Archiv der Kategorie: Agitation

Prozess in Paris – solidarische Messerstecherei in Basel

gefunden auf barrikade

Frühling 2016 in Frankreich: Im Zuge einer angekündigten Arbeitsmarktreform gehen in verschiedenen Städten tausende Menschen auf die Strassen, besetzen, blockieren, streiken, attackieren die Bullen und demolieren die Strukturen der Macht. Einige um für ihre Rechte innerhalb der Lohnsklaverei zu kämpfen, andere machen sich weniger Illusionen, wissen, dass es in dieser Welt der Arbeit und Gesetze nichts zu verteidigen gibt und gehen direkt zum Gegenangriff über. Am 18. Mai 2016, als die Bullen auf dem Place de la République gegen die Gewalt gegen die Polizei demonstrieren, wird eines ihrer Autos auf dem quai de Valmy in Brand gesteckt. Im Nachgang werden verschiedene Menschen angeklagt, einige sitzen über Monate hinweg im Knast, eine seit mehr als einem Jahr. Vom 19. Bis zum 22. September findet nun der Prozess in Paris gegen neun Personen statt, wobei eine angeklagte Person nie ausfindig gemacht werden konnte.

Mit dem im Hinterkopf sind wir in den letzten Tagen mit schlechten Absichten losgezogen und haben bei folgenden Firmenfahrzeugen die Reifen zerstochen:

  • Bouygues: Dieser Konzern baut und verwaltet vor allem in Frankreich Knäste und Abschiebelager. Weiter beteiligte sich dieses Unternehmen auch am Bau vom Nanotech-Center in Grenoble, bewacht die Protected-Site (Gentech-Freilandversuch) in der Nähe von Zürich, ist Teil von Medienunternehmen usw… Für diejenigen, die mehr über diesen Konzern und seine Tentakel wissen wollen, empfehlen wir einen Artikel in der 1. Ausgabe der Rhizom.
  • Adecco: Arbeitsvermittlungsbüro. Weil „die Arbeit für das Leben das ist, was das Erdöl für das Meer ist“ wie das ein Flyer, der während dieser Zeit verteilt wurde, so schön formulierte.

Weiter nach Saint-Louis, Frankreich (wir lassen uns weder in unseren Gedanken noch Taten von den Grenzen aufhalten):

  • Ein Auto des Conseil départemental du Haut-Rhin: Verwaltung. Wir verachten ganz einfach die Autorität.
  • Enedis: Französische Elektrizitätsfirma, die immer wieder Ziel von Angriffen geworden ist aufgrund ihrer Beteiligung am geplanten Atomklo in Bure oder wegen der Installation von Linky, einem intelligenten Stromzählungssystem. Die Überwachung und Kontrolle ist auf dem Weg in unsere Wohnungen.

Dies bringt uns wieder zurück nach Basel:

  • Siemens: Für ihre Arbeit zugunsten der ausgeweiteten Überwachung, zum Beispiel vernetzte Überwachungssysteme, Gesichtserkennung…
  • ABB: Ein führender Energie- und Automatisierungskonzern, der seine Roboter im Dienste des Kapitalismus auf der ganzen Welt verteilt hat und den Menschen selbst lieber als Maschine sehen würde.
  • Zum Schluss noch je ein Auto von Implenia, Alpiq und der EAGB, die sich alle am allseits unbeliebten Ausbau des Bässlerguts beteiligen.

Die Formen und Strukturen der Überwachung, Kontrolle und Einsperrung sind überall. Lasst es uns auch sein.

So. Genug gesagt. Auf zu weiteren Taten.


Schön wie ein brennendes Bullenauto

gefunden auf attaque

Dieses Plakat wurden in Solidarität mit den beiden Gefährt*innen Kara und Krème, die immer noch in Fleury-Mérogis wegen der Affäre « Quai de Valmy » (Brandanschlag auf ein Bullenauto am 18. Mai 2016 in Paris) inhaftiert werden, auf den Strassen von Saint-Malo, Rennes, Paris, Clermont-Ferrand, Dijon und Besançon aufgeklebt:

Schön wie ein brennendes Bullenauto

Frühjahr 2016: Die Wut auf der Straße erschüttert dieses resignierte Land, wie das seit mehr als zehn Jahren nicht mehr geschehen ist. Ein weiteres Gesetz, das eine unserer Ketten – die Lohnsklaverei – noch kürzer macht, ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, ein Fass voller Ausbeutung, Ausnahmezustand, polizeilicher Allmacht, der Paranoia, des virtuellen Lebens und einer versprochenen Zukunft, die allzu sehr dieser düsteren Gegenwart gleicht. Die Städte Frankreichs werden von zerstörerischen Demos durchzogen, kurze Momente des Lebens bilden sich auf der Zerstörung dessen, was uns jeden Tag unterdrückt.

Am 18. Mai 2016 antwortet eine wilde Demo angemessen auf eine Versammlung der Bullen in Paris, die darüber klagen, dass die ganze Welt die Polizei hasst. Ein Streifenwagen der Polizei wird angegriffen, die Fenster eingeschmissen, einer der beiden Bullen steckt ein paar Schläge ein und dann fäng der Polizeiwagen an zu brennen. Sofort nach diesem Angriff und während des folgenden Jahres werden neun Personen wegen diesem Freudenfeuer angeklagt. Einige von ihnen verbrachten ein lange Zeit in Haft, während eine andere unauffindbar für die Justiz bleibt. Alle werden vom 19. bis zum 22. September 2017 vor Gericht in Paris kommen.

Beide Anarchist*innen, Kara und Krème, befinden sich derzeit noch immer in Haft.

Unsere Gedanken richten sich insbesondere an sie, weil wir den Traum einer Welt der Freiheit teilen, in welcher die Polizei, sowie jede Autorität und alles, was die umfassende und unteilbare Freiheit aller Individuen hemmt, nur noch eine alte Erinnerung ist.

Weil die Polizei im Dienste der Reichen und der Mächtigen steht und dies ihre Existenzberechtigung ist.

Weil es keine gute Polizei geben kann. Die Polizei demütigt, sperrt ein, vergewaltigt und ermordet tagtäglich.

Weil wir viele sind, die die Polizei hassen, auch wenn es nicht immer aus Liebe für die Freiheit Aller ist.

Weil wir uns den Unterdrückern und ihren Dienern in Uniform (die nicht immer
blau ist) auf verschiedene Weise widersetzen können…

Weil ein brennendes Bullenauto ein guter Anfang ist, führen wir die Feindseligkeiten also weiter!

Feuer und Flammen für diese Welt der Autorität!

Freiheit für Kara und Krème!
Freiheit für alle!

Publikation: Une lutte contre la machine à expulser (Paris, 2006-2011)

übersetzt von brèves du désordre

Mutines Séditions freut sich, euch ihre letzte Erscheinung vorzustellen: Liberté pour tous, avec ou sans papiers. Une lutte contre la machine à expulser (Paris, 2006-2011). (Freiheit für alle, mit oder ohne Papiere. Ein Kampf gegen die Abschiebemaschine (Paris, 2006-2011).

Das 322-seitige Buch kann bereits jetzt für 8 Euro bei Mutines Séditions – c/o Bibliothèque Libertad – 19, rue Burnouf – 75019 Paris bestellt werden. Die komplette Einleitung sowie alle anderen bei Mutines Séditions erschienen Bücher findet ihr auf mutinesseditions.free.fr.

Und um euch einen kleinen Eindruck zu geben:

„Die Entscheidung, ab Anfang 2009 einen Kampf gegen die Abschiebemaschine zu lancieren, entstand also auf der einen Seite in Anlehnung an die Revolten in den Internierungslagern, die in den Quartieren, in denen wir bereits seit mehreren Jahren Agitation betrieben, nachwirkten, aber vor allem mit dem Willen, eine Kampfmethode mit einem präzisen Ziel für alle, Migranten oder nicht, vorzuschlagen: Nicht Forderungen zu einem spezifischem Thema zu stellen oder ein Maximum an empörten Menschen angesichts einer Ungerechtigkeit zu versammeln, aber die konkreten Räder der Herrschaft anzugreifen. Eine Methode gestützt auf der Selbstorganisation, der direkten Aktion und der permanenten Konfliktualität. Seit Beginn wollte man sich allerdings weder an ein bestimmtes poltisches Subjekt, der Sans-Papier, Träger einer unbekannten revolutionären Kraft, binden, noch sich auf eine spezifische Bedingung, die illegale Einwanderung, konzentrieren, weil dies auf magische Weise geeigneter wäre als andere. Die Frage, die sich für uns stellte, war vielmehr die Gesamtheit der Unerwünschten dieser Welt, und vor allem diejenige nach der Komplizenschaft in der Revolte gegen das, was dies produziert, der Staat und der Kapitalismus, ausgehend von einem anfänglichen Blickwinkel: Die Abschiebemaschine.“

Dieses Buch trägt mehr als 60 Flugblätter, Plakate, Berichte, Artikel, Briefe und Agitationsmaterialien gegen die Abschiebemaschine zusammen, die zwischen 2006 und 2011 in der Region Paris und darüber hinaus erschienen. Das ganze wird mit Anmerkungen, Illustrationen und Chronologien, aber auch mit einem Vorwort, das auf die Entwicklung dieses Kampfes ab 2006 zurückgeht, sowie mit zwei Billanzen dieser Erfahrung ausgeschmückt.

Besançon, Frankreich: Solidarität mit den 4 Angeklagten in der „affaire machine à expulser“

übersetzt von attaque

 Am Morgen dieses 21. Junis wurde ein Spruchband in der Nähe des Bahnhofs SNCF in Besançon in Solidarität mit denen, die diesen Freitag (23.06) als erster Teil der sogenannten „affaire machine à expusler“ vor Gericht müssen, aufgehängt. Darauf stand geschrieben: „Sabotieren wir die Abschiebe- und Inhaftierungsmaschine – Solidarität mit den 4 vor Gericht diesen 23. Juni in Paris“.

Ausserdem wurden einige Poster, die diese Affäre und die 7 ½ Jahre des Verfahrens zusammenfassen, im Quartier Battant aufgeklebt. Einige bekunden laut und deutlich „Weder Käfige noch Grenzen – Solidarität mit Dan, Olivier, Camille und François – 23. Juni Paris / Solidarität in der Revolte“ oder „Feuer den Internierungslagern und allen, die sie errichten“…

Lassen wir sie nicht in Ruhe verurteilen! Drinnen wie draussen, Solidarität in der Revolte!

Die erste Renitente ist da

gefunden auf barrikade

Die Renitente ist ein offenes Zeitungsprojekt aus der Zentralschweiz und veröffentlicht kritische Stimmen zu Migrations-Regimen. Aus verschiedenen Perspektiven wird über Rassismus, das Camp-System und Fremdbestimmung nachgedacht.

In ihrer ersten Ausgabe widmen sich die Autor*innen den repressiven Methoden des Luzerner Amtes für Migration, sowie jenen im Sonnenhofcamp und der Firma ORS, die auf dem Glaubenerg (Obwalden) profitorientiert Leute in Halbgefangenschaft verwaltet. Zudem wird ein Erfahrungsbericht über Alltagsrassismus im Luzerner Hinterland gegeben und über (mögliche) Momente des Widerstandes nachgedacht. Die Zeitung kann im Luzerner Infoladen Romp oder online gelesen werden auf lagota.ch.

Vernissage, Diskussion und Vorstellung der ersten Ausgabe am 28. Juni um 19 Uhr im Ping-Pong-Raum, neubad Luzern.

 

Basel: Plakat: Gegen den Staat, seine Grenzen und Knäste!

per Mail erhalten

Gegen den Staat, seine Grenzen und Knäste!

An den Rand von Basel, weit weg von den Augen der tüchtigen Masse, wird bereits heute das ganze Elend, all die Migranten, all die Ausgeschlossenen, all die Verbrecher und Rebellen, weggeschoben. Tag für Tag werden beim Bässlergut Menschen eingesperrt, ihre Träume unter kalten Mauern begraben. Woche für Woche werden hier Menschen gegen ihren Willen deportiert.

In Zeiten, in denen der unerwünschten Masse an Menschen, die dem Warenparadies Europa keinen Nutzen versprechen, vor der Festung Europa der Krieg erklärt wurde und die Jagd auf diejenigen, die es trotz all der Zäune und Lager, den Bullen und humanitären Organisationen, Frontex und den Soldaten geschafft haben, Europa zu erreichen, in vollem Gange ist, in Zeiten, in denen der Sicherheitswahn verschiedene Formen der Überwachung hervorbringt, soll in Basel das Bässlergut zu einem Komplex aus verschiedenen Lagern und Knästen erweitert werden.

Der Knast wird mit einem Neubau erweitert, der schlussendlich mehr Plätze sowohl für kurze Haftstrafen als auch für Abschiebehaft bieten wird. Das Empfangszentrum soll zu einem Bundesasylzentrum ungebaut werden, in dem die Asylsuchenden schneller und effektiver bearbeitet werden und die Kontrolle maximiert wird.

Wenn also heute die Grenzen an den Rändern Europas dicht gemacht wurden und sogar noch weiter ausgebaut werden sollen, so darf nicht vergessen werden, dass all die Grenzen, welche uns von einem freien Leben trennen, überall, und somit auch hier in Basel, ausgebaut und verstärkt werden.

Die Grenzen sind überall, bekämpfen wir sie hier und überall. Bekämpfen wir das Bässlergut und dessen Erweiterung!

Wir ermutigen alle, die das europäische Migrantionsregime stören wollen, die der Abschiebemaschine Sand ins Getriebe streuen wollen, die der alltäglichen Kontrolle in unseren Leben ein Ende setzen wollen, die nicht selbst in diesem dreckigen Käfig eingesperrt werden wollen, die diese auf Herrschaft und Unterwerfung aufgebaute Gesellschaft umstürzen wollen, sich mit allen Mitteln gegen diesen Komplex zur Wehr zu setzen.

Wir ermutigen alle, sich mit Freunden und Gleichgesinnten zusammen zu tun, sich zu organisieren, sich Pläne auszuhecken und all denjenigen, die uns als passive Zuschauer gegenüber ihrem permanenten Machtausbau sehen wollen, das Spiel zu verderben und diese anzugreifen.

Denn entgegen dem, was die Herrschenden uns glauben machen wollen, dass sie allmächtig und unantastbar seien, bekräftigen wir, dass die Revolte möglich ist, dass das Feuer der Freiheit lebt, solange es Individuen gibt, die sich voller Entschlossenheit und Freude gegen ihre eigene Unterdrückung stellen.

Es lebe die Revolte!

Bern: Demo; „Die Schweiz hat ein Rassismusproblem“

gefunden auf anarchistische Gruppe Bern

Gut 1.300 bis 1.500 Menschen nahmen heute an der Antirassismus-Demo in Bern teil. Zahlreiche Gruppen und Einzelpersonen beteiligten sich mit Transparenten, Schildern, Flyern oder Klebern und trugen zu einer lautstarken Stimmung bei. Zudem wurden 1.000 Flyer mit rund 10.000 Klebern und einer Postkarte für Nekane als Beilage verteilt. Die Texte in den Flyern thematisierten den Rassismus in der Schweiz, die Inhaftierung von Nekane, die Rolle der Schweiz bei den Fluchtursachen weltweit und den Aufruf zu den Gegenmobilisierungen am 18. März.

Besonders auffallend waren das enorme Polizeiaufgebot und die Einschüchterungsversuche der Staatsgewalt. Nachdem hin und her bezüglich der Demo-Route, markierten bereits am Mittag diverse Kastenwägen der Polizei in der Innenstadt ihre Präsenz. Nebst dem Kamerawagen, der von Anfang bis Ende die Demonstration systematisch abfilmte, fotografierten Zivis Teilnehmer*innen der Demo ab. Bern entwickelt sich kontinuierlich in eine repressive Polizeistadt à la Kurt Wasserfallen.

Nichtsdestotrotz zeigte die grösse der Demo, dass Rassismus in der Schweiz nicht totgeschwiegen oder ignoriert werden kann. Diesbezüglich möchten wir nochmal auf die Gegenmobilisierung am 18. März und der Antifa-Kampagne #antifarally aufmerksam machen.


Autoritäten hinterfragen – Rede an der antirassistischen Demo vom 4. Februar 2017

gefunden auf antira.org

Hallo zusammen

Schön, dass wir heute zusammengefunden haben, um ein starkes Zeichen gegen Rassimus jeglicher Art zu setzen. Denn dies ist nötiger denn je! Seien es die tagtäglichen Ausschaffungen, rassistischen Polizeikontrollen oder die geflüchteten Menschen, die vom Staatssekretariat für Migration und den Kantonen in Lagern entmündigt und ihrer Bewegungsfreiheit beraubt werden.

Doch antirassitische Perspektiven sind nicht genug. Sie sollten durch antiautoritäre erweitert werden. Beginnen wir also Autoritäten zu hinterfragen, und zwar jeglicher Art. Seien es die Lehrer_innen in der Schule, die Chef_innen am Arbeitsplatz oder die Regierungen im Erlacherhof oder Bundeshaus.

Denn es sind diese Autoritäten, die ein Teil der Institutionen sind, die uns alle hier unterdrücken.

– Sie unterdrücken uns bei der Arbeit, in dem sie den Mehrwert unserere Arbeit, in Form von Profit, für sich behalten und uns mit Lohn zu befrieden versuchen
– Sie unterdrücken uns in der Schule oder im Studium, in dem sie ihre Perspektiven auf die Welt als Wahrheit verkaufen und unsere ignorieren
– Sie unterdrücken uns in unserer Versammlungs- und Meinungsfreiheit, in dem sie die heutige Demonstationsroute einschränken und uns nicht vor dem Bundeshaus und beim Bahnhof demonstrieren lassen

Weitere Beispiele von Unterdrückung sind die tausenden Menschen, die auf der Flucht sind und denen Autoritäten den Einlass verwehren. Spezifisch sind ausserdem Lesben, Schwule, Trans* und Queers auf der Flucht zu nennen, denen die Schutzbedürftigkeit aberkannt wird. Ausserdem Frauen*, wie z. B. Nekane Txapartegi, die durch patrarchalen Strukturen, wie Gefängnisse, mehrfach unterdrückt werden.

