uns weiterhin an die für diesen Zustand verantwortliche Gewalt wenden und auf eine unwahrscheinliche Lösung ihrerseits lauern?
Nein. Beginnen wir mit dem.

Die Strassen von Stalingrad bis Jaurès sind leer, wenden wir den Blick ab, folgen wir der Aussicht der klaren Gegenwart, ziehen wir eine Grenze, ziehen wir die Schlussfolgerungen. Wir erachten all diejenigen für verantwortlich, die, schlicht durch ihren Beruf, andere zum Elend verdammen, das in Stalingrad bis vor kurzem sichtbar war. Wir erachten all diejenigen für verantwortlich, die in der Inhaftierung und den Abschiebungen einen profitablen Markt gefunden haben. Wir erachten diejenigen für verantwortlich, die das groteske Maskenspiel anführen, dessen Ziel das Vergessen und die Entlastung aus der Verantwortung ist. Wir erachten sie für verantwortlich für das uns gemeinsame Elend.

Wir appellieren nicht an die Beseitigung des Leids. Wir appellieren nicht an die abstrakte und leere Liebe zwischen allem und allen. Doch schlagen wir die Absage von all dem vor, was sich gegen die Möglichkeit des Glücks, der menschlichen Solidarität und der Freiheit richtet.
Die aktive Absage, die jeder auf seine eigene Art und Weise finden und realisieren kann.

Das Elend ist uns gemeinsam, doch teilen wir nur die Wut, die sich gegen das Gegenüber richtet.
Auf das alles, was dies hervorbringt, untergeht.

Dritter Schritt

Den Haag, Niederlanden: Anarchistische Wandzeitung #2: Die Grenzen der Festung Europa zerstören

übersetzt von autonomendenhaag

Über die Militarisierung der Grenzen
Während die Waren und das Kapital ungehindert auf der ganzen Welt zirkulieren können, werden Zäune in der gesamten europäischen Landschaft aufgestellt. Soldaten und Polizisten werden an die Grenzen geschickt und tausende Menschen werden in modernen Konzentrationslagern eingesperrt.

Die Grenzen der Festung Europa sind geschlossen, die Zäune aus Stahl und Stacheldraht errichtet und die Meere vom Militär besetzt. Menschen, die eine höllische Reise für ein besseres Leben unternommen haben, werden als unerwünscht angesehen, eingesperrt und entmenschlicht. Die Hexenjagd gegen Migrant_innen wird durchgeführt, sodass wir uns nicht mit den wirklichen Problemen, die uns alle betreffen, konfrontieren müssen. Die Zäune an den Grenzen und die Militarisierung in den Strassen sind nicht dafür da, uns von einer sogenannten Flutwelle von Migrant_innen zu schützen. Die Grenzen sind da, um die Elite zu schützen und sind nichts weiter als die Tentakel eines kontrollierenden und unterdrückenden Staates. Der selbe Staat, der alles tut, um die Menschen gefangen zu halten, gefangen bei der Arbeit, in der Ausbeutung und Repression.

Westliche Kriege für Ressourcen, Waffenhandel und Ausbeutung sind die Wurzeln der Migrantionswelle. Diese Kriege, die mit der Verkleidung des Antiterrorismus gekämpft werden, sind nichts weiter als eine brutale Handelsmission, die darauf abzielt, die Taschen der Manager und Bosse grosser Konzerne zu füllen. Während dem sie immer reicher werden, müssen wir jeden Tag unseren Arsch abarbeiten, um überhaupt überleben zu können und um die Taschen der Reichen weiter zu füllen.

Dies ist, was uns alle verbindet. Wir sind alle dem gleichen sozialen Konstrukt aus Ausbeutung und Repression unterworfen. Wir dürfen uns nicht der Sündenbockpolitik anschliessen, die alle Schuld für jedes soziale Problem auf die Flüchtlinge abwälzt, so wie der Mangel an Wohnraum oder die Armut. Diese Probleme sind nicht die Fehler der Migrant_innen, sondern der Bosse und Aubeuter_innen. Es ist das gesamte politische Parteienspektrum von links bis rechts, welches es zulässt, dass bezahlbarer Wohnraum zugunsten von Luxuswohnungen zerstört wird. Sie halten die Armut aufrecht, weil es nicht in ihrem Interesse ist, wirkliche Gleichheit zu schaffen. Sie können von tatsächlicher Gleichheit nicht profitieren und ihre Freunde der grossen Multis wären nicht mehr in der Lage, immer reicher zu werden.

Mit der Militarisierung der Grenzen und dem Füllen der Strassen mit Maschinengewehr tragenden Offizieren zeigt der Staat einzig, dass er mit Gewalt alle zwingen kann, das zu tun, was er will; dass er alle arbeitend für die staatlichen Interessen in Reih und Glied halten kann. Aber nichts ist weiter entfernt von der Wahrheit. Wir können und müssen die Ketten der Unterdrückung zerbrechen. Wenn wir wirklich frei sein wollen, müssen wir den Staat angreifen, die Militarisierung behindern und ihre Grenzen zerstören! Die Grenzen zerstören, sodass wir alle in Freiheit leben können.


Repression gegen die erste Wandzeitung
Die erste anarchistische Wandzeitung machte die Polizei und das Innenministerium ziemlich nervös. Ein Gefährte wurde beim Plakatieren der ersten Wandzeitung mit dem Titel „Nieder mit dem Staat und der Polizei. Es lebe der Aufstand“ über die Riots in Schilderswijk von 2015 verhaftet (A.d.Ü.: Anfang Juli 2015 führte der Tod von einem 42-jährigen in Polizeihaft in Den Haag zu schweren Ausschreitungen in Schilderswijk, einem Stadtteil in Den Haag, die mehrere Tage andauerten).

Er wurde wegen Aufwiegelung gegen die Autorität und Anstachelung zum Hass angeklagt. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Strafe von 8 Wochen, welcher aber nicht gefolgt wurde. Das Innenministerium hat allerdings noch nicht aufgegeben und Beschwerde eingereicht.

Trotz der Verhaftung wurden die Wandzeitungen breit verteilt. Wir lassen uns nicht zum Schweigen bringen und kümmern uns nicht darum, was die Polizei und das Innenministerium über die Texte der Wandzeitung denken. Hier ist also die zweite anarchistische Wandzeitung.

Ihr könnt sie runterladen und verbreiten. Diese sowie ältere Ausgaben findet ihr auf autonomendenhaag.wordpress.com

Über den Kampf der Geflüchteten für Freiheit

übernommen von Fernweh Nr. 23 – anarchistische Strassenzeitung

fernweh

Einen Monat lang haben dutzende Flüchtlinge den Sendlinger Tor Platz besetzt und haben dann einen Protestmarsch zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg unternommen, um dann, nach ihrer Rückkehr nach München, gleich wieder am Sendlinger Tor ihre Zelte aufzustellen und kurz darauf für einige Tage einen Hungerstreik zu beginnen, was die Bullen dann dazu veranlasste, das Camp zu räumen. Sie kämpfen für ein Bleiberecht für Alle, für ihr rechtliche und soziale Gleichstellung und gegen den Rassismus, den Sexismus und die Ausbeutung und Unterdrückung in der Gesellschaft im Allgemeinen.

