Archiv der Kategorie: Lager

Bekennungsschreiben bezüglich den Briefen in Giffers

gefunden auf indymedia

Der versandte Brief

ImageDie Entrüstung der Behörden und der PolitikerInnen bezüglich der gefälschten Briefe, die wir den EinwohnerInnen in Giffers zukommen liessen, nehmen wir mit Gleichgültigkeit zur Kenntnis.

Die Briefe sollten ein Spiegel sein, den wir all denen vorhalten wollen, welche bisher zum geplanten Bau des Bundeszentrums in der Nähe von Giffers öffentlich oder für sich selbst Stellung bezogen haben. Wir erhofften uns, dass die indirekten Vorwürfe wenigstens für einige lesbar sein würden und eine gewisse Betroffenheit schaffen könnten. Sei es, weil einige RassistInnen in ihrem kurzsichtigen, egoistischen Denken für einen kurzen Moment beschämt waren oder sei es, weil einige selbsternannten GutbürgerInnen ihre scheinheilige humanitäre Einstellung reflektieren mussten. Sie, die geglaubt haben, angesichts des verbreiteten Rassismus sei es nichts als menschlich, sich für die geplanten Bundeszentren auszusprechen. Diese Reaktion, welche die passive Zustimmung zu den herrschenden Verhältnissen beinhaltet, ist zu einfach.
Es gibt viele Gründe, die geplanten Bundeszentren abzulehnen, und diese haben nichts mit Giffers oder irgendeinem geografischen Standort zu tun, egal wie zentral oder abgelegen, egal wie rassistisch die Anwohner sind.

Die Lager sind ein Mittel der Unterdrückung, sie Isolieren die MigrantInnen vom Rest der Gesellschaft, um sie besser kontrollieren zu können. Sie werden als Asylsuchende in verschiedene Kategorien eingeteilt, je nachdem woher sie kommen, ob ihnen in den Befragungen geglaubt wird, ob sie sich unterwerfen. In den Lager wird der ganze Tagesablauf fremdbestimmt, wer sich wo aufhalten darf, was gegessen wird, wann geschlafen wird. Die MigrantInnen haben wenig Möglichkeiten, sich der vollkommenen Bevormundung ihres Lebens zu entziehen, da sie in ihrer Lage als Asylsuchende erpresst werden.
Wer nicht vollständig kooperiert, hat kaum Chancen auf einen positiven Asylentscheid. Jede Art der finanziellen Unabhängigkeit wird gesetzlich und durch verschiedene Reglemente unterbunden. Erlaubt ist lediglich die Teilnahme an Arbeitsintegrationsprogrammen, eine üble und scheinheilige Form der Ausbeutung. Die Teilnehmenden räumen in den meisten Fällen Müll weg, für einen „symbolischen Lohn“ und für „gesellschaftliche Anerkennung“.
Diese Situation wird nicht erst durch die geplanten Bundeszentren zur Realität, es ist die Realität des bestehenden Migrationsregimes. Die neuen Lager stellen aber eine Zentralisierung dar, welche eine noch bessere Kontrolle, noch einfachere Abgrenzung und Kategorisierung und eine effizientere, schon fast maschinelle Abfertigung der MigrantInnen ermöglicht.
Wenn wir sagen, wir kämpfen gegen die geplanten Bundeszentren, so meinen wir nicht nur diese neuen Lager, sondern alle bestehenden Institutionen und Abläufe eines Regimes, das Menschen überwacht, kontrolliert und voneinander abgrenzt. Dazu gehört auch die Schweiz und die Staaten im Allgemeinen, welche Herrschaftsinstrumente sind, um Menschen ein- oder auszuschliessen und bestmöglich auszunutzen.

