Archiv der Kategorie: Lager

Griechenland: Demonstrationen gegen Aufenthaltszentren

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übersetzt von clandestina

Eine Demonstration fand bereits am Sonntag, dem 15. Februar vor dem Amygdaleza-Zentrum statt, eine andere wurde auf den 17. Februar in Patras organisiert. Für den 19. Februar sind drei weitere Angekündigt: In Thessaloniki, Ioannina und Athen. Am letzten Samstag, dem 14. Februar marschierten ca 250 Personen in Theassaloniki zur zentralen Polizeistation und bewarfen den Eingang mit roter Farbe.

Griechenland: Selbstmord, Revolte und Demonstration beim Aufenthaltszentrum Amygdaleza

übersetzt von sanspapiersnifrontieres

Am Freitag, dem 13. Februar hat sich ein im Zentrum von Amygdaleza eingesperrter Migrant selbst umgebracht. Dieses im Norden Athens gelegene Gefängnis hat schon im letzten November 2 Gefangene und einen anderen letzten Dienstag umgebracht. Im Innern haben die anderen Inhaftierten mit Revolte geantwortet.

Der für den Schutz der Bürger zuständige Minister der neuen linken Regierung hat am nächsten Tag das Zentrum besichtigt, um das Wahlversprechen der Schliessung der Aufenthaltszentren zugunsten von „offenen Aufnahmezentren“ zu wiederholen. Um die 50 Personen, diese ernsthaft gegen jede Einschliessung von Menschen, haben gleichzeitig vor den Mauern des Knasts demonstriert. Die Gefangenen äusserten sich von der anderen Seite der Gitter mit Transparenten: „Freiheit! Hier sterben wir!“

Für die Zerstörung der Grenzen und aller Knäste, egal ob von rechts oder links!

Giffers (Fribourg): Hier entsteht das erste Asylzentrum des Bundes

Die Umstrukturierung des Asylwesens nimmt Formen an: Der Bund plant in Giffers im Kanton Freiburg das erste Zentrum für Asylsuchende. Ab 2017 sollen dort 300 Menschen leben.

Bundeszentrum Fribourg

Die Freiburger Gemeinde Giffers ist der erste Standort für eines der neuen Bundesasylzentren im Rahmen der Neustrukturierung im Asylwesen. Ab 2017 sollen dort in einem Institutsgebäude bis zu 300 Asylsuchende aufgenommen werden.
Das Staatssekretariat für Migration (SEM) werde im Einvernehmen mit dem Kanton Freiburg das Gebäude des Instituts Guglera erwerben, heisst es in einer Mitteilung des SEM und des Kantons Freiburg. Damit nehme die Standortplanung, die für die Neustrukturierung des Asylwesens erforderlich sei, Formen an.
Im Rahmen der Gespräche zur Planung der künftigen Bundeszentren habe der Kanton Freiburg dem Bund für die Region Westschweiz den Standort in Giffers vorgeschlagen, heisst es in der Mitteilung weiter. Die Gemeinde liegt im oberen Sensebezirk und zählt rund 1500 Einwohner. Die Bevölkerung wird an einer Veranstaltung in knapp zwei Wochen über die Pläne informiert.
Die «Freiburger Nachrichten» hatten das Vorhaben am Morgen publik gemacht. Das Institut Guglera ist ein Seminarzentrum, das unter anderem Integrations- und Förderprogramme für Jugendliche und junge Erwachsene anbietet.
Die Freiburger Sozial- und Gesundheitsdirektorin Anne-Claude Demierre sagte im Regionaljournal Bern Freiburg Wallis von Radio SRF, die Lage des Zentrums sei gut: Es sei nicht abgelegen, aber liege auch nicht in der Nähe eines Dorfes. Unweit des Zentrums befinde sich eine Bushaltestelle.

Sechs Regionen
Die neuen Bundeszentren sind ein zentrales Element der nächsten grossen Asylrechtsreform. Bund, Kantone und Gemeinden hatten sich vor knapp einem Jahr auf die sechs Asylregionen geeinigt: Westschweiz, Nordwestschweiz, Bern, Zürich, Ostschweiz sowie Zentral- und Südschweiz.
In jeder Region soll es ein Verfahrenszentrum und ein bis drei Ausreisezentren geben. Die Verteilung der Plätze erfolgt entsprechend der Bevölkerungsgrösse der Regionen. In der Region Westschweiz sollen 1280 Plätze in einem Verfahrenszentrum und bis zu drei Ausreisezentren zur Verfügung stehen.
Heute verfügt der Bund über rund 1400 Plätze in Empfangs- und Verfahrenszentren sowie rund 900 Plätze in temporären Unterkünften an verschiedenen Standorten. Letztere sind jedoch befristet. Nach der Neustrukturierung besteht ein Bedarf von 5000 Plätzen in Zentren des Bundes.