Ich bin sowohl beeindruckt von dem Durchhaltewillen der Geflüchteten, die sich keineswegs entmutigen oder kleinreden lassen, als auch von ihrer Direktheit in ihrer Kritik an diesem rassistischen Systems und ihrer Klarheit in der Frage, wie sie sich ihren Kampf vorstellen. So kämpfen sie absolut selbst organisiert und unabhängig, ohne auf irgendeine politische Organisation angewiesen zu sein. Ihr Vorschlag und ihre Aufforderung zu Solidarität richtet sich an alle Menschen, die gegen Unterdrückung und Ausbeutung kämpfen wollen und die ein Interesse daran haben, dass der Kampf der Geflüchteten nicht isoliert wird und ihre Forderungen anerkannt werden. Zudem üben sie eine scharfe Kritik an der Münchner Linken, denen sie vorwerfen sich in ihren Zentren zu verkriechen und die Geflüchteten als reine Objekte zu behandeln, die es nur vor Nazis zu schützen gilt. In harschen Worten beschreiben sie, wie sie die Linke dabei beobachten einzig und alleine auf faschistischen Protest zu reagieren, aber in der Frage aktiver Solidarität mit dem Geflüchteten-Protest initiativ- und regungslos zu verharren. Ich teile diese Einschätzung, dass sich die Linke in antifaschistischen Abwehrkämpfen und selbst geschaffenen Ghettos verliert, voll und ganz.

Im Angesicht der hiesigen Abwesenheit von sozialen Kämpfen denke ich, dass die Frage der Solidarität mit diesem Protest in der Tat von allen Feinden des Rassismus‘ und der Autorität diskutiert und beantwortet werden muss. Aus dem tiefen Verlangen heraus, dass sich anti-autoritäre Kämpfe aus ihrer Isolation befreien und sich in eine aufständische Richtung entwickeln, möchte ich allerdings zwei Fragen zur Diskussion stellen: Wie kann kämpferische Solidarität aussehen, die auf eine Qualität der Ideen und Aktionen setzt, anstatt der Quantität, also den Massen und den Kompromissen hinterher zu rennen? Denn ohne irgendjemandem sagen zu wollen, wie er oder sie ihre Kämpfe zu führen hat, denke ich, dass es ein Trugschluss ist, dass Parteien, Gewerkschaften oder die Presse im allgemeinen (also diejenigen, die für all den rassistischen Scheiß aus Gesetzen, Lohnsklaverei und Hetze mitverantwortlich sind) ein Interesse daran haben, anti-autoritäre Kämpfe zu unterstützen, da die (zu keinem Kompromiss bereiten …?) Kämpfe, wenn sie nicht betrogen, verarscht oder getrennt und isoliert werden, über kurz oder lang die Machtposition eben jener Institutionen in Frage stellen würden.

Kämpfe, die Forderungen stellen, müssen stets reflektieren, ob sie das Spiel mitspielen wollen, in welches sie diejenigen, die die Forderungen erfüllen könnten (also die Herrschenden) integrieren wollen – also ob sie an Verhandlungen, Kompromissen, der Individualisierung von Problemen und Teilerfolgen interessiert sind – oder ob sie schlicht und einfach solange autonom kämpfen und den Konflikt intensivieren wollen, bis die Forderungen (selbst oder von anderen) realisiert werden. Darüber hinaus frage ich mich, wie ein Kampf in der Praxis aussehen kann, in dem jeder, unabhängig von sozialer und rechtlicher Stellung, ein kämpfendes Subjekt ist, ohne dass die einen für die anderen kämpfen, sondern alle gemeinsam auf ihre eigene Art und Weise, ohne dass es zu Hierarchien, Delegation und Machtspielchen kommt.  Denn die Mittel der Politiker, als auch die Einladung an diese, sich an Kämpfen zu beteiligen, haben  schon allzu oft die Ideale, Perspektiven und Ideen der Revoltierenden verdorben.


Was für Integration?!

Bayern – die Inkarnation von „Heimat und Weltoffenheit“ – wie es im neuen Integrationsgesetz so schön formuliert ist. Weltoffenheit für Kapital, Waren, qualifizierte Arbeitsbienchen und alles, was sich widerspruchslos unter die „heimatlichen-bayerischen“ Sitten und Gesetze unterordnet.
Die Eigenschaft jedes Gesetzes ist es, Leute gewissen Kategorien zu zu ordnen und eine Vorlage zu bilden, anhand derer unzählige Individuen, Problemlagen, und Konflikte vereinheitlicht werden und vermeintliche „Lösungen“ festgelegt werden. In der demokratischen Ordnung macht die einheitliche Regelung von Konflikten den Kerngedanken der Judikative aus: Um das Ausüben von Kontrolle und Bestrafung bei Regelbrüchen zu ermöglichen, müssen erst einmal Regeln definiert werden und dann fixe Vorgehensweisen, was bei deren Übertretung passiert.

In sich schnell verändernden Zeiten, wie diesen, gilt es für den Staat sich unter anderem auf mögliche schwer kontrollierbare Situationen vorzubereiten, indem er auf verschiedenen Ebenen sein repressives Arsenal ausweitet. Das geplante bayerische Integrationsgesetz kann genau in diesem Zuge gesehen werden. Es stellt sozusagen die Schaffung eines präventiven Maulkorbs dar, der im Vorhinein schon auf die Abschreckung vor Normübertretung abzielt. Als Integration wird die absolute Anpassung an vorgefertigte Werte und Verhaltensweisen definiert, verpackt in einem sehr schwammig formulierten „Leitkultur“-Begriff, dem sich alle verpflichten und somit bedingungslos unterordnen müssen. In der Sozialpolitik gibt sich der Staat nun nicht mehr den Anschein ach so tolerant und sozial zu sein, sondern zieht die Richtlinien immer enger: Elemente, die sich nicht kritiklos unterordnen, die sich nicht stumm und brav Allem unterwerfen, müssen sich repressiven Maßnahmen aussetzen oder werden ausgesondert. Dies ist die Grundlage dafür, jeden sozialen Protest einzudämmen und zu verurteilen.

„Es ist verboten, öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften dazu aufzufordern, die geltende verfassungsmäßige Ordnung zu missachten“. „Wer durch demonstrative Regelverstöße, Verunglimpfen oder sonst durch nach außen gerichtetes Verhalten beharrlich zum Ausdruck bringt, dass er die freiheitliche demokratische Grundordnung,[…] ablehnt, kann durch die Sicherheitsbehörden verpflichtet werden, sich einem Grundkurs über die Werte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu unterziehen.“ Dies gilt genauso für „Einheimische“, und stellt so unter dem Deckmantel, „um nicht rassistisch zu sein“ (Zitat aus dem Gesetz), ein weiteres Instrument dar, um jegliche Kritik und Widerstand gegen die Regierung und den Staat im allgemeinen, egal von wem diese ausgehen, zum Schweigen zu bringen. Es wird immer mehr eine Trennung in „Ausländer“ und „Einheimische“ und gar in „Halb- und Viertel-Ausländer“ vollzogen, indem das „von außen kommende, Fremde, Andere“ per sé als mögliche Bedrohung und Einschränkung für das Leben der „Einheimischen“ dargestellt wird, vor der es zu schützen gilt. Durch die restriktiven Gesetze bezüglich Arbeitsverboten für Geflüchtete wird die Erschaffung einer weiteren neuen armen Schicht an Menschen vorangetrieben: Eine neue Schicht von Billiglöhnern (bspw. 0,80 Euro pro Stunde), Auszubildenden oder allgemein aus kapitalistischer Sicht „Überflüssigen“.

Das bayerische Integrationsgesetz kann als eine Kriegserklärung an diese neu konstruierte arme Schicht aufgefasst werden. Zuerst wird versucht die totale Kontrolle über sie zu sichern, um absoluten Gehorsam und vollkommene Unterwerfung unter die vorgegebenen Sitten und Werte zu erzwingen und im Gegenzug wird ein winziger Krümel vom Kuchen angeboten: vielleicht irgendwann mal das Recht zugestanden zu bekommen, hier leben und sich legal ausbeuten lassen zu dürfen, wie all die „Einheimischen“ auch.
Das heißt, jahrelange Demütigung, Erniedrigung und Ohnmacht vor dem gefräßigen, langsamen Bürokratieapparat, die Pflicht die eigene Schnauze halten zu müssen, ständig mit der Drohung im Ohr, die Möglichkeit verwehrt zu bekommen, inweniger prekären Verhältnissen zu leben, als in solchen, aus denen man geflohen ist. Warum wird ein solches Gesetz vorbereitet?

Der Staat sieht sich mit den Folgen seiner Politik konfrontiert: Massenweise Leute, die in Lagern und Traglufthallen eingepfercht leben; kriminelle Milieus, die aufgrund von Arbeitsverboten entstehen… Leute die aus Langeweile, Frustration, Wut, diese ganzen demütigenden Zustände ertragen zu müssen, anfangen sich auf welche Art auch immer aufzulehnen. Solche Zustände könnten Protest, Unruhen und Revolten schüren, wovor der Staat Angst hat und sich rüsten möchte. Wenn sich Widerstand und Proteste den Vereinnahmnungsversuchen durch Staat und staatsbefürwortende Kräfte entziehen, könnten sie eine Gefahr für die etablierte Ordnung darstellen. Im Hinblick darauf und die generelle soziale „Anti-Terror-Alarm-Stimmung“ macht sich der Staat den rassistischen Wind in der Ellenbogengesellschaft zu Nutze, um sowohl Geflüchteten als auch allen anderen die Drohung auszusprechen, dass bei minimalem Aufbegehren gegen Staat und Demokratie horrende Strafen, Ausschluss und Selektion drohen. In faschistischen Allmachtsfantasien schwelgend macht die Regierung klar, was unter „Leitkultur“ verstanden wird: Toleriert wird nur das, was sich ohne wenn und aber Autorität, Marktwirtschaft und Gesetz unterordnet, jede Individualität und Eigenheit ablegt und sich letztendlich der Sittenpolizei unterwirft. Nur dann gehörst auch du zu Deutschland, nur dann, wenn du mehr deutsch als du bist.

Wir wollen uns aber nicht in diese Ordnung integrieren – noch wollen wir sie und ihre Autoritätsgläubigkeit, ihren institutionellen und gesellschaftlichen Rassismus, ihre strukturelle Gewalt und fortschreitende Militarisierung tolerieren. Diese Ordnung kann nur bestehen, wenn wir unsere tagtägliche Ausbeutung und Unterdrückung tolerieren, nur dann, wenn jeder Hauch von Freiheit zur hohlen Fassade verkommt. Die Freiheit, die wir wollen, kann nur auf den verkohlten Fundamenten dieser Ordnung gedeihen… also stampfen wir diese grässliche Grundordnung in Grund und Boden!

Paris: Räumung erstmal verhindert

Mitten in Paris, zwischen Jaurès und Stalingrad befindet sich ein Camp von Migrant_innen, das immer wieder geräumt und wiederbelebt wurde. Die letzte Räumungsaktion war erst am 16. September, bei der über 2000 Flüchtlinge vertrieben wurden. In den letzen Wochen hat sich das Camp dann aber wieder neu gebildet und ist in den letzten Tagen stark gewachsen. Momentan übernachten wieder um die 2000 Migrant_innen in diesem Camp. Manuel Valls, französischer Premierminister, hat angekündigt, das Camp bis Ende Woche zu räumen.


übersetzt von paris-luttes

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Letzte Woche wurde das Camp in Calais zerstört und die dort lebenden Migrant_innen in ganz Frankreich verteilt. Diese Operation hatte unter anderem zum Ziel, die kollektive Organisierung der Menschen zum Leben und/oder zum Überqueren der Grenzen zu unterbinden.

Heute sind die Camps in Paris das Ziel der Repression. Heute Morgen (31.10.16) kam es zur x-ten Razzia in Paris, doch dieses Mal haben das Bürgermeisteramt und die Regierung ihren Willen beteuert, die Camps und damit die Solidarität, die es erlaubt, auf den Strassen zu überleben, endgültig auszuradieren.

Gegen 08.10 Uhr am Morgen bewegen sich die Bullen in Richtung Jaurès. Menschenjagd und Auslese. Ein Teil der Bewohner_innen des Camps befindet sich bereits in einem Kessel. Diejenigen, die vorweisen können, dass sie in einem Asylverfahren sind, können die Falle verlassen, die anderen werden zu den Bussen und dann wahrscheinlich in Internierungszentren gebracht. Solidarische Menschen warnen die anderen Teile des Camps, dass eine Massenverhaftung im Gange ist.

Nach und nach können die Leute aus der Falle treten, doch gehen nicht auseinander, sondern bedrängen die Bullen, um sich dieser Operation entgegenzustellen. Schliesslich entscheiden sie sich, die Strasse zu besetzen. Als die Baumaschinen auffahren, um die Zelte, Matratzen, Kleider und Privatsachen zu zermalmen, versuchen mehrere Menschen, sie an ihrer dreckigen Arbeit zu hindern. Die Bullen greifen ein, gasen herum und drängen die Menschen weg von der Strasse. Aber die Leute lassen sich dies nicht gefallen, versuchen sich die Strasse zurückzunehmen, viele werden eingegast und geknüppelt.

Für etwa 2 Stunden stehen sich die beiden Seiten gegenüber. Die Bewohner_innen des Camps bleiben mit ihren Zelten, Matratzen und anderen Gegenständen, die sie sich zurücknehmen konnten und besetzen langsam die Strasse wieder. Die Bullen, überfordert und ohne Verstärkung zu erhalten, versuchen mehrmals, alle wieder aufs Trottoir zu drängen, doch bekommen letztlich den Befehl, abzuziehen. Unter Buhrufen verlassen sie den Ort und das Camp wird wieder aufgestellt, bis zum nächsten Angriff, der nicht lange auf sich warten lassen wird…

Organisieren wir uns, um an diesem Tag zahlreich zu sein.
Lasst uns die Sandkörner sein, die die Einteilungs-, Einsperrungs- und Abschiebemaschine aufhalten.
Bleiben wir nicht passiv und einfache Zuschauer_innen!

