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Berlin: Farbe und Steine auf Senatsverwaltung für Integration

gefunden auf linksunten

Eingeschlagene Scheibe - Symbolbild

Wir haben in der Nacht von Freitag auf Samstag die Berliner Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales in der Oranienstraße mit Farbe und Steinen angegriffen. Auch diese Behörde ist mit verantwortlich für das Chaos rund ums LAGeSo, in dem Geflüchtete zum Spielball der Politik werden.

Das es staatlicherseits kein Interesse an einer menschenwürdigen Lösung im Umgang mit Geflüchteten gibt, ist offensichtlich, stattdessen werden sie gegeneinander ausgespielt und sind den Zuständen in den Massenunterkünften ausgesetzt.
Die freiwillige Hilfe, durch Klamotten und Essenspenden, wird von der Stadt dankend angenommen, auch weil so die Verantwortung abgegeben werden kann und es nicht Gefahr läuft, dass Menschen allzu offiziell an „mangelnder Hilfe“ verrecken müssen.

Jegliche Organisierungsansätze von unten die darüber hinausgehen, werden jedoch im Keim erstickt. Allzu unangenehm wurde es für den Senat, als am O-Platz die Kämpfe sichtbar und die Fragen anders gestellt wurden. Denn Geflüchtete sollen dankbar die Hand hinhalten, als handelnde Subjekte möchte man sie jedoch nicht sehen, denn dann werden auch die Konflikte deutlich, die den sozialen Frieden in diesem Land in Frage stellen würden.

Deswegen wundert es nicht, dass auf jegliche Bemühungen selbstorganisiert die Initiative zu ergreifen sofort mit dem Bullenknüppel reagiert wird.
Trotzdem begrüßen wir alle Arten von Besetzungsversuche und hoffen, dass irgendwann die Berliner Linie geknackt werden kann.
Bis dahin halten wir Sachschaden und Angriffe auf Verantwortliche für eine adäquate Antwort!

Die wichtigsten Fragen zur Flüchtlingskrise

gefunden auf tagesanzeiger

EU und Türkei haben sich geeinigt. Worin besteht die neue Strategie? Und was bringt sie?

Türkei und EU im Geschäft: Der türkische Premier Ahmet Davutoglu (l.) und EU-Ratspräsident Donald Tusk (r.) an der Pressekonferenz gestern in Brüssel.

Welches sind die wichtigsten Punkte des Abkommens zwischen der Türkei und der EU, um die Zahl der nach Europa reisenden Flüchtlinge zu begrenzen?
Die EU bezahlt zunächst 3 Milliarden Euro an die Türkei. Das Geld soll verwendet werden, um die «sozioökonomische» Lage der in der Türkei lebenden Flüchtlinge zu verbessern. Ausserdem verspricht die EU Visaerleichterungen für türkische Staatsbürger sowie eine Intensivierung der EU-Beitrittsverhandlungen. Laut der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» denken die europäischen Staats- und Regierungschefs ferner darüber nach, jährlich ein Kontingent von Flüchtlingen aus der Türkei einreisen zu lassen; die deutsche Zeitung nennt eine Zahl «in der Grössenordnung von 400’000 Personen». Im Gegenzug will die Türkei ihre Grenzen besser sichern, insbesondere diejenige zu Griechenland. Ausserdem sollen Schlepperbanden intensiver bekämpft werden. Es wird auch angestrebt, dass die Türkei ab Juni 2016 ein Rücknahmeabkommen umsetzt, das es der EU erlauben würde, nachweislich über die Türkei eingereiste illegale Migranten zurückzuschaffen.

Lässt sich die Ägäis überhaupt abriegeln?
Die zerklüftete, rund tausend Kilometer lange Ägäisküste mit all ihren Buchten und den zahlreichen in Küstennähe gelegenen griechischen Inseln lässt sich mit Sicherheit nicht vollständig kontrollieren. Dennoch wäre die Türkei wahrscheinlich sehr wohl in der Lage, die Zahl der Flüchtlinge in die EU zu senken – nämlich dann, wenn Migranten bereits an Land an ihrer Weiterreise gehindert und zusätzlich die Grenze zwischen der Türkei und Syrien besser kontrolliert oder geschlossen würde.