Institutionen und Autoritäten, wie z. B. Staaten, führen also nicht zu einer besseren Welt. Im Gegenteil. Sie zementieren bestehende Ungerechtigkeiten und produzieren neu.

Hören wir also auf, die Lösung der Probleme der Welt Autoritäten zu delegieren. Nehmen wir sie selber in die Hand und organisieren wir uns. Kommen wir zusammen, bilden wir Banden und kämpfen wir gemeinsam für freiheitliche Perspektiven.

Für eine Welt jenseits von Autoritäten. Für die Freiheit und für eine Soziale Revolution!

Paris: Und jetzt, wo die Misere nicht mehr ins Auge springt?

übersetzt von non-fides

Mitten in Paris, zwischen Jaurès und Stalingrad bestand über längere Zeit ein Camp von Migrant_innen, das immer wieder geräumt und wiederbelebt wurde. Nach einer Räumungsaktion am 16. September 2016, bei der über 2000 Flüchtlinge vertrieben wurden, hat sich das Camp dann aber wieder neu gebildet. Rund um die 2000 Migrant_innen übernachteten dann wieder in diesem Camp. Anfang November 2016 wurde das Camp dann endgültig geräumt.

Folgendes Flugblatt wurde nach der Räumung in Paris verteilt.


Über die Camps für Migranten und „uns“ alle

Man glaubte sich schon an den täglichen Anblick gewöhnt zu haben… Tausende von den Verdammten dieser Erde, die den Entschluss gefasst haben, ihre Familien, Freunde und Angehörigen zurückzulassen und die mit der Erwartung auf Hoffnung in den Strassen Paris` gelandet sind. Das Elend, das keinesfalls neu ist, befindet sich nun also durch den Zufall der Umstände vor den Augen aller. In diesem Elend, das die Verwalter „den Migrations-Parcours“ nennen, sind die Camps nicht der erste und auch nicht der letzte Schritt.

Nun ist es geregelt: die Gewalt des Gesetzes wurde mobilisiert, um die Armen einzuladen und abzutransportieren, niemand weiss wohin, weg von unserem täglichen Blickfeld, weg von unseren kleineren oder grösseren Sorgen der Trauer, der Empörung, der Übertreibung, der Machtlosigkeit oder der Gleichgültigkeit. Das Leben ist endlich wieder zur Normalität zurückgekehrt: Die Jugend kann sich wieder dem Sport zuwenden, so wie sie es gemacht hatte, die Familien können wieder unter dem Geruch der Tannen spazieren gehen, und all das in der Sicherheit der vom Bürgermeisteramt aufgestellten Gitter.

Das Elend besteht weiterhin, so, wie es auch schon vor den Camps in den Strassen von Stalingrad bestanden hat. Die Bullen, die regelmässig kamen, um zu kontrollieren, wegzuschicken, zu schlagen oder einfach, um die Menschen zu terrorisieren, haben ihre dreckige Arbeit nicht ausgesetzt. Die Behörden des OFPRA (Office française de protection des réfugiés et apatrides, Französisches Amt zum Schutz von Flüchtlingen und Heimatlosen) haben nicht aufgehört, unter denjenigen Einteilungen vorzunehemen, die es, nach ihnen, verdienen, als Flüchtlinge angesehen zu werden und dem Rest, dem die Kontrollen, die Einsperrung in den CRAs, die Abschiebungen und in der Zwischenzeit auch die beschleunigte Ausbeutung und der soziale Ausschluss vorenthalten werden. Die Bau- und Unterhaltungsfirmen der CRAs, wie Vinci, die Banken, die die Sans-Papiers verpfeifen, wie LCL, La Poste und BNP, diejenigen, die abschieben, wie SNCF oder Air France, sowie eine ganze Palette an Zeitarbeitsfirmen, bilden ein Geschäftsfeld, für das die Misere der Migranten nur eine weitere rentable Marktlücke ist. Und nicht zu vergessen die netten, karitativen und kommunalen Geister, das Bürgermeisteramt an vorderster Stelle, die alles dafür tun, dass dieser Schrecken hinter den sportlichen und familiären Aktivitäten vergessen geht.
Und nun?

