Archiv der Kategorie: Agitation

An die Betroffenen

gefunden in der Dissonanz Nr. 17, 23. Dezember 2015

Nach wie vor ist die Thematik “Flüchtlinge” ein heisses Eisen. Die einen tauchen dieses, wie sie es halt gewohnt sind, ins kalte Wasser und legen es danach zu den anderen Fabrikationen dieser Gesellschaft, um sich dem nächsten mit ähnlicher Aufmerksamkeit zu widmen. Andere halten dieses Eisen durch politisches Kalkül so heiss, damit es sich nach Belieben und eigenen Interessen verbiegen lässt. Und wieder andere überlassen das Schmieden jenen, die ihrer Ansicht nach genug qualifiziert sind und schon wüssten, was zu tun sei. Doch es gibt auch solche, die da nicht ein Eisen sehen; die den Schmied und seine Giesserei verabscheuen; die die Tragödien an sich heran lassen; die da Menschen sehen. Die medial aufgebauschte Welle der humanitären Betroffenheit, der affektiven Hilfeleistungen und der selbstgerechten Ersatzhandlungen wie Refugees-Welcome-Facebookgruppen, Refugees-Welcome-Kundgebungen mit Parteien und NGOʹs etc., scheint langsam abzuflachen und das Feld nun ganz der Politik mit ihren Experten, Sonderstäben und verwalterischen Möglichkeiten zu überlassen – ein abgekühltes Eisen also…

Doch was passiert eigentlich?

Man könnte also meinen, dass die Dynamik abgeflaut sei, dass sich die Gesellschaft nicht mehr für Geflüchtete interessiere, oder zumindest nur noch marginal. Was die Marginalität angeht,so könnte dies sogar zutreffen. Doch was nun hervorsticht, ist die Qualität, die die jeweiligen Initiativen mit sich bringen. Es ist wiedereinmal nicht die Masse, die versucht, die Distanz zu verringern, die versucht, selbstorganisierte Strukturen aufzubauen, die versucht, durch Vertrauen und Ehrlichkeit ein gleichwertiges Verhältnis zwischen Hiesigen und Geflüchteten anzustreben, die versucht, durch Wissensaustausch den symbolischen Widerstand zu verlassen, um wirklich gefährlich zu werden für all jene Menschen, Institutionen und Unternehmen, die an diesem Migrationsregime mitwirken und davon profitieren. Nein, es sind Einzelpersonen, kleine Grüppchen und mehr oder weniger grössere Zusammenhänge, die Tag für Tag die Initiative ergreifen, um die gesellschaftliche Isolation zu durchbrechen und sich mit Geflüchteten treffen, diskutieren, Erfahrungen austauschen, Handlungsmöglichkeiten erarbeiten, (Wohn-)Räume eröffnen, sie verstecken, sie über die Grenze bringen usw. – ohne einen dementsprechenden Uni-Abschluss, ohne ein Salär, ohne Autorisierung irgendeiner staatlichen Instanz (all das wäre angesichts der Tatsachen völlig absurd!), oder sonst was. Es sind normale Individuen, die sich dafür entschieden haben, diesem staatlichen Terror, der fortwährend alle Menschen – mit- oder ohne Papiere– domestiziert, unterdrückt, ausbeutet, und all jene mit noch schlechterem Los in Lager und Gefängnisse steckt, und sie, falls möglich, in Tod und Elend deportiert, entschlossen entgegenzutreten und ihn bis aufs Letzte zu bekämpfen. All dies für die eigene Freiheit, für die Freiheit Anderer, für die Freiheit von allen. Nichts an dieser Entscheidung ist heroisch, nichts moralisch. Sie ist Resultat eines persönlichen Prozesses, der sich aus direkten und indirekten Erfahrungen zusammensetzt und sich immer weiterentwickelt. Je mehr man sich diesem Prozess annimmt, je mehr man die Distanz verkürzt, emotional wie auch physisch, desto mehr Fragen und Möglichkeiten tun sich auf. Denn es gibt keine Lösung des “Flüchtlingproblems” (zumal von einem Problem zu sprechen schon xenophob genug ist, aber so sind die Medien und ihre menschlichen Papageien halt) ohne eine Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse, die dieses “Problem” erst erschaffen haben. Doch das heisst nicht, dass man bloss dasitzen und auf die Revolution warten soll, nein, das wäre marxistischer Fatalismus. Denn die gesellschaftlichen Verhältnisse, arm und reich, Ausbeuter und Ausgebeutete, Unterdrücker und Unterdrückte, Herrscher und Beherrschte, Gesetzgeber und Gesetzesbrecher, Eingeschlossene und Ausgeschlossene, Privilegierte und Diskriminierte, lösen sich nicht einfach auf wie eine Brausetablette im Wasserglas. Diese Missstände aufzulösen verlangt Zeit, Ausdauer, emotionale Stützen, Wissen, Verbündete, Entschlossenheit, Optimismus, Wagemut, genaue Analysen der eigenen Realität, Wut und Liebe. Und doch vermögen wir es nicht, in einem Menschenleben all diese Hürden und Grenzen niederzureissen, um endlich mit unserer gewonnen Freiheit experimentieren zu können und zu lernen, was Leben denn noch alles bedeuten könnte…

