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Montréal, Kanada: Privates Sicherheitsfahrzeug für einen Schwarzen Dezember sabotiert

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We are fucking angryKein Frieden für die Verteidiger der Warengesellschaft!

In den frühen Stunden des Mittwochs, den 2. Dezember, haben wir die Reifen eines Sicherheitsfahrzeuges des privaten Security-Unternehmens Garda an der Ecke St-Jaques und Irene im Stadtteil St-Henri in Montréal abgestochen. Garda bietet seinen Service für Gefängnisse, Sicherheit und Deportation an, sie ziehen somit einen großen Nutzen aus den vielen Aspekten des brennenden Mülls der Existenz im Kapitalismus. Darum, ihr wisst es, macht sie fertig. Wir stellen diese Aktion in den Kontext des internationalen Aufrufs für einen Schwarzen Dezember von griechischen, gefangenen Anarchisten. Mit diesem Schreiben wollen wir unsere aufrichtige, kriminelle Komplizenschaft mit allen flüchtigen und eingesperrten anarchistischen Genossen auf der ganzen Welt zum Ausdruck bringen.

Der Schwarze Dezember ist überall!

Dieppe (Seine-Maritime), Frankreich: Unruhige Nacht

übersetzt und gekürzt von Attaque

dieppe04. Dezember 2015: Es war eine unruhige Nacht rund um das Sperrgebiet beim Ärmelkanal in Dieppe. Gegen 21 Uhr 30 verletzte sich ein Illegaler aus Albanien beim Versuch, über ein Absperrgitter zu klettern. Die Feuerwehr wollte sich einschalten, doch der Andrang von etwa 40 Sans-Papiers erschwerte ihr Vorhaben. Die anwesenden Zollbeamten und Sicherheitsbeamte des Unternehmens Mondial Protection verständigten die Polizei. Beim Eintreffen der Ordnungshüter verschwand ein Dutzend der Illegalen in der Natur, während etwa 30 andere herumliegende Steine in Richtung der Polizisten warfen, welche Gebrauch von ihrem Tränengas machen mussten. Die Auseinandersetzung dauerte etwa 30 Minuten lang an. Niemand wurde verletzt. Zwei Männer, ein 19-jähriger Iraker und ein 30-jähriger Iraner, wurden in Polizeigewahrsam genommen.

Der Druck wurde in der letzten Zeit immer stärker. Die Festnahmen von Sans-Papiers, die den Ärmelkanal illegal überqueren wollten, vervielfachten sich.

„Dieppe ist nicht Calais“ wird aber auch relativiert. Während die nördliche Hafenstadt tausende Migranten zählt, seien in Dieppe etwa 80.

Essonne, Frankreich: Sich den Abschiebungen widersetzen

übersetzt von brèves du désordre

ni-retention-ni-expulsionDie Abschiebung nach Algerien eines 34-jährigen, der seit dem 11. Dezember inhaftiert ist, war für den Montag, 14. Dezember geplant. Mit der Hilfe zweier Gefangenen stieg er auf das Dach des Administrativknasts von Mesnil-Amelot bei Essonne. Mehrere Stunden verharrte er auf dem Dach bis er die Zusicherung erhielt, dass das Flugzeug, welches ihn hätte abschieben sollen, ohne ihn abhob.

Bielefeld: Farbbombenangriff auf die Ausländerbehörde

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In der Nacht vom 14. auf den 15. Dezember 2015 wurde die Ausländerbehörde Bielefeld Mitte mit mehreren roten Farbbomben markiert. Auf der davor verlaufenden Straße wurde in großen Buchstaben der Schriftzug „ABSCHIEBUNG = MORD!“ hinterlassen. Signiert wurde mit einem A im Kreis.

Die Ausländerbehörde Bielefeld Mitte verordnet, so wie alle anderen in diesem Feld tätigen Behörden, Abschiebungen von schutzsuchenden Menschen – unter anderem in Länder, in denen das Leben der betroffenen Personen akut bedroht wird. Damit steht die Ausländerbehörde für ein menschenverachtendes, rassistisches und damit zerstörungswürdiges Staatssystem.

Einige Überlegungen für ein Projekt gegen Grenzen

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Weg von jeglichem politischen Opportunismus soll unser Eingriff in einem sozialen Kampf nach unseren eigenen Regeln passieren: wir kämpfen nicht, damit “Geflüchtete ihre Dokumente bekommen”, sondern gegen die Herrschaft der Staaten über alle Menschen. Auf die Strasse zu gehen heisst nicht, dass wir sie dirigieren, auch nicht dass wir jemandem einen Gefallen tun, vor allem wenn wir uns nicht über unsere Ideen im klaren sind, oder wenn wir sie je nach Bedarf mal runterspielen oder überhöhen. Im Gegenteil, aufständische Ideen und Praxen zu verbreiten bedeutet, weiter auf dem Weg der sozialen Revolution zu kommen…

Während diese Masse von Menschen ihr Leben riskiert, den Grenzen trotzt und alles aufs Spiel setzt, wenn sie vor den Wachhunden Europas stehen, prahlen die Politiker*innen mit ihren demokratischen Werten und erklären die Notwendigkeit, einen Teil von ihnen zu legalisieren, indem man Aussortierungskriterien einführt, die gute Ware auswählt und die verdorbene zurückweist. Sie erlassen gemeinsame Gesetze, bauen grosse Zentrale Aufnahmestellen, stärken die Verwaltungs- und Militärapparate, sowie die Überwachung der Grenzen. Diese Grenzen sind nicht nur Markierungen zwischen den Staaten, sondern sie werden nun auch durch Kontrollen und Razzien in den Verkehrsmittlen und Bahnhöfen materialisiert, an den Arbeitsplätzen und innerhalb der Machtbeziehungen, in Banken und Verwaltungen, in den Abschiