Archiv der Kategorie: Lager

Griechenland: Migrant_innen in Amygdaleza setzten Matratzen aus Protest in Brand

übersetzt von clandestina

Kurz nach Mitternacht setzten Migrant_innen in fünf verschiedenen Containern vom Internierungszentrum von Amygdaleza Matratzen in Brand.

Nachdem zwei Feuerwehrautos das Feuer löschten, wurden die Migrant_innen in die Container, welche als Zellen gebraucht werden, zurückgebracht.

Ein weiterer Protest gegen ihre monatelange Einsperrung, Nahrungsmittelknappheit und unmenschliche Bedingungen.

Litauen: Wer liebt schon seinen Käfig?

übersetzt von non-fides

Am Samstag, dem 27. Juni rebellierten im Zentrum für die Registrierung von Ausländer_innen von Pabrade einige vietnamesische Migrant_innen. Es ist dies das einzige Zentrum dieser Art in Litauen. Gemäss einer Meldung der Bullen versuchten zehn „Bewohner_innen“ des Zentrums auszubrechen. Sie wurden mit Tränengas und Knüppel daran gehindert. Ein Bulle wurde am Arm verletzt.

Die niedergeknüppelten Rebell_innen wurden in einen speziellen Schlafraum gebracht – ein Gefängnis im Gefängnis -, wo sie sich mit anderen entschlossenen Gefangenen ein wenig Würde zurückholten. Sie fingen erneut an, die Bullen mit Stühlen, Brettern, Tischen und Füssen anzugreifen. Am Schluss waren drei Fenster kaputt.

Der Raum wurde im Anschluss von den Bullen durchsucht und verwüstet. Sie fanden dort vier Natels, vier Ladegeräte und sogar einige Eisenstangen und Messer.

Wir möchten betonen, dass wir all diese Informationen über die polizeifreundlichen Medien erhalten haben.

Momentan sind 195 Personen in diesem Zentrum eingesperrt. Die einzig logische Antwort auf ein Leben in einem Käfig ist der Versuch, alles, was uns einsperrt zu zerstören. Niemand muss die Stacheldrahte akzeptieren, egal auf welcher Seite man sich befindet. Wir grüssen deshalb die Rebell_innen von Pabadre, welche sich für ein wenig Würde auflehnten.

Gegen alle Grenzen, welche uns voneinander trennen.

Gegen alle Käfige.

Wenn das Rote Kreuz ins Schlachtfeld zieht – und in Jenfeld Zelte baut.

gefunden auf linksunten

Flyer Wenn das Rote Kreuz ins Schlachtfeld zieht

Im Anbetracht aktueller Ereignisse in Hamburg-Jenfeld, wo das Deutsche Rote Kreuz ein Zeltlager für Geflüchtete errichten soll und rassistische Anwohner versuchen, die Unterbringung Geflüchteter in Jenfeld zu verhindern, hier ein Beitrag zur Rolle des Roten Kreuzes in der rassistischen Verwaltung des Systems von Grenzen, Lagern und Papieren. Ein Beitrag zur Schärfung unserer Feindschaft gegenüber der Welt der Papiere und zur Diskussion zur Solidarität mit Geflüchteten.

Dem rassistischen Mob und der Welt der Papiere entgegen – denn die Feinde der Freiheit sind die unseren.

Als wir noch klein waren, hat man uns immer gelehrt, dass das Rote Kreuz und seine Schwesterorganisationen zu jenen Institutionen gehören, die ein grosses Herz haben. Auch wenn sie im Grunde nichts am Funktionieren dieser durch Ausbeutung, Krieg, Elend und Unterdrückung beherrschten Welt verändern, so versuchen sie zumindest die Verletzten zu pflegen und ihre Schmerzen zu lindern, wie sie in ihrer zutiefst religiösen Sprache sagen.

Doch eine neutrale Hilfeleistung kann es nicht geben, und im Falle des Roten Kreuzes ist dies unschwer zu erkennen…
Während jedes Jahr millionen von Menschen vor Hunger, Katastrophen, Krieg und Unterdrückung fliehen, in der Hoffnung irgendwoanders ein besseres Leben aufbauen zu können, warten hier in Europa Rassismus, Razzien, grenzenlose Ausbeutung und, letzten Endes, Internierungszentren und Ausschaffungen auf sie. Wenn Flüchtlinge in Europa ankommen, werden sie oft erstmal in sogenannte “offene Asylzentren“ gepfercht (mehrere dutzend dieser Zentren werden ausschliesslich vom Roten Kreuz verwaltet). Diese sind genau wie die Internierungszentren, mit Stacheldraht umzäunt und auch hier kommen jeden Abend die Wächter, um die Türen abzuschliessen. Man lehrt hier die Asylsuchenden den Gesetzen des Kapitalismus und seiner Demokratie zu gehorchen (z.B. werden die vom Roten Kreuz eingesammelten Kleider an die “Bewohner“ verkauft, welche mit sanfter Hand gezwungen werden entweder im Zentrum, oder für die lokale Gemeinde praktisch unbezahlte Arbeit zu verrichten – sie sollen an das Schicksal der Ausbeutung gewöhnt werden, das auch hier auf sie wartet). Diese Zentren haben ausserdem den Zweck die Asylsuchenden im Griff zu halten und sie Abhängig zu machen, damit sie sich nicht in ein selbstständiges Leben ausserhalb des abgeschlossenen Bereiches wagen. Unter dem Vorwand von humanitärer Fürsorge organisiert der Staat also eine permanente Kontrolle über all diese Unerwünschten. Wird das Asylgesuch abgelehnt, kommt die Polizei in diese neutralen und offenen Zentren, um die zurückgewiesenen Flüchtlinge zu verhaften und in das Elend oder den Tod auszuschaffen. Das Rote Kreuz kann schlussendlich nie eine neutrale Hilfeleistung anbieten, seine Aktivitäten sind ein integraler Bestandteil der Politik zur Verwaltung und Kontrolle der Migration.

Das Rote Kreuz unterhält ausserdem enge Verbindungen zur Internationalen Organisation für Migration (IOM), eine Institution, die versucht die Migrationsströme den Bedürfnissen des Kapitalismus und der sozialen Kontrolle anzupassen. Dieselbe Institution bedient sich der Hilfe verschiedenster humanitärer Organistionen und NGOs, um ihre Erpressung mit “RückkehrpraÅNmien“ durchzuführen. Den Flüchtlingen wird, nachdem sie von diesem System jeglicher Perspektive beraubt wurden, eine ärmliche Entschädigung angeboten, falls sie freiwillig in ihr Herkunftsland zurückkehren. Es ist ganz simpel: Zuerst raubt man ihnen jegliche Zunkunft, dann schliesst man sie in “Auffangzentren“ ein und macht klar, dass sie auch hier nur die Armut erwarten wird, und schliesslich erpresst man sie mit einigen hundert Euros, damit sie die Gründe vergessen, wegen denen sie geflüchtet sind… In anderen europäischen Ländern, wie in Italien und Spanien, ist das Internationale Rote Kreuz direkter Verwalter jener Ausschaffungsknäste, in welche die Flüchtlinge nach dem Gerichtsverfahren eingesperrt werden. Internierungszentren mit ihren Wächtern, ihren Isolationszellen, ihrer Prügel, ihren Missständen und schlicht dem Entziehen der Freiheit. Hier zeigt sich das Rote Kreuz erneut ganz klar als das, was es wirklich ist:

Der humanitäre Flügel der Herrschaft.
In Belgien sind es die Sanitäter des Roten Kreuzes, die nach den Aufständen in den Zentren die Verwundeten versorgen und mit Beruhigungsmitteln vollstopfen, ohne die geringste Kritik von sich hören zu lassen. In Roissy (Paris), verwaltet das Rote Kreuz zusammen mit der Polizei die Wartezone für die Sans-Papiers, die am Flughafen ankommen. Ausserdem dienen sie zur Rückendeckung bei Methoden der Grenzpolizei (Handschellen, Schläge, Knebel, Drogen) bei gewaltsamen Ausschaffungen per Flugzeug.

Während einer riesigen Razzia am 17. August 2006 wurden 508 Afrikaner und Osteuropäer aus einem Haus in Cachan (Frankreich) vertrieben, das sie seit 2003 besetzt hielten. Jeder Bus der Präfektur der die Geräumten wegtransportierte, um sie in immer ferneren Vororten wieder auszusetzen, wurde ausserhalb von blau Uniformierten eskortiert und innerhalb von zwei Mitgliedern des Roten Kreuzes begleitet.
Vom September 1999 bis 2002 trugen diese Handlanger des Staates die Verantwortung über die Verwaltung des Hangars bei Sangatte in der Nähe von Calais. Dort isolierten sie ca. 1800 Flüchtlinge in Zusammenarbeit mir der CRS (mobile Bereitschaftspolizei von Frankreich), die das unerwünschte Lager solange überwachte, bis der Staat mit dem Bau eines Internierungszentrum gleich nebenan fertig war. Vom November 2002 an fichierten sie schliesslich alle Flüchtlinge, um die Zerschlagung des Lagers und die darauf folgende Menschenjagd vorzubereiten.

All dies, das bedeutet seine Seite zu wählen.
Doch es gibt nicht nur die Sans-Papiers, die an den Ufern von Spanien stranden oder jene, die erschöpft in irgendwelchen europäischen Flughäfen den Fuss auf die Erde setzen. Es gibt auch die millionen von Flüchtlingen im Mittleren Osten und in Afrika, die von Kriegen, Elend oder ökologischen Katastrophen umhergetrieben werden, um schliesslich in riesigen Konzentrationslagern zu landen (im engeren Sinne des Wortes: Administratives Einschliessen einer Kategorie von Menschen an einem abgegrenzten und kontrollierbaren Ort aus rassischen und kontrolltechnischen Gründen oder zum Zweck der Ausbeutung). Diese Lager wurden oft vom Roten Kreuz verwaltet, und zwar nicht bloss mit seinen Sanitätern, sondern auch mit seinen Sicherheitsbeamten. Folglich stärkt das Rote Kreuz schlicht die gegenwärtige Ordnung, die sich aus Unterdrückern und Unterdrückten zusammensetzt – und während sie letztere verpflegen, versuchen sie auch ihre Revolte zu ersticken, die Revolte, die als einziges wirklich etwas verändern kann.

Als die Armeen der Demokratie in Ex-Jugoslavien, in Afghanistan und im Irak einmarschierten, scharten sie die humanitäre Armee des Roten Kreuz hinter sich. Unter dem Vorwand vor der Politik einer ethnischen Säuberung schützen zu wollen, übernahm das Rote Kreuz die Verwaltung einer Reihe von Konzentrations- und Gefangenenlagern in Ex-Jugoslavien. Tatsächlich versuchten sie jedoch die europäische Politik zur Kontrolle der Migrationsströme in die militärischen Manöver der UNO einzuführen. Jeder weiss, dass es unmöglich ist in Zeiten des Krieges neutral zu bleiben (und nicht wenige kritische Angestellte des Roten Kreuz haben ihre Arbeit niedergelegt, weil sie diese abscheuliche Neutralität nicht länger ertragen konnten). Neutral bleiben bedeutet das Lager des Stärkeren zu wählen – auch wenn man die Schwächeren verpflegt. Heutzutage werden Kriege “humanitär“ geführt, doch welcher vernünftige Mensch könnte jemals glauben, dass irgendetwas humanitäres in den Bombardierungen, den schmerzzerrissenen Körpern, den Verletzten und den Vergewaltigungen liegt? Während es eine Neutralität vortäuscht, verstärkt das Rote Kreuz schlicht die bestehenden Machtverhältnisse. Im Irak, in Afghanistan, sowie anderswo.

Die scheinbar endlose Geschichte von Ausbeutung und Unterdrückung hatte schon immer einen Trupp von Kollaborateuren nötig, die sich freiwillig hinter einem „das wusste ich nicht“ verstecken. Die Demokratische Verwaltung des Kapitalismus und der Unterdrückung hat alles Interesse daran, das was in der Zeit der Vernichtungslager der Nazis einmal “die graue Zone der Kollaboration“ genannt wurde, so weit wie möglich auszudehnen. Sich zu weigern mit einem System zu kollaborieren, das systematische Deportationen organisiert, um die ökonomischen Profite und die Macht von einigen Menschen zu schützen, bedeutet die Möglichkeit einer wirklichen Kritik zu öffnen; einer Kritik, die sich gegen diese Welt richtet, in der wir gezwungen sind zu leben. Es bedeutet die humanitäre Hülle abzukratzen, die dieses tödliche System der Deportation, der Einkerkerung und der Ausbeutung verhüllen will!


Dieser Text wurde aus der französischen Zeitschrift “Non Fides“ (Nr. IV, Mai 2009) entnommen und übersetzt.

Quand la Croix-Rouge part en croisade…(PDF)

Ein weitere Broschüre auf französisch zur Rolle des Roten Kreuzes findet ihr hier

 

Endstation Traiskirchen

gefunden auf Tagesanzeiger

Die österreichische Erstaufnahmestelle für Asylbewerber ist hoffnungslos überfüllt. Kritik richtet sich auch gegen die Schweizer Betreuungsfirma ORS.

Asylbewerberinnen in Traiskirchen. Zeitweise halten sich im Erstaufnahmezentrum gegen 3000 Flüchtlinge auf. Foto: Keystone

In der Nacht hatte es stark geregnet. Dennoch sitzt Hassan am Vormittag unter einem Baum in der feuchten Wiese und starrt auf sein Mobiltelefon. Normalerweise, sagt der junge Afghane, sei das sein Schlafplatz, «aber letzte Nacht öffneten sie die Garagen für uns. So blieben wir wenigstens trocken». Sie – das sind die Verwalter und Betreuer der Erstaufnahmestelle (East) in der kleinen niederösterreichischen Gemeinde Traiskirchen. Wer in Österreich um Asyl ersucht, muss hier durch: zur Registrierung und Erstuntersuchung.

Für 1750 Personen ist die East Traiskirchen ausgelegt. Derzeit schwankt die Belegung zwischen 2500 und 3000 Personen. Theoretisch sollten Asylbewerber auf alle neun Bundesländer gleichmässig aufgeteilt werden. Praktisch erfüllt kaum ein Bundesland (ausser Wien) die Quote, weil sich Landespolitiker und Bürgermeister mit Händen und Füssen gegen die Unterbringung von Flüchtlingen wehren. Deshalb ist für viele Endstation in Traiskirchen.

Der alte Kasernenbau aus dem 19. Jahrhundert platzt aus allen Nähten. Auch die in aller Eile im Garten errichtete Zeltstadt mit 480 Schlafplätzen ist bereits zu klein. 400 bis 700 Menschen müssen in den Fluren, im Freien oder auf Parkbänken übernachten. Von Anfang Januar bis Ende Mai 2015 wurden in Österreich 20’620 Asylanträge gestellt, 183 Prozent mehr als im Vorjahr. Bis Jahresende wird mit 70’000 Anträgen gerechnet. Für den Generalsekretär der Caritas Wien, Klaus Schwertner, sind die Zustände in Traiskirchen «eine Schande für Österreich»: Solche Zustände kenne er sonst nur aus Flüchtlingslagern in Jordanien oder dem Nordirak.

Die FPÖ profitiert

Die Überbelegung des Lagers Traiskirchen ist beherrschendes Thema in Medien und Politik. Der Bau von Zeltstädten signalisierte den Wählern, dass die Regierung das Problem nicht im Griff habe. Das führte zu Erdrutschsiegen der rechtspopulistischen FPÖ in der Steiermark und im Burgenland. Der Versuch des roten Bundeskanzlers Werner Faymann, die Problemlösung auf die Gemeindeebene zu verlagern, endete mit einem handfesten Krach in der grossen Koalition. Im Herbst wird in den Bundesländern Oberösterreich und Wien gewählt. Der Siegeszug der FPÖ scheint unaufhaltbar.

Wie das gesamte Asylwesen gehört die East Traiskirchen zum Kompetenzbereich von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP). Verwaltet wird sie von der Österreich-Tochter der Schweizer Firma ORS. Humanitäre Organisationen werfen dem Unternehmen mangelnde Transparenz sowie mangelnde Betreuung unbegleiteter Minderjähriger vor. Im Lager leben zwischen 800 und 1200 Jugendliche, die sich ohne Eltern auf den Weg nach Europa machten oder unterwegs von ihnen getrennt wurden.

Manche müssen auf der Wiese schlafen. Er wisse von Fällen, in denen ORS die Zuteilung von Betten verweigert habe, sagt der Geschäftsführer des Flüchtlingsdienstes der evangelischen Diakonie, Christoph Riedl: «Das Personal macht auf uns nicht gerade einen qualifizierten Eindruck. Wenn etwas passiert, schickt ORS die Jugendlichen mit ihren Problemen zu uns.» Die grüne Parlamentsabgeordnete Alev Korun konnte das Zentrum Traiskirchen vor zwei Wochen besuchen und bekam den Eindruck, dass für Jugendliche keine geregelten Tagesabläufe und keine Möglichkeit gibt, Schule oder Deutschkurse zu besuchen: «Die hängen den ganzen Tag im Lager oder auf der Dorfstrasse herum.»

Kinder schlafen auf Steinboden

Alle Asylbewerber erhalten einen Ausweis und dürfen das Zentrum verlassen. Journalisten ist der Zutritt verboten, das Innenministerium begründet das mit dem Schutz der Privatsphäre. In diesem Jahr erhielten lediglich zwei Reporter eine Besuchsgenehmigung. Manche Asylbewerber wie der Afghane Hassan oder der Nigerianer James geben vor dem Lager Auskunft. Sie erzählen von Kindern, die in Gängen auf dem Steinboden schlafen, und über Warte­zeiten bis zu zwei Stunden bei der Essens­ausgabe.

ORS Österreich beantwortet Medienanfragen nicht selbst, sondern leitet sie ans Innenministerium weiter. Dessen Sprecher Karl-Heinz Grundböck sagt gegenüber dem «Tages-Anzeiger», dass das Ministerium mit der Leistungserbringung des privaten Dienstleisters zufrieden sei: In Traiskirchen seien derzeit 130 Mitarbeiter tätig, die sich um Essen, Transport, medizinische und soziale Betreuung kümmerten. Auf die geänderte Situation habe ORS mit der Aufnahme von zehn Mitarbeitern reagiert. Damit sei eine entsprechende Betreuung sichergestellt. Alle Mitarbeiter müssten eine Ausbildung als Sozial- oder Gesundheitspädagogen haben oder über eine mindestens dreijährige einschlägige Arbeitserfahrung verfügen. Warum ORS nicht selbst Auskunft gibt, weiss Grundböck nicht. Das Ministerium habe die Firma nicht zum Schweigen verpflichtet.

Das Innenministerium habe mit dem Schweizer Unternehmen einen Knebelvertrag abgeschlossen, sagt hingegen Caritas-Generalsekretär Klaus Schwertner: «Wir wissen nicht, wie viel Geld ORS für die Betreuung erhält und wie viel Personal pro Flüchtling eingesetzt wird.» Auch Anni Knapp von der Beratungsstelle Asylkoordination Österreich vermisst Informationen von und über ORS, sieht das Problem aber beim Innenministerium, das nur ganz wenige Zahlen und Fakten herausrücke.

Die Zahlen sind Amtsgeheimnis

In der Schweiz ist die ORS Service AG seit 20 Jahren tätig und zum grössten privaten Unternehmen im Asylbereich gewachsen. Mit 600 Mitarbeitern betreut die Firma mehrere Bundesunterkünfte sowie regionale Unterkünfte und Wohngemeinschaften. Gemeinnützige Organisationen wurden aus der Betreuung weitgehend verdrängt, da sie die Leistungen nicht zu denselben Konditionen wie das gewinnorientierte Unternehmen anbieten konnten.

Ende 2011 erhielt die österreichische «ORS Service Gesellschaft» vom Innenministerium den Zuschlag für die Betreuung der Erstaufnahmestellen. Der vorherige Betreiber, European Homecare, hatte sich zurückgezogen, weil er nicht kostendeckend arbeiten konnte. Wie die Schweizer rechnen, ist Amtsgeheimnis. Die Grünen stellten eine parlamentarische Anfrage mit 31 Punkten über ORS an die Innenministerin. Unter anderem fragen sie nach der Finanzierung, nach der Qualifizierung der Mitarbeiter und nach Betreuungskonzepten. Mikl-Leitner muss bis Anfang August antworten. Abgeordnete Korun findet die Privatisierung des Asylwesens prinzipiell problematisch: «Private Unternehmen haben das legitime Interesse, Gewinn zu machen.» Das sei nur durch Minimierung von Kosten und Leistung möglich. ORS betreut mittlerweile auch die Zeltstädte und provisorische Unterkünfte.

Nicht zufrieden mit ORS war die zuständige Behörde in der nahen Bezirkshauptstadt Baden. Sie entzog im Sommer 2014 dem Unternehmen die Bewilligung, in Traiskirchen neu ankommende Asylbewerber zu betreuen. Das Sicherheitskonzept sei mangelhaft und damit «Gefahr in Verzug». Die Rechercheplattform Dossier.at konnte nachweisen, dass die Behörde den Bescheid auf politischen Druck des niederösterreichischen Landeshauptmanns Erwin Pröll (ÖVP) ausstellte, der sich mit harter Haltung in der Asylpolitik profilieren wollte. Der Bescheid wurde nach einem halben Jahr wieder aufgehoben.

 

Genf: Gegen die Überstellungen in die Bunkers, Demos, Versammlungen, Besetzung des Theaters Grütli

übersetzt und zusammengefasst von renversé

Am Montag, dem 15 Juni kam die Polizei, um die Bewohnenden des Tattes zu zwingen, sich im Bunker zu begraben. Die überstellten Personen haben alle einen negativen Entscheid für ihre Asylanfrage erhalten. Sie wurden dazu gedrängt ein Dokument zu unterschreiben, welches sie nicht verstehen und verpflichtet, nicht mehr in ihr Heim, in dem sie gewohnt haben, zurückzukehren. Die meisten bevorzugten es draussen zu schlafen, als diese unmenschliche Situation hinzunehmen.

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Mehrere dutzend Menschen von Genf haben sich vor dem Heim von Tattes versammelt, um die Antragsstellenden zu unterstützen und die Überstellungen zu verhindern. Um eine Versammlung vor Ort zu unterbinden, hat das Heim Einsatzkräfte gerufen, welche dann zahlreich erschienen.

Nach mehreren Minuten Streit und Drohungen zogen 300 Flüchtlinge und Menschen aus Genf schreiend durch die Strassen bis zur Kirche Sacré-Coeur. Nach einigen erfolglosen Versuchen Zugang zum Gebäude zu erhalten, entschieden sich die übrigen Menschen, sich in das Theater Grütli zu begeben, um dort die Nacht zu verbringen.

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(On nous met dans des bunkers, on nous fait manger de la merde. Y en a marre! – Man steckt uns in Bunkers, man gibt uns Scheisse zum Essen. Es reicht!)

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Am Dienstag ging die Mobilisierung weiter und die Besetzung nahm Form an. Am Nachmittag kam es von verschiedenen Seiten (Stopbunkers, Solidarité Tattes, parti SolidaritéS, die Grünen Genf und dem Kollektiv Sans retour) zu einem Gespräch mit dem Berater des Departements für Soziales, Mauro Poggia, welcher aber keine Alternative zur Unterbringung in Bunkern sieht. Nach ihm werden in den nächsten Tagen 90 Menschen umgesiedelt. Aufgrund der Missachtung der Autoritäten demonstrierten die Migranten und ihre Unterstützer erneut an diesem Abend. Im Anschluss gab es Essen und eine Versammlung im Grütli.

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Die Besetzer_innen des Grütli haben am Mittwoch ein Manifest verfasst, welches vor Ort unterschrieben werden kann. Darin fordern sie die Wiederrufung der Überstellungen in die Bunkers, die Schliessung der PCi Unterkünfte, die Schaffung von würdigen und humanen Empfangs- und Unterkunftsbedingungen und rufen alle solidarischen Gruppen und Menschen auf, die Bewegung zu unterstützen. (Das ganze Manifest kann hier nachgelesen werden)

Es werden weiterhin helfende Hände (kochen, basteln, transportieren…), Schlafsäcke, Matratzen, Decken, Essen (Gemüse, Beilagen, Früchte…), Besteck und Geld benötigt.

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Für diesen Samstag, 20. Juni wird für eine Demonstration aufgerufen. Treffpunkt: 16 Uhr beim Théatre du Grütli

England: Zaun beim Yarl’s Wood Gefängnis niedergerissen

übersetzt von Rabble

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Mehrere hundert Menschen demonstrierten am Samstag (06. Juni) beim berüchtigten Yarl’s Wood Migrations Gefängnis in Bedfordshire, betrieben von Serco.

Diverse Politiker_innen und selbstgefällige Berühmtheiten waren vor Ort um Reden zu halten. Ein grosser Teil der Ansammlung ignorierten diese allerdings und entschieden sich lieber den äusseren Zaun niederzureissen. Der stärkere innere Zaun blieb zwar standhaft, trotzdem kam die Masse nahe ans Gefängnis heran, machten Lärm und konnten mit den Gefangenen kommunizieren, welche selbst auch rumschrien und an die Fenster schlugen. Es waren zu wenig Bullen vor Ort um einzuschreiten.

Auf dem Detained Voices Blog ist ein Bericht eines Insassen aufgeschaltet.

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Australien: Hungerstreik, Besetzung und Unruhen im Internierungszentrum von Wickham Point

übersetzt von sanspapiersnifrontières

Am Dienstag, dem 14. April 2015 brach ein Aufstand im Internierungszentrum für Asylsuchende in „Wickham Point“ aus.

Die geplante Ausschaffung von mehreren iranischen Familien nach Nauru (Anm. eine kleine Inselgruppe im Pazifischen Ozean, Flüchtlinge, welche es über den Seeweg nach Australien schaffen, werden in ein Lager auf Nauru verschoben, welches von Australien finanziert und vom Unternhemen Serco betrieben wird) und die Selbstverstümmelung von etwa 20 Gefangenen soll die Revolte ausgelöst haben. Am gleichen Tag haben drei Antragssteller_innen (darunter eine schwangere Frau) versucht, sich selbst umzubringen. In den letzten 3 Wochen versuchten 15 Gefangene, sich das Leben zu nehmen.
Nach Ben Pynt, einem Unterstützer von Asylsuchenden, haben die Inhaftierten den Innenhof besetzt, um so gegen diese x-te Ausschaffung zu protestieren. Mindest 100 Migrant_innen waren an der Revolte beteiligt. Während diesen Auseinandersetzungen wurden die Schranken,Türen und Mülleimer beschädigt. Die Bullen haben die Agenten der „Metropolitan Patrol Group“ geschickt, um wieder Ordnung herzustellen. In diesem Zentrum kommt es, seitdem die medizinische Hilfe eingestellt wurde und die Verlegungen nach Nauru zunehmen, immer wieder zu Revolten.