Ein Schritt
Auch wenn wir in einer Zeit leben, in der die ganze Welt, von der extremen Rechten bis zur extremen Linken, uns nach Herkunft, dem schwachsinnigen Glauben, der ins Unendliche teilbaren Leiter der sozialen Hierarchie, den Identitäten, die eine leerer als die andere, nach den „Rassen“ einzuteilen versucht, halten wir daran fest, dass die Solidarität von allen Verdammten dieser Erde geteilt wird. Wir weisen es zurück, die Migranten ohne Papiere als getrennt von uns selbst zu betrachten. Wir akzeptieren es nicht, „wir“ ohne Anführungszeichen zu sagen.

Angesichts des extremen Elends, wie diesen Sommer in den Strassen rund um Stalingrad, kann das Gefühl der Solidarität mit uneingestandem Mitleid, ungeschickter Herablassung, ohnmächtiger Verzweiflung wirr durchsetzt sein. Das ist nicht heroisch aber auch keine Schande.

Aber kann man nur mit denen solidarisch sein, die „uns“ ähnlich sind? Vielleicht. Sollte man betonen, dass die Ausbeutung der Migranten eine intensivere Version dessen ist, was jeder Prolet bei der Arbeit erlebt? Oder dass auch die Gefängnisse, gleich wie die CRAs, für all diejenigen reserviert sind, die es nicht schaffen zu beweisen, dass sie einen Platz in dieser „bessten“ aller Gesellschaften haben? Man weiss es nicht.

Es sollte jedoch nicht darum gehen, aufgrund der Ähnlichkeit des Elends ein Argument für die Solidarität zu machen. Und dies für einen guten Grund: Unser Problem ist weniger das Elend, sondern vielmehr seine Akkzeptanz. Die Solidarität stützt sich demnach nicht auf der gemeinsamen Misere, sondern auf der geteilten Ablehnung derjenigen.

Angesichts der in letzter Zeit künstlich erzeugten Leere, war die Gleichung eine einfache: Dem lebendigen Mensch folgt ein nach Tanne riechender Wald, danke der Poesie – angesicht der Leere also, erfordert die Idee der Solidarität mehr von allen: Sie erfordert einen bewussten Schritt, eine aktive Bejahung. Der falsche Inhalt und die reale Leere der Strassen im Quartier um Stalingrad antworten nicht mehr auf die alltäglichen Gesten der Empathie und dies aus dem gleichen Grund, der sie unzureichend, ja, auch wenn bis vor ein paar Wochen verständlich, sogar lächerlich machte: Es ist der Staat und seine Zöllner der menschlichen Ware, die tausende von Menschen dazu bringen, sich auf den Strassen niederzulassen; es sind die Eigentümer und die Ausbeuter, die sie davon abhalten, von dort aufzubrechen; es ist der Staat und seine Wärter, die sie schliesslich einsammeln, einsperren und abschieben.
Die federführenden Autoritäten bringen diese menschliche Katastrophe hervor und haben dann die Frechheit, sich bei denen zu bedanken, die, angetrieben von der menschlichen Empathie, das Elend „austragen“, das sie geschaffen haben?

Zweiter Schritt
Was tun also? Werden wir es der makaberen Inszenierung vergeben, die alles tut, damit man die Katastrophe vergisst, wenn man durch die Strassen Paris` schlendert? Werden wir uns bei unseren Herren bedanken, die das Elend verborgen haben, während wir weiterhin in den Knästen, in den Strassen und an den Grenzen zu Grunde gehen? Werden wir uns weiterhin an die für diesen Zustand verantwortliche Gewalt wenden und auf eine unwahrscheinliche Lösung ihrerseits lauern?
Nein. Beginnen wir mit dem.

Die Strassen von Stalingrad bis Jaurès sind leer, wenden wir den Blick ab, folgen wir der Aussicht der klaren Gegenwart, ziehen wir eine Grenze, ziehen wir die Schlussfolgerungen. Wir erachten all diejenigen für verantwortlich, die, schlicht durch ihren Beruf, andere zum Elend verdammen, das in Stalingrad bis vor kurzem sichtbar war. Wir erachten all diejenigen für verantwortlich, die in der Inhaftierung und den Abschiebungen einen profitablen Markt gefunden haben. Wir erachten diejenigen für verantwortlich, die das groteske Maskenspiel anführen, dessen Ziel das Vergessen und die Entlastung aus der Verantwortung ist. Wir erachten sie für verantwortlich für das uns gemeinsame Elend.

Wir appellieren nicht an die Beseitigung des Leids. Wir appellieren nicht an die abstrakte und leere Liebe zwischen allem und allen. Doch schlagen wir die Absage von all dem vor, was sich gegen die Möglichkeit des Glücks, der menschlichen Solidarität und der Freiheit richtet.
Die aktive Absage, die jeder auf seine eigene Art und Weise finden und realisieren kann.