Diese Woche war die Empörung über die ertrunkenen MigrantInnen im Mittelmeer gross und auf einmal, wahrscheinlich aufgrund einer höheren Zahl von Toten in kürzerer Zeit, scheinen alle um eine Lösung bemüht. Die erneute Katastrophe im Mittelmeer ist kein Zufall, keine Ausnahme, es ist die Folge einer Politik, welche solche Szenarien in Kauf nimmt. Es sind genau die Herrschenden, welche diese Situation täglich verantworten und ebendiese schlagen vor, die bisherigen Mittel, welche diese Katastrophen massgebend ausgelöst haben, zu verstärken. Nicht, weil es die einfachste und logische Variante ist, um erneute Katastrophen zu verhindern (das wäre das Abschaffen der Grenzen), sondern weil es die einzige Variante ist, ihre Herrschaft und den ständigen Bedarf der Wirtschaft, welche von der globalen Ausbeutung und von der immer stärkeren Umverteilung von Ressourcen und Reichtum abhängig ist, zu erhalten. Dies wird sich nicht ändern, solange der Glaube an die Politik, die Wirtschaft und die Demokratie nicht angekrazt wird.
Dieses System ist nicht für das Wohl aller Menschen geschaffen, es hat sich nicht in diese Richtung entwickelt und jetzt, wo die ständige Krise eine erneute Dramatisierung erlebt, reagieren die Herrschenden auf Widerstand mit erhöhter Repression. Dies trifft am stärksten und am offensichtlichsten die Menschen in prekären Situationen, wie auch die MigrantInnen, die hierher kommen wollen.

Es scheint höchst naiv, die Lösung der bestehenden Probleme denen überlassen zu wollen, welche sie willentlich geschaffen haben und davon profitieren.
Der Bundespräsidentin, dem SEM (Staatssekretariat für Migration), dem EJPD (Eidgenössisches Polizei- und Justizdepartament) und jeglichen anderen Institutionen, die mit dem Migrationsregime verknüpft sind, haben wir nicht viel zu sagen. Das einzige, was wir uns von ihnen wünschen könnten, wäre ihre Selbstabschaffung, und da dieses Szenario höchst unwahrscheinlich ist, erklären wir ihnen den Kampf.

Wir wollen eine Welt, in der Menschen selbstbestimmt und in Freiheit leben können und jeder Tag enthält die Möglichkeit, für diese Welt einzustehen.

Yarl’s Wood Gefangene für Solidaritätsaktion bestraft

übersetzt und gekürzt von Rabble

Anna Rjabova und Lillija Jezdovska sind beides mutige Kämpferinnen für ihre eigene Freiheit und für die Rechte und Freiheit ihrer Mitgefangenen im berüchtigten Aufenthalstzentrum von Yarl’s Wood nahe Bedford. Am 9. April waren sie Teil einer Gruppe, welche sich versammelten, um die Ausschaffung von Lucy N. (in Kenia gefoltert) physisch zu blockieren. Die Frauen kamen zusammen, sassen mit eingehänkten Armen um Lucy und sangen.

Mehr als 30 Wächer, von Serco (privates Unternehmen) angestellt, stürmten an diesem Nachmittag mit Riot-Ausrüstung und Schlagstöcken bis zu Lucy’s Raum vor. Anna, Lillija und vier weitere Frauen wurden verhaftet und in den Isolationstrakt gebracht.

Die Ausschaffung von Lucy wurde allerdings abgebrochen und die Frauen, ausser Anna und Lillja, wurden aus der Isolation entlassen. Am Donnerstag wurde ihnen mitgeteilt, dass sie bald in ein Gefängnis verlegt werden. Die Zentrale sowie Serco verweigern es, ihnen zu berichten, weshalb sie ausgesondert wurden.

Anna und Lillja sind beides ethnische Russinnen von Lettland, welche seit mehreren Jahren in Grosbritannien leben. Lillja ist mit einem Österreicher verheiratet und hat 3 Kinder. Beide wurden wegen geringfügigem Ladendiebstahl verhaftet und zu Haftstrafen verurteilt. Als sie ihre Strafe abgesessen haben, wurden sie ins Aufenthaltszentrum von Yarl’s Wood verlegt und sitzen dort schon fast ein Jahr. Ihre psychische Verfassung ist deshalb stark angeschlagen und haben sich schon mehrmals Selbstverletzungen zugefügt.

Beide wurden in Knast gesteckt, um die Brutalität zu verdecken.

Beide wurden für ihren Widerstand gegen das unmenschliche, rassistische Internierungssystem, sowie für ihre Solidarität mit Mitgefangenen bestraft.