Falls die Flucht über die Ägäis schwieriger wird – gibt es Ausweichrouten?
Die Erfahrung zeigt, dass Schlepper sehr kreativ sind und in kurzer Zeit neue Routen zu erschliessen versuchen. Eine denkbare Ausweichroute wäre etwa diejenige über das Schwarze Meer nach Bulgarien oder Rumänien und dann weiter nach Mitteleuropa. Sie ist aber länger und gefährlicher als die Balkanroute. Vor kurzem haben bulgarische Grenzwächter einen afghanischen Flüchtling erschossen.

Ist die EU vor dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan eingeknickt?
Ja. Erdogan kann nun die Rolle des migrationspolitischen Schleusenwärters, die ihm dank der geografischen Rolle seines Landes zukommt, konsequent ausnutzen. Insbesondere der von der Flüchtlingskrise stark betroffenen deutschen Regierung bleibt aus pragmatischen Gründen nicht viel anderes übrig, als dem zunehmend autoritär agierenden Erdogan entgegenzukommen. Durch die Flüchtlingskrise werden die Lage der Menschenrechte in der Türkei sowie der neu entflammte Krieg der türkischen Regierung gegen die kurdische PKK aus europäischer Sicht in den Hintergrund rücken. Als ob Erdogan seine Unbekümmertheit gegenüber den sogenannten europäischen Werten demonstrieren wollte, wurden kurz vor dem Flüchtlingsgipfel zwischen der Türkei und der EU zwei Journalisten des linksliberalen türkischen Blattes «Cumhuriyet» wegen Verrat und Spionage verhaftet. Sie hatten Dokumente publiziert, die darauf hindeuten, dass der türkische Geheimdienst Waffen an islamistische Extremisten in Syrien geliefert hat.

Ist die Haltung der EU verwerflich?
Nicht verwerflicher als etwa die jahrelange Vorzugsbehandlung des früheren libyschen Diktators Muammar al-Ghadhafi, dessen Regime ebenfalls dafür sorgte, dass möglichst wenige Flüchtlinge aus Afrika auf das europäische Festland übersetzten.

Lässt sich die EU von der Türkei erpressen?
Die EU und insbesondere Deutschland haben ein vitales Interesse daran, dass die Zahl der Flüchtlinge aus dem Nahen Osten schnell sinkt. Zumindest kurzfristig sitzt Erdogan deshalb am längeren Hebel. Allerdings hat auch er ein grosses ökonomisches Interesse daran, die Beziehungen zur Europäischen Union zu normalisieren, zumal sich die Spannungen zum wichtigen Handelspartner Russland nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets dramatisch verschlechtert haben.

Wie hat die türkische Öffentlichkeit den Pakt zwischen der EU und Erdogan aufgenommen?
Laut dem TA-Korrespondenten Mike Szymanski bezeichnen regierungsnahe Zeitungen das Abkommen als Triumph für die Türkei. Bis spätestens 2020 werde die EU gezwungen sein, der Türkei die Vollmitgliedschaft «auf dem Silbertablett» zu präsentieren.

Was verändert sich nun für die Flüchtlinge aus dem Nahen Osten, die sich bereits in der Türkei aufhalten?
Von den 2,2 Millionen Flüchtlingen in der Türkei befinden sich rund 300’000 in Flüchtlingslagern. Die anderen versuchen, sich sonst wie durchzuschlagen, viele arbeiten illegal. Szymanski zufolge sind die Zustände in den Lagern, verglichen mit denjenigen in arabischen Ländern wie Jordanien oder dem Jemen, relativ gut. Sollte die türkische Regierung aufgrund des Abkommens den Zugang zum Arbeitsmarkt öffnen, könnte der Anreiz für die Flüchtlinge, nach Europa weiterzuziehen, durchaus nachlassen. Allerdings werden jene Flüchtlinge, die während der letzten Monate nach Deutschland, Österreich oder Schweden gelangt sind, alles daran setzen, in der Türkei verbliebene Familienangehörige nachzuholen.

(…)

Ist die Flüchtlingskrise jetzt zu Ende?
Nein, sie ist bestenfalls entschärft. Solange im Nahen Osten Krieg herrscht und das globale Reichtumsgefälle bestehen bleibt, wird der Migrationsdruck auf Europa anhalten. Ausserdem besteht der Pakt zwischen Türkei und EU vorwiegend aus Absichtserklärungen. Ob und wann sie konkret umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Gegenwärtig ist noch nicht einmal klar, woher genau die von der EU versprochenen 3 Milliarden Euro stammen sollen.