Das Elend ist uns gemeinsam, doch teilen wir nur die Wut, die sich gegen das Gegenüber richtet.
Auf das alles, was dies hervorbringt, untergeht.

Dritter Schritt

Exarchia, Griechenland: Ein Jahr Themistokleus 58 Besetzung

gefunden auf contra info

Am 10. Jänner 2017 vervollständigt die Themistokleus 58 Besetzung ein Jahr seiner Aktivitäten. Während dieses Jahres machte die Besetzung eine Reihe von Initiativen zur Intensivierung des Sozialen Krieges. Die Besetzung beteiligte sich an zahlreichen Maßnahmen zur Unterstützung von Projekten und Einzelpersonen, welche von der Unterdrückung aller Autoritäten betroffen waren.

Wir haben die internationale Solidarität zwischen Rebellen vorangetrieben weil wir glauben, dass nur durch nur durch wechselseitge Beziehungen, Affinität und Komplizenschaft gegen den Staat, Kapital und Herrschaft gebildet werden kann. Wir tun das indem wir falsche Unterscheidungen, aufgrund von Herrkunft, Sprache, Gender, sexuelle Orientierung und religiöse oder gottlosen Hintergrund niederreißen, betreffend jedem und jeder Person die irgendwie verbunden ist mit unserem Projekt.

Wir sind gegen Patriotismus und Rassismus (offenen und verdeckten) aufgestanden und haben es verweigert die Menschen die migrieren, auf der Grundlage der ihnen von den Behörden zugeschriebenen Statuses (Flüchtlingen vs. Nicht-Flüchtlingen), zu diskriminieren. Wir haben versucht uns am Kampf gegen Kontrolle und Repression von Migration zu beteiligen und mit einer umfassenden praktischen Kritik gegen den Komplex von Herrschaft vorzugehen, welcher vielseitig ist und alle befreienden Versuche isoliert, um zu schwächen und leichter unterdrücken zu können.

Wir haben den anti-institutionalen Charakter von unserem Projekt, mit allen notwendigen Mitteln, abgeschirmt und haben die Besetzung und unsere Aktivitäten von den Einflüssen von NGO’s, Medien und irgendwelchen Vermittlern freigehalten. Wir haben unsere politische Autonomität verteidigt, ohne unseren grundlegenden Merkmale unerer kämpferishen Gemeinschaft zu verändern. Zur selben Zeit haben wir uns entschieden mit Anderen uns auf Wegen zu treffen, wie bei multiethnischen Zusammenstößen, Zusammenarbeit, wann und wo auch immer die jeweiligen politischen und organisatorischen Rahmenbedingungen unseren Zielen entsprachen.

Die Themistokleus 58 Besetzung ist sowohl ein anarchistisch, politisches Projekt und ein Wohnort für Menschen ohne Papiere. Es ist ein subversives Labor für Theorie und Praxis, aber ebenso ein Ort an dem Individuen gemeinsam leben und kämpfen, auf der Basis von Selbstorganisierung, gleichberechtigter Teilnahme, Horizontalität, gegenseitige Hilfe und direkte Aktion. Nachdem das Projekt ein Jahr in Betrieb ist, sind die Erfahrungen (positive und negative) die während des Experimentes der 58 gemacht wurden, ein Vermächtnis eines Kampfes – wertvoll für uns für die zukünftigen Schlachten.

Wir laden alle ein sich, am Samstag den 14. Januar um 21:00 vor der 58, uns anzuschließen, für eine Demonstration auf den Straßen von Exarchia. Wir vergessen Shazad Luqman nicht, ein Migrant aus Pakistan der von einem neo-Nazi Abschaum in der Nachbarschaft von Ano Petralona im Jänner 2013 ermordet wurde.

Um das Projekt finanziell zu unterstützen, schließ dich uns am Samstag den 21 Januar um 21:00 Uhr an, für eine Soli-Party in der 58; mit Live-Musik-Perfomances von REZA ASKI (voice/Gitarre, aus dem Iran) und SIMO (Rap, aus Marokko), DJ sets, Essen und Getränke.

EXPLOSION UND FEUER ALLEN GEFÄNGNISZELLEN
WEDER EINGEBORENE NOCH FREMDE; VATERLANDSLOS UND REBELLEN

                                                       Demo vom 14. Januar in Exarchia

                                                       Demo vom 14. Januar in Exarchia

Thessaloniki, Griechenland: 22 Freisprüche im Prozess um Kirchen-Protestaktion gegen die Räumung des Orfanotrofeio

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Aus Protest gegen die Räumung der migrantischen Hausbesetzung „Orfanotrofeio“ durch die griechische Kirche und Polizei in Thessaloniki im Juli 2016 verteilten geflüchtete und solidarische Aktivist*innen am 31. Juli 2016 Flugblätter während einer Messe in der Kirche Agia Sofia (Thessaloniki). Dabei wurden 26 Aktivist*innen festgenommen. und inhaftiert, Bereits am folgenden Tag fand ein Gerichtsverfahren statt, in dem die 22 angeklagten Aktivist*innen vom Vorwurf der „Beleidigung der Kirche“, für den Haftstrafen bis zu 2 Jahren zu erwarten gewesen wären,  freigesprochen wurden.

