Archiv der Kategorie: Demo

Montreal, Kanada: Zum ersten Mai gegen die Grenzen

übersetzt von montréal contre-information

Am 1. Mai fanden in Montreal über die Stadt verteilt vier unterschiedliche Demonstrationen zu unterschiedlichen Zeiten statt. Die CLAC (Convergence des Luttes Anti-Capitalistes) rufte zur jährlichen antikapitalistischen Demo unter dem Motto “No Border” auf. Dieses Thema steht im Kontext einer erstarkenden extremen Rechten in Québec und dem Bauprojekt eines neuen Gefängnisses für Migrant*innen in Laval. Wir nahmen an dieser Demo teil, die sich um 18.30 Uhr am Square Cabot versammelte.

Mehrere hundert Personen demonstrierten über die Atwater Avenue in Richtung St-Henri, ein Schwarzer Block formierte sich hinter der Demo und einem Transparent mit der Aufschrift “All Bosses are Bastards”. Bauzäune und anderes Baustellenmaterial wurden auf die Strasse gezogen, um einen Abstand zwischen der Demo und den folgenden Bullen zu schaffen. Bereits beim Treffpunkt wurden Flugblätter verteilt, die die Leute dazu animierten, sich beide Strassenseiten und das Trottoir zu nehmen, um die Bullen daran zu hindern, die Demo einzukesseln. Dies hat super geklappt; den Bullen gelang es nicht, sich in Position zu bringen.

Die Demo zog auf der Notre-Dame und dann auf der Greene Avenue nach Norden, zu den Büros von Lemay, ein Architekturbüro, das die Pläne für das Gefängnis für Migrant*innen entwirft. Als sich die Demo dem Gebäude näherte, wurde eine Mülltonne angezündet und zu den hinterherfahrenden Velobullen gestossen, was eine Distanz für die kommenden Taten schaffte. Das Büro wurde angegriffen. Die grossen Scheiben vorne und auf der Seite des Gebäudes wurden mittels Steinen, Billardkugeln und improvisierten Rammböcken eingeschlagen, zwei Fassadenseiten mit Farbbomben beworfen. Zusätzlich wurden Flugblätter verteilt, um zu erklären, welche Rolle Lemay im Bau des erwähnten Gefängnisses spielt.

Einsatzbullen stellten sich – allerdings zu spät – vor die Büros, wo sie mit Steinen empfangen wurden. Sie antworteten mit Tränengas und drängten die Demo in die rue Saint-Jacques. Auch wenn der Umzug aufgrund des Gases aufgesplittet wurde, trafen zwei grössere Gruppen kurze Zeit später auf der Hauptverkehrsachse Saint-Antoine wieder zusammen – der Auflösungsversuch schlug fehl! Die motivierte Gruppe suchte sich einen Weg durch den Verkehr, zog Abfalltonnen auf die Strassen und zündete ein paar davon an. Auch wenn die Gruppe immer kleiner wurde, zog eine ansehnliche Menge weiter Richtung Osten, hinterliess auf dem Weg einige Graffitis und verteidigte sich mit Feuerwerk gegen die Bullen.

Dieser 1. Mai markiert somit eine grosse Verbesserung im Vergleich zum letzten Jahr, als die Konfrontation mit den auf den Trottoirs laufenden Bullen und dem Schwarzen Block an der Spitze der Demo nach nur zwei Minuten ausbrach und den Block somit vom Rest der Demo trennte. Seit dieser Konfrontation bewahrt die Polizei stets ihre Distanz zu grösseren Demonstrationen, was den Vorteil einer kämpferischen Demokultur aufzeigt. Heute stellen sie sich allerdings so auf, dass sie nach erfolgten Angriffen sehr schnell eingreifen können. Wir müssen versuchen, Antworten auf diesen Strategiewechsel zu finden.

Die Verteilung über die ganze Demo von unterschiedlichen Banden mit einem Willen zur Konfrontation, hat uns dieses Jahr erlaubt, die Isolierung des Schwarzen Blockes vom Rest der Demo zu verhindern. Dies hat auch geholfen, den Auflösungsversuchen der Bullen zu trotzen. An mehreren Orten in der Demo verschiedene Gruppen und Personen zu haben, die trotz des Gases zusammen bleiben, zeigt, dass auch viele andere das für die Reproduktion solcher Akte notwendige Vertrauen gewinnen können. Die Erfahrung dieses Jahres mit der Aufsplittung und des erneuten Zusammentreffens sowie der Dauer der Demo auch nach dem Angriff auf Lemay ist ein gutes Beispiel dafür!

*** Wir haben ebenfalls festgestellt, dass dieses Jahr viele Leute eine Kamera bei sich hatten oder mit ihrem Telefon gefilmt haben. Fotos oder Filme, ob von den Massenmedien aufgenommen oder nicht, können Menschen in Gefahr bringen. Auch wenn ihr eure Aufnahmen nicht den Bullen geben wollt, oder wenn ihr die Absicht habt, diese vor der Verbreitung zu bearbeiten, bleibt die Gefahr weiter bestehen, dass ihr mit Informationen verhaftet werdet, die andere belasten könnten. Filmt also keine Gesichter in der Demo und seid nicht überrascht, wenn ihr aus der Demo gedrängt werdet, wenn ihr dies tut.

Der erfolgreiche Angriff auf Lemay ist eine ermutigende Entwicklung im Kampf gegen das Gefängnis für Migrant*innen. Lemay wurde in den letzten Jahren bereits mehrfach angegriffen: seine Luxusneubauten wurden eingeschlagen, in ihrem Geschäftssitz wurden Heuschrecken ausgesetzt und kürzlich alle Schlösser sabotiert. Diese Angriffe waren allerdings nicht so öffentlich wie derjenige während der Demo und wurden von eher kleineren Gruppen ausgeführt. Wir waren wirklich berührt von der Stärke und der Solidität hunderter Personen, die währenddem dieses hässliche Architekturbüro demoliert wird, vor Ort bleiben und zusammenstehen. Dies ist die kollektive Kraft und Entschlossenheit, die unserer Meinung nach notwendig sind in der Fortführung des Kampfes gegen das Gefängnis für Migrant*innen.