31.10.16, einige solidarische Menschen unter anderen

Zürich: Zur Kleinen Demonstration zum Knast

übernommen von: Dissonanz. Anarchistische Zeitung, Ausgabe Nr. 38, Zürich, 13. Oktober 2016, dissonanz-a [ät] riseup.net

Letzten Freitagabend gab es, ausgehend vom Bahnhof Glattbrugg, eine Demonstration zum „Flughafenknast“ Kloten. Mit Plakaten in der ganzen Stadt – und auch bestimmt über das Internet – wurde dazu aufgerufen. Demo zum (Ausschaffungs-) Knast, «Refugees Welcome».
Am Bahnhof Glattbrugg versammelten sich über hundert Leute, und die Demonstration konnte ohne polizeiliche Intervention zum Gefängnis ziehen. Vereinzelte Sixpacks der Bullen waren zwar ein paar mal sichtbar, aber immer mit 2-300 Meter Abstand. Dies lag wohl vor allem daran, dass die Teilnehmerschaft der Demo grossteils aus ziemlich jungen Leuten bestand. Die Polizei setzte also auf Abstand und Nichtintervention, da das Eingasen, -pfeffern und -schroten von Menschen, die zumindest mutmasslich grossteils gesetzlich minderjährig sind, wohl möglicherweise (erneut) zuviel Skandal auslösen könnte.

Nun: letztendlich lässt sich über die Gründe der Taktik der Bullen an diesem Abend nur spekulieren. Zumindest konnte die Demo von Anfang bis Ende unbehelligt laufen, was auch einiges ermöglichte. So wurde vor dem Untersuchungshaftteil des Gefängnisses von einigen Leuten ein Loch in den Haag geschnitten, der zum Abstellplatz direkt unter den Zellen der U-Häftlinge führte. Einige Demoteilnehmer drangen durch das kleine Loch ein, schmissen einen abgestellten Roller um, zerdepperten einen abgestellten Lieferwagen (wahrscheinlich zum Gefangenentransport), und sprühten Parolen und Anarchie-A’s auf einen Unterstand und den Boden – all dies ohne irgendeinen Bullen in Sichtweite. Die darüber eingesperrten U-Häftlinge johlten, auch wenn sie etwas verwirrt waren, dass nur Parolen für Flüchtlinge geschrien wurden, und forderten die Einbrechenden dazu auf, den Roller anzuzünden – was ihnen nicht gelang. Danach zog die Demonstration weiter, vor den Teil des Gefängnisses, wo sich die Menschen in Ausschaffungshaft befinden, wo Parolen gerufen, eine Rede gehalten und auch wieder Botschaften an den Boden gesprüht wurden. Am Rande dessen wurde die überwachende Kamera ausgeschaltet und ebenfalls ein Teil des Haags aufgeknipst – was allerdings mehr symbolische Bedeutung hatte, da dahinter ein weiteres Gitter wartete.
Danach zog die Demonstration wieder ab, und alle konnten – wie gesagt – ohne Probleme weiterziehen und ihrer Wege gehen. Im Nachhinein, so scheint es mir, dass dieses Eindringen auf den Abstellplatz viel aufzeigen könnte. Es scheint eine spontane Sache gewesen zu sein, von ein paar wenigen ausgeführt. Und viele scheinen sich solch eine Sache – das Eindringen in den Gefängnisbereich – vorher gar nicht überlegt zu haben. Ein Sache, die, wenn ihr Ansatz etwas weitergedacht würde, wohl nur zu einer logischen Schlussfolgerung verleiten könnte…

Wenn ich vor einem Gefängnis stehe, muss ich mich immer daran erinnern, dass die Frage, die ich – wie wohl so viele, ich hoffe: die Meisten – mir im Gefängnis immer wieder gestellt habe, folgende ist: wie könnte ich diese Mauern, diese Gitter, Wärter und Türen überwinden. Darüberklettern, aufbrechen, hindurchschlüpfen, mich durchschlagen. Zumeist bleibt dies eine blosse Fantasie. Man weiss, dass die Gefängnisse so gebaut sind, dass einem diese Hoffnung immer bleibt – weil die hoffnungslosen Gefangenen problematisch sind. Wenn man sich nun vor ein Gefängnis begibt, um Häftlingen Mut und Kraft zu wünschen und zu zeigen, dass sie nicht komplett alleine sind, so bleibt beim Abziehen immer das unangenehme Gefühl zurück, sie doch – letzten Endes – wieder alleine lassen zu müssen. Nicht fähig zu sein, sie da einfach rauszuholen…

Hourriya, Libertad, Liberté, Freiheit – all das sind Worte mit ein und der selben Bedeutung. All diese Worte wurden an diesem Abend oft in den Mund genommen. Man versuchte den Gefangenen zu vermitteln, dass es in diesem Land noch Menschen gibt, die sich die Freiheit für alle wünschen. Dass nicht alle gut damit schlafen können, wenn sie wissen, wie andere eingesperrt sind und dann auch noch bald ins Elend abgeschoben werden. Dies ist schon etwas. Was ich aber hoffe, ist nicht nur, dass es mehr Menschen gibt, die sich die Freiheit einfach nur wünschen, sondern vor allem, dass der Wille und die Bereitschaft, konkrete Akte der Befreiung umzusetzen, endlich um sich greift. Dazu könnten vielleicht gerade die Taten dieses Abends auch etwas Anstoss geben…?

Calais: Jungle soll endgültig geräumt werden

gefunden auf linksunten

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Die Informationen über eine anstehende komplette Räumung des Jungle von Calais verdichten sich. Derzeit spricht vieles für einen Beginn der Bullenoperationen am 17. Oktober.

Laut einem französischen Medienbericht sollen 1.000 Bullen der CRS in die Region einrücken und in einem Zeitraum von 10 Tagen das gesamte Lager (mit Ausnahme des vom französischen Staat errichteten Barackenlagers) räumen. Unterstützt von 150 örtlichen Bullen sollen in der Zeit auch die Funktionalität der Hafenregion und der überregionalen Strassen gesichert, sowie die an Calais angrenzenden Regionen überwacht werden.

Das französische Innenministerium wollte den Medienbericht, der auf ein vorliegendes Dokument der Bullen beruht, nicht kommentieren.

Es gibt zusätzlich im Netz auch eine Reisewarnung für britische Staatsbürger, die in diesem Zeitraum beabsichtigen nach Frankreich zu reisen, dass es aufgrund einer Polizeioperation bei Calais zu Komplikationen bei der Reise kommen könnte. Diese neuen Informationen decken sich mit den bisherigen Informationen, die Unterstützer*innen veröffentlich haben.

Unterdessen schreitet der Bau einer knapp drei Mio Euro teuren und vier Meter hohen Mauer, die die Flucht von Migrant*innen nach Grossbritannien komplett verhindern soll, weiter voran. Hauptbauträger ist der bestens bekannte Konzern VINCI, der u.a auch für das geplante Flughafenprojekt bei Nantes (Notre Dame de Landes ) verantwortlich zeichnet. Der Konzern war wegen seiner Beteiligung an diversen Bauprojekten wiederholt das Ziel militanter Aktionen, u.a. auch in Deutschland.

In Frankreich gibt es erste Aufrufe, sich im Falle eines Bullenangriffs auf den Jungle von Calais zu abendlichen Spontandemos zu versammeln, bei der Grossdemo für die Verteidigung der ZAD bei notre dame des landes am letzten Wochenende wurde eine Solidaritätsadresse verlesen und ebenfalls zu Aktionen gegen die Räumung des Jungle von Calais aufgerufen.


Weder in Notre-Dame-des-Landes noch in Calais – nicht schweigen!

gefunden auf linksunten

Die Gewalt und Repression in der ZAD (zone à defendre, Zone, die es zu verteidigen gilt) in Notre-Dame-des-Landes und im „Dschungel“ von Calais entspringen derselben Logik der Kontrolle und Verwaltung von Menschen und Land. Solidarität und Aktionen jetzt – gegen alle, die sich an den geplanten Räumungen von Calais und ZAD beteiligen. Ein Aufruf.

Weder hier noch in Calais: In manchen Medien ist zu hören, dass es nicht Priorität der Regierung sei, im Oktober die ZAD (zone à defendre – die Zone, die es zu verteidigen gilt) in Notre-Dame-de-Landes zu räumen, sondern den «Dschungel» von Calais zu evakuieren. Die Polizei schafft es nicht, gleichzeitig an beiden Fronten zu sein. Angesichts dieses beispiellos zynischen Spiels, die Räumung der ZAD mit jener des Dschungels von Calais in Konkurrenz zu setzen, kann die Bewegung gegen den Flughafen nicht länger schweigen.

Deswegen rufen wir zur Solidarität und Organisierung von Aktionen – jetzt und in den nächsten Wochen – gegen den französischen Staat, gegen Vinci (int. Konzern, der den Flughafen errichtet) und gegen andere an der Räumung von Dschungel und ZAD Beteiligte auf. Diese beiden Kämpfe sind reale Kämpfe gegen die imperialistische und rassistische Politik Europas und ihren Krieg gegen die «Unerwünschten».

Im März 2016 kamen Leute nach Calais, die sich 2012 am Hungerstreik gegen den Flughafen beteiligt hatten. Sie kamen, um 9 Flüchtende zu treffen, die bereit waren zu sterben, um die Räumung des Südteils des Dschungels zu stoppen. Diese Personen waren in Hungerstreik getreten gegen den Befehl, mehr als 3.000 Personen aus ihrer einzigen Behausung, einer Notunterkunft, Holzhütten oder Planen, zu vertreiben. Dieser Akt der Zerstörung wurde von SOGEA, einem Unternehmen des Vinci Konzerns, ausgeführt.

Für die Bauern_Bäuerinnen von Notre-Dames-des-Landes bedeutete die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen die Zerstörung ihres Lebens selbst. Im Dschungel sind die Häuser, Restaurants und errichteten Lebensmittelgeschäfte Passagen eines Lebens, das trotz allem möglich ist – auch während des Wartens auf den Beginn des «richtigen Lebens». Es ist notwendig, sich an der Verteidigung des Dschungels zu beteiligen und auf die Seite derer zu stellen, die dort leben, da ihre Existenz und ihre Perspektiven durch die technokratische Welt und den Polizeistaat gefährdet sind. Aber auch weil, genauso wie die ZAD, der Dschungel Formen der Organisation, der Autonomie, der Begegnungen und der Solidarität ermöglicht. Und wie in Notre-Dames-des-Landes nimmt der Staat keine Rücksicht auf die Individuen, die bereit sind ihr Leben aufs Spiel zu setzen.

Jetzt, im Oktober 2016, kündigt der Staat die Räumung des gesamten Dschungels an, also die Vertreibung von 10.000 Personen. Wie bei der Zerstörung des Südteils des Dschungels im März möchte die Regierung diese Räumung als «humanitäre Maßnahme» darstellen. Die Heuchelei dieses Geredes ist unerträglich angesichts der Gewalt der geplanten Zerstörung dieser Orte und angesichts des Wunsches nach Kontrolle der Personen, die sich in Calais auf der Durchreise befinden.

Der Dschungel ist zuerst und vor allem Teil eines repressiven Systems, das dazu dient, die migrantische Bevölkerung zu entfernen, zu überwachen, zu kontrollieren und zu verjagen, was an dunkle Stunden der Geschichte des Westens erinnert. Aus den Augen, aus dem Sinn. Jede_r kümmert sich nur um sein_ihr eigenes Feld auf dem Schachbrett des Lebens. Der Gestank des Rassismus ist widerlich.

Der Aufstieg der rassistischen und nationalistischen Ideologien in Europa ist dieselbe Thematik, die uns in Calais begegnet, und unsere Solidarität muss gleichzeitig einen Kampf gegen den Aufstieg einer faschistischen Gesellschaft beinhalten. Der Staat ist in der Lage, seine systematische Unterdrückung der Migrant_innen in Calais und anderswo durchzusetzen, unserer impliziten Unterstützung und unseres Schweigens wegen.

Was in Calais passiert, ist weder ein einzigartiges Phänomen noch eine Ausnahme. Es ist dieselbe Politik der Repression und der Verwaltung von Menschen, der gleiche Krieg gegen unerwünschte Personen, die sich durch ihre Art zu leben gegen den Staat stellen. Wir finden, dass die Verwaltung des Landes und seiner Infrastruktur der selben Logik folgt wie jene der Kontrolle von Menschen. Die Repressionsmechanismen und Prozesse der Räumungen und der Verdrängung der «Unerwünschten» stehen unserem Wunsch, frei zu wählen und unsere Leben zu gestalten, entgegen. Wir in Notre-Dame-de-Landes bekräftigen unsere Absicht, gemeinsam gegen diese gemeinsamen Feinde zu kämpfen.

Eine Übersetzung von «Ni ici ni à Calais – Ne pas rester silencieux»

Einiges aus München

Auto von Sicherheitsfirma abgebrannt

gefunden auf linksunten

car-burning

In München brennt ein Auto der Sicherheitsfirma VDH ab.
VDH arbeitet in Flüchtlingslagern und macht seinen Profit mit Einsperrung, Schikanen und Kontrollen.

Solidarität mit allen Geflüchteten, die selbstorganisiert kämpfen und rebellieren!
Freiheit für alle!

Aus dem Polizeibericht:
Am Dienstag, 04.10.2016, gegen 02.45 Uhr, erkannte ein Passant in der Bolivarstraße in Neuhausen, dass aus einem geparkten Pkw Flammen schlugen. Er verständigte daraufhin sofort die Feuerwehr.

