Archiv der Kategorie: Flucht

Fantasma – klandestine anarchistische Zeitung Nr. 2 erschienen

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Fantasma Nr. 2 PDF

NEUE WEGE BESCHREITEN
EDITORIAL

Die anhaltende Ungewissheit ähnelt einem freien Fall mit verbundenen
Augen. Die Zeit scheint mit rasendem Tempo und gleichzeitigem Stillstand
vorbeizuziehen. Ein Gefühl von hochtrabender Freiheit und tiefstürzendem
Fall zugleich. Und ehe ich mich versah, befinde ich mich plötzlich
mitten im Dschungel auf dem Boden sitzend, umgeben von Bäumen,
Gestrüppen und Ästen, welche mir die Sicht versperren, mir meine Arme
und Beine zerkratzen und hier und da sogar tiefe Wunden zufügen. Doch
ich bin umgeben von Leben, von Bewegung, und nach und nach füge ich mich
in den Rhythmus ein. Tief in mir drin weiß ich jedoch, dass ich immer
noch falle. So suche ich Halt und Orientierung im Außen. Ich greife nach
einer herunterhängenden Liane, um mich aufzurichten. Sie fühlt sich echt
an, beständig, sicher. Ich ziehe mich an ihr hoch, in der Hoffnung, noch
andere Lianen zu erblicken, mit deren Hilfe ich neue Wege beschreiten
kann.

In unbeständigen Zeiten, wie wir sie erleben, verkörpert die Fantasma
für uns diese Liane, echt, beständig, sicher. Durch sie haben wir uns
die Möglichkeit geschaffen, mit Gefährt*innen von überall her in Kontakt
zu treten, um sich über das spezifische Thema der Klandestinität
auszutauschen. Über all die verschiedenen Facetten, Blickwinkel,
Betroffenheiten und Perspektiven, die eine solche Situation mit sich
bringt. Und im besten Fall kann diese Zeitung mentale Verbindungen
erschließen, kann Gefährt*innen dazu ermutigen, sich mit der Möglichkeit
des Untertauchens intensiver auseinanderzusetzen, kann eine
anonymisierte Plattform bieten, um über das Unaussprechliche zu
sprechen.

Im Editorial der ersten Ausgabe schrieben wir „[wir] wollen mit diesem
Projekt einen Beitrag zum anarchistischen Projekt leisten und uns
zusammen mit ihm weiterentwickeln“. Beim erneuten Durchlesen stolperten
wir über diesen Satz, da er uns nicht mehr wirklich präzise erschien.
Die Entscheidung unterzutauchen hat an sich nichts offensives, genauso
wie dieses Zeitungsprojekt an sich nicht subversiv ist. Die Fragen sind
vielmehr, wie man damit umgeht, für was man sich darin entscheidet und
was für Potential man im Jeweiligen erkennt und folglich auch umzusetzen
vermag. Denn das anarchistische Projekt, die soziale Revolution,
benötigt eine relevante soziale Dimension an Konfliktualität
entschlossener und mutiger Individuen, welche vor unmissverständlichen
Worten nicht zurückschrecken und konkrete Taten der Subversion darauf
folgen lassen. Wir hegen immer noch das starke Bedürfnis, die soziale
Konfliktualität auf allen Ebenen zu schüren. Wir wollen immer noch mehr
sein als umherschweifende Gespenster auf dem Nebenschauplatz einer
Gesellschaft, die nicht die unsrige ist. Wir wollen immer noch, unserer
Situation zum Trotz, offensiv sein im Kampf gegen jede Herrschaft und
Unterdrückung. Wie aber können wir sozial intervenieren, uns offensiv
auf die Seite der Unterdrückten stellen und unsere freiheitlichen Ideen
unmissverständlich zum Ausdruck bringen, ohne uns dabei dem Feind auf
dem Silbertablett zu präsentieren? Es sind diese Fragen, die uns, und so
glauben wir viele andere in einer ähnlichen Situation auch, beschäftigen
und die wir in den kommenden Ausgaben vertiefen möchten.

Abschließend wollen wir noch sagen, dass wir uns über die Zusendungen
von Artikeln und die schnelle deutsche Übersetzung der ersten Ausgabe
sehr gefreut haben. Wir behalten uns aus sicherheitstechnischen Gründen
vor, in den folgenden Ausgaben die uns zugesendeten Artikel nicht als
solche zu definieren. Ausgenommen davon sind historische Schriften oder
öffentlich zugängliche Publikationen wie z.B. das Inkognito, die wir
zwecks Bekanntmachung ihrerseits gerne mit einer Quellenangabe versehen
werden.

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NEU: Alle Ausgaben und Artikel auf fantasmamagazine.noblogs.org

Aluche, Spanien: Ausbruchsversuch in spanischem Abschiebelager

gefunden auf welt.de

20.10.18. Bei einem Ausbruchsversuch von Migranten aus einem spanischen Abschiebelager sind zehn Polizisten verletzt worden. Zwei der Verletzten mussten nach dem Zwischenfall am Freitagabend in der Nähe von Madrid ins Krankenhaus eingeliefert werden, wie ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur AFP sagte.

Die Sicherheitskräfte hätten den Ausbruchsversuch mithilfe von Sondereinsatzkräften abwehren können. Unter den Migranten sei niemand verletzt worden. Insgesamt befanden sich in dem Lager von Aluche nahe von Madrid knapp 300 Zuwanderer ohne Aufenthaltserlaubnis, die dort bis zu ihrer Abschiebung festgesetzt werden.

Derartige Sammellager stehen häufig in der Kritik von Nichtregierungsorganisationen. Diese beklagen, dass Migranten dort willkürlich festgehalten und schlecht behandelt würden. Immer wieder kommt es in den Einrichtungen zu Streiks, Revolten und Ausbruchsversuchen.

Besetzung des Daches eine ganze Nacht lang

So ist das Flüchtlingslager in Aluche nicht das erste Mal in den Schlagzeilen. Im Jahr 2016 hatten 40 Flüchtlinge fünf Mitarbeiter überwältigt und sich auf dem Dach des Lagers verbarrikadiert. Die Verhandlungen der Polizei mit ihnen dauerten zwölf Stunden.

Auf Spanisch schrien sie vor laufenden TV-Kameras und einem großen Polizeiaufgebot immer wieder „Freiheit“ und „Würde“. Sie klagten über ihre Behandlung in dem Lager. Nach langen Verhandlungen mit der Polizei wurde der Protest friedlich beendet.

Vor dem Protest hatte die Polizei einen Fluchtversuch von 50 Flüchtlingen vereitelt. Mit Stöcken bewaffnet, hätten die vermummten Flüchtlinge fünf Mitarbeiter des Lagers überwältigt, hieß es. Verletzte habe es dabei nicht gegeben. Vor der Unterkunft hatten damals Demonstranten ebenfalls gegen die unwürdige Behandlung der Flüchtlinge protestiert.

Flüchtlinge werden in Spanien so lange interniert, bis über den jeweiligen Asylantrag entschieden wurde. Menschenrechtler beklagen die „gefängnisähnlichen Zustände“ in den Lagern.


Anm.: Im gleichen Knast-Lager kam es auch im August dieses Jahres zu einem kollektiven Ausbruch. Nach einer kleinen Tour der Verwüstung durch das Lager konnten damals 13 Gefangene entkommen.

Tetouan, Marokko: Unruhen nach Schüssen auf Boat-people

gefunden auf ffm-online.org

Nachdem Soldaten eines großen Kriegsschiffs in der Meerenge von Gibraltar auf ein marokkanisches Flüchtlingsboot geschossen und eine 22-Jährige aus Tetouan tödlich trafen, haben gestern (28.09.18) Nachmittag und Abend Jugendliche in Tetouan demonstriert und sind zu Riots übergegangen. Unter ihnen waren Linke und Fußballfans, aus Trauer in Schwarz gekleidet. Sie riefen „Wir rächen dich, Hayat“ und Parolen gegen den marokkanischen Staat. Heute hat die Polizei Demonstranten zum Verhör vorgeladen. Für die kommenden Tage werden Demonstrationen auch in anderen Landesteilen vorausgesagt.

Plaisir, Frankreich: Vierfacher Ausbruch aus dem Internierungslager

übersetzt von sans attendre

Über Le Parisien erfahren wir, dass „in der Nacht von Montag (24.09) auf Dienstag vier Ausländer mit irregulärem Status aus dem administrativen Internierungslager von Plaisir ausgebrochen sind.“

Gegen 21 Uhr sah ein Polizist dank den Überwachungskameras, wie eine Silhouette durch die schlecht verschlossene Hintertüre schlüpfte. Die Ausreisser stiegen dann über den Stacheldraht und machten sich so aus dem Staub.

Metz, Frankreich: Es lebe der Ausbruch!

übersetzt von sans attendre

Während der Mittagspause am Freitag, 07. September konnten drei Sans-Papiers aus dem CRA von Metz ausbrechen. Sie nutzten die Störung am Eingangsportal, um sich aus dem Staub zu machen.

Zwei der Ausbrecher wurden bei einer sofort eingeleiteten Fahndung mit Helikopter der Gendarmerie sowie rund 30 unterschiedlichen Uniformen (Grenzwache, Nationalpolizei) wieder festgenommen. Der Dritte befindet sich weiterhin im Freien.

Madrid, Spanien: Revolte und kollektiver Ausbruch aus dem Lager von Aluche

übersetzt von sans-attendre

Am 15. August kam es im Internierungslager (CIE, Centro de Internamiento de Extranjeros) von Aluche in der Nähe von Madrid zu einem Massenausbruch.

Eine Serie von individuellen Initiativen führte zu einem kollektiven Ausbruch, der es 13 Sans-Papiers erlaubte, dieses Gefängnis für Ausländer zu verlassen. Alles, was es dafür brauchte, waren vorausgehende Beobachtungen und Kühnheit. Zum Ende des Abendessens, gegen 21 Uhr griffen zwei Sans-Papiers einen Wärter an und entwendeten seinen magnetischen Schlüssel. Bevor sie sich zum Ausgang bewegten, zogen sie aber noch zu zwanzigst bis zum Überwachungsraum, den sie munter verwüsteten. Ein Wärter wurde bei dieser Gelegenheit ebenfalls noch verletzt. Nach dieser Tour passierten 13 Gefangene die verschiedenen Türen bis zur frischen Luft.

Die Menschenjagd wurde sofort eingeläutet. Drei Ausbrecher wurden dabei in der Umgebung gefangenen genommen, zwei weitere am nächsten Tag in einem anderen Quartier von Madrid. Die acht anderen sind weiterhin auf der Flucht. Viel Glück! Vor knapp einem Jahr, am 30. September 2017 gelang es bereits 46 Sans-Papiers aus dem Internierungslager von Aluche auszubrechen. Damals brachen sie zusammen eine Türe nach der anderen auf bis zum Hauptausgang. Dieses Mal reichte es, den entscheidenden magnetischen Schlüssel zu entwenden… denjenigen des Abteilungsleiters.

Ceuta, Spanien: 115 Migranten dringen in spanische Exklave Ceuta ein

gefunden auf spiegel.de

Schon Ende Juli hatten Hunderte Migranten die spanische Hafenstadt an der nordafrikanischen Küste gestürmt. Jetzt sind wieder viele Menschen in Ceuta eingedrungen. Einige Polizisten wurden verletzt.

22.08.18 – Weil Ceuta zwar an der nordafrikanischen Küste liegt, aber zu Spanien gehört, ist die Hafenstadt für Flüchtlinge interessant, die in die Europäische Union gelangen wollen. Bei einem neuen Massenansturm afrikanischer Migranten sind nun mindestens 115 Menschen von Marokko aus in die spanische Exklave gelangt. Es sei ihnen gelungen, gewaltsam den sechs Meter hohen doppelten Grenzzaun zu überwinden, sagte ein Sprecher der Regierungsvertretung in Ceuta der Nachrichtenagentur dpa.

Demnach seien sieben Polizisten bei dem Versuch verletzt worden, die Migranten abzuwehren. Einer von ihnen musste im Krankenhaus behandelt werden. Die Flüchtlinge griffen die Beamten unter anderem mit Branntkalk an, der beim Kontakt mit der Haut gefährliche Verätzungen verursacht.

„Eine Umarmung mit guten Wünschen für eine baldige Genesung für die sieben Polizisten“, twitterte die spanische Guardia Civil (Zivilgarde). Insgesamt hätten 300 Migranten versucht, den Zaun zu stürmen, viele jedoch ohne Erfolg, erklärte der Sprecher der Regierungsvertretung.

Mit Scheren hätten die Menschen, die aus Ländern in Afrika südlich der Sahara stammen, Teile des Zauns durchschnitten, zitierte die spanische Zeitung „El País“ einen Beamten. „Einige sind über den Zaun geklettert, andere sind durchgestiegen.“ Die Migranten seien dabei „gewaltsam und aggressiv“ vorgegangen. Fünf von ihnen erlitten Schnittwunden.

Bereits am 26. Juli war es mehr als 600 Flüchtlingen an der gleichen Stelle gelungen, Ceuta zu erreichen. Vier Beamte der Guardia Civil mussten behandelt werden, nachdem die Migranten damals ebenfalls Branntkalk sowie Flammenwerfer eingesetzt hatten. Es handelte sich um den größten Ansturm der vergangenen Jahre.

Spanien verfügt in Nordafrika über zwei Exklaven, die beide von Marokko beansprucht werden: Ceuta an der Meerenge von Gibraltar und das 250 Kilometer weiter östlich gelegene Melilla. In der Nähe der beiden Gebiete harren Zehntausende Afrikaner auf eine Gelegenheit, in die EU zu gelangen.