Lasst uns handeln – alle

Diese Perspektive ist jedoch nicht etwas, das uns erschüttern sollte. Zu tief reichen die Wurzeln der Autorität im menschlichen Geist, als dass sie sich von heute auf morgen einfach herausreissen
liessen. Vielmehr sollte die Perspektive des scheinbar Unerreichbaren all jene, die ihr Leben nicht in den verschwenderischen Mülleimer des Ruhms, des Reichtums, des Herumkommandierens,
der apathischen Gefolgschaft oder des blinden Konsums werfen wollen, sondern sich dem Bestreben der zu erlangenden Freiheit aller annehmen, jeden Tag aufs neue anspornen, diesen Wunsch zu verwirklichen – mit allen uns verfügbaren Mitteln und Wegen der direkten Aktion! Überall gibt es Lager, Bunker, Gefängnisse und Anstalten, wo man mit Menschen in Kontakt treten kann. Überall gibt es Verwaltungszentren und Verwalter, private und staatliche Sicherheitsunternehmen und Entscheidungsträger, Polizeiposten und Polizisten, Gerichte und Staatsanwälte, kollaborierende NGOʹs und Vorsteher, Parteibüros und Politiker, hetzerische Medien und Journalisten, die angegriffen gehören und konkret daran gehindert werden müssen, ihre Tätigkeit weiterhin auszuführen. Was es nicht gibt, sind Gründe, nicht zu handeln.

 

Weg mit den „Balkan-Lagern“! Gegen alle Grenzen und Papiere!

gefunden in Fernweh Nr.17 – anarchistische Strassenzeitung

  • Zwei neue Abschiebe-Zentren in Bayern nur für Geflüchtete aus dem (West-)Balkan, in Manching bei Ingolstadt und Bamberg
  • möglichst schnelle Registrierung, Bearbeitung und Abschluss der Asyl-Verfahren und letzten Endes schnellere Abschiebung (höchstens 3-4 Wochen Aufenthalt)
  • Verwaltung durch: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, zentrale Ausländerbehörde, Verwaltungsgericht, karitative Einrichtungen, Sicherheitsdienste, Bundespolizei

Serbien, Bosnien und Herzegowina, Mazedonien, Kosovo, Albanien und Montenegro sind nun erklärte „sichere Herkunftsländer“, denn wer hier her kommt, in der Hoffnung auf ein besseres Leben, aber nicht vor Krieg und anerkannter Verfolgung flieht (Roma zu sein zählt wohl nicht), wer nicht das Vermögen, die Fähigkeiten oder die Bereitschaft mitbringt, um wirtschaftlich verwertet zu werden, der gilt als „überflüssig“.

Der Staat kategorisiert in „Gut“ und „Böse“: einerseits in „schutzbedürftige Bürgerkriegsflüchtlinge oder politisch/religiös Verfolgte“, und auf der anderen Seite in „kriminelle Asylrechtsmissbraucher und Wirtschaftsflüchtlinge“, da es in seinem Interesse ist, zu selektieren, wer die Chance bekommt sich hier zu integrieren und wer nicht berechtigt genug dafür ist, aber gleichzeitig auch, um sein Menschenrechts-Demokratie-Image aufrechtzuerhalten.

Die Lager, egal welcher Herkunft die Leute in ihnen sind, spielen dabei generell die Rolle, Unerwünschte und nicht Verwertbare von der Gesellschaft abzusondern und zu isolieren, um möglichst schnell und reibungslos alle wieder loszuwerden, die nicht (in den Arbeitsmarkt) integriert werden können. So wird versucht, jede freie Begegnung auf Augenhöhe ohne (staatliche) Vermittler zu verunmöglichen, die sich über das bloße unterstützende „Hilfe leisten“ hinaus entwickelt und beginnt, solidarische Komplizenschaft entstehen zu lassen. Eine Komplizenschaft, die vielleicht Tumult und Unruhe verursachen könnte, zwischen Leuten drinnen und draußen, die feststellen, dass die Fronten nicht zwischen Nationalitäten und Kulturen verlaufen, sondern zwischen denjenigen die entwürdigen, einsperren, regieren und denen die entwürdigt, eingesperrt und regiert werden.

Egal welche Nationalität in unseren Ausweis-Papieren steht, oder ob wir überhaupt welche besitzen, lasst uns denjenigen, die bevormunden, einsperren, abschieben, uns nur als verwertbare Ware für die Wirtschaft sehen, deutlich machen, was wir von ihnen halten…

Die Freiheit der Bewegung ist nur durch die Zerstörung aller Grenzen, aller Pässe, aller Staaten und Lager zu erlangen und nicht durch die Anerkennung irgendeines rechtlichen Status.

Weg mit allen Lagern, Abschiebe-Zentren, Grenzen, Staaten und seinen Dienern!

Werden wir gefährlich

gefunden in Fernweh – Anarchistische Strassenzeitung

39Wer kennt die Wut nicht? Und wer kennt nicht die tiefe Befriedigung seiner Zerstörungswut freien Lauf zu lassen? Wer kennt nicht die Wut auf den geldgierigen Chef und den stinkreichen Vermieter? Auf die gaffenden Blicke und Anmachen der Macker und Machos? Auf die erniedrigende „verdachtsunabhängige Kontrolle“ des Bullen und seine unverhohlene Begierde „Unerlaubtes“ festzustellen und in fremden Taschen und Wohnungen zu wühlen? Auf den Zwang um alles permanent kämpfen und konkurrieren zu müssen, sich ständig vor anderen zu behaupten und zu beweisen? Die Wut auf die vier Wände der einen umgebenden Zelle und den Wärter mit dem Schlüssel, der die Tür hinter einem verriegelt? Auf den Richter, der sich anmaßt über einen zu urteilen und denkt er wüsste, was das Beste für einen ist? Auf Spielkonsolen, Computer und Fernseher, die einen nur einlullen und abstumpfen, aber vor die man sich doch immer wieder setzt? Die Wut auf den immer gleichen routinierten Alltag und all die kleinen Entwürdigungen und Pflichten, die man sich gefallen lassen muss? Wer kennt die Wut nicht?

Doch es wird uns eingebläut, dass wir uns mit der Befriedigung unserer Wut nur ins eigene Fleisch schneiden würden und nur Tadel und Bestrafung, Sanktionen und Vorschriften ernten würden… da aber nichts so blind macht wie ständige Belehrungen und Verbote, da nichts so wilde Wut schürt wie gehemmte Wut, kurz: Da sich die Wut doch immer irgendein Ventil sucht, entlädt sie sich meistens bei denen, die weniger bewaffnet und einflussreich als die Belehrenden und Verbietenden sind. Und so kommt es, dass nach unten geschlagen und gespuckt wird, zum Beispiel auf Flüchtlinge und Migranten. Als würden die Grenzzäune um Europa ohnehin nicht sekündlich wachsen und als wäre deren Überquerung nicht tödlich genug, wird wie eh und je gegen alles „Fremde“ gehetzt, legen Rassisten Brände an Flüchtlingsunterkünften und versammeln sich zur „Verteidigung des Vaterlandes“ vor diesen. Es wird auf diejenigen geschlagen, die nichts haben, da man Angst hat, man müsste mit ihnen teilen. Es werden Brände gelegt, weil die Neuankömmlinge als Gefahr für die gewohnte „Normalität“, für den eigenen Staat und den „inneren Frieden“ empfunden werden. Es wird aus Angst gehetzt, dass es nicht genauso bleibt wie es ist…

… aber sind grenzen-überquerende Flüchtende eine Gefahr für uns oder für den Staat auf seiner Suche nach totaler Kontrolle? Benötigen wir Abschiebelager, Papiere und Kategorisierungen in „politische Flüchtlinge“ mit Bleibeerlaubnis und „Wirtschaftsflüchtlinge“ ohne Bleibeerlaubnis – oder der Staat und seine Politik und Wirtschaft?

Beschützen Grenzen Menschen, oder schützen Grenzen Staaten?

Und wäre es nicht an der Zeit unsere Wut an eben diesen Staaten, ihren Grenzen, Befehlsempfängern und ihrem todbringenden Kapitalismus zu entladen, anstatt an den Flüchtlingen, die von den Kriegen, der Armut und dem Elend desselben Kapitalismus zur Flucht getrieben werden?

Einige Gesetz- und Grenzenlose mit gehörig viel Wut im Bauch

Rom und Paris: Solidarität nach Calais

übersetzt von Rabble

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Zwei Bilder der Solidarität: Eines bei der Visa- und Immigrationsbehörde von Grossbritannien, bei dem „An der Seite derer, die in Calais kämpfen“ hingeschrieben wurde.

„Sich der Situation in Calais und dem Widerstand gegen Schikanen und faschistische Angriffe bewusst, dachten wir, das Büro derjenigen zu besuchen, die direkt für diese Gewalt verantwortlich sind. Grenzen sind überall und wir bekämpfen diese gemeinsam.“

In Paris wurde in der „La Chapelle“ Nachbarschaft, in der in den letzten Monaten intensive Kämpfe von Migrant_innen stattgefunden haben, ein Banner in Solidarität mit Calais aufgehangen: „Calais: Bewegungsfreiheit“.

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Lecce, Italien: 3 Verhaftungen im Kampf gegen das CIE von Brindisi

übersetzt von act for freedom now

liberituttiNach einer Versammlung vor dem CIE (centro di identificazione ed espulsione) von Brindisi – Restinco am 09. Januar 2016 wurden drei Gefährten unter der Anklage des Widerstands gegen Beamte und der unbewilligten Demonstration verhaftet. Sie stehen nun unter Hausarrest.

Anbei das Flugblatt, das während einer Demo aus Solidarität mit den Verhafteten am 10. Januar in der Innenstadt verteilt wurde:

Seit Anfang Oktober 2015 ist das CIE im Bezirk Restinco in Brindisi nach mehreren Revolten von den Eingesperrten, die das Zentrum unbrauchbar gemacht haben, wieder geöffnet. Die CIEs sind wahre Lager, in denen undokumentierte Migranten inhaftiert sind. Das Leben in einem CIE besteht aus Schikanen von Soldaten und der Polizei und grossen Einnahmen für die Unternehmen, die diese Lager verwalten: im Falle von Restinco der Verein Auxilium.

Seit der Wiedereröffnung des Zentrums gingen einige Gefährten mehrmals vor diese Mauern, um den Eingeschlossenen ein wenig Solidarität zu bringen. Nachdem sie schon regelmässig von der Polizei angehalten wurden, nahm die Polizei am 09. Januar 2016 drei von ihnen unter der Anklage der illegalen Demonstration und des Widerstands gegen Beamte fest. Wir wiederholen, dass es das Hauptziel der Repression ist, sicherzustellen, dass dieses Camp ein Ort der Segregation bleibt, völlig isoliert und den meisten Menschen unbekannt.

Wer gleichgültig ist, macht sich an diesen Lagern mitschuldig.

GEGEN GRENZEN, FREIHEIT FÜR ALLE, FEUER DEN CIES!!

Wenn die Feind_innen der Freiheit einen Gang zulegen…

per Mail:

Gleich von zwei neuen Lagern oder Knästen musste man in den letzten Tagen hören, die in oder um Basel realisiert werden sollen. Zum einen ein Registrierzentrum für Migrant_innen in Muttenz, das bereits ab Anfang 2016 in Betrieb genommen werden soll und Platz für bis zu 900 Migrant_innen schafft, was somit das grösste Zentrum der Schweiz sein wird. Die Personen sollen höchstens 3 Wochen im Zentrum zur ordentlichen Registrierung verweilen, bevor sie an die Kantone zur Prüfung ihrer Gesuche verteilt werden. Zum anderen soll das Bässlergut, das momentan Platz für Abschiebe- sowie Vollzugshaft bietet, bis 2019 mit einem Neubau erweitert werden. Der neue Knast wird 78 neue Haftplätze bieten. Die 43 Plätze im schon bestehenden Bässlergut, die momentan noch als Zellen für kurze Vollzugshaftstrafen dienen, werden dann wieder als Abschiebehaft genutzt. Zusätzlich wird in Zukunft ein Bundesasylzentrum, das durch Zentralisierung der zuständigen Behörden eine Beschleunigung der Anfragen und effizientere Abschiebungen ermöglicht, in der Region errichtet. Seit Anfang 2014 wird diese neue Form der Lagerpolitik in Zürich getestet. In ganz Europa werden sich solche Lager oder Abschiebeknäste weiter ausbreiten.

Diese Ausweitung der Kontrolle und Inhaftierung auf lokaler Ebene kann in grösserem Umfang genauso auf internationaler Ebene beobachtet werden: In Italien und Griechenland wurden Hotspots eingerrichtet, damit die als Problem verstanden Migrant_innen schon an den Aussengrenzen bearbeitet werden können. Die von verschiedenen europäischen Grenzschutz- und Polizeibehörden koordinierten Hotspots stellen einen weiteren Schritt in der repressiven Verwaltung und Steuerung der Migrationsströme dar; so findet die Registrierung (ein enorm wichtiger Schritt im europäischen Migrationsregime) durch Abnahme von Fingerabdrücken und Fotos und Erfassung in der Datenbank EURODAC bereits dort statt und diejenigen, die keine Chance auf Asyl haben, da sie nicht vom Status des Flüchtlings profitieren, werden durch Massendeportationen schonmal aussortiert. Die systematische Erfassung in den Karteien sowie das Sortieren verschiedener Menschen ist hierbei – genaugleich wie im Registrierzentrun in Muttenz – das Ziel solcher Massnahmen. Die Hotspots an den europäischen Aussengrenzen werden durch sogenannte „Tampons“ in den angrenzenden Ländern ergänzt, die die Migrant_innen durch Grenzschutz und Massenlager an der Weiterreise nach Europa hindern sollen. Im Gegenzug wird Europa neben Geldzahlungen eine gewisse Anzahl Migrant_innen aus diesen Ländern aufnehmen. Ein Abkommen mit der Türkei, diesem Drecksstaat, der fortschrittliche Bewegungen bekämpft und Widerständige aller Richtungen verfolgt und die Fanatiker des IS unterstützt, wurde dafür bereits unterschrieben, eines mit Libyen soll folgen. In den Gewässern vor Libyen lief im September wiederum die zweite Phase des Programms EU NAVFOR Med an, das die Zerstörung von Schleuserbooten ermöglicht und für das bereits sechs Militärboote und 1200 Soldaten mobilisiert wurden. In der dritten Phase sollen die Soldaten dann auch Boote und Infrastruktur auf libyschen Boden bekriegen können.

Die Liste ist bereits lang und ohne weiteres wäre es möglich, weitere Beispiele des gegen Migrant_innen geführten Kriegs aufzuführen, der bereits tausenden Menschen den Tod brachte. Leider ist dieser im noch jungen 21. Jahrhundert geführte Krieg nicht der einzige, und so reihen sich die verschiedenen Überwachungsgesetze in den verschiedenen Ländern, die militärischen und polizeilichen Aufrüstungen, die Bauten von verschiedenen Knästen in ganz Europa und die sich in Knäste unter offenem Himmel verwandelnden Städte, die zunehmende Repression gegen Widerständige in die gleiche Offensive der Mächtigen ein. Ein Krieg, der so normal geworden ist, das er nicht mehr erklärt werden muss und, die Maschen der Kontrollgesesellschaft enger schnallend, auf allen Ebenen die bestehende Privilegienherrschaft sichern soll; alle auf ihren Plätzen, registriert und durchleuchtet, um schon beim kleinsten Anzeichen eines Kontrollverlusts oder eines Ausbruchs aus diesen Reihen genügend Mittel zur Verfügung zu haben, um möglichst schnell und effizient die Ordnung wieder herzustellen oder die störenden Elemente unschädlich zu machen.

Das Erwähnte plus die erstarkenden nationalistischen Tendenzen überall, und die militärische Niederschlagung von Krawallen in den Vororten der US-Städte in den letzten Jahren, und die bis ins unermessliche anwachsende Kontrolle, und der Ausnahmezustand in Frankreich, und der Zustand eines zutiefst verseuchten Planeten, und der wachsende Eingriff der Technologien in unsere Körper und Leben und die so schrecklich weit verbreitete Ignoranz und Akzeptanz all dessen… ein kleiner Vorgeschmack auf dunkle Zeiten. Vielleicht. Die Pfade in diese Richtung wurden bereits verlegt, doch bleibt nur das Gegenwärtige gewiss. Die Zukunft jedoch, wenn nicht unbeschrieben, denn hierfür hat der Kapitalismus seine giftigen Finger bereits zu weit ausgestreckt, so aber dennoch offen. Vielleicht ist dies, wenn es die reisserischen Leidenschaften nach freiem Leben und der feurige Drang nach Aufstand vermögen, diese eiskalte Welt aus Krieg und Lebensverachtung, Trauer und Hass, hinwegzufegen und einer Welt aus Solidarität und gegenseitiger Hilfe, Respekt und Würde Platz zu schaffen, aber auch der Anfang vom Ende dieser kapitalistischen Zivilisation, die diesem Planeten nebst Entfremdung und künstlich-virtuellen Absurditäten nicht viel mehr als Elend und Vernichtung gebracht hat.

Wenn also die Feind_innen der Freiheit einen Gang zulegen und erneut ein Gewitter am ohnehin schon mit düsteren Wolken bedeckten Horizont aufzieht, gilt es umso lauter zu bekräftigen und herauszuschreien, dass die Lager und Knäste, der Rassismus und die Kriege, die Verfolgung und Unterdrückung fester Bestandteil einer auf Autorität aufbauenden Welt sind, dass der Staat schon immer der Feind derer war, die die Verantwortung für ihr Leben selbst übernehmen und nicht an Wahnsinnige delegieren wollten. Es gilt zu bekräftigen, dass diese Maschine gestoppt werden soll, dass nur ein tiefer Bruch mit der heutigen Gesellschaft uns die Möglichkeit eröffnet, mit Freiheit und Selbstbestimmung zu experimentieren, die einzige Möglichkeit auf wirklichen Frieden.

Einige sich im Konflikt mit jeglicher Herrschaft befindende Anarchist_innen.

Solidarität mit dem Angriff auf Siemens in Basel:
Der Tod der einen ist der Profit der anderen. Während der Krieg auf allen Ebenen vorbereitet und intensiviert wird, bedeutet dies auch, dass Unternehmen und Institutionen Gewinne und Vorteile wittern. Genau hier eröffnen sich allerdings auch Ansatzpunkte, wie diese Misere bekämpft werden kann: Die verschiedenen Verantwortlichen und Profiteure der Lager- und Abschiebepolitik (Migrationsamt, Bullen, ORS AG, Securitas, ISS, Swiss) können direkt angegangen werden, der Bau von neuen Lagern und Knästen, wie eben dem Bässlergut II in Basel, verhindert und sabotiert werden. Denn es scheint wie ein schlechter Witz, sich an den demokratischen Strukturen zu beteiligen, konform und unterwürfig, wenn diese Kriegsmaschine hier und jetzt zerstört werden soll, wenn der Widerstand auf Freiheit und nicht auf scheinbare Mitbestimmung innerhalb dieser Maschine abzielt.
Und so wurde in der schönen Nacht des 07. Dezembers ein Auto von Siemens den Flammen übergeben. Ein Unternehmen, auf verschiedenen Kriegsschauplätzen in der ganzen Welt präsent, so auch an der Abschottung Europas beteiligt. Die Unbekannten rufen dazu auf, diesen „Krieg der Herrschenden zu sabotieren“.

Athen: Angriff auf Büro von K. Kollias

übersetzt von act for freedom

Wir entschieden uns, das Büro von Professor Kollias anzugreiffen, zerstörten es und warfen Farbe hinein. Denn Leute wie er haben einen erheblichen Anteil an der baulichen Vervollständigung des Grenzzauns in Evros.

Zum Schluss wurden im Polytechnikum Plakate über den Vorfall geklebt.

Schmierige Professoren, Küstenwächter, Grenzbullen, lakaienhafte Politiker, euer Atem riecht nach Tod.

Wir vergessen die Toten unserer Klasse nicht. Nichts ist vorbei.

Text zur Bundeszentrumbesetzung in Bern

gefunden auf indymedia

Hier nachträglich der Text, welcher in der Nacht der Besetzung des künftigen Bundeszentrum in Bern in den Briefkästen des Quartiers verteilt wurde.

Wir haben gestern, am 11.12.2015 ein Gebäude des ehemaligen Zieglerspitals besetzt! Wie ihr als Anwohner_innen erfahren habt, soll hier ein neues Bundeszentrum für Asylsuchende entstehen. Wir wollen eine solche Entwicklung nicht akzeptieren. Nicht weil wir Menschen, die hierher migrieren, als Problem betrachten, sondern weil wir die Art und Weise, wie sie behandelt werden, ablehnen.
Wir weigern uns, diese Menschen als Problem oder als bedrohende Masse zu betrachten, wie sie in den Medien und von Politiker_innen oft dargestellt werden. Wir wollen nicht an der Debatte über die beste Form der Verwaltung von Migrant_innen teilnehmen. Denn dies sind Menschen, die sich sehr wohl selbst organisieren können, wenn sie nicht davon abgehalten werden. Raum um zu leben wäre an vielen Orten vorhanden. Die Migrationspolitik richtet sich jedoch nicht nach den Bedürfnissen der Menschen, sondern nach den Interessen von Staat und Wirtschaft. Weil Gesetzesverstösse für Migrant_innen weitreichendere Konsequenzen haben, besetzten wir dieses Gebäude in Solidarität. Hier könnte ein selbstorganisiertes Zuhause entstehen für Menschen, die hierher migriert sind.