Raschere Verfahren
Gemäss dem Entwurf für eine Asylrechtsrevision sollen die meisten Asylgesuche künftig in einem beschleunigten Verfahren von maximal 140 Tagen behandelt werden, inklusive Beschwerden. Voraussetzung dafür ist die Konzentration aller Akteure an einem Ort.
Die Asylsuchenden sollen für die gesamte Dauer des Verfahrens in regionalen Zentren des Bundes untergebracht werden und dort gemäss den Plänen des Bundesrats auch kostenlosen Rechtsbeistand erhalten. Asylsuchende mit negativem Entscheid müssten sofort ausreisen.
Die beschleunigten Verfahren werden seit Anfang 2014 in einem Pilotbetrieb in Zürich getestet. Eine erste Zwischenbilanz fiel positiv aus. (sda)

(Tagesanzeiger vom 13.02.2015)

 

Turin/Italien: Das CIE (Centro di identificazione ed espulsione = Abschiebehaft) ist überall

sabotons la machine à expulser

übersetzt von non-fides – Base de données anarchistes

Rom, Freitag der 6. Februar. In dem Zentren steigen die Spannungen gegen die Polizei und die Betreiber. Einige Insassen entscheiden sich also aus Protest für die Verweigerung des Mittagessens. Am Nachmittag beginnt ein Gefangener sich aufgrund seiner Verärgerung über die verspätete Rückgabe seiner Telefonkarte mit einer Rasierklinge zu schneiden. Zahlreiche andere Gefangenen bringen zusätzliches Durcheinander, indem sie u.a. Matratzen anzünden. Die Bullen kommen mit Wasserwerfern zum Zentrum, um die Brände zu löschen, anschliessend durchsuchen sie die Zimmer der Insassen.

In der Zwischenzeit findet draussen ein Aufmarsch der Solidarität statt, welcher schon länger angekündigt war.

Traurige Neuigkeiten hingegen aus dem CIE von Bari (Pouilles): Ein 26 Jahre alter Gefangener stirbt. Es soll sich, soweit auf jeden Fall die Polizei, um eine natürliche Todesursache handeln.

Am Morgen vom 07. Februar machen sich in Turin einige Feinde der Grenzen auf den Weg in Richtung Innenstadt, zum Reisebüro SCN 747. Während einige Plakate auf die Schaufenster kleistern und andere Flugblätter verteilen, werden die Passanten über Lautsprecher darüber informiert, dass dieses Büro Tickets für die Ausschaffung von Sans-Papiers vom CIE Corso Brunelleschi kauft. Eine Art, um daran zu erinnern, dass die Ausschaffunsmaschinerie überall ist, und man seinen Gehilfen auf tausend Wegen begegnen kann.

Hier das verteilte Flugblatt von Turin:

Tag für Tag sieht man die Polizei und das Militär auf den Strassen auf der Suche nach Sans-Papiers, um sie schliesslich in den Abschiebeknast von Corso Brunelleschi zu bringen. Gelegentlich wird ihre Arbeit von denjenigen erschwert, die nicht mehr länger akzeptieren, für sich selbst und ihre Angehörigen, mit der permanenten Bedrohung zu leben, in einen Käfig eingesperrt oder ausgeschafft zu werden.

Die Polizei ist nur das bekannteste Gesicht der gesamten Ausschaffungsmaschinerie. Um aber zu funktionieren, braucht das CIE noch viele weitere Gehilfen in anderen Sektoren: Unternehmen, Verbände und Kooperativen. Das CIE ist übertall in der Stadt: Von denen, die Tag für Tag das Essen in die Knäste bringen zu denen, die die Wäsche reinigen, von denjenigen, welche an den Ausschaffungen beteiligt sind zu denjenigen, welche Teile der CIEs reparieren, nachdem sie von Revoltierenden zerstört wurden. Das CIE ist jedes Unternehmen, jeder Verband, jede Administration und Person, welche an der Einschliessung von Sans-Papiers beteiligt  sindund an diesen Knästen fett werden.

Seit Jahren sind die einzigen Handlungen, welche auf die konkrete Schliessung dieser Zentren abzielen, von den Gefangen selbst ausgekommen, welche weiterhin ausbrechen und weiterhin die Knäste zerstören, welche sie einsperren. Wenn sich heute die Ausschaffungsmaschinerie vor grossen Problemen wiederfindet, so ist das dank diesen Kämpfen und Revolten. Gegen die CIE’s zu kämpfen bedeutet jedoch nicht einzig vor die Mauern zu gehen, um seine Solidarität herauszuschreien; es bedeutet auch, seiner Wut Ausdruck zu verleihen, indem man mit dem Finger zeigend, diejenigen identifiziert, welche Teil dieser Maschinerie sind und auf die CIE’s einzuschlagen, vor den Mauern genauso wie im Quartier.

Das Reisebüro SNC 747 arbeitet mit der Verwaltung von Turin zusammen, indem sie die Tickets für die Ausschaffung der Sans-Papiers kauft. Während den letzten zwei Jahren hat dieses Büro 20 000 Euro mit diesen Aktivitäten verdient.

SNC VIAGGI 747
Tél. (0039) 115214395
Via Milano 13/B
Torino

Belgien: Serienausbruch

gefunden auf sanspapiersnifrontieres

Nach den 12 Ausbrüchen vom 07.Januar 2015, haben erneut welche versucht, aus dem geschlossenen Zentrum von Bruges auszubrechen.

Am Monntag, dem 02. Februar 2015 konnte eine 5er-Gruppe aus dem Fenster steigen. 2 von ihnen haben es geschafft, die anderen 3 hatten weniger Glück und wurden gefangen.

Am Donnerstag, dem 05. Februar konnte eine Person von einem Fehler der Wärter profitieren und sich durch den offengelassenen Eingangsbereich entfernen. Die Person wurde leider von den Bullen aufgeschnappt.

Und dann am Freitag, dem 06. Februar eine Flucht aus dem Zentrum 127bis.

FREIHEIT FÜR ALLE!!
Weder Grenzen noch Knäste!

Regensburg: ca. 40 Personen blockieren Abschiebung

gefunden auf linksunten

In den frühen Morgenstunden am Freitag, den 6.2.2015 fanden sich vor der Asylbewerber*innenunterkunft in der Grunewaldstraße in Regensburg ca. 40 Personen ein. Durch das Blockieren der Zugänge der Unterkunft wurde die Abschiebung einer Person nach Bosnien vorerst verhindert.

Unter Anwesenheit der Lokalpresse zogen die Beamten der Ausländerbehörde, nach Vermittlungsversuchen der Polizei und Rücksprache mit der Stadt, unverrichteter Dinge wieder ab.

Dies war (unserer Kenntnis nach) die erste auf diese Weise verhinderte bzw. aufgeschobene Abschiebung in Regensburg.

Solidarität muss praktisch werden!

Dortmund: Abschiebung verhindert

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sitzblockade abschiebung

gefunden auf linksunten

Etwa 100 Menschen haben am frühen Morgen in Dortmund eine Abschiebung verhindert. Durch die Blockade des Tores und des Seiteneingangs der Unterkunftseinrichtung Grevendicks Feld (Dortmund) konnten sie die unfreiwillige Ausreise eines 23-jährigen Geflüchteten aus Pakistan nach Italien verhindern.

In Italien droht dem Flüchtling, wie vielen anderen Flüchtlingen auch, ein Leben in Elend und Obdachlosigkeit. Mittelmeerstaaten müssen durch die Verordnung Dublin II mehr Flüchtlinge aufnehmen und die betroffenen Menschen werden ungeachtet ihrer ohnehin schwierigen Situation hin und her geschoben.

Die Versorgung geflüchteter Menschen in Italien wird von unterschiedlichen Menschenrechtsorganisationen schon seit geraumer Zeit kritisiert. So lebte auch der Mann, mit dem sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Sitzblockade solidarisieren, drei Monate obdachlos in einem Park, was ihn schließlich dazu brachte, weiter nach Deutschland zu fliehen. Angesichts der schlechten Lebensbedingungen, die ihn erwarten, haben die Aktivistinnen und Aktivisten beschlossen, sich am Morgen seiner Abschiebung vor der Unterkunft zusammenzufinden und die Abschaffung der Dublin II-Verordnung zu fordern.