Gegen dieses Urteil ist nun am heutigen Freitag, den 13.01.2017, die griechische Staatsanwaltschaft erneut vor Gericht gezogen. Von dem Vorwurf der „Beleidigung der Kirche“ wurden alle Angeklagten nach mehrstündiger Verhandlung freigesprochen. Es waren bis zu 100 Unterstützer*innen vor Ort.

Im Juli 2016 wurden drei zentrale Hausbesetzungen der internationalen Geflüchteten-Selbstorganisation und Solidaritätsbewegung in Thessaloniki (Griechenland) vom griechischen Staat und, in einem Fall, im Auftrag der griechischen Kirche geräumt. Aus Protest gegen die Räumung der Besetzung „Orfanotrofeio“ durch die griechische Kirche verteilten geflüchtete und solidarische Aktivist*innen am 31. Juli 2016 Flugblätter während einer Messe in der Kirche Agia Sofia (Thessaloniki). Dabei wurden 26 Aktivist*innen festgenommen.

Am 31. Juli 2016 wurden zunächst diejenigen Aktivist*innen vorübergehend inhaftiert, die die Abgabe ihrer Fingerabdrücke zur erkennungsdienstlichen Behandlung verweigert hatten. Unter ihnen befanden sich sowohl solidarische Aktivist*innen als auch Geflüchtete. Bei der Gerichtsverhandlung am 1. August 2016 hatten die Richter*innen den Vorwurf der „Beleidigung der Kirche“ durch Störung religiöser Handlungen gegen die 22 Angeklagten fallen gelassen. Der Vorwurf „Beleidigung der Kirche“ stellt in Griechenland einen gravierenden Rechtsverstoß dar, der mit bis zu mehreren Jahren Haft geahndet wird. Dagegen ging der griechische Staatsanwalt überraschend in Revision

Im heutigen Prozess wurden alle 22 Angeklagten, von denen 19 anwesend waren, vom Vorwurf der „Beleidigung der Kirche“ freigesprochen. Die Richter sahen es als nicht erwiesen an, wer genau die Kirche betreten hatte. Dazu zweifelten sie – sehr zum Missfallen der anwesenden Kirchenvertreter – an, inwiefern diese, in ihren Augen in einer Kirche zwar unangemessene, aber politische, Protestaktion eine Verletzung religiöser Gefühle und Beleidigung der Kirche dargestellt hatte. Es waren bis zu 100 Unterstützer*innen vor Ort, die den Prozess lautstark und kritisch begleiteten.

Die Agia Sofia Kirche war Ziel der Öffentlichkeits-Aktion der Aktivist*innen geworden, da sich eines der Ende Juli geräumten Häuser, das von bis zu 100 Geflüchteten und Unterstützer*innen bewohnte „Orfanotrofeio“, im Besitz der Kirche befand. Diese ließ die Räumung anordnen und das Gebäude unmittelbar danach vollständig zerstören. In ihren Flugblättern kritisierten die Aktivist*innen die Zusammenarbeit der Kirche mit dem griechischen Staat, der durch die Räumungen versuchte, die Kontrolle über die Migrationsbewegung wiederzuerlangen. In Griechenland, sowie in zahlreichen anderen Ländern entlang der Fluchtrouten, stellen besetzte Häuser immer wichtigere Alternativen zu repressiver, staatlicher Migrationspolitik dar.

Die Repressionen gegen die Aktivist*innen der Agia-Sofia-Kirchenaktion reihen sich ein in weitere Urteile und laufende Prozesse zu den Räumungen der  migrantischen Hausbesetzungen in Thessaloniki vom Juli 2016. Insgesamt stehen fast 100 Menschen vor Gericht. Die nächsten großen Prozesstermine nach der heutigen Revisionsverhandlung werden am 26.01. die Besetzer*innen des im Juli besetzten Gebäudes „Hurriya“, und im Mai die Besetzer*innen des „Orfanotrofeio“ betreffen.

Mehr Informationen zu den Häuserräumungen und zur Situation in Griechenland finden sich unter: https://cantevictsolidarity.noblogs.org/