Am Sonntag, dem 12. April gegen 19.00 Uhr ist ein Gefangener auf das Dach geklettert, um gegen die Bedingungen der Haft und den Mangel an medizinischer Hilfe zu protestieren.

Am Mittwoch, 15. April ging der Protest weiter. Um ungefähr 16.30 Uhr stiegen zwei Migranten aufs Dach, eine halbe Stunde später folgten ihnen 5 schwangere Frauen. Sie drohten damit, dass sie das Zentrum niederbrennen, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden (u.a. gegen die Verlegung einer schwangeren Frau und ihrem Kind nach Naru). Ausserdem fand an diesem Tag ein Solidaritätstreffen vor dem Zentrum statt.

Seit Dezember 2014 kam es bereits zu über 20 Hungerstreiks in den Mauern des Zentrums von Wickham Point.

Die eingesperrten Flüchtlinge sind hauptsächlich aus Sri Lanka, aus dem Irak, Iran und aus Afghanistan. Die Zahl von Toten, welche versuchen von Indonesien aus per Boot die australische Insel „Christmas“ zu erreichen, hat zwischen 2012 und 2013 stark zugenommen. Die Politik des australischen Staates ist bekannt dafür, dass sie systematisch alle Flüchtlinge einsperrt und unter miserablen Bedingungen lange zurückhalten.

Solidarität mit den kämpfenden Migrant_innen! Feuer allen Knästen!

England: Ein Toter im Zentrum von Yarl’s Wood

übersetzt von Rabble

Am Monntag (20. April) starb im Internierungszentrum von Yarl’s Wood ein 33-jähriger Mann. Er war mit seiner Frau in England zu Besuch, als sie am Flughafen verhaftet wurden. Während dem Frühstück brach der Mann zusammen und starb. Sie waren bereits 2 Monate eingesperrt.

Worte sind alles andere als genug.
Die Grenzen bedeuten Tot.
Solidarität heisst Angriff.

ZH: Versuchter Suizid im Bundeslager Juchhof!

gefunden auf indymedia schweiz

Vor ca. zwei Wochen versuchte ein Asylsuchender im Bundeslager Juchhof in Zürich, sich mit einem Strick selbst zu erhängen.

Durch Gespräche mit Direktbetroffenen wurde bekannt, dass vor ca. zwei Woche ein versuchter Suizid im Bundeslager Juchhof stattfand. Ein Mann wollte sich mit einem Strick in seinem Zimmer erhängen. Dies gelang jedoch nicht, da der Haken, an dem der Strick befestigt war, beim Versuch aus der Deckenwand gerissen wurde. Der Mann wurde mit Polizei und Ambulanz ins Krankenhaus gebracht. Sein momentaner Zustand ist nicht bekannt.
Dieser Vorfall ist ein weiterer Ausdruck einer produzierten Ausweglosigkeit, mit der sich abertausende Menschen jeden Tag konfrontiert sehen. Produziert von all jenen autoritären Kräften, die Menschen zwecks Verwaltung, Verwertung und Kontrolle unaufhörlich physisch und phsychisch terrorisieren und entwürdigen – solange bis der Suizid den noch einzig selbstbestimmten, freien Akt darstellt.

Der Staat und sein Migrationsregime tötet, ob im Mittelmeer oder gleich um die Ecke.

Genug den Worten, es gibt viel zu tun…