Das Ordnungsamt zog schon vor 7:00 wieder ab, die Blockade wurde jedoch noch eine weitere Stunde aufrecht erhalten, um für diesen Tag endgültig zu verhindern, dass der Geflüchtete gegen seinen Willen in den Flieger gesetzt wird.

Australien: Hungerstreik, Unruhe und Repression im Zentrum von Manus

übersetzt von sanspapiersnifrontieres

Am 16. Januar als etwa 500 Personen, auf die Rechnung von Australien im Aufenthaltszentrum von Papua-Neuguinea eingesperrt, den 4. Tag des Hungerstreik begonnen haben, stürmten etwa hundert Bullen und Wärter das Camp, um alle in ihre Zimmer zurück zu drängen. Zusammenstösse brachen aus und das Zentrum wurde vollständig abgeriegelt, auch medizinischem Personal wurde der Eintritt verweigert. Als Revanche razzten die Bullen und die Wärter die Zimmer, um Rebellierende zu verprügeln und zu verhaften. Mindestens 58 Personen wurden bereits verhaftet.

Beim neusten Hungerstreik waren nun schon 700 Gefangene beteiligt.

Die jüngsten Entwicklungen des Schweizer Asylregimes

aus „Dissonanz – anarchistische Zeitung“

Kernpunkte der Eidgenössischen Asylpolitik

« Aufgabe des Asylverfahrens ist es, unter den neu eintreffenden Asylsuchenden jene zu
erkennen, die nach den beschriebenen Kriterien Anspruch auf Schutz haben. Viele Asylsuchende
sind weder Flüchtlinge noch Kriegsvertriebene. Aufgrund ihrer Situation gehören sie klar zur
Gruppe der Migrierenden. Sie suchen in der Schweiz einen besseren Platz zum Leben. Weil sie
wissen, dass sie kaum eine Einreise- und Arbeitsbewilligung erhalten, überqueren sie die Grenze
illegal. Für die Befragung durch die Behörden legen sich manche von ihnen eine dramatische
Verfolgungsgeschichte zu. Sie hoffen dadurch den Flüchtlingsstatus zu erlangen. Aus der Sicht
des Betroffenen ist dieses Verhalten verständlich, aus asylrechtlicher Perspektive handelt es sich
um einen Missbrauch des Asylverfahrens. Die Behörden müssen solche Gesuche möglichst
rasch abweisen und die Wegweisung konsequent vollziehen. Dadurch wird das Asylverfahren für
arbeitsuchende AusländerInnen unattraktiv. Missbräuchliche und schlecht begründete
Asylgesuche werden prioritär behandelt. Die Mehrheit der Asylgesuche wird heute innerhalb von
drei Monaten entschieden. Gesuche von Personen, die in der Schweiz straffällig werden oder
deren Verhalten zeigt, dass sie nicht gewillt sind, sich in unsere Gesellschaft einzufügen, werden
nach Möglichkeit noch rascher bearbeitet. »
(Bundesamt für Migration, BfM)