Lang leben die unkontrollierbaren Demos! Lang lebe der Kampf gegen die Gefängnisse für Migrant*innen!

Zerstören wir die Gefängnisse und die Grenzen!

Fuck Lemay, schöner erster Mai an alle!

Turin, Italien: DEMO Blockieren wir die Stadt 30.3

gefunden auf barrikade

Blockieren wir die Stadt – Gegen Räumungen und Repression
DEMONSTRATION

Die Machthabenden und Herrschenden nehmen uns die Luft zum Atmen durch einen Normalzustand der gekennzeichnet ist durch Kriege, Militarisierung der Städte, Zunehmend heftigere Ausbeutung, der Jagd auf Geflüchtete und den gesäten Selbsthass unter den Armen.
Sie wollen jene loswerden die versuchen gegen die kontinuierliche Verschlechterung der Lebensbedingungen zu kämpfen und die versuchen diese Verhältnisse umzustürzen – Wie die 13 verhafteten GefährtInnen diesen Februar.
Wir werden weiter dagegen kämpfen und Widerstand leisten.

Freiheit für
Silvia, Antonio, Nicco, Beppe, Poza, Stecco, Nico, Agnese, Sasha, Rupert, Giulio
Freiheit für Alle!

Samstag 30. März 2019
Turin


Den ganzen Aufruf auf italienisch findet ihr hier.

Auf barrikade findet ihr zudem den Aufruf auf englisch, italiensch, spanisch und französisch.

Athen, Griechenland: Zusammenstösse nach dem Tod eines Migranten in Polizeigewahrsam

übersetzt von non-fides

Bei einer Versammlung am 27. Febraur in Athen für den verstorbenen Ebuca Mama Subek kam es zu Ausschreitungen zwischen Demonstrierenden und der Polizei. Der 34-jährige Nigerianer, Vater von zwei Kindern, verstarb am 8. Februar im Polizeiposten Omonia, der für seine Gewalt gegen Migrant*innen berüchtigt ist. Die Polizei bestritt zuerst, Ebuca Mama Subek überhaupt verhaftet zu haben, bestätigte aber später, dass er im Wartezimmer zusammengebrochen ist… Auf dem Weg zum Polizeiposten zündeten die Demonstrierenden Barrikaden an und warfen Steine auf die Ordnungskräfte, welche mit Tränengas antworteten.

Italien: Update zu den Verhaftungen in Turin und weitere Solidaritätsaktionen

übersetzt von macerie und round robin

2 Haftentlassungen: Die Anklage der subversiven Vereinigung (art. 270) gegen Giada und Larry wurde fallengelassen. Sie werden in Kürze entlassen. Über Niccolò wurde eine „doppelte Inhaftierung“ verhängt, eine für Art. 270, die andere für einen anscheinend in seinem Haus gefundenen Feuerwerkskörper (Anm.: Korrektur vom 11.03.19). Bei den restlichen Gefährt*innen haben sich die Anklagepunkte nicht verändert. Sie bleiben im Gefängnis.


Mailand: 27. Februar. Gestern Nacht wurden zwei Postomaten, die Scheiben und die Eingangstüre der Poste an der Via Franco Tosi in Mailand zerstört.

Freiheit für Nicco, Larry, Silvia, Giada, Antonio und Beppe.
Freiheit für Rupert, Agnese, Stecco, Giulio, Nico, Sasha und Poza.


Varese: In der Nacht von Donnerstag auf Freitag (01.03.19) schlugen Unbekannte die Scheibe des Sitzes der Lega Nord an der via Dante mit einem Feuerlöscher ein, gingen hinein, klauten eine Fahne, schrieben „La pacchia è finita“* auf die Mauer und leerten zwei Feuerlöscher in Inneren des Büros.

* „La pacchia è finita“ heisst soviel wie „Der Spass ist vorbei“. Salvini verwendet diese Formulierung immer wieder, zum Beispiel im Bezug auf die Migration oder auch nach der Räumung des Asilo.


Rom, Italien: ENI tötet und verseucht in Italien und im Ausland. In der Nacht vom 26. auf den 27. Februar wurden 3 Brandvorrichtungen auf 3 enijoy-Autos hinterlassen. (A.d.Ü. enijoy ist ein Car-Sharing-Service von ENI)
Solidarität mit allen inhaftierten Anarchisten.


Rom: Ein Umzug mit circa 500 Menschen zog am 02. März durch die Quartiere Prenestino und Torpignattara und schrie die Wut über die Bosse, Politiker und die soziale Kontrolle heraus. Über Sprüche, Plakate, Flugblätter und Redebeiträge wurde der Solidarität mit den in Turin und Trient festgenommenen Gefährten und Gefährtinnen Ausdruck verliehen und an andere Gefangene der vergangenen repressiven Operationen erinnert.

Trentino, Italien: Erneute repressive Operation gegen Anarchist*innen

übersetzt von attaque

Am 19. Februar wurden im Trentino, im Nordosten von Italien, sieben Gefährt*innen unter Anklage der subversiven Vereinigung zu terroristischen Zwecken (der ewige Artikel 270bis) und Anschlag zu terroristischen oder subversiven Zwecken (Artikel 280) festgenommen. Neben den Verhaftungen kam es zu über 30 Hausdurchsuchungen.

Die Verhafteten (sechs davon befinden sich in Untersuchungshaft, eine Person steht unter Hausarrest) beteiligten sich an den Kämpfen gegen Krieg und Militarismus, gegen die Grenzen, gegen die Kontrollen von Sans-Papiers, gegen Gefängnisse und die Polizei, gegen umweltzerstörerische Projekte, gegen den Faschismus und gegen den reaktionären Wind, der durch Italien weht.