Beim Eintreffen der Löschfahrzeuge stand der Pkw bereits in Vollbrand. Nach den Löscharbeiten konnte nur noch der Totalschaden des Nissans in Höhe von etwa 15.000 Euro festgestellt werden.


gefunden in Fernweh Nr. 22 – anarchistische Strassenzeitung

Eine Illusion: Die Herrschaft des Niemands

Was bedeutet es, etwas zu sagen? Was bedeutet es seine Ideen auszudrücken? Was sind die Konsequenzen – die Konsequenzen für uns selbst, für unser Handeln?
Machen wir ein Beispiel: Eine rechte Politikerin spricht sich auf einem Podium dafür aus, den Schießbefehl an deutschen Außengrenzen auszurufen. Entrüstung. Rage. Skandal. Den Flüchtlingsstrom wolle man auch stoppen, aber doch nicht so. Eine andere Politikerin, mit mehr Ansehen und in höchster Position, stets bekannt für nüchterne und fachkundigen Entscheidungen, schließt ein Abkommen, welches die Internierung, Abschiebung und Verteilung zigtausender Geflüchteter anpeilt. Kurze Zeit darauf hört man, dass an der  Grenze des Landes, mit welchem besagtes Abkommen abgeschlossen wurde, Soldaten auf flüchtende Menschen schießen. Eine Randnotiz – und ebenso die direkte Konsequenz einer politischen Entscheidung. Eine Politikerin, die das Schießen in direkten Zusammenhang mit ihrer Politik stellt, ist eine Provokation; eine, bei der das Schießen ein kaum wahrnehmbares, tödliches Nebenprodukt ist, ein Unschuldsengel.

Wenn ein Politiker Entscheidungen fällt, dann werden diese ausgeführt – durch Andere. Wenn ein Soldat schießt, dann auf Befehl. Doch die Verantwortung für das Abfeuern der Kugel, für den Tod, trägt stets nur der, so scheint es, der den Abzug drückt. Was gesagt wird, ist eine Sache und was getan wird, so sagt man uns, eine Andere. Es wird eine Grenze gezogen, die die Tat von dem ihr vorausgegangenen Gedanken trennt. Im Bereich der Meinungen darf man jede Position vertreten, sich auszusprechen ist stets erlaubt. Ja gerade dadurch, dass die Politik allen die Möglichkeit gibt sich auszusprechen und sich auch mit „extremen“ Positionen auseinander bzw. an einen runden Tisch setzt, zeigt sie, wie Demokratie funktioniert. Die Worte sind Abstraktionen und werden toleriert. Doch wenn sie die Möglichkeit des direkten Handelns in Erwägung ziehen, sind sie nicht mehr nur Meinungen, sondern auch Ideen, die einen Drang nach Realisierung in sich tragen. Wer direkt handelt, seine Ideen selbst in die Tat umsetzt, ohne eine Abstimmung oder Erlaubnis zu benötigen, macht sich zum Verbrecher an der Demokratie. An der Politik der Mehrheit, die verhandeln, intrigieren und Kompromisse finden will. An der Politik der Trennung und Hierarchie, in der nur die Spezialisten und Befehlsempfänger die Erlaubnis zum Handeln haben. Zum Verbrecher am Gesetz, das nur das Reden über Ideen, aber nicht deren Umsetzung erlaubt.

Die Gesetzlose übernimmt die Verantwortung für ihre Ideen und setzt sie selbst, mit den dafür nötigen Mitteln und Komplizen, um. Sie hebt die Trennung zwischen Politik und Realität auf, da sie denken und diskutieren kann, ohne seriöse Worte finden zu müssen, ohne mit Fachstäben von Experten und Unterschriftenlisten die Mehrheit überzeugen zu müssen. Um zur Handlung zu schreiten, braucht sie keine gehorsamen Armeen, keine Lakaien und Diener, nein, sie verachtet sie, und ihre hündische Unterwürfigkeit, das Denken stets anderen zu überlassen. Sie verbindet Wort und Tat. Nicht nur im eigenen Denken und Handeln, auch im Knüpfen und Erkunden von Zusammenhängen und Verantwortlichkeiten, die sie scheinbar nicht betreffen.

Wir tragen nicht nur die Verantwortung für das, was wir denken, tun und befehlen, sondern auch für das, was wir vergessen, nicht tun und nicht aussprechen. Der Journalist, für den es nur eine Randnotiz wert ist, dass ein Schiffswrack mit Hunderten Leichen Geflüchteter geborgen wird, nimmt eine klare Position ein, eine Position, die das Nicht-Handeln-Wollen als Konsequenz trägt. Die Expertin, die meint, dass die Zahlen Geflüchteter zurück gehen, weiß, dass ihrer Statistik nicht zu entnehmen ist, wie viele Schwarzafrikaner auf dem Weg nach Europa ohne Angaben von Gründen in Nordafrika inhaftiert und verfolgt werden. Ein politisches Kalkül, für das allein sie die Verantwortung trägt. Für jeden der 2640 Momente, in denen eine US-Bürgerin in den letzten zwei Jahren von der Ermordung Dunkelhäutiger durch die Polizei erfuhr, und rein gar nicht reagierte, trägt sie die Verantwortung, dass die Ermordung des 2641. Schwarzen ebenso als normal und gewöhnlich erscheint. Eine Normalität, die uns vorlügt, dass wir nicht die Verantwortung dafür tragen zu handeln, die uns daran gewöhnt, dass wir unfähige Nichtsnutze sind, die ihr Häppchen zurecht geknetete Realität jeden Tag auf dem Silbertablett mitsamt der To-Do- Liste und der Rechnung geliefert bekommen.

Die Illusion, dass die Herrschaft durch den Lauf der Dinge, irgendeinen Gott oder den Aktienkurs aufrechterhalten wird, also eine Herrschaft des Niemands ist, durchbrechen wir, indem wir Verantwortung dafür übernehmen, permanent das Geschäft derjenigen zu sabotieren, die dafür verantwortlich sind, dass es permanent so läuft, wie es läuft. Und sei es, ob ihre Verantwortung darin liegt, Schießbefehle zu geben, diese schön zu reden, über sie nicht zu reden, sie auszublenden, oder gar durch die Produktion und Konstruktion der Waffen Profite zu machen. Von der Verantwortung derjenigen Kriegstreibern wie der Bundeswehr, die in ihrem Werben versuchen jeden Zusammenhang von Realität und den sie umschreibenden Worten zu untergraben, indem sie uns auf Camouflage-farbenen Werbetafeln erklären, für die Freiheit und gegen Kriegstreiber zu kämpfen, gar nicht zu reden. Hier liegt die Verantwortung in der reinen Zerstörungskraft von Wort und Tat zu zeigen, dass Freiheit nur dort existieren kann, wo mit jedem Krieger, sei er von Gott oder dem Staat, als Feind verfahren wird. Und mehr als eine Momentaufnahme, nämlich ein fortbestehendes Ergebnis intensiver Beziehungen, kann Freiheit nur dort sein, wo niemand darauf wartet, dass es andere für ihn erledigen, seine Gedanken in die Tat umzusetzen, um die Kriegstreiber von Gott und Staat unverzüglich zu attackieren.