Kurzer Überblick

Die oben genannten Kernpunkte des BfM sind das Resultat einer Asylpolitik, welche sich in den
letzten acht Jahren drastisch verändert hat. Es ist offensichtlich, dass der Staat Schweiz,
Vertragspartner des Dublin-Abkommens, ins gleiche Horn bläst, wie der Rest der EU. Dieses
Abkommen, in Kraft seit 1997, zwingt Asylsuchende im jeweiligen Ankunftsland einen Asylantrag
zu stellen und sich Fingerabdrücke nehmen zu lassen (diese werden im europäischen
automatisierten System EURODAC gespeichert und sind in jedem EU-Staat abruf – und
überprüfbar). Damit soll verhindert werden, dass Asylsuchende in mehreren Staaten gleichzeitig
einen Antrag stellen und somit bessere Chancen auf einen positiven Entscheid hätten. Aus
geographischen Gründen tragen Spanien, Italien und Griechenland die grösste Verantwortung
für Asylanträge und sind prioritäre Ziele für “Rückführungen” von Asylsuchenden. Sind keine
Fingerabdrücke vorhanden, hat die Schweiz mit mehreren Drittstaaten (Nicht-EU-Staaten)
bilaterale Abkommen geschlossen, die “Rückführungen” in diese Länder erleichtern.
Grundsätzlich werden in der Schweiz Asylsuchende aufgrund ihrer Herkunft und der dort
herrschenden Problematik kategorisiert und selektiert. Die verantwortlichen Institutionen der
Asylpolitik, u.a. das BfM, erarbeiten Problem-Analysen der jeweiligen Länder und stufen diese
dann ein; als gefährlich und darum die Asylsuchenden als schutzbedürftig, oder eben als
ungefährlich und deshalb Asylgesuche abzuweisen (in den meisten Fällen gilt zweiteres). Diese
Analysen und Einstufungen stützen sich immer auf nationale, sowie internationale Berichte und
Statistiken von Organisationen und Institutionen, die im “besten” Fall eine Reformierung der
dortigen Ausbeutung und Unterdrückung fordern. Es genügt eine einzige Person, die in einem “ungefährlichen” Land verfolgt wird, um all die tausend Berichte und Einschätzungen über Bord zu schmeissen. Die Folgen dieser Einstufungen sind “Ab- und Wegweisungen”, anders gesagt, die Asylsuchenden erhalten einen negativen Asylentscheid und werden aufgefordert, das Land zu verlassen oder werden ausgeschafft.

Erleichterungen und Verschärfungen im Jahr 2006

Das Ziel dieser Praxis ist eine Selektion der Asylsuchenden: Auf der einen Seite stehen jene, die für die Ökonomie verwertbar sind und deshalb ins “Töpfchen” gelegt werden, während auf der anderen Seite die stehen, die keine wirtschaftlichen Interessen erfüllen und deshalb ins “Kröpfchen” namens Ausschaffungsknast geworfen werden. Erstere, also die sogenannt vorläufig Aufgenommenen erhalten u.a. einen erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt und haben die Möglichkeit, ihre Familie nach drei Jahren nachzuziehen. Zweitere, also die grosse Mehrheit der Asylsuchenden, haben da schlechtere Karten:
Seit der Asylgesetz-Revision 2006 erhalten Asylsuchende durch den Sozialhilfestopp nur noch die gesetzlich verordnete Nothilfe (3.- pro Tag). Die Möglichkeit, Asylanträge auf schweizer Botschaften im Ausland zu stellen, wurde mit einer Ausnahmeregelung weitgehend aufgehoben. Diese besagt, dass “unmittelbar bedrohte” Menschen auf Botschaften ein humanitäres Visum erhalten. Damit hätten sie das Recht, sich während drei Monaten in der Schweiz aufzuhalten und in dieser Zeit ein Asylgesuch zu stellen. Wird auf dieses jedoch nicht eingegangen, stehen diese Menschen wieder am Anfang ihres Elends.
Asylsuchende, die ohne glaubhafte Begründung keine Identitätspapiere abgeben, werden in einem beschleunigten Verfahren (Nichteintretensentscheid) abgewiesen. Wenn Asylsuchende die Schweiz nicht verlassen wollen, obwohl sie nach einem abgewiesenen Asylgesuch dazu verpflichtet wären, stehen den Behörden so genannte Zwangsmassnahmen zur Verfügung. Mit diesen soll die “Wegweisung” durchgesetzt werden. Die maximale Knastdauer zur Sicherstellung der “Wegweisung” (Ausschaffungshaft) wird von neun Monate auf 18 Monate verlängert. Zusätzlich wird eine Haft zur Durchsetzung der gesetzlichen Ausreisepflicht von höchstens 18 Monaten eingeführt. Die Dauer der beiden Massnahmen zusammen beträgt maximal 24 Monate, bei Minderjährigen zwischen 15 und 18 Jahren beträgt sie maximal 12 Monate. Ist eine Person bereit, “freiwillig” auszureisen, kann die Haft jederzeit beendet werden.