Griechenland: WE BREAK THE FEAR | WE GO OUT IN THE STREETS

übersetzt von clandestina

1Demo vom 04. April

Du wirst dieses Land nur dann richtig kennen lernen, wenn du nicht irgenwo im Ägaischen Meer ertrinkst oder wenn du es irgendwie schaffst, den Zaun in Evros zu überwinden. Von den Aufenthaltszentren in Amygdaleza, Korinthos, Paranesti nach Patision, Amerikis sq., Acharnon, das alltägliche Leben derer, welche die falsche Hautfarbe oder die falschen Papiere haben, ist erstickend. Oder um es besser auszudrücken: unerträglich.
(weitere Fotos und eine Erklärung auf englisch findest du hier)

Belgien: Wir können es nicht oft genug sagen: Die Migrationspolitik tötet, sei es an der Grenze oder anderswo

übersetzt von gettingthevoiceout

02.04.2015. Der belgische Staat will Kriminelle jagen? Sie sollten lieber bei sich selbst anfangen! (und den Rest der Welt in Ruhe lassen)

Ein Selbstmord im geschlossenen Zentrum von Merksplas
Ein seit zwei Monaten im geschlossenen Zentrum von Merksplas eingesperrter Marrokaner wurde an diesem Morgen von seinen Mithäftlingen tot aufgefunden. Er hatte sich aufgehängt. Seit mehr als einer Woche hatte er nichts mehr gegessen und es ging ihm überhaupt nicht gut.

Die Direktion des Zentrums versuchte die Situation zu beruhigen, die Angelegenheit runterzuspielen. Die Person hatte einen Brief hinterlassen, den die Direktion den Häftlingen vorenthällt. Die Gefangenen sind wütend über diese Zensur und beschuldigen das Zentrum, nicht eingegriffen zu haben, obwohl sie wussten, dass es dem Verstorbenen sehr schlecht ging. Sie haben an diesem Donnerstag (02. April) das Essen verweigert und verlangen nach Kontakten mit draussen, vor allem mit Journalisten.

„Wir werden wie Hunde behandelt“
„Niemand kümmert sich um uns“
„Er hatte Recht. Es gibt keinen Ausweg, ich auch, ich will auch sterben“

Seit 13.00 Uhr antworten die Gefangenen nicht mehr auf Anrufe…Fortsetzung folgt…

Eine Selbstanzündung vor der Ausländerbehörde
Auch an diesem Morgen hat sich ein Mann vor dem Sitz der Ausländerbehörde angezündet. Der 25 Jahre alte Guineer hatte seine Anfrage 2008 gestellt.

Er ging um 11.00 Uhr dorthin, hat sich in der Toilette mit Benzin übergossen und kam in Brand wieder heraus. Momentan ist er noch am leben, ist aber in einem sehr kritischen Zustand.

Vor einem Jahr wurde ein Toter in dubiosen Zuständen in Bruges gefunden. Bei den Selbstanzündungen war dies mit Sicherheit der bereits 3. Versuch innerhalb eines Jahres.

Voilà, die verdorbene und verdrehte Welt. Das ist, wie die Bürokratie die Macht über Leben und Tod von Menschen in ihren Händen hält. Das ist, wie Belgien (wie all ihre Berufskollegen) Hunderttausenden an die Kehle geht. Sie packt sie an der Kehle, nimmt sie bis aufs Blut aus, bedroht sie wie Dreck für eine Kosteneffiziente Leistungsfähigkeit (wer glaubt noch daran, dass der Staat nicht von der Schwarzarbeit profitiert?!), presst sie bis aufs Letzte aus, wringt aus ihrem Kopf den letzten Tropfen, während sie ihnen eine tiefe und permanente Angst verpassen. Tag für Tag, Jahr für Jahr, jede Sekunde bringt die Angst mit sich, kontrolliert, verhaftet, eingesperrt, ausgeschafft, gefoltert, getötet… zu werden. Wenn jede Sekunde diese Geschichte erzählt, wie soll man da nicht durchdrehen? Und diese ganze psychologische Folter, diese ganze Misere, der ganze Druck nur für ein dreckiges Stück Papier.

Voilà, an diesem Punkt ist diese verdorbene und verdrehte Welt: es ist ein einfacher Stempel auf ein Papier (begleitet vom gesamten repressiven Apparat, welcher die Tinte für den Stempel herstellt), welcher es bewilligt oder nicht atmen zu können, statt fast ersticken zu müssen, leben zu können, statt überleben zu müssen. Und wenn jemand sich selbst einen Luftzug nehmen will, wie die zwei Personen aus Vottem, welche in dieser Nacht versuchten zu flüchten, wird man in den Kerker gesteckt. Wie kann jemand überrascht sein, dass die Menschen nicht platzen in der Mitte von alldem?

Es ist nicht mehr die Zeit des Erstaunens, es wird Zeit für Wut und Ärger!

Grienchenland: Zum laufenden Hungerstreik der Migranten im Lager von Paranesti

gefunden auf linksunten

[„Wir sind im Hungerstreik. Schließt das Lager von Paranesti. Wir wollen Papiere auf unsere Namen. Frei zu sein ist das natürliche Recht eines jeden Menschen. Für unsere Forderung an die griechische Regierung müssen wir in den Hungerstreik eintreten. Frei zu sein ist unser Menschenrecht und muss uns zugestanden werden. Der Hungerstreik ist der Kampf für unsere Freiheit. Sterben heißt den Hungersrteik weiterzuführen. Tod oder Freiheit.“]
Erklärung der hungerstreikenden Migranten

Neue Regierung, gleiche Kämpfe
Es hat in Bezug zum Wahlsieg von Syriza viel Tam Tam gegeben und viele linke und linksradikale Gruppen in Deutschland haben viel Blödsinn dazu geschrieben. Es wurde großmundig behauptet, in Syriza habe „die Solidarität mit den Migrant_innen und Geflüchteten einen Ort“ und die neue Syriza-Vizeministerin für Migration Tasia Christodoulopoulou wurde für ihre „enge[n] Beziehungen zur griechischen AntiRa-Bewegung“ gelobt. Interessanterweise hat sie genau an dem Tag, als der Hungerstreik in Paranesti begann, in einem Radiointerview klipp und klar erklärt, dass die Lager nicht geschlossen werden und nur wenige Tage später ließ Yiannis Panousis, der unabhängige Vizeminister für Öffentliche Ordnung und Bürgerschutz, vernehmen, dass das Land keine Migrant_innen mehr aushalte und die Lager nicht nur nicht geschlossen werden, sondern sogar die Möglichkeit bestehe, sie wieder zu füllen. All die, die seit langem an der Seite der Migrant_innen und Geflüchteten kämpfen, brauchten auf diese offiziellen Stellungnahmen allerdings gar nicht warten. Die Art und Weise, wie Syriza Mitte Februar in puncto Migrationspolitik reagierte, nachdem es zwei Selbstmorde von Migranten und einen Toten aufgrund verweigerter medzinischer Behandlung in Lagern bzw. Polizeiwachen gegeben hatte und ein Aufstand im Lager von Amygdaleza ausgebrochen war, hatte allen klar gemacht, dass Syriza keine antirassistische Politik verfolgt, sondern die migrantische Bevölkerung in Griechenland nur auf eine etwas andere Art verwaltet.

Panousis hatte in Reaktion auf den Aufstand im Lager von Amygdaleza angekündigt, es in 100 (!) Tagen zu schließen und begonnen Schritt für Schritt einige wenige Migrant_innen zu entlassen. Anschließend wurden die migrationspolitischen Pläne der Regierung veröffentlicht. Schrittweise sollen alle Migrant_innen, die länger als 6 Monate eingesperrt sind, entlassen werden (statt den bisher bis zu 18 Monaten Internierung und sogar länger). Dabei erhalten sie einen Schein, der ihre Abschiebung um ein halbes Jahr zurückstellt. Werden sie bei illegalem Grenzübertritt gefasst, erhalten sie – wie auch bisher üblich – einen weiteren Schein, der ihnen wiederum einen Monat gibt, das Land zu verlassen. Werden sie innerhalb diesem Monats noch einmal verhaftet, gibt es wieder einen Schein, der ihnen ein halbes Jahr Zeit lässt, das Land zu verlassen. Und danach wartet auf sie die gleiche unklare und prekäre Lage, in der sie schon seit Jahren leben. Die Lager bleiben bestehen und die Praxis, Migrant_innen nicht zu abzuschieben, sondern ihren „selbstständigen“ Grenzübertritt – selbstverständlich über die lukrative Schlepper-Industrie – durch den unaushaltbaren Druck aus Polizeigewalt, faschistischen Terror und Armut zu erzwingen, wird fortgeführt. Die Lage hat sich im Vergleich zum Höhepunkt der rassistischen Staatspolitik von 2011 bis 2013 also etwas entspannt.