Ceuta: Spanien schickt 116 Migranten zurück

gefunden auf br.de

24.08.18 – Spanien hat aus der nordafrikanischen Exklave Ceuta 116 Migranten zurück nach Marokko geschickt. Die Aktion basierte auf einem Abkommen von 1992, in dem sich Marokko zur Rücknahme von Flüchtlingen aus Drittstaaten bereit erklärt. Die Männer waren am Mittwoch über einen sechs Meter hohen Stacheldrahtzaun geklettert und hatten dabei Grenzschützer angegriffen.

Flaschenpost an den Tattoo Circus 2018 in Zürich

gefunden auf barrikade

Aus der Ferne schreib ich diese Zeilen
Eingerollt, verstaut, für die lange Fahrt
Der Kompass zeigt die Richtung an
Und schon treiben sie im Wellengang

Glücklich schau ich ihnen nach
Mit Wehmut tasten sie sich vor
Aus der Ferne schick ich diese Zeilen
Und hoffe, dass sie sich beeilen


Hallo ihr da draussen,

Schon über zwei Jahre ist es her, seitdem ihr mich zum letzten Mal gesehen habt. Die einen zumindest. Bei anderen mag es noch länger her sein, und wieder andere, die diese Zeilen hier lesen, haben mich noch nie gesehen oder von mir gehört. Doch das macht nichts. Ich möchte die Gelegenheit – den diesjährigen Tattoo Circus in Zürich – nutzen, um ein paar Worte, die ich schon lange mit mit herumtrage, loszuwerden: Von Herzen und voller Sehnsucht grüsse ich alle antiautoritären Gefährt*innen und Individuen, alle Freund*innen und Bekannten da draussen und möchte euch wissen lassen, dass ich wohl auf bin und den Kopf stets oben halte. Meine Situation segnet mich zwar nicht gerade mit reichlich Rückenwind, doch dafür Tag für Tag mit neuen Herausforderungen, an denen ich wachsen kann. Und ich bin glücklich sagen zu können, dass ich mit diesen Herausforderungen nicht alleine bin; ihr alle seid tief verankert in meinem Herzen und meinen Gedanken, und gebt mir immer dann die nötige Kraft, wenn ich sie von selbst nicht aufzubringen vermag. Ihr alle seid ein unersetzbarer Teil von mir, ein treuer Begleiter auf meiner Reise ins Ungewisse. Und ihr alle seid es, die unermüdlich und voller Würde an meiner Seite gegen diese marode Gesellschaft, und für die unerschöpfliche Freiheit aller Individuen kämpft. Es ist so schön euch bei mir zu wissen, dafür möchte ich Danke sagen!

Ich befinde mich nun seit über zwei Jahren auf der Flucht vor der Schweizer Justiz, allem entrissen, was mein Leben einst beflügelt hat. Und auch wenn ich heute auf den richtigen Wind angewiesen bin, der diese Zeilen zu euch tragen soll, so bin ich doch unendlich froh darüber, mit jedem Sonnenaufgang erneut den süssen Duft der Autonomie und Selbstbestimmung einatmen zu dürfen.

Ich wünsche euch allen eine gute Zeit auf dem diesjährigen Tattoo Circus in Zürich-Altstetten und falls sich eine Gelegenheit bietet – stattet doch den dutzenden Zahnrädchen des Migrations- und Knastregimes in der Umgebung mal einen Besuch ab. Die würden sich bestimmt freuen…

Ich für meinen Teil freue mich unbeschreiblich darauf, euch alle wiederzusehen. Und wir werden uns wiedersehen! Doch jetzt noch nicht.

Im Herzen und in Gedanken,
durch Worte und Taten,
für immer bei euch
euer Gefährte auf der Flucht

August 2018

Toulouse und Palaiseau, Frankreich: Sommerliche Ausbrüche aus den Lagern

übersetzt von sans attendre

Toulouse: In der Nacht vom 07. auf den 08. August gelang es vier Sans-Papiers, aus dem Administrativlager (CRA) de Cornebarrieu (Haute-Garonne) hinter dem Flughafen Toulouse-Blagnac zu entkommen. Für ihre Flucht nahmen sie den Weg über das Dach. Einer wurde gefasst und bekam am 10. August einen Monat Knast für den versuchten Ausbruch. Beim Prozess konnte man erfahren, dass er „45 Minuten nach dem Ausbruch vom peloton de surveillance de gendarmerie (PSIG) (A.d.Ü.: Spezialeinheit der Gendarmerie), die wegen einem Diebstahl von elektrischen Kabeln im Einsatz waren, ausfindig gemacht werden konnte“. Die anderen drei sind noch auf der Flucht, viel Glück ihnen.

Palaiseau: Vom 09. auf den 10. August sind zwei Sans-Papiers (einer aus Tunesien, der andere aus Algerien) aus dem CRA de Palaiseau (Essone) in der Nähe des Flughafens von Orly ausgebrochen. Sie entkamen über ein kleines Dachfenster und kletterten dann über die Gitter ohne den Alarm auszulösen. Viel Glück!

Turin, Italien: Revolte im CPR von Corso Brunelleschi

übersetzt von macerie

07.08.18. Fast schon eine Tradition – die sommerliche Revolte im c.so Brunelleschi.

Gerade beim turinischen CPR angekommen, können die Gefährten die Wut spüren, die hinter diesen Mauern brodelt: Schreie, Schläge und Rufe für die Freiheit hallen noch durch die Sommerluft und vereinigen sich mit den Solidarischen ausserhalb der Mauern.

Es ist bereits Stunden her, als die Inhaftierten beschlossen, die allgemeine Erstickung der Administrativhaft zu durchbrechen. Es ist nicht nur ein Funke und die Motivationen der Wut können nicht einfach in einer Tabelle aufgelistet werden. Aber durch das, was die Leute drinnen erzählen, können wir uns vorstellen, was es bedeutet, sich in einem Gehege für Lasttiere zu befinden, in dem es 40° heiss, das Trinkwasser auf einen Liter pro Tag rationiert, immer warm und das Essen, das gnädig von den Sicherheitskräften und dem französischen multinationalen Unternehmen Gepsa ausgeliefert wird, verdorben ist.

Gestern, nach einem weiteren beschissenen Mittagessen, nach der erneuten Weigerung, einen Jungen zur Behandlung ins Krankenhaus zu fahren, wurden in der Kantine Gegenstände und Essen auf die Arbeiter geworfen, die – wie das Militär – unermüdlich mit Erpressungen und Schlägen arbeiten, damit diejenigen, die ihrer Freiheit beraut wurden, ihren Kopf gesenkt halten. Die erste Reaktion der Ordnungskräfte der Struktur richtete sich gegen denjenigen, der um einen Termin im Spital gebeten hatte: Ihm sollte eine körperliche Lektion erteilt werden, um das Problem an der Wurzel zu packen und dann auf dem Boden liegen zu lassen. Die anderen Leidensgenossen legten ihre Hände aber nicht in den Schoss, sondern gaben ihrer Menschlichkeit Luft und fingen an zu rebellieren, trotz dem ganzen Apparat rundherum: Sie gingen zusammen in den Hof hinaus, um ein paar Matratzen in Brand zu stecken, schlugen die Fenster ein und kletterten auf das Dach, um sich so gut wie möglich der anrückenden Verstärkung zu widersetzen.

Denn wie erwartet, liess die Bereitschaftspolizei nicht lange auf sich warten.

Etwa hundert Riot-Cops drangen in das Lager ein und verteilten die heiligen Knüppel des Friedens und der Ordnung, um, wenn nicht die Gemüter, so sicherlich die Körper zu besänftigen. Und nach den Knüppeln, den Tritten und Fäusten kommt die Arbeit der Spaltung, wie im Handbuch geschrieben: Einige wurden in verschiedenen Zimmern eingesperrt, andere stiegen, als die Drohungen gegen sie und die Sommerhitze stärker wurden, vom Dach hinunter, während wiederum andere hartnäckig bis zum nächsten Morgen auf dem Dack blieben.

Am Ende des Tages sind die Berichte der Gefangenen über eingesteckte Schläge lange und die Behandlungsverfahren innerhalb des Lagers sind wie immer interessant. Neben zahlreichen Hämatomen und Wunden wurde einem Jungen die Hand gebrochen. Ihm wurde gesagt, dass er mindestens 30 Stunden warten müsse, bevor er ins Krankenhaus gefahren werde. Auf dies Weise ist es schwieriger nachzuweisen, dass der Knochenbruch direkt von den Schlägen der Polizei stammt.

Im Zentrum bleibt die Luft weiterhin warm und alle sogenannten „Gäste“ des Sternehotels c.so Brunelleschi sind am nächsten Tag in den Hungerstreik getreten.


In den Tagen danach, die Bedingungen ungeändert, kam es zu zwei Ausbruchsversuchen, die allerdings unterbunden wurden und für einen Gefangenen in der Isolation endete. A den 17. August wurde zudem zu einer weiteren solidarische Versammlung vor dem CPR aufgerufen.