Weitere Verschärfungen im Jahr 2013

Im Jahr 2013 erfolgte dann die “dringliche Änderung des Asylgesetzes”, anders gesagt die Verschärfung des im Jahr 2006 verabschiedeten Gesetzes. Neu also haben Asylsuchende, die den Militärdienst in ihrem Heimatstaat verweigern, kein Anrecht mehr auf Asyl. Von dieser Verschärfung ausgenommen sind jedoch Asylsuchende, die man in ihrem Heimatstaat dafür unverhältnismässig schwer bestrafen würde (z.B. Eritrea). Nun stellt sich jedoch die Frage, wie sich diese “unverhältnismässig schwere Bestrafung” für Asylsuchende aus nicht so populären Regimen denn beweisen lässt…
Eine zentrale Neuerung ist die Kompetenz-Erweiterung des Bundes. Er kann in seinem Besitz liegende Anlagen und Bauten (z.B. Militärunterkünfte) künftig für maximal drei Jahre ohne Bewilligung des Kantons oder der Gemeinde als Unterkunft für Asylsuchende nutzen. Dies gilt zusätzlich nur, wenn die Unterkunft dazu nicht stark umgebaut werden muss.
Zu diesem Zeitpunkt wurde der Weg der schweizweit geplanten Bundeslager geebnet. In Zürich ist seit Januar 2014 das erste provisorisch umgesetzte Bundeslager in Betrieb. Diese
Lager kennzeichnen sich durch ihre neuen Schnellverfahren und der Zentralisierung aller nötigen Behörden in einem einzigen Komplex, um den reibungslosen Ablauf zu garantieren. Schweizweit sind sechs Standortkantone mit je mindestens einem Bundeslager mit einer Verfahrensdauer von maximal 140 Tagen und je einem “Ausreisezentrum” mit einer Verfahrensdauer von maximal 100 Tagen geplant. Hinzu kommen schweizweit zwei weitere Bundeslager für Asylsuchende, welche die “öffentliche Sicherheit” oder den “ordentlichen Betrieb” der “normalen” Empfangs- und Verfahrenszentren gefährden. Das BfM oder die kantonalen Behörden errichten und führen diese Zentren.
Der Bundesrat kann zudem neue Verfahren zeitweise testen, bevor er das Gesetz ändert. Diese Tests dürfen höchstens zwei Jahre dauern und sind für die Beurteilung von “aufwendigen Massnahmen” vorgesehen. Während dieser Testphasen kann der Bund zudem die Beschwerdefrist von 30 auf 10 Tage kürzen, wenn die Asylsuchenden einen genügenden Rechtsschutz haben. Dazu stellt der Bund ihnen eine kostenlose Rechtsberatung zur Verfügung.
Bereits vor den dringlichen Änderungen im Jahr 2013 bezeichnete der Bundesrat jene Länder als sicher, in die man Asylsuchende, ihrer Ansicht nach, ungefährdet zurückschieben kann, ohne dass sie verfolgt werden. Neu verkürzen sich die Beschwerdefristen für Asylsuchende aus diesen “sicheren” Ländern. Betroffen davon sind Personen, auf deren Asylgesuche das BfM gar nicht erst eintritt oder die es ohne weitere Abklärungen ablehnt. Gegen diese erstinstanzlichen Urteile können sie nun noch während fünf Tagen Beschwerde einlegen. Anschliessend soll das Bundesverwaltungsgericht ebenfalls innert fünf Tagen über die Beschwerde entscheiden. Weiter gelten schärfere Bestimmungen, wenn ein Gesuch abgelehnt wird. Um die “Wegweisung” sicherzustellen, können abgelehnte Asylsuchende direkt in den Empfangszentren des Bundes in Haft genommen werden.

Rassismus – auch Politik genannt

Wie der abschliessende Satz der “Kernpunkte der Eidgenössichen Asylpolitik” ganz unverhüllt sagt, ist es dem Staat immer möglich, temporäre Aufenthaltsbewilligungen wieder zu entziehen, wenn sich die migrantische Person nicht an die aufgezwungenen Regeln dieser Gesellschaft hält. Würde dies mit Schweizer_innen geschehen, wäre es hier schon bald ziemlich leer…
Der Rassismus liegt dem Staat mit seiner Politik und seinem Sachzwang zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit, zu Grunde, egal wie humanitär er sich geben mag.
Mario Gattiker, Vorsteher des Bundesamtes für Migration (BfM) und einer der Hauptverantwortlichen der schweizerischen Asylpraxis, sagte kürzlich in einem Interview: « So dramatisch wie die Lage vor den Toren Europas zurzeit ist, war es wohl seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr. » Ein Statement, dass durch seine Ehrlichkeit nicht weiter kommentiert werden muss.