Das Schreiben, welches auch an die Medien gesendet wurde:
Dass alle das Bild von brennenden Bullenkarren verstehen können, ist der beste Weg, um zu erklären, was wir tun.
In der Nacht vom 13. auf den 14. September 2018 haben wir einige Bullenkarren auf dem Parkplatz der Bullenstation in Offenbach am Main in Brand gesetzt.
Ja, das ist ein Angriff auf die Polizei. Das ist ein Angriff auf die Macht des Staates, die die Polizei repräsentiert. Das ist ein Angriff gegen die Ordnungsmacht, die für viele Menschen tägliche Demütigung, Gewalt und Ausschluss bedeutet.
In Offenbach hassen viele Menschen die Polizei.
Du hängst am Main herum, ein Bullenauto fährt langsam vorbei. Es hält an. Zwei Bullen steigen aus. „Papiere!“ Wenn du keine hast, nehmen sie dich mit. Wenn du fragst, weshalb deine ID kontrolliert wird, nehmen sie dich mit. Wenn du fragst, warum all das passiert und du dich weigerst, ins Auto einzusteigen, wirst du einen gut trainierten Schmerzgriff zu spüren bekommen. Handschellen. Auf dem Posten bist du ihnen komplett ausgeliefert ohne jegliche Öffentlichkeit… Später erhälst du eine Vorladung vom Staatsanwalt: Widerstand gegen Staatsbeamte. Maximale Haftstrafe: 3 Jahre! Wieso und was soll getan werden, du weisst es immer noch nicht.
Du schmeisst eine Party – sie kommen mit einer grossen Gruppe angerauscht, stürzen sich auf die Menschen und sprayen Pfeffer herum.
Du rennst durch die Stadt – sie kontrollieren dich, schikanieren dich vor aller Öffentlichkeit, beschimpfen dich, verhaften dich.
Du musst in Offenbach nicht weit suchen gehen, um eine Menge an Menschen zu finden, die dir solche Geschichten erzählen können.
Polizeigewalt, das sind nicht die Taten einer kleinen Minderheit, die aus der Reihe tanzt. Es ist das Resultat eines Systems, das auf dem staatlichen Gewaltmonopol aufbaut, das Sicherheit für sich selbst und sein Eigentum gewährleistet.
Wir nehmen an, dass die gleichen Schreiköpfe sich wie immer mit Unverständnis über diesen Angriff aufregen und ihre Köpfe ungläubig schütteln werden. Auf der anderen Seite finden wir eine
Gesellschaft, die schweigt. Eine Gesellschaft, die ausbeutet, kriminialisiert, einschränkt und ausgrenzt, bloss um ihren eigenen Status, die eigenen kleinen Privilegien zu sichern. Das Schweigen führt in grossen Schritten zu einem Polizeistaat.
Vor ungefähr einem Jahr zwangen die Bullen die Internetplattform linksunten.indymedia.org, offline zu gehen. Mit völlig absurden juristischen Fabrikationen wurde ein umfangreiches Projekt der unabhänigen Berichterstattung zerstört und mit ihm die Möglichkeit der freien Meinungsäusserung.
Die Autoritäten haben verstanden, dass sich das neue Feld der sozialen Unterdrückung im Internet befindet. Unerwünschte Informationen müssen kontrolliert und verbannt werden; der Zugang zu nicht-konformem Inhalt so schwierig wie möglich gestaltet werden. Für viele mag der Kampf ums Bewusstsein all der Smartphone-Besessenen schon lange verloren sein. Für die Polizei fängt er gerade erst an.
Es waren die Bullen, die hier in Offenbach und Frankfurt Ende Juni vier Menschen verhafteten, weil diese angeblich an den Protesten gegen den G20-Gipfel 2017 in Hamburg teilgenommen hätten.
Es waren die Bullen, die Oury Jalloh getötet haben. Es waren die Bullen, die Halim Dener getötet haben. Es waren die Bullen, die Christy Schwundeck getötet haben.
Es gibt Bullen, die in den Hambacher Forst in der Nähe von Köln einfallen. Sie kriminalisieren legitimen Protest gegen Europas grössten Braunkohletagbau, von dem einzig der Energieriese RWE profitiert. Bullen verletzen Menschen, zerstören die Umwelt und räumen mit Gewalt Menschen aus ihren Häusern.
Es gibt Bullen, die zunehmend die Medienlandschaft beeinflussen. Sie bemühen sich, das Narrativ zu kontrollieren, indem sie fragwürdige und falsche Meldungen via Soziale Medien posten, die dann von den Mainstream Medien umgehend und fraglos verbreitet werden.
Es gibt Bullen, die Menschen verhaften, um sie abzuschieben, was diese oftmals der Inhaftierung, der Folter und dem Tod ausliefert.
Die neuen Polizeigesetze werden Bullen sein,
die dich in Ketten legen werden,
die mich inhaftieren, weil sie vermuten, ich könnte eines Tages das Gesetz brechen,
die ohne einen richterlichen Beschluss unsere Telefon- und E-Mail-Kommunikation überwachen und manipulieren,
die dir verbieten werden, mich zu kontaktieren.
Wir werden nicht warten, bis weitere von uns verhaftet, abgeschoben oder traumatisiert werden durch das tägliche Racial Profiling.
Grüsse an die Gefährt*innen im Hambacher Forst und in den Knästen! Haltet durch!
Fight Law and Order!
Freiheit entsteht als kämpfende Bewegung!