Stell dir vor, du wirst an einen Ort gebracht, wo dir verboten wird, dich frei zu bewegen, alles pesönliche wird dir weggenommen. Wann du zum Arzt gehst, was und wann du isst, mit wem du dir ein Zimmer teilst, wann du schläfst, alles wird dir diktiert. Du wirst rund um die Uhr bewacht, den Ort verlassen darfst du nur am Tag und nur zu bestimmten Zeiten. Es besteht Meldepflicht. Du hast keine Möglichkeit, legal für deinen Lebensunterhalt zu sorgen und musst entweder mit ein paar Franken pro Tag auskommen oder illegal Geld beschaffen. Zudem droht dir ständig die Deportation in ein Land, in dem du nicht leben willst und unter Umständen gefährdet bist.

In Bundeszentren herrschen gefängnisähnliche Strukturen. Den Bewohner_innen der Lager werden jegliche Freiheit und Selbstbestimmung entzogen. Sie müssen sich an lagerspezifische Regeln halten, für die es keine rechtlichen Grundlagen gibt. Die Durchsetzung dieser Regeln basiert auf der Erpressung, dass diejenigen, welche sich nicht fügen, keine Chancen auf eine Aufenhaltsbewilligung erhalten. Wer sich trotzdem widersetzt, wird als renitent eingestuft, eingesperrt und nach Möglichkeit ausgeschafft.

Bei der Entwicklung der Lagerstrukturen geht es darum, Migrant_innen noch effizienter in Kategorien einteilen, kontrollieren und ausschaffen zu können. Möglichst viele in möglichst wenigen, dafür umso grösseren Lagern, so lautet die Strategie, welche nicht nur in der Schweiz, sondern in allen sogenannten Aufnahmeländern verfolgt wird. Für die Menschen im Asylverfahren bedeutet die Zentralisierung noch mehr Kontrolle und Fremdbestimmung im Alltag und noch mehr Abschottung von Menschen ausserhalb der Lager. Jeder Schritt der Asylverfahren soll in den Bundeszentren ablaufen, von der ersten Befragung über die Unterbringung bis zum richterlichen Entscheid und der wahrscheinlichen Ausschaffung. Die Asylgesuche sollen in einem Schnellverfahren möglichst rasch bearbeitet werden, um die Menschen sobald als möglich wieder auszuschaffen. Bei 60% der Asylgesuche soll innerhalb von 140 Tagen ein Negativentscheid vorliegen. Die Betroffenen verbringen somit die ganze Dauer ihres Asylprozesses im Bundeslager.

Obwohl die Grenzen immer lückenloser mit militärischen Mitteln kontrolliert werden und die meisten Menschen, die es trotzdem schaffen, nach Europa zu gelangen, gleich wieder ausgeschafft werden, liegt es nicht im Interesse der Staaten, die Einwanderung ganz zu stoppen. Das Ziel ist vielmehr, die Wirtschaft mit der Menge an Arbeiter_innen aus dem Ausland zu bedienen, die benötigt wird. Die einen sind ’nützlich‘, weil sie hochqualifiziert sind, die anderen, weil sie sich in einer so prekären Lage befinden, dass sie gezwungen sind, Billigstjobs anzunehmen. Ist der Bedarf an Billigarbeitskräften gedeckt, bleibt der Rest, die ‚Überflüssigen‘, die ‚Unerwünschten‘. Um die Zahl der positiven Asylentscheide nach Bedarf regulieren zu können, werden neue Gesetze erlassen und Kategorien erfunden wie ‚Wirtschaftflüchtlinge‘, ‚Sans Papiers‘, ‚vorläufig Aufgenommene‘ und ‚Abgewiesene‘ in Abgrenzung zu den ‚echten Flüchtlingen‘.