Das ist aber bei weitem kein radikaler Kurswechsel einer angeblich antirassistischen Linksregierung, sondern nur die Fortführung des Paradigmenwechsels in der staatlichen Verwaltung der migrantischen Bevölkerung, der bereits vor den Wahlen vollzogen worden war. Schon die ND-Regierung hatte angefangen, schrittweise Migrant_innen aus den Lagern zu entlassen und ließ im Oktober 2014 das Lager in Komotini schließen. Dabei hatte die Polizeigewerkschaft schon Ende 2013 gefordert, die Lager in ordentliche EU-finanzierte Aufnahmezentren zu transformieren. Die Lager selbst waren 2012 als ein Mittel zur Verwaltung der militanten Massenmobilisierungen gegen die Austeritätsmaßnahmen eingeführt worden. Durch die Schaffung eines inneren Feinds und Sündenbocks, durch die Verhängung eines Ausnahmezustands über ihn, durch den Ausbau und die Faschisierung des Polizeiapparats und den Aufbau der Goldenen Morgenröte als tiefen Staat konnte die Bedrohung der kriselnden kapitalistischen Ordnung durch die aufkommenden sozialen Bewegungen von Seiten des Staats abgewehrt werden. Mit der Restabilisierung der politischen Lage und der Demobilisierung der Bewegungen ab 2013 verloren die Lager ihre Funktion. Der Unterschied ist nun, dass Syriza im Gegensatz zu Nea Dimokratia nicht still und heimlich die Migrant_innen aus den Lagern entlässt, sondern viel Aufhebens um die Anpassung staatlicher Migrationspolitik an die neue Lage macht.

Der Hungerstreik in Paranesti
In diesen Kontext fällt der Hungerstreik, der gerade in Paranesti abläuft. Das Lager von Paranesti ist Teil des Lagersystems, das 2012 von der damaligen Nea Dimokratia-Regierung aufgebaut wurde. Ob man diese nun wie Genoss_innen in Griechenland als Konzentrationslager bezeichnen möchte oder nicht, ist zweitrangig. Fakt ist, dass die griechischen Lager starke Ähnlichkeiten mit der historischen Institution des Konzentrationslagers aufweisen: Es sind rechtsfreie Zonen, in denen ein im Grunde unschuldiger Teil der Bevölkerung eingesperrt und einem dauerhaften Ausnahmezustand unterworfen wird, der die Internierten entwürdigt und entmenschlicht. Selbstmisshandlungen, Selbstmorde und Todesfälle aufgrund verweigerter medizinischer Behandlung sind Normalität. Im Lager von Paranesti sind zurzeit über 210 Menschen interniert, davon ca. 80 Minderjährige und viele für bereits mehr als neun Monate. Das Lager ist von drei Reihen hohen Stacheldrahtzauns samt Scheinwerfern umgeben, die einzelnen Bereiche sind ebenfalls mit Stacheldrahtzäunen voneinander abgetrennt, selbst die Dächer der Container-Häuschen, in denen die Migranten untergebracht sind, sind mit Stacheldraht unzugänglich gemacht. Das Lager ist unter dauerhafter Kontrolle durch die Polizei, die die internierten Migranten schikaniert und terrorisiert. Die Lebens- und Wohnbedingungen sind menschenunwürdig.

Hier also begannen am 23. März 23 Migranten den Hungerstreik. Sie erklärten, bis zur Schließung des Lagers und ihre Freilassung oder bis zum Tod zu hungern. Während der ersten Tage wurden sie dafür von den Bullen schikaniert, in einem eigenen Bereich isoliert und damit bedroht, in verschiedene Lager aufgeteilt zu werden. Seitdem die Solidarität von Seiten der anarchistischen/antiautoritären Bewegung merkbar geworden ist, sind die Behörden vorsichtiger geworden. Die Bedingungen sind im Vergleich zum Hungerstreik der Gefangenen in den Knästen ungleich härter. Die Migranten sind isoliert, haben kein lagerübergreifendes Netzwerk untereinander, kaum Solidarität von draußen, keine Medienaufmerksamkeit, kein Geld und sind allgemein viel schlechteren Lebensbedingungen unterworfen. Trotz all dieser Widrigkeiten führen sie ihren Widerstand und den Hungerstreik bereits den 13. Tag fort.

Solidarität und gemeinsame Kämpfe!