Gewalt und gewalttätige Verhältnisse

Gewalt. Ausgehen darf sie nur von dem „durch das Volk legitimierte“ staatliche Gewaltmonopol. Denn wer sich unberechtigterweise anmaßen sollte zu diesem Mittel zu greifen, überschreitet die eigene Befugnis. Die lächerliche Befugnis, sich Tag für Tag demütigen und ausbeuten zu lassen, alles runterzuschlucken, ohne mit der Wimper zu zucken oder darauf zu reagieren. Dieser latente Zustand ist ebenso Gewalt. Wer sich auf Papa Staat verlässt und nach ihm schreit, um sich (durch die Polizei) verteidigen zu lassen oder sich (durch die Justiz) zu wehren/zu rächen, der gibt sein Leben vollständig aus der eigenen Hand.

Wenn in Bautzen Geflüchtete anfangen sich zu wehren gegen die tägliche Erniedrigung, die Beleidigungen, die unzähligen Angriffe durch fromme deutsche Bürger und Nazis und das nicht nur verbal bleibt, dann schreit das ganze Land auf und ganz besonders der Staat, dem sein ach so gehütetes Gewaltmonopol zeitweise entzogen wird. Um so mehr, da sich der Widerstand der Geflüchteten beim Eintreffen der Bullen wohl auch gegen diese richtete. Die Details dieser Auseinandersetzung werden gerade von den verschiedensten Medien verdreht, verfälscht, für ihre Zwecke genutzt und ausgeschlachtet, deswegen ist es für uns nicht wichtig, wie alles genau vor sich ging oder wer angefangen hat. Auch ist klar, dass der Staat und die Bullen wieder einige „Rädelsführer“ unter den Flüchtlingen erfinden mussten, um nun möglichst krasse Exempel zu statuieren, diese von den anderen zu isolieren und somit andere, in einer ähnlichen Lage davon abzuhalten, sich von dieser Wut und diesem Widerstand  inspirieren zu lassen. Um sich der Lage zu bemächtigen und sie zu deeskalieren wurde jetzt eine Ausgangssperre ab 19 Uhr für die Bautzener Flüchtlingslager verhängt – einfache, kontrollierte Konfliktlösung – nur dass das ohnehin schon lebensbestimmende Lager jetzt noch mehr zum Knast wird! Die Gewalt des Staates, die Ausübung von Zwang, um das Individuum zu entmündigen und zum Untertan zu machen, wird als legitimes und gerechtfertigtes Mittel von allen respektiert, anerkannt und gehört vollständig zur akzeptierten Normalität. Solange wir daran nichts ändern, sind auch wir verantwortlich für die gewalttätigen Verhältnisse, in denen wir und auch diejenigen, die hierher geflüchtet sind, leben.


Unruheherd

28.08.16: Kollektiver Widerstand
In einer Asylbewerberunterkunft in Obersendling kommt es zum Tumult. Bänke und Tische werden umgeschmissen, ein Stein wird auf einen Security geworfen. Anschließend versammeln sich um die 200 Leute vor dem Gebäude und fordern besseres Essen. Laut Bullen konnte sich im Nachhinein niemand daran erinnern, wer was getan hat, es wurde also niemandem etwas angehängt.

02.09.16: Wessen Sicherheit
In Ismaning greifen in einer Asylbewerberunterkunft drei Personen einen Security an. Security – nur zur eigenen Sicherheit ?! Wohl eher zur Kontrolle und Schikane!Handlanger der Bullen und des Staates sind als solche zu behandeln!!!

Grenzstadt Como – Wo stehen wir?

gefunden auf indymedia

Am 19. September 2016 wurde das neue staatliche Flüchtlingslager bzw. Container-Dorf eröffnet, das direkt vom Roten Kreuz und der Caritas verwaltet werden soll. Am selben Tag versammelten sich ab Tageseinbruch, ca. 100 MigrantInnen im Bahnhofspark San Giovanni, um entschlossen Widerstand gegen die bevorstehende Räumung zu leisten. Gegen 9 Uhr traf Roberto Bernasconi, Diakon und Direktor der Caritas Como, ein, begleitet von einigen Vertretern vom Roten Kreuz und der Caritas und dutzende Journalisten. Alle wurden natürlich von der Polizei eskortiert.

Bernasconi versuchte zunächst, mithilfe der Übersetzer, die MigrantInnen zu überzeugen, sich ins neue Container-Dorf zu verlagern. Doch diese weigerten sich, was zu einem offensiverem Tonfall der Überzeugungstaktiken führte. Außerdem wurden die anwesenden solidarischen Leute, beschuldigt die MigrantInnen instrumentalisiert und zum Widerstand angestiftet zu haben.

Am ersten Tag registrierten sich nur gegen 100 Leute, am Abend verbat die Polizei die Essens- und Deckenverteilung am Bahnhof.

Erneut ist in Como die koloniale Rhetorik nicht zu übersehen, die die MigrantInnen als wild und kindisch darstellt, unfähig unabhängige Entscheidungen zu treffen. Diese Rhetorik wird nicht nur von den lokalen Medien hemmungslos reproduziert. Natürlich ist dieser Standpunkt simplistisch, doch er ist zugleich handlich, denn er erlaubt es, in einem Schlag auch die solidarischen Leute zu verunglimpfen und zu kriminalisieren, so werden die staatliche Flüchtlingslager als einzig akzeptable Lösung dargestellt.

Unter anhaltendem Regen wurde am 21. September, der Bahnhof von Polizisten in Vollmontur geräumt: Schlafdecken wurden den MigrantInnen aus den Händen gerissen und in den Müll geworfen. Nur dank der „Vermittlung“ einiger solidarischen Leute und Volontären eskalierte die Situation nicht und einige Decken konnten vor der blinden Wut der Normalisierung gerettet werden.

Am 22. September war die Räumung vom Park S.Giovanni beendet, die Polizei konnte angesichts der wenig übriggebliebenen Menschen (vermutlich u.a. aufgrund der schlechten klimatischen Bedingungen) ihre Arbeit vollenden.
Die MigrantInnen sind angesichts ihrer Position, d.h. angesichts des Bedürfnisses nach einem Schlafplatz, nach Nahrung und nach Hygiene, einer extremen Erpressung ausgeliefert. Dazu kommt die Tatsache, dass die Essensverteilung eingestellt wurde, weil „entweder kommst du ins Lager oder du verhungerst“, auch die Bedrohungen von Verwaltungsbeamte und die zunehmende Entmutigung haben viele dazu gebracht die Bedingungen des „Transit“ Lagers des Staates zu akzeptieren. Das ist keine freie Entscheidung, sondern eine überlebensnotwendige Entscheidung.

Mehrere Dutzend MigrantInnen sind jedoch auf die Erpressungen nicht eingegangen und entschieden sich das Lager zu verlassen, um zum x-ten mal zu versuchen die Kontrollen an der Schweizer Grenze zu umgehen oder die Stadt zu verlassen.