Die Politik der Lager und der Ausgrenzung ist nicht neu, die Bundeszentren sind nur eine weitere Verschärfung. An dieser Stelle ist es uns wichtig zu betonen, dass wir nicht das alte System der Asylzentren erhalten wollen, nicht einfach nur eine nettere Form der Verwaltung fordern. Die Frage ist für uns nicht, wie der Staat mit Migrant_innen umgehen soll, da wir sie nicht als ein zu lösendes Problem sehen. Das Problem ist vielmehr der Staat an sich mit seinen Gesetzen, welche es den einen ermöglicht, die ganze Welt auszubeuten und den anderen nicht einmal erlaubt, dorthin zu gehen wo sie wollen.

Wir sind solidarisch mit allen Menschen und Gruppen, welche die Grenzen bekämpfen und überqueren wollen. Es gibt keine falschen Gründe, seine Heimat zu verlassen. Lasst uns Ausschaffungen verhindern und Orte schaffen, an denen Menschen, welche hier ein zu Hause suchen, selbstorganisiert leben können.

Kämpfen wir für eine Welt ohne Ausbeutung und ohne Staaten mit ihren Grenzen, Lagern und Knästen!
Es liegt an uns allen!

Genf: Nein zur Ausschaffung von unserem Freund und Kameraden! Khaled bleibt!

übersetzt und gekürzt von renversé

Etwa 40 Personen versammelten sich am 04. Dezember 2015 beim Verwaltungsgericht, um ihre Solidarität mit Khaled zu zeigen. Bei der Anhörung im Gericht wurde er zu 60 Tagen Administrativhaft verurteilt.

Khaled ist ein abgewiesener Asylant aus Tunesien aber auch und vor allem ein Freund und Kamerad, der Teil der No Bunkers Bewegung, der Besetzung des Grütlis und der Besetzung von Faubourg in diesem Sommer war. Im Laufe des Kampfes wurde Khaled erneut in ein Heim gesteckt, wo ihm mitgeteilt wurde, dass er nach Tunesien zurückgeschafft werden wird. Trotz dieser Enttäuschung und der Repression, beteiligte er sich weiterhin aktiv an den Versammlungen der Bewegung.

Khaled verbrachte bereits 8 Monate in Haft, da er gegen das „Bundesgesetz über die Ausländerinnen und Ausländer“ verstiess.

2014 wurden 8590 Menschen aus der Schweiz in ihre vermeintlichen Herkunftsländer abgeschoben (6000 unter ihnen durch Zwangsrückführungen und 252 durch Sonderflüge). Alleine im Oktober diesen Jahres wurden 726 im Rahmen des Ausländergesetzes abgeschoben und 2051 Menschen im Rahmen der Dublinvereinbarungen in einen Drittstaat überführt.

Das Kooperationsabkommen zwischen der Schweiz und Tunesien, das 2014 in Kraft trat, besagt, dass lediglich junge, gut ausgebildete Arbeiter_innen aus Tunesien für maximal 12 Monate in die Schweiz immigrieren dürfen.

Menschen in Knäste zu stecken, weil sie Ausländer_innen sind, ihnen verbieten zu arbeiten, sie in widerlichen, unterirdischen Zimmern oder in überfüllten Heimen schlafen zu lassen, die Nothilfe als Fessel zu benutzen, ihre Körperteile anzuketten, um sie in Flugzeuge zu laden… derart schmutziger Praktiken machen sich der Staat, das Einwohneramt, das Hospice Général (A.d.Ü. Sozialamt in Genf) und ihr Personal, die Richter_innen, die Bullen, Gefängniswärter_innen, die Sozialarbeiter_innen, die Sicherheitsbeamten, die Ärtzt_innen, die Flugunternehmen regelmässig schuldig. Es sind sie, die verbannt werden sollten!

Stoppt die Rückschaffungen (ob Dublin oder nicht)!

Stoppt den staatlichen Rassismus!

Stoppt die Maschine der Diskreditierung, Unsichtbarmachung, Rückführung, die vom Bundesamt für Migration und seinen Schergen eingerichtet wurde!!!

Freiheit für Kahled!

Thessaloniki: Soli Banner

übersetzt von clandestina

No_lager_bannerWährend dem Generalstreik vom 12. Novemeber 2015 tauchte ein riesiges Transparent der „No Lager“ Gruppe an der Fassade des Arbeitszentrum in Thessaloniki auf: „Ertrunkene an den Grenzen sind vom griechischen Staat und der Festung Europa begangene Morde. Stoppt den Krieg gegen Migrant_innen“.