Vom ersten Tag an wurden die hungerstreikenden Migranten von antirassistischen Gruppen aus der anarchistischen/antiautoritären Bewegung aus Thessaloniki und Drama unterstützt. Genoss_innen, bewegungsnahe Anwälte und Ärzte sind nach Paranesti gefahren, um sie zu sehen und es haben mehrere Solidaritätsaktionen stattgefunden. Am 29. März 2015 hat eine Gruppe von Antirassist_innen direkt am Lagerzaun ihre Solidarität mit den hungerstreikenden und allen anderen Migrant_innen bekundet. In Thessaloniki wurden Kundgebungen durchgeführt, Flyer verteilt und Plakate verklebt. Gestern, am 3. April 2015, fand in Thessaloniki eine vom No-Lager-Plenum organisierte Demonstration mit ca. 150 Menschen aus der anarchistischen/antiautoritären Bewegung statt. Linke, Syriza- oder Antarsya-nahe, antirassistische Organisation wie die KEERFA beteiligen sich an all dem nicht.

Plakat des No-Lager-Plenums Thessaloniki zur Demo vom 03. April 2015
Plakat des No-Lager-Plenums Thessaloniki zur Demo vom 03. April 2015

Dieser Hungerstreik ist nicht der erste sichtbare Widerstand in den Lagern seit dem Beginn der Syriza-ANEL-Querfront-Regierung. Am 13. Februar kam es nach dem Selbstmord eines Migranten im Lager von Amygdaleza zu einem Aufstand. Im Lager von Korinth fand am 16. März ein zweitägier Hungerstreik von 300 Migrant_innen statt und am 24. März stiegen dort drei-vier Migranten aufs Dach und drohten sich umzubringen. Vom 19. bis 20. März waren in der Polzeistation von Lithi bei Thessaloniki rund 17 minderjährige Migrant_innen in den Hungerstreik eingetreten.

Dabei ist klar, dass sich unsere Solidarität mit den Migrant_innen nicht auf Mitleid oder Humanismus gründet, keine wohlwollende Geste gegenüber den „armen Teufeln“ darstellt, sondern wir mit den Migrant_innen als dem prekärsten und verletztlichsten Teil der Arbeiter_innenklasse, als unseren Klassengeschwistern solidarisch sind. Ihr Kampf gegen das menschenverachtende Lagersystem, gegen den europäischen Rassismus und Kolonialismus ist zentral im Kampf für die Befreiung von Allen von uns von der Herrschaft von Staat und Kapital.

Wir rufen Genoss_innen und Antirassist_innen überall und gerade in Deutschland, wo eine der stärksten und kämpferischsten antirassistischen Bewegungen und Selbstorganisationen der Flüchtlinge und Migrant_innen existiert, dazu auf, ab sofort Solidaritätsaktionen jeglicher Art in Unterstützung des Hungerstreiks in Paranesti und seiner Forderungen durchzuführen. Auf dass das Gefasel von „kritischer Solidarität“ mit Syriza endlich ein Ende nimmt und wir die Kämpfe der Migrant_innen – nicht mit, sondern gegen die Linksregierung – unterstützen!

Solidarität mit dem Hungerstreik der Migranten im Lager von Paranesti!
Reißen wir gemeinsam mit dem Migrant_innen die Lager ein!

UK: Hungerstreik weitet sich auf 8 Aufenthaltszentren aus

übersetzt und zusammengefasst von rabble

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Hungerstreiks und andere Proteste finden nun in 8 Aufenthaltszentren verteilt über das gesamte Königreich statt. (Mehr Infos zum Hungerstreik findest du hier)

Aktive Solidarität ist entscheidend.

Die Gefangen fragen wieder und wieder nach der Verbreitung ihrer Stimmen (siehe die neue Webseite Detained Voices). Eine kleine Gruppe oder ein Individuum, welches über die Zäune und Mauern schreit, kann den Hungerstreikenden viel Stärke geben. In den meisten Aufenthaltszentren ist es möglich, nahe an die Knäste zu kommen, sodass man mit den Eingeschlossenen kommunizieren kann.

Doch das Grenzregime ist überall. Wir können es überall angreiffen, egal wo wir sind.

Ein grosser Teil der anfallenden Arbeiten in Zentren wird von privaten Unternehmen wie z. B. Mitie, G4S und Serco übernommen, welche weltweit ihre Büros verteilt haben.