Paris: Trotz Ausnahmezustand; Demo in Solidarität mit den Migrant_innen und gegen den Ausnahmezustand

übersetzt von brèves du désordre

nation_brûle

Die Demonstration in Solidarität mit den Flüchtlingen wurde schon seit Wochen von den üblichen Erpressern der Linken auf den 22. November angekündigt. Angesichts des Verbots von allen Demonstrationen an öffentlichen Orten in der île-de-France (Region um Paris) durch den „Ausnahmezustand“ widerrief die Mehrheit der unterzeichnenden Lumpen ihren Aufruf: (LDH, Gisti, Mouvement Utopia, PCF, EELV, Solidaire, RESF, Front de Gauche, CGT, etc.). Umso besser. Sie stellten sich klar an die kakibraune Seite des Staates, wie dies ihre Rolle als Mediatoren der sozialen Konfliktualität erfordert. Nicht umsonst wurden sie bereits regelmässig angegriffen und als das bezeichnet,was sie sind: Rekuperateure und Friedensstifter, was sie ein weiteres Mal unter Beweis stellten, indem sie sich der ekelhaften nationalen Einheit anschlossen. Andere Organisationen der extremen Linken wie die AL oder die NPA kündigten an, die Demo in eine „blosse Präsenz auf dem Platz“ zu verwandeln. Trotz ihnen, dem Klima und trotz dem staatlichen Verbot sind mehrere hundert Personen zur dieser Demo gegen den Ausnahmezustand gekommen.

Zusammengefasster Bericht der Demo:

Die Demo in Solidarität mit den Migrant_innen wurde für den 22. November auf 15 Uhr, place de la Bastille, angekündigt. An verschiedenen Stellen versammelte sich die Menge und Parolen wie „Luft, Luft, öffnet die Grenzen!“ waren zu hören. Gegen 15.45 Uhr regten einige Personen (Anarchisten und andere) dazu auf, als wilde Demonstration aufzubrechen. Ein Transparent wurde ausgerollt. Es gab gewisse Zwifel, ob man zahlenmässig genug ist, um sich zu bewegen. Dennoch scheinen nicht wenige, motiviert für die Demo zu sein. Die Anti-Riot Bullen versuchen die Demo zu blockieren, während ein Teil der Menschen statisch auf der place de la Bastille verharrt. Die Bullen können umgangen, und die Demo unter Schreien wie „So-So-Solidarität mit den Flüchtlingen“ oder „mit den Sans-Papiers“ (mit der Idee, sich mit allen Sans-Papiers, also auch denen, die nicht vom Status des Flüchtlings profitieren, zu solidarisieren) fortgesetzt werden. Für viele scheint es eine Notwendigkeit, dem Ausnahmezustand zu trotzen, auch wenn die Bullen immer wieder versuchen, uns zu stoppen.

Schläge werden ausgetauscht, die Bullen gasen in die Menge, die Projektile fliegen jedes Mal zurück, wir verteilen für die Freunde und Freundinnen, denen die Augen brennen, eine Salzlösung, die Parolen vermehren sich („Ausnahmezustand = Polizeistaat“ und „Bullen, Schweine, Mörder“).

Auf dem place de la République angekommen, rufen wir „Freiheit“ wie die in den Zentren eingesperrten Migrant_innen, auch um zu zeigen, dass die Schliessung der Grenze alles andere als eine Lösung ist und blockieren weiterhin den Verkehr.

Es gab schon und wird auch weiterhin verbotene Demonstrationen geben. Lassen wir den Kopf nicht hängen. Die Zeit ist schwierig, kompliziert, hart und gerade deswegen ist es wichtig, weiterzukämpfen.

Die Polizei gab im Anschluss die Namen von 58 Personen, die sich dem Verbot der Demonstration widersetzten, an die Staatsanwaltschaft weiter.

 

Zusammenstösse zwischen Migranten und der Polizei an der griechisch-mazedonischen Grenze

übersetzt und gekürzt von telegraph

Gewalttätige Zusammenstösse brachen an der griechisch-mazedonischen Grenze aus, als hunderte Migranten versuchten, sich durch die mazedonische Polizei und Armee durchzudrängen.

Die Migranten, wütend, dass sie seit Wochen in Idomeni festsitzen, warfen Steine und Flaschen auf die mazedonische Polizei und zogen den Stacheldraht, der die Grenze markiert, weg. Die Polizei antwortete mit Plastikgeschossen. Mehrere Migranten konnten die Polizeilinie umgehen und nach Mazedonien rennen. Mindestens ein Dutzend wurde jeodch wieder eingefangen und nach Griechenland zurückgebracht.

(…)

Tausende Migranten, die nicht aus Syrien, Afghanistan und dem Irak kommen, bleiben seit Tagen auf der griechischen Seite der Grenze hängen, da Slovenien, Kroatien, Serbien und Mazedonien angekündigt haben, keine weiteren „Wirtschaftsflüchtlinge“ zu akzeptieren. Syrern, Afghanen und Irakern ist es weiterhin erlaubt, die Grenze bei Idomeni zu passieren, was Wut unter Menschen anderer Nationalitäten verursacht.

(…)

In den letzten Wochen kam es immer wieder zu Protesten. Die heutige Konfrontation markiert jedoch eine erste Eskalation der Situation. Am Montag nähte sich eine kleine Gruppe Iraner ihre Lippen zusammen, um in einem leisen Protest aufzuzeigen, dass niemand ihre Probleme hört. Ein kleines Camp, ähnlich dem von Calais, hat sich an der Grenze gebildet; Migranten schlafen in kleinen Zelten und verbrennen Bäume und Müll, um in der Nacht warm zu behalten. Die UNHCR und andere NGO stellen Hilfsmittel zur Verfügung.

„Es ist purer Rassimsus: einige Nationalitäten durchzulassen und andere nicht.“

„Wir wollen, dass die Führer der EU Kenntnis nehmen: sie sollen sehen, wie Menschen hier schlafen, wie wir leben. Das Wetter wird jeden Tag kälter. Die Menschen leiden wirklich. Sie versuchen, ihre Wut auszudrücken, wie sie sich fühlen.“

„Ich bin wütend auf die Polizei.“

„Meinem Freund wurde ein Zahn ausgeschlagen. Ich bin sehr wütend aber auch sehr traurig. Ich will einfach nach Frankreich gehen, wo meine Familie lebt, wo mein Leben ist.“

Bis zu seinem Tod, der Staat bleibt unser Feind!

übersetzt aus Séditions Nr.5 – Journal anarchiste apériodique de Besancon et de ses environs
(erschienen am 04.11.15)

Tag für Tag perfektioniert der Staat seine Mittel zur Kontrolle und Überwachung der Bevölkerung (wachsende Anzahl Kameras, Inbetriebnahme von neuen biometrischen und mit Chip versehenen Papieren, Drohnen, DNA-Erfassung…). Die technologischen Mittel, die der Staat auf uns alle anwendet, sind eine Illustration seiner Angst von Revolten, die das friedsame Leben der Dominierenden erschüttern könnte. Zu allen Zeiten in der Geschichte hat die Herrschaft mit dem Schreckgespenst des inneren Feindes gedroht – das sie benutzt, um den Bürgern Angst zu machen und ihre Unterstützung zu gewinnen – mit dem Ziel, seine eigene Sicherheit auszubauen, anders gesagt der Schutz der sozialen Ordnung. Heute ist es der „bärtige Islamist“ (auch als Einzelner), der ihr als Schreckensbild dient, um niederträchtige Gesetze in Windeseile zu erlassen. Man kann daher seit anfang Januar und dem Attentat auf „Charlie Hebdo“ (das bereits in der 2. Ausgabe von „Séditions“ angeführt wurde) von antiterroristischen Gesetzen sprechen. Am 18. September zahlte ein Betrüger, der sich auf einem Zug auf der Toilette einsperrte, um nach Paris zu gelangen, den Preis für den Staatsterrorismus: Hunderte Bullen mit einem Helikopter griffen ein, um den Bahnhof von Rotterdam zu evakuieren. Der Zugverkehr wurde ebenfalls blockiert. Das verübte Verbrechen: Der Wille gratis zu reisen, ohne durch den Schalter zu gehen! Anders gesagt ist dies ein perfektes Abbild dieses Krieges gegen die Armen. Mitte Oktober weitete der Staat – im rechtlichen Rahmen – die Befugnisse der Bullen und den Milizen des Transports (SNCF, RATP) aus: Gepäckkontrollen, „Sicherheitsabtastungen“, Durchsuchungen werden für sie leider möglich. Bis anhin konnten Polizisten und Gendarmen Gepäck von Passagieren nur im Falle eines erwiesenen „Delikts“ durchsuchen und auch dies nur mit der Einwilligung der Passagiere. Und wenn du dich den Befehlen der Ordnungshüter nicht beugst, wird dir der Zugang zum Zug verwehrt. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Repressionsorganen wird ausgebaut, wie dies die Übungen bezeugen, bei der Sicherheitsagenten der SNCF bei den Soldaten lernten, wie Widerspenstige besser gebändigt werden können. Bald wird der Staat die Nutzung von Drohnen ausbauen, um die Überwachung sogenannt „sensibler“ Infrastruktur zu vergrössern (die Gendarmerie wird die erste sein, der dies zur Verfügung gestellt wird). Die SNCF plant bereits dessen Nutzung in der Nacht ein, um gegen die Sabotagen auf den tausenden Kilometern der Bahnstrecken anzukämpfen, die derart neuralgische Punkte für das reibungslose Funktionieren des Warenverkehrs, sowohl menschlich wie materiell, darstellen.

All die unzähligen Mittel zur Überwachung sind eng mit dem Krieg verbunden, den der Staat gegen die Migranten führt.

Am letzten 12. September ruften internationalistische Aktivisten zu einer Versmmlung zum Empfang von Flüchtlingen in Besançon auf (ausgerechnet unter dem Slogan „Flüchtlinge willkommen“). Zuerst ist es wichtig sich zu erinnern, dass derjenige, der als „Flüchtling“ anerkannt ist, von einem Kriegsland kommt, das der („Aufnahme-“) Staat als solches anerkennt. Er ist es, der entscheidet, ob dieser oder jener Migrant den Status („des politisches Asyls“ oder „des Flüchtlings“) verdient hat oder eben nicht. Und diese Mission der Sortierung wird, unter anderen, den karitativen Organisationen (Emmaüs, Rotes Kreuz, etc…) überlassen. Diese Status, die von vorne bis hinten vom Staat konstruiert sind, versuchen zwischen den Migranten bei ihrer Suche nach diesem verdammten Stück Papier, Spaltungen hervorzurufen. Der Erhalt dieses Passierscheins („laissez-passer“) kann nicht als ein Ziel an sich verstanden werden. Als Anarchisten sind wir für das Ende mit allen Staaten und ihren Papieren, ihren fiktiven und realen Schranken, die die Dominierenden zwischen den Menschen auf der ganzen Welt errichten.

Die Angst des Staates liegt im Übrigen im unkontrollierbarem Aspekt der Immigration: Die Mission der Registrierung von Migranten durch die uniformierten Militärs und Humanitären, ihre europäische Koordination durch die Agentur FRONTEX sind da, um dem zu begnegen.

So ist es auch keine Überraschung, dass dieser Aufruf zur Versammlung leicht von der lokalen Macht rekuperiert werden konnte (in ihrer Zeitung nimmt der Bürgermeister der PS (Parti Socialiste) diese Mobilisierung mit einer Prise Chauvinismus auf sein Konto). Was gibt es letztendlich normaleres, als die „Aktivisten“, die sich auf das gleiche Spielfeld wie die Macht begeben. Der Staat und die Bürgermeisterämter gehen noch weiter, indem sie verkünden, eine limitierte Anzahl Migranten, Opfer des vom IS auferlegten Terrors, aufzunehmen. Der Staat ruft die Bürger zur Wohltätigkeit auf und verwandelt sie so in karitative Freiwilligenarbeiter. Der Migrant wird als Opfer und abhängiges Wesen betrachtet, den es in die Gesellschaft zu integrieren und produktiv zu machen gilt. Diese Quoten sind offensichtlich nichts anderes als selektive Immigration: Sie stellen sich den Plänen der Staaten bei, denn es handelt sich um die Suche nach Arbeitskräften im technischen Sektor wie der Informatik (in Deutschland hat die Regierung bereits angekündigt, syrische Migranten für ihre grossen Kompetenzen und Kenntnisse in diesem Bereich zu regularisieren). Dennoch hat die Abschiebemaschine des Staates noch nie so gut funktioniert: Razzien in Zusammenarbeit zwischen Kontrolleuren und Sicherheitsbeamten der SNCF, Grenzpolizei, etc… ; Sans-Papiers, die mit Gewalt in die Charterflüge von Air France gepresst werden; Abschiebeverfahren gegen Familien und ihre Kinder (eingeschult oder nicht, wen kümmerts!) sind hierbei alltägliche Vorführungen. Die Bullen und Funktionäre bekämpfen diejenigen, die sich auf irgendeine Art über den Staat und seine Gesetzen hinwegsetzen; die, wie viele andere – immer mehr, mit oder ohne Papiere – keine andere Wahl haben als die Illegalität, um zu überleben…

Die Sans-Papiers durch das Sammeln von Kleidern, Nahrung und kleinen Geldbeiträgen während den Konzertabenden zu unterstützen, ist gewiss lobenswert, doch was ist unsere Haltung gegenüber den Institutionen, die an ihrer Sortierung, ihren Abschiebungen, ihrer Einsperrung mitwirken? Lässt man sie weiter im Frieden oder nimmt man das Problem in die Hände und greift sie an? Hier tuen sich die unerschütterlichen Gräben zwischen jenen auf, die die Fundamente dieser Welt in einer revolutionären Perspektive durchbrechen wollen und denen, die das Existierende erträglicher machen wollen und es somit erhalten. Die Selbstorganisation unter den Beherrschten (Unterkunft, Nahrung, das alltägliche Durchschlagen betreffend) ist sicherlich mehr als notwendig, doch macht sie nur Sinn, wenn sie gleichzeitig von offensiven Praktiken gegen die Strukturen der Macht, die unterdrücken, einsperren, abschieben und mit allen aufräumt, die als schädlich oder überflüssig für den Vormarsch des Kapitalismus und die Stabilität des Staats betrachtet werden, begleitet ist.

Um auf diese Versammlung zurückzukommen, einige Anarchisten waren dennoch anwesend, um einen Flyer mit dem Titel „Weder Staat noch Wohltätigkeit – aktive Solidarität mit allen Sans-Papiers“ zu verteilen, um einen anderen Klang als derjenige der Organisationen der extremen Linken, die ihre politischen Programme verteilten, beizusteuern.

Der verteilte Flyer auf französisch und englisch

Lesbos, Griechenland: Zweifacher Angriff gegen Syriza und kaputte Banken

übersetzt von contra info

In der Nacht des 17. Novembers 2015 attackierten wir das Büro von Syriza in Mytilini mit Steinen und Farbe. Gleichzeitig beschädigten wir Filialen der Eurobank, Alpha Bank, Piraeus Bank und der griechischen Nationalbank.

Am nächsten Tag führten wir als Antwort auf das Verschweigen des Vorfalls der vorangehenden Nacht einen zweiten Angriff auf das Büro von Syriza durch.

Unsere Gründe für die Angriffe sind offensichtlich. SYRIZA, als herrschende Partei mit entsprechenden Praktiken bei Fragen der Immigration, Wirtschaft und Repression, genaugleich wie Banken, als zentrales Zahnrad im Kapitalismus, werden IMMER zu unseren Zielen gehören.

BIS ZUM ENDE DER STAATEN, BIS DA KEINE GRENZEN MEHR SIND!

LANG LEBE DIE ANARCHIE!

Idomeni, Griechenland: Hungerstreik

übersetzt von clandestina

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Ein Iraner hat sich sein Mund zugenäht. Die genaue Anzhal von Migrant_innen, die am Hungersteik teilnehmen, ist immer noch unklar. Zwischen 1500 und 2000 Migrant_innen ist es nicht erlaubt, die Grenze zu passieren.

von Tagesanzeiger

Flüchtlinge in Griechenland nähen sich den Mund zu

Seit Tagen harren sie im Niemandsland an der Grenze zu Mazedonien aus: Mehrere Männer protestieren und drohen mit Hungerstreik.

Aus Protest gegen den Flüchtlingsstau an der griechisch-mazedonischen Grenze haben sich am Montag mindestens fünf Flüchtlinge den Mund zugenäht. Die Männer stammen nach eigenen Angaben aus dem Iran und harren schon seit Freitag zusammen mit hunderten anderen Flüchtlingen auf den Bahngleisen im Niemandsland zwischen Griechenland und Mazedonien aus. Sie nähten mit einem Faden ihre Lippen zusammen und schrieben sich auf Englisch die Worte «Nur Freiheit» und «Iran» auf Brust und Stirn. Sie drohten zudem mit einem Hungerstreik.

Die Balkanländer Mazedonien, Serbien und Kroatien hatten am Donnerstag damit begonnen, nur noch Flüchtlinge aus bestimmten Konfliktgebieten einreisen zu lassen. Die Grenze passieren durften seither nur noch Syrer, Afghanen und Iraker. Sogenannte Wirtschaftsmigranten werden hingegen abgewiesen. Am griechischen Grenzübergang Idomeni strandeten daraufhin mehr als tausend Menschen – vorwiegend aus Pakistan, Iran, Marokko, Bangladesh und Algerien -, denen die Einreise verweigert wurde.

Mazedonien, Serbien und Kroatien liegen auf der sogenannten Balkanroute, über die hunderttausende Menschen in EU-Länder fliehen. Ein Grossteil von ihnen will nach Deutschland weiter reisen. Besonders viele Menschen kommen aus dem Bürgerkriegsland Syrien und den Konfliktgebieten Irak und Afghanistan. Aber auch Flüchtlinge aus Afrika wie etwa aus dem autoritär regierten Eritrea wollen in Europa ein neues Leben beginnen.

Prag, Tschechien: Tags bei der ungarischen Botschaft

übersetzt von sanspapiernifrontieres

Prague ambassade de HongrieIm Oktober wurde die ungarische Botschaft in Prag mit Tags, die die Barrieren und Stacheldrahtzäune darstellen, neu dekoriert. Der ungarische Staat liess von Gefangenen eine 175 km lange Mauer mit Stacheldraht an seiner Grenze zu Serbien und eine zweite Mauer an seiner Grenze zu Kroatien und Rumänien errichten. Die Regierung rufte Mitte September den Ausnahmezustand aus und entsandte Teile der Armee an die Grenzen.

Belgien: Sturm im geschlossenen Zentrum

übersetzt von ricochets Nr.11 – bulletin contre la maxi-prison et le monde qui va avec

ricochets

An einem Sonntag im September lief die klanglose Einkerkerung vor einer Abschiebung von Sans-Papiers im Zentrum 127bis nicht wie gewohnt ab… Die Inhaftierten organisierten ihre Wut, um gemeinsam ein bisschen Unruhe in das Zentrum zu bringen. Bereits seit zwei Tagen befanden sich mehr als 60 Menschen im Hungerstreik. Am Samstag rüttelten einige Unterstützer_innen an den Gittern und tauschten Parolen mit den Insassen aus. Die Spannung stieg an. Am Sonntag versammelten sich nochmals einige Demonstrierende mehr vor dem Zentrum. Das solidarische Echo von Ausserhalb befreite die Wut im Inneren. Die Insassen in den Gängen verweigerten sich, in die Zellen zurückzukehren. Ein Bruder ohne Papiere kletterte auf das Dach. Transparente wurden ausgerollt. Die Rufe skandierten „Freiheit“, „ACAB“, „Feuer den Grenzen“, … Die Polizei umstellte das Camp, damit sich die Revole nicht verbreitete. Auf dem Dach brüllte der Gefährte seine Wut heraus – bis zum Verlust der Stimme – gegen den Staat und alle Verantwortlichen seiner Einsperrung; für eine Welt, in der man keine Erlaubnis benötigt, um zu leben und zu reisen. Er blieb den ganzen Abend, die ganze Nacht, bis am Morgen früh auf dem Dach, bevor er einmal mehr festgenommen wurde. „Die schönste Morgendämmerung meines Lebens“, sagte er uns. „Über der Macht des Staates, seinen Gesetzen und seinen kleinen Würstchen. Frei.“