In der Nacht vom 22. auf den 23. September kam es zu ersten Probleme: Mitten in der Nacht wurde innerhalb der Container (welche bereits nach drei Tagen überfüllt waren) patrouilliert, Zweck dieser Patrouille war die Kontrolle der personalisierten Badges. Anscheinend hat ein Mädchen versucht, mit ihrem eigenen Badge, andere Personen hereinzulassen, somit konnten diese nicht identifiziert werden. Die Kontrolle wurde mit der Wegweisung von ca. zehn Leuten, unter denen sich auch Leute mit einem personifizierten Badge befanden, beendet. Zur Bestrafung, wurden sie gegen 3 und 4 Uhr Morgens aus dem Container-Dorf, auf die Straße geworfen. Hier zeigt sich die spezifische Rolle der staatlichen Flüchtlingslager: Möglichst viele Leute sollen registriert und aus den Augen der Öffentlichkeit entfernt werden, indem die eingepfercht werden.

Aus unserer Sicht ist es nicht schwierig zu verstehen, dass Menschen die bereits das Leben in Flüchtlingslager kennen und über reichliche Erfahrungen in diesen verfügen, (sei es in den „Hotspots“ oder in den „Aufnahmestrukturen“) sich spontan weigern, sich dem Aufnahmesystem für Flüchtlinge zu unterordnen.

Vergessen wir nicht, dass vieler dieses Menschen ein besseres Leben innerhalb der Festung Europa, mitsamt ihren Mauern und Stacheldraht, suchen. Ziel dieser Menschen ist sicher nicht in einem Flüchtlingslager gefangen zu bleiben und durch das europäische Empfangssystem marginalisiert zu werden. Viele Fallen unter die Kategorie der irregulären Migration, was sie zu Zielscheiben vom Migrationsgeschäft macht und einer rücksichtslosen Ausbeutung ausliefert.

Wir haben uns entschlossen ihre Entscheidungen und ihre Kämpfe zu unterstützen. Wir erkennen uns in ihren Kämpfen wieder, da wir alle derselben Dynamik von Ausbeutung, Hierarchie, Unterordnung und Repression ausgeliefert sind.

Wir betrachten MigrantInnen nicht als homogene Masse die es zu verwalten gibt, sondern als Menschen mit denen wir ähnlichen Wege und Praktiken, wie auch dieselbe Wut gegenüber jeglicher Form der Diskriminierung teilen. Wir sehen die Unterschiede zwischen uns und den MigrantInnen als Stärke aus denen wir gegenseitig lernen können und nicht als Faktum um uns über sie zu stellen.

Denjenigen, welche behaupten realistisch zu sein und die neuen staatlichen Flüchtlingslager als einzig mögliche Lösung darstellen, entgegnen wir, dass diese „Notfallpolitik“ eine unrealistische Lösung des eigentlichen Problems ist und nur zur Verbreitung von mehr Mauern und Lager in ganz Europa führt.

Mittlerweile herrscht die „Normalisierung des Notfalls“. Die Verwaltung von Menschen kennzeichnet diesen Zustand und reduziert die MigrantInnen auf bloße Objekte bzw. Waren. Menschen werden sortiert, katalogisiert und registriert, sie werden zur Passivität verdammt indem ihnen die Möglichkeit beraubt wird, selbstbestimmt über ihr eigenes Leben zu entscheiden.

Dadurch werden Bedingungen erschaffen, die es ermöglichen einigen ein Recht zum Überleben zuzusprechen, während andere von der Bildfläche verschwinden sollen.

Auch wenn wir wissen, dass nicht alle Menschen wortwörtlich gleich sind, lehnen wir die Einteilung in „gute“ und „schlechte“ MigrantInnen ab, die zwischen Kriegs- und Wirtschaftsflüchtlinge unterscheidet und denjenigen Schutz gewähren will die der Ausbeutung zugute kommen, während die „aufsässigen“ ausgeschafft werden sollen.

Interessiert die Gewalt an den Grenzen und die Frustration, der sich mehrere Leben ausgesetzt sehen, niemanden?
Es handelt sich um eine Gewalt, die denjenigen, die entschlossen sind Widerstand zu leisten und sowieso keine Stimme haben, die Nahrung verweigert . Es handelt sich um eine beschämende Flüchtlingspolitik die in unserer Gesellschaft einfach hingenommen wird.

Wer sich mit dem Widerstand solidarisiert wird sofort verunglimpft und weg gewiesen, was durch die eingehenden Beschwerden und Anzeigen der Polizeidirektion gegenüber einigen solidarischen Menschen deutlich wird.

Die Räumung des „illegalen“ Flüchtlingscamps hat das Problem nicht gelöst. Das staatliche Flüchtlingslager ist keine Lösung. Die Grenzen müssen geöffnet werden und jegliche Deportation gestoppt werden.

Einige solidarische Menschen aus dem Infopoint.

London: Solidarität mit den Beschuldigten der East Street

übersetzt von act for freedom

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Am 21. Juni 2015 entfachte eine Razzia der Einwanderungsbehörde an der East Street in London eine Explosion der Rebellion und Solidarität. Als die Vollzugsbeamten einen Mann in ihren Wagen zwängten, versammelte sich ein Haufen von Menschen, die in der Gegend leben und arbeiten, darunter auch Kinder, um die Abfahrt zu verhindern. Daraufhin wurden Riotcops zum Schauplatz gerufen.

Ohne zu warnen, griffen die Bullen die Menschen an, warfen sie zu Boden und attackierten sie mit Hunden. Anstatt wegzurennen, blieb die Meschenmasse, die mittlerweile auf über hundert angewachsen ist, stehen und verteidigte sich selber. Unfähig die Masse auseinanderzutreiben, mussten die Bullen wieder abziehen.

Der Mann, der ursprünglich festgenommen wurde, wurde mittlerweile abgeschoben und drei Menschen müssen Anfang Oktober vor Gericht erscheinen. Sie werden mit massiven Anschuldigungen, einschliesslich „gewaltsame Störung“, konfrontiert. Falls sie schuldig gesprochen werden, drohen ihnen beträchtliche Haftstrafen.

In einer Zeit, in der ganze Grundstücke zerstört werden, um Platz für Luxuswohnungen zu schaffen und viele gezwungen sind, ihre Räume zu verlassen, in der Migrant_innen wie Kriminelle behandelt werden, in unbefristeter Haft weit weg von ihren Familien und Freunden gehalten werden, wenn Razzien und Polizeischikanen zum Alltag gehören, scheint es klar, dass die Gewalt der Ordnung das wirkliche Problem ist. Und es war diese Gewalt, gegen die die Menschen an der East Street rebelliert haben.

Die Anschuldigung „gewaltsame Störung“ ist eine zynische Taktik , um solche Rebellionen zu stoppen. Durch das Herausgreifen von Einzelpersonen, die bestraft werden sollen, hoffen die Autoritäten, Angst unter uns zu verbreiten, sodass wir uns unfähig fühlen, uns selbst zu verteidigen. Aber anstelle der Angst zu erliegen, ist die beste Selbstverteidigung in Solidarität zueinander zusammenzustehen, genau so, wie es die Menschen an der East Street letzten Juni getan haben, als einer ihrer Nachbaren verhaftet wurde.

Solidarität mit den Beschuldigten der East Street kann einzig heissen: ununterbrochene Rebellion gegen die gewalttätige Ordnung.