Lausanne: Angriff auf die Schaufenster der „EVAM“

übersetzt von contrainfo

25.02.2015. Ende letzten Wochenendes haben wir die Schaufenster einer Niederlassung von EVAM (Einrichtung zur Aufnahme/Unterbringung von Migrant_innen in der Waadt) mit Sprüchen wie „Ausschaffer von Migrant_innen“, „Solidarität mit den Einwander_innen“ und andere Botschaften bedeckt.

Einige Farbbomben, Motivation und hop ein weiterer Angriff gegen die Ausschaffungsmaschine und den Dreckshaufen von Aasgeiern, welche tagtäglich ihr Brot mit der Zerstörung von huderten Leben von Migrant_innen verdienen.

In Lausanne wie überall, diese Art des Angriffs gegen die Räder der Ausschaffungsmaschine ist einfach und überall möglich.

Weder Nation noch Vaterland, es lebe die Anarchie.

UK: Massenproteste, Hungerstreiks, Blockaden, Solidaritäts-Demos

übersetzt und zusammengefasst von rabble

Harmondsworth-detention-c-006

Mehr als 200 Gefangene im Harmondsworth „Immigration Removal Centre“ führten am Nachmittag des 8. März einen Massenprotest durch. Sie kündigten zudem an, ab Morgen einen Hungerstreik zu beginnen. Am Abend breitete sich der Protest nach Colnbrook aus, einem anderen Knast für Migranten, welches direkt neben Harmondswoth liegt. Auch im Yarl’s Wood Migrationsknast in Bedfordshire kam es Anfangs der Woche zu Protesten.

Gestern (07. März) besuchte eine kleine Gruppe die Aufenthalts- und Ausschaffungszentren von Harmondsworth und Colnbrook (in der Nähe vom Flughafen Heathrow) um ihre Solidarität mit allen Eingesperrten zu zeigen.. Die Gefangenen bedankten sich über Telefon bei den Unterstützer_innen: „Wir sahen was da heute passiert ist und wir wollen euch wirklich ein grosses Dankeschön für euren Support aussprechen. Wir, die Häftlige … brauchen eure Hilfe und Unterstützung.“

Mehr als 20 Menschen wurden bereits alleine durch das UK Aufenthaltssystem getötet. Diese Zahl enthält noch nicht einmal die in Gefängnissen oder duch die Polizei Getöteten.

Das Leben der Menschen wird weiterhin vom Staat besetzt. Das ist die Realität für die von der Regierung Eingesperrten.

Migrant_innen in ganz Europa organisieren sich und wir stehen in Solidarität mit denjenigen, welche sich gegen „Fortress Europe“ organisieren

Erwartet mehr Widerstand. Grenzen töten. Wir vergessen nicht.

Update vom 09.März:

Der Widerstand wird heute in Harmondsworth und Colnbrook fortgesetzt. Mehr als 70 Gefangene besammelten sich im Innenhof, um den Protest weiterzuführen. Ab 9 Uhr morgens demonstrierte draussen eine Gruppe von Solidarischen mit den Protestierenden.

Update vom 10. März: Die Proteste weiten sich über weitere UK Aufenthaltszentren aus. Ausschaffungsbus in Gatwick blockiert.

harmondsworth 9 march

Hungerstreiks, Hofbesetzungen und andere Formen des Protest finden nun in mindestens 6 Aufenthaltszentren statt. Alleine 50 Menschen sind in Tinsley House im Hungerstreik.

In Harmondsworth sind einige Gefangene nun schon seit einer Woche am streiken. Mit ein paar Eingesperrten konnten Interviews über Telefon geführt werden, um den Gefangenen eine Stimme zu geben. (Siehe hierzu auch die Internetseite Detained Voices)

Zusätzlich finden jeden Tag Lärmdemonstrationen vor dem Knast in Harmondsworth und anderswo statt.

In Gatwick haben einige Menschen 2 mit privaten Securitys gefüllte Busse beobachtet, wie sie auf dem Weg zum Knast waren. Die gemieteten Bullen waren, wie üblich bei Ausschaffungsflügen im Vereinigten Königreich, von Tacor und die Busse von WH Tours. Als die Busse das Gefängnis in Richtung Flughafen verlassen wolllten, schafften es einige Leute den Convoy zu blockieren und halteten einen Bus für mehrere Stunden auf. 4 Personen wurden für diese Aktion verhaftet.

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