Die Medien berichten, dass die sieben Gefährt*innen wegen verschiedenen Aktionen angeklagt sind: ein Angriff gegen das Labor für Industriemathematik und Kryptographie der Universität von Trient am 8. April 2017, ein Brandanschlag auf einen Funkmasten auf dem Monte Finonchio am 7. Juni 2017, ein versuchter Brandanschlag auf neun Fahrzeuge der Polizei von Trient am 3. Dezember 2017, ein Sprengstoffanschlag auf eine Bank am 25. Juli 2018 sowie auf eine Zeitarbeitsfirma am 1. September in Rovereto, ein Sprengstoffanschlag auf den Sitz der Lega Nord in Ala am 13. Oktober 2018 (am Tag vor einer Konferenz mit Salvini in Ala). Die Bullen beschuldigen sie ebenfalls der Urkundenfälschung und fügen an, dass sie mit der anarchistischen Revue „I giorni e le notti“ öffentliche Agitation betrieben haben (was bisher, sebst im Italien und Salvini, nicht als „Verbrechen“ gilt).

Am Dienstagnachmittag zog eine solidarische Demo mit etwa 50 Menschen durch Trient und hinterliess Sprüche in Solidarität mit den Verhafteten und gegen den Staat.

Freiheit für Agnese, Giulio, Nico, Poza, Rupert, Sasha und Stecco!


Die zurzeit bekannten Adressen (wir wissen noch nicht, in welchen Knast Stecco gesteckt wurde. Sasha steht unter Hausarrest):

Roberto Bottamedi
Casa Circondariale Brescia Canton Mombello
Via Spalto San Marco, 20
25100 Brescia (BS)

Nicola Briganti
Casa Circondariale Verona Montorio
Via San Michele, 15
37131 Verona (VR)

Agnese Trentin
Casa Di Reclusione Verziano
Via Flero, 157
25125 Brescia (BS)

Andrea Parolari
Via Basilio Dalla Scola, 150
36100 Vicenza (VI)

Giulio Berdusco
Casa circondariale
Via Paluzza, 77
33028 Tolmezzo (UD)

Italien und Griechenland: Solidarität mit dem Asilo und den verhafteten Gefährt*innen in Turin

übersetzt von round robin

Bologna, Italien: Am Donnerstagabend, 7. Februar, zog ein Umzug mit etwa 30 Personen und dem Banner „Solidarität mit den in Turin Verhafteten und dem geräumten Asilo“ durch die Strassen des Quartiers Bolognina. Es gab Redebeiträge durch ein Megafon, Sprüche und Plakate rund um die Ereignisse des Tages auf den Wänden.
Scheiben und der Geldautomat einer BPM auf dem Weg wurden eingeschlagen.
Die Banca Popolare di Milano ist Aktionärin von Alba Leasing, Eigentümerin des Gebäudes des zukünftigen CPRs von Modena.


Mailand, Italien: In der Nacht von Freitag, 8. auf Samstag, 9. Februar wurde die Poste Italiana an der via d‘Agrate angegriffen. Scheiben, Eingangstüre und Postomat eingehämmert. Spruch hinterlassen „Feuer den CPRs“ und „Solidarität mit den verhafteten Gefährten in Turin“


Mailand, Italien: 15.2.19 – Gestern Nacht schlugen wir an der via Meda in Mailand den Bankomat und die Scheiben der Bank Intesa SanPaolo ein. Auf der Türe steht „Freiheit für die in Turin verhafteten Gefährten“.

Wir haben uns für diese Bank entschieden, weil sie eine der Hauptverantwortlichen für die Aufwertung des Quartiers Aurora (Anm.: Das Asilo befand sich in diesem Quartier) und somit auch verantwortlich für die Räumung des Asilo und in gewissem Masse für die Verhaftung der Gefährten ist.

Freiheit für alle


Venedig, Italien: Angriff auf einen Bankomat
Morgen des 12. Februar. Mit aller Wahrscheinlichkeit waren einige Bourgeoise oder Tourist*innen irritiert und empört, dass sie kein Geld mehr bei der unicredit beim San Patalon in Venedig abheben konnten. „Der Terrorist ist der Staat! Solidarität mit den in Turin Verhafteten!“
Die Kräfte des M.A.L haben erneut zugeschlagen… im ohrenbetäubenden Schweigen der erbärmlichen Zeitungen, gegen die Schaufensterstadt, zerschalgen wir sie! FREIHEIT FÜR ALLE


Thessaloniki, Griechenland: Am Samstag, 9. Februar, haben wir die italienisch-griechische Handelskammer in Thessaloniki angegriffen: Ein Sprengkörper wurde vor dem Haupteingang platziert. Die Aktion wurde von den Medien verschwiegen.

Dieser Angriff ist eine Antwort auf die Repression, die vom italienischen Staat vorangetrieben wird. Letztes Beispiel ist die Räumungsoperation des besetzten Asilo in Turin. Am frühen Morgen des 7. Februars wurde die Besetzung geräumt. Gleichzeitig wurden sechs Gefährten unter Anklage der subversiven Vereinigung verhaftet.
Die Besetzung bestand seit 24 Jahren und stellte ein Referenzpunkt dar für die kontinuierlichen Aktionen gegen die Internierungslager für Immigranten, gegen die Zwangräumungen und gegen die Gentrifizierung der Quartiere.
Dieser repressive Schlag ist der Höhepunkt einer langjährigen Periode der Verfolgung gegen turiner Anarchisten (Verhaftungen, Auflagen, Aufenthalsverbote und vieles mehr).

Dieser Angriff ist ein Zeichen der Solidarität mit den Gefährten aus Turin, die den Kampf weiterführen.
Er ist ebenfalls ein Zeichen der Solidarität mit Spyros Christodoulou, der sich seit dem 14. Januar im Hungerstreik befindet. Halt durch Spyros.

SCHAFFEN WIR VERBINDUNGEN DER SOLIDARITÄT ÜBER DIE GRENZEN, DIE UNS TRENNEN

FÜR EINE WELT OHNE GEFÄNGNISSE – SOLIDARITÄT MIT DEM ASILO OCCUPATO

FREIHEIT FÜR DIE 6 VERHAFTETEN

FREIHEIT FÜR BATTISTI, TOD DEM STAAT

FREIHEIT FÜR DIE GEFANGENEN DER OPERATION SCRIPTA MANENT UND PANICO

FÜR DIE ANARCHIE


Patras, Griechenland: In Solidarität mit dem AsiloOccupato und den dort Verhafteten wurde in der Nacht vom 12.02.19 das italienische Konsulat mit Farbe angegriffen.

Lissabon, Portugal: Unmittelbare Antwort auf Polizeigewalt

übersetzt von sans attendre

Ein Polizeiposten sowie mehrere Fahrzeuge wurden in der Nacht von Montag (21. Januar) auf Dienstag in verschiedenen Vororten von Lissabon duch Molotowcocktails beschädigt. Dies meldete die Polizei am Tag nach den Ausschreitungen am Rande einer Demo gegen Polizeigewalt.

Drei Molotowcocktails wurden auf ein Polizeiposten im Quartier Bela Vista in Setubal, eine Stadt südlich von Lissabon, geworfen. Menschen wurden dabei keine verletzt.

In den nördlichen Vororten Odivelas und Loures wurden etwa zwölf Autos ebenfalls durch Molotowcocktails beschädigt. Die Polizei kontrollierte vier Verdächtige, darunter ein 18-jähriger, der in Polizeigewahrsam genommen wurde. Die Polizei wird weitere Untersuchungen bezüglich dieser Vorfälle vornehmen. Zum jetzigen Zeitpunkt liegen keine Hinweise vor, dass diese Taten mit der Demo vom Montag im Zentrum von Lissabon in Verbindung stehen, fügte die Polizei an.

Vier Personen wurden am Montag Abend nach Ausschreitungen am Ende einer Demo gegen Rassismus und Polizeigewalt verhaftet. Als sich die Demo auflöste, machte sich ein Teil davon auf den Weg in die schicke Avenida da Liberdade im Zentrum, beschädigte dort mehrere Fahrzeuge und griff Polizeibeamte an. Diese antworteten mit Gummischrot.

Diese Demo war eine Reaktion auf einen heftigen Polizeieinsatz wegen einer Schlägerei am Tag zuvor in einem Quartier von Seixal, südlich von Lissabon, in dem viele Menschen aus den ehemaligen portugiesischen Kolonien in Afrika leben.

Turin: Solidarität mit den Betroffenen der „Operazione Scintilla“

gefunden auf barrikade

Am Donnerstag, den 7. Februar 2019, begann um 4:40 Uhr in der Früh die Räumung des seit 1995 besetzten Squats „Asilo occupato“ („der besetzte Kindergarten“) in der Via Alessandria 12 in Turin. Die Räumung wurde im Rahmen der „Operazione Scintilla“ („Operation Funke“) durchgeführt. Mehrere hundert Carabinieri in Kampfuniform, Polizist*innen und Guardia di finanza mit Maschinengewehren und Zivis haben dabei nicht nur das Haus geräumt, sondern auch sechs Anarchist*innen verhaftet. Nach einer siebten Person wird noch gefahndet.

Die Anklagen sind schwerwiegend: Bildung einer subversiven Vereinigung, Anstiftung zu Verbrechen sowie der Besitz und die Herstellung und Beförderung von Sprengkörpern an einem öffentlichen Ort. Die Anklagen stehen im Zusammenhang mit dem Widerstand gegen das italienische Migrationsregime, namentlich gegen die Ausschaffungslager/-knäste CPR bzw. CIE (Centro per l’Immigrazione e il Rimpatrio = Immigrations- und Repatriierungszentrum bzw. Centro di identificazione ed espulsione = Identifikations- und Ausschaffungszentrum), mehr Infos unten.
Das Asilo wurde im Rahmen dieser Operation geräumt, weil es vom Staat als „logistische und operative Basis“ dieser „subversiven, aufständischen Vereinigung“ betrachtet wird.

Die Räumung des Asilo wurde von den Besetzer*innen 36 Stunden verzögert, weil sich einige auf die Dächer zurück gezogen hatten. Parallel organisierten Sympathisierende wilde Demos in der Stadt, bei denen es zu Zusammenstössen mit der Polizei gekommen ist. Das Asilo wurde in den letzten Tagen unbewohnbar gemacht (Zerstörungen im Innern, zugemauerte Fenster etc.).

Ein erster Gerichtstermin für die Gefangenen der „Operazione Scintilla“ folgt in voraussichtlich 15 Tagen, d.h. ungefähr am 27. Februar.

"Sie führen Krieg gegen die Armen und nennen es Umschulung. Wir widersetzen uns den Herren der Stadt."

„Sie führen Krieg gegen die Armen und nennen es Aufwertung. Wir widersetzen uns den Herren der Stadt.“

Bei den grossen Solidaritäts-Demos gab es einige Verhaftungen und über 300 Personenkontrollen. Viele Verhaftete berichten von Blutergüssen, welche ihnen die Polizei bei der Verhaftung zugefügt hat. Mindestens vier Menschen mussten aufgrund ihrer Verletzungen ins Spital. Die Vorwürfe für die zwölf an der Demo vom Samstag Verhafteten lauten Verwüstung, Plünderung, „Widersetzungen“, Körperverletzung und Waffenbesitz. Diese zwölf von der Demo sind aber mittlerweile unter Auflagen wieder auf freiem Fuss (Stand: 13. Februar).

Frei übersetzt aus dem Communiqué der Solidaritätsdemo vom Samstag, den 9. Februar:

„Sie führen Krieg gegen die Armen und nennen es Aufwertung. Wir widersetzen uns den Herren der Stadt.“
Hinter diesem Banner konzentrierte sich die Demo. Eine vielfältige, starke Demo, entschlossen, die Feindseligkeit gegen diejenigen, die vom Management der Stadt profitieren, konkret und sichtbar zu machen. […]
Die Atmosphäre, die wir atmeten, war eine Atmosphäre intensiver emotionaler Beteiligung an den Ereignissen der vergangenen Tage und wachsender Wut über die Militarisierung eines grossen Teils des Bezirks Aurora, eine Polizeipräsenz, die auch heute noch nicht nachzulassen scheint und die das Gefühl der „Normalität“ wiederherstellt, die die Bürgermeisterin der Stadt aufzwingen möchte. […]
Die Demo kämpfte sich durch die Strassen, wobei Barrikaden von brennenden Containern und zerschmetterten Autos zurückgelassen wurden. […] Leider verursachte eine letzte Polizeiaktion am Schluss der Demo die Verhaftung von zwölf Demonstrierenden und die Verletzung von deren vier.
[…]
Die gestrige Demo ist nur der Anfang, jetzt ist es an der Zeit, einen heftigen Kampf zu beginnen, der aus der Asche dieser repressiven Operation eine neue Blume hervorbringen wird.“

Details zu den Vorwürfen

Die Vorwürfe: Bildung einer subversiven Vereinigung; Anstiftung zu Verbrechen; Besitz, Herstellung und Beförderung von Sprengkörpern an einem öffentlichen Ort.

Die sechs Personen wurden auf Antrag der Anti-Terror-Gruppe der Turiner Staatsanwaltschaft verhaftet. Die Anklage lautet, dass die Beschuldigten

„eine subversive Vereinigung (ex Art. 270 c.p.) gefördert, konstituiert, organisiert und sich daran beteiligt haben, welche die nationale Einwanderungspolitik durch die wiederholte Zerstörung der CIE/CPR und durch systematische Gewalttaten und Einschüchterungen gegen die Unternehmen, die an der Verwaltung der oben genannten Aufnahmestrukturen beteiligt sind, beeinflussen soll und kann.“
(“aver promosso, costituito, organizzato e partecipato a un’associazione sovversiva (ex art. 270 c.p.) diretta e idonea a influire sulle politiche nazionali in materia di immigrazione mediante la ripetuta distruzione dei CIE/CPR e con sistematici atti di violenza e intimidazione nei confronti delle imprese impegnate nella gestione delle sopra indicate strutture di accoglienza”.)

Den Verhafteten werden „21 Angriffe mit subversiven Zwecken“ in verschiedenen italienischen Städten vorgeworfen: Einerseits sollen 15 Pakete mit Sprengstoffen an Unternehmen in Turin, Bologna, Mailand, Rom (Französische Botschaft), Bari und Ravenna geschickt worden sein, sechs weitere Sprengstoffe haben die Büros der italienischen Post (Poste Italiane) in Turin, Bologna und Genua betroffen. Die Poste Italiane wurde angeblich getroffen, da sie als Eigentümerin der Fluggesellschaft „MistralAir“ seit 2011 den Ministerialauftrag für Ausschaffungsflüge innehat.
Zwei der Verhafteten wird vorgeworfen, am 30. April und 9. Juni 2016 gemeinsam mit bisher unidentifizierten Personen Sprengkörper vor Bankomaten der Poste Italiane in Turin platziert zu haben. Zudem:

„Um Kontakte innerhalb der CPR herzustellen, warfen sie Tennisbälle mit einer mehrsprachigen Broschüre und einer Mobiltelefonnummer, mit der sie gleichzeitige Aktionen innerhalb und ausserhalb der CPR-Struktur vereinbarten. Dann steckten sie in Paketen mit Keksen und anderen Waren Streichhölzer und alles, was nötig war, um eine Revolte zu starten und Feuer zu legen“.

Ziel dieser Aktionen sei es gewesen, die „Aufnahmefähigkeit“ der CPR zu schwächen oder zu zerstören (siehe http://www.nuovasocieta.it/operazione-scintilla-sgombero-dellasilo-e-anarchici-arrestati-per-associazione-sovversiva/).

Das Klima in Italien und weitere Randnotizen

Italiens Politiker*innen wollen mit „aller Härte durchgreifen“:

  • Der Polizeipräsident Messina beschreibt die (konstruierte) Gruppe der Verhafteten als „höchst gefährliche Zelle“
  • Der italienische Innenminister Matteo Salvini fordert „Gefängnis für diese Berüchtigten“ und will alle „von Kriminellen frequentierten Sozialzentren“ schliessen
  • Die Bürgermeisterin Chiara Appendino gratuliert der Polizei zur Räumung.
  • Alessandro Ciro Sciretti, ein Turiner Lega-Nord-Politiker, wünscht sich „keinerlei Gnade“ für die Demonstrierenden der Soli-Kundgebungen für den Asilo-Squat. Sein Vorschlag: es bräuchte „ein wenig von der Diaz-Schule“ (https://www.autistici.org/macerie/?p=33326#more-33326)

Nebst allen schlechten Neuigkeiten hat folgende Nachricht für Heiterkeit gesorgt:

Kurz nach der Demo vom Samstag fand am 13. Februar – wie jedes Jahr – eine antifaschistische Demo gegen einen faschistische Gedenk-Fackelmarsch der Casa Pound im Bezirk Vallette statt.
Die antifaschistische Demo endet vor dem Gefängnis, wo die Gefangenen inhaftiert sind. Laut dem Communiqué war dies „ein herzlicher Gruss an alle Gefangenen und vor allem an die Gefährt*innen und Freund*innen, die seit einigen Tagen eingesperrt sind. Dabei fängt ein Schuppen im Gefängnishof durch einen glücklichen Zufall [laut Medien ein Molotov Cocktail] Feuer und wird zerstört.“
https://www.autistici.org/macerie/?p=33336

Zur praktischen Solidarität

Es wird viel Geld benötigt, es drohen lange Haftstrafen – mensch ist sehr dankbar für Solibeiträge an das folgende Konto:

Giulia Merlini e Pisano Marco
IBAN IT61Y0347501605CC0011856712
ABI 03475 CAB 01605
BIC INGBITD1

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Die Liste der Verhafteten der „Operazione Scintilla“:

  • Rizzo, Antonio
  • Salvato, Lorenzo
  • Ruggeri, Silvia
  • Volpacchio, Giada
  • Blasi, Niccolò
  • De Salvatore, Giuseppe

Ihr könnt den Gefangenen schreiben!

**Name der inhaftierten Person**
C.C. Lorusso e Cutugno
via Maria Adelaide Aglietta, 35,
10149 Torino TO
Italia

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LARRY, SILVIA, NICCO, BEPPE, GIADA E ANTONIO LIBER*!
SOLIDARITÄT MIT DEN GEFÄHRT*INNEN IN TURIN!
SOLIDARITÄT MIT DEM ASILO OCCUPATO!

P.S.

Es handelt sich hierbei um eine unvollständige Zusammenfassung der Ereignisse in Turin, teilweise frei übersetzt von den folgenden Quellen:

Wir sind alle Mittäter*innen

gefunden auf barrikade

Heute, Freitag 25. Januar 2019, wurden 15 der 18 Angeschuldigten im „Basel18“-Verfahren in Mittäterschaft wegen qualifizierter Sachbeschädigung, einfacher Körperverletzung, Landfriedensbruches, mehrfacher Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte und Verletzung der Verkehrsregeln schuldig gesprochen. Die absurden Strafmasse reichten von 20 Monaten bedingt auf 2 Jahre, bis zu 27 Monaten unbedingt. Damit folgten die drei Richter*innen des Strafgerichts Basel-Stadt in weiten Strecken den Strafforderungen der Staatsanwaltschaft. Dazu kamen bei einigen Personen noch 200.- Franken Busse wegen Verstosses gegen des Vermummungsverbot und einzelne Geldstrafen – zwischen 5 und 10 Tagessätzen – wegen Beschimpfung, Verstosses gegen das Waffengesetz, Hausfriedensbruchs oder Hinderung einer Amtshandlung.

Die Höhe der Strafen erscheint umso absurder vor dem Hintergrund, dass das Gericht diverse Anklagepunkte der Staatsanwaltschaft (wie mehrfache versuchte schwere Körperverletzung, Angriff oder Störung des öffentlichen Verkehrs) als nicht erfüllt ansah. Hauptursächlich dafür war, dass das Gericht an der umstrittenen Konstruktion der Mittäterschaft – alle sollen an allen Straftaten gleichermassen schuld sein – festhielt und diese verschärfte Auslegung in ihrem Urteil stützte. Dies obwohl keiner beschuldigten Person konkrete Taten zugeordnet werden konnten. Und darüber hinaus die Aussagen eines Hauptbelastungszeugen vom Gericht als nicht verwertbar erklärt wurden. Damit gab es für den angeblichen gemeinsamen Tatentschluss nun keinerlei Beweise mehr. Trotzdem war das Gericht der Meinung, dass aus den festgestellten Sachschäden und vorhandenen Videoaufnahmen klar ersichtlich sei, dass es sich um eine homogene Gruppe gehandelt habe, die von Anfang an das Ziel verfolgte, Sachbeschädigungen zu begehen und – im Falle einer Intervention der Polizei – diese anzugreifen. Auch, so das Gericht weiter, müssten in diesem Fall den beschuldigten Personen keine konkreten Tatbeiträge nachgewiesen werden können. Denn alle, die am Umzug teilgenommen haben sollen, hätten sich bereits durch das Mitlaufen und das angebliche ideologische Mittragen der Taten schuldig gemacht.

Wie schon die Staatsanwaltschaft schien auch das Gericht unbeeindruckt von der Tatsache, dass die Beweise für eine Beteiligung der einzelnen Personen an der Kundgebung vom 24. Juni dünn war. Für das Gericht schien die Schuld der 13 Personen, die an besagtem Abend in Basel verhaftet worden sind, ohnehin schon festzustehen. Wahlweise wurde dafür entweder mit DNA-Spuren auf beweglichen Gegenständen argumentiert, und wo es solche nicht gab, mit der vermeintlichen Zugehörigkeit zur linken Szene, mit Vermutungen aus den Polizeirapporten oder einer Liste mit verhafteten Personen und deren Verteidigung, die nach der Demo bei einer Hausdurchsuchung gefunden wurde.

Es gibt Millionen Wege, wie ein Gegenstand mit einer DNA-Spur an einen Ort gelangen kann. Selbst das Bundesgericht hat entschieden, dass ein DNA-Hit nicht als Beweis, sondern lediglich als Indiz dienen darf. Doch das schien das Gericht nicht weiter zu stören: Es verurteilte nebst den an diesem Abend verhafteten Personen auch noch gleich zwei weitere Menschen, von denen nichts anderes als DNA-Spuren an Alltagsgegenständen in der Nähe der Demonstrationsroute gefunden wurden. Einzig bei den drei Personen, die aufgrund der Tatsache angeklagt waren, dass sie einer anderen beschuldigten Person am betreffenden Tag eine SMS geschickt hatten, erfolgte ein Freispruch.

Nebst den horrenden Strafen kommen für die betroffenen Personen hohe Verhandlungkosten (in der Höhe von insgesamt rund 176‘000.- Franken), sowie Schadensersatzforderungen von über 141‘000.- Franken dazu. Das Gericht hat diese Forderungen gutgeheissen und die Beschuldigten zur solidarischen und unbeschränkten Begleichung verdonnert. Dies bedeutet, dass alle für die gesamten Schadensersatzforderungen aufkommen müssen. Sprich die Privatkläger*innen können sich einzelne Personen heraussuchen und diese mit der gesamten Schadenssumme belasten.

Demo nach der UrteilsverkündungDemo nach der Urteilsverkündung

Die ausgesprochenen Strafen verdeutlichen, dass es dem Gericht – wie schon der Staatsanwaltschaft – darum geht, ein politisches Netzwerk zu konstruieren, politischen Protest zu entpolitisieren und zu kriminalisieren. Einzelpersonen mit den härtesten möglichen Mitteln zu bestrafen, ist dabei eine klare Androhung an alle, die heute nicht vor Gericht standen: Wer sich dem autoritären System des Staates und seinen Gesetzen widersetzt, wird bestraft und weggesperrt!

Mit dieser düsteren Note endete heute der erste Akt in dem Trauerspiel zum provinzstädtlichen Rechtsverständnis. Mehrere Anwält*innen kündigten jedoch bereits während der Verhandlung an, dass sie gegen das Urteil in Berufung gehen wüden. Wir wünschen allen, die heute vor Gericht standen und denen, die das Verfahren weiter ziehen, viel Durchhaltevermögen…

Lassen wir uns davon nicht einschüchtern!

Solidarität mit allen Betroffenen!

Basel: Allein machen sie dich ein! Demo nach Prozessende

gefunden auf barrikade

Am Montag ist der vorerst letzte Prozesstag zum so genannten „Basel18“-Verfahren zu Ende gegangen. Ein Urteil wird in den kommenden Wochen bis Monaten erwartet.
Rund 80 Menschen haben die Angeklagten am frühen Abend solidarisch in Empfang genommen. Die Menge hat sich dann gemeinsam vom Strafgericht Richtung Untersuchungs- und Ausschaffungsgefängnis für Frauen (Waaghof) bewegt, in umgekehrter Richtung des verhandelten Umzugs vom Juni 2016 – eine Strecke, die laut Staatsanwaltschaft in punkto Öffentlichkeitswirksamkeit keinen Sinn machen würde… Wir sehen das anders!

Die Stimmung war laut und kämpferisch, trotz des strömenden Regens. Es wurde gekleistert, Wurfzettel wurden geworfen und vereinzelt Pyros gezündet. Vor dem Gefängnis angekommen, grüssten eine Feuerwerksbatterie und zahlreiche Parolen die Inhaftierten. Solidarität an dieser Stelle insbesondere auch mit den kürzlich bei einem Zellenbrand verletzten Gefangenen! Vor Ort wurde zudem eine Rede gehalten, in der einerseits über den Prozessverlauf informiert, andererseits eine allgemeine Gefängniskritik geübt wurde.
Die Demonstration konnte sich problemlos am Theater auflösen, die Bullen waren lediglich im Hintergrund präsent. Es kam nach unserem Kenntnisstand weder zu Kontrollen noch Verhaftungen.
Wir finden es wichtig, im Angesicht der Repression zusammen zu stehen und zu zeigen, dass wir die Betroffenen nicht alleine und uns nicht einschüchtern lassen. Solidarität ist eines der zentralen Werkzeuge im Kampf für eine andere Gesellschaft.

Freiheit für die Angeklagten – nieder mit der Gefängnisgesellschaft!

Während der Demo wurde auch der folgende Flyer verteilt:

Ein solidarischer Beitrag zum Prozess gegen die Basel18

Zur Justiz als Methode der Widerstandsbekämpfung

Bei der Demonstration am 24.6.2016 nahm sich eine Gruppe unbekannter Menschen entschlossen die Strasse. Die Route führte an staatlichen Institutionen wie dem Gericht vorbei, welches tagtäglich Menschen zu einem Leben hinter Gittern verurteilt. Am Büro der SVP, welche durch ihre Politik Menschen im Mittelmeer ertrinken lässt und Rassismus schürt. An der Helvetia-Versicherung, die Menschen aus ihren Wohnräumen verdrängt. Bei der Sicherheitsfirma Kroo-Security, welche mit der Überwachung und Sicherheitsmanie Profite macht. Mit Farbe und Steinen wurden deren Fassaden beschädigt: «Gegen Rassismus, Repression und Vertreibung» lautete die Parole. Auch die anrückende Polizei wurde von einigen mit Steinen auf Distanz gehalten.
Darauf folgte die Festnahme von vierzehn Personen, welche sich in der Nähe der Demoroute aufgehalten haben sollen. Fünf weitere Personen wurden später auf Grund von DNA-Spuren oder einer SMS angeklagt. Die Anordnung teilweise sehr langer Untersuchungshaft war der Beginn der Repression durch die Justizbehörden. Den Höhepunkt findet sie nun in den horrend hohen Forderungen von über 2 Jahren Freiheitsentzug für alle Beschuldigten. Es zeichnet sich ab, dass der Fall gegen die in Basel angeklagten Personen Signalwirkung haben und jedes zukünftige widerständige Handeln im Keim ersticken soll.

Die Entpolitisierung des Protests

Die Staatsanwaltschaft behauptet, dass die Demo im Juni 2016 aufgrund ihrer militanten Form nicht politisch sein kann. Die Angriffe auf staatliche Institutionen, Sicherheitsfirmen und grosse profitorientierte Firmen werden als sinnlose Gewaltakte dargestellt.
Den Versuch, Proteste wegen ihrer angeblichen Ausübung von Gewalt zu entpolitisieren, haben wir in exzessiver Form nach dem Widerstand gegen den G20-Gipfel in Hamburg erlebt. Auf den erfolgreichen G20-Protest folgte der Versuch von Medien, Politiker*innen und Ermittlungsbehörden die Deutungshoheit über G20 zurückzugewinnen. Die vielen Aktionen gegen den Gipfel wurden mit altbekannten Begriffen wie «Krawallant*innen», «Zerstörungswut», «bürgerkriegsähnlichen Zuständen» oder «Mob» diffamiert. Dies legitimierte im Nachgang zahlreiche Schläge gegen linke Strukturen: Hausdurchsuchungen, Online-Pranger, das Verbot von Indymedia und sehr harte Haftstrafen. Wie beabsichtigt, interessierte es plötzlich niemand mehr, gegen was sich der Protest eigentlich gerichtet hatte.

Im Fall von Basel geiferte zum Beispiel Christian Keller im Dezember 2017 in der BAZ, dass die «Krawallmacher (vom Juni 2016) nicht ungeschoren davonkommen werden» und dass das Basler Gericht «dem Beispiel ihrer Kolleg*innen in Hamburg folgen solle, die nach den massiven G20-Ausschreitungen im Sommer 2017 kein Pardon kannten.» In der Anklageschrift und im Plädoyer rechtfertigt die Staatsanwaltschaft die krassen Haftanträge dann mit Begriffen wie «Saubannerzug» oder «paramilitärisch organisierter Mob». Und vertuscht damit gleichzeitig die Gewalt, die von denjenigen ausgeht, gegen die sich der Protest richtete.

Es lässt sich jedoch nicht bestreiten, dass es sich damals um eine entschlossene widerständige Aktion handelte. Sie richtete sich ausschliesslich gegen Institutionen, die an der Aufrechterhaltung der bestehenden Machtverhältnisse interessiert und beteiligt sind. Wie auch immer die eigene Haltung gegenüber Gewalt als Mittel ist, so müssen ebendiese Institutionen auf die eine oder andere Weise angegangen werden, wenn der Wunsch nach einer Umwälzung dieser Machtverhältnisse besteht. Es kann durchaus Sinn machen, mit Farbe und Steinen die Fassaden jener Institutionen und Unternehmen zu beschädigen, welche tagtäglich Gewalt gegenüber Menschen zu verantworten haben. Welche Menschen einsperren, aus Armut Profit schlagen, Leute aus ihrem Wohnraum verdrängen oder sich dem Schutz und der Vermehrung von Privateigentum verschrieben haben.
Dank einer breiten Solidarisierung mit den Basel 18 so wie auch zum Teil starken politischen Plädoyers der Verteidigung konnte dieser Entpolitisierung auch tatsächlich etwas entgegengehalten werden.

Kollektive Strafen aufgrund politischer Gesinnung

Obwohl die Staatsanwaltschaft versucht, die politische Motivation der Demo im Juni 2016 als Maskerade abzutun, durchleuchtet sie die politische Haltung der Angeklagten. Die Tat und die gewählten Mittel seien unpolitisch, die Täter*innen jedoch politisch motiviert.
Es wird eine Gruppe konstruiert, welche «gezielt, koordiniert und arbeitsteilig» die Demo organisiert hätte; in sogenannter Mittäter*innenschaft. Da aber keinerlei Beweise für eine koordinierte Durchführung vorliegen, reiht sich eine haltlose Behauptung an die nächste. Massgebend für die erzählte Geschichte ist die politische Zuordnung der Angeklagten. So wird ein anarchistischer Sticker im Zimmer zu einem Beweis für die Bereitschaft zur Tat.
Die Beschuldigten sollen vor allem aufgrund der Persönlichkeit und Gesinnung verurteilt werden, die Tat und ihr Beweis selbst werden zur Nebensache. Diese Methode wird Täter*innenstrafrecht genannt und ist von totalitären Systemen her bekannt.
Ginge es nach der Stawa, soll es in Zukunft reichen, an einer Demo beteiligt zu sein, um z.B. für Sachbeschädigungen bestraft werden zu können. So sollen Menschen davon abgehalten werden überhaupt auf die Strasse zu gehen und ihrer Meinung und Kritik öffentlich Ausdruck zu verleihen. Denn wer weiss, vielleicht könnte bei der Demo ja eine Scheibe eingeschlagen oder ein Hauswand versprayt werden.

Spaltung zur Bekämpfung aufständischer Bewegungen

Eine weitere Funktion der Aufstandsbekämpfung durch Kriminalisierung und Entpolitisierung besteht in der Förderung von Spaltungstendenzen innerhalb linker Bewegungen. Medien, Politiker*innen oder eben auch die Justiz massen sich immer wieder an, verschiedene Protestformen in legitim und illegitim einzuteilen.
Ein Beispiel dafür ist die Berichterstattung zu den Climate Games in Basel im Sommer 2018. Dabei war in der Tageswoche die Behauptung zu lesen, dass sich die weissen Anzüge der Klimaaktivist*innen als Abgrenzung zum sogenannten Schwarzen Block verstünden. Dies impliziert, dass beides klar eingrenzbare, konkurrierende Gruppierungen seien. Dabei handelt es sich sowohl bei den weissen Anzügen wie auch bei der schwarzen Vermummung um eine strategische Reaktion auf die Verschärfung der Repression durch Videoüberwachungen und mobile Kameras bei Polizeieinsätzen.

Doch wir sollten auf der Hut sein, wenn die Medien oder die Politik unsere Methoden beurteilen. Es wurde in der Vergangenheit politischen Bewegungen schon viel zu oft durch Spaltung und Vereinnahmungen der Wind aus den Segeln genommen. Die Trennlinie sollte nicht anhand der Gewaltfrage gezogen werden. Vielmehr sollten wir uns in Austausch und Auseinandersetzung miteinander solidarisieren und gegenseitig konstruktiv kritisieren. Wir sollten unsere Gemeinsamkeit in dem Bestreben nach einer Umwälzung und im Widerstand gegen jene suchen, die die bestehenden Machtverhältnisse stützen und ausweiten.

Der Prozess gegen die Basel 18 ist somit gegen uns alle kämpferischen und solidarischen Menschen gerichtet! Doch wir lassen uns weder unsere Inhalte, unseren Mut noch unseren Widerstand nehmen! Auf, jetzt erst recht!


Anm. Weitere Berichte von den einzelnen Prozesstagen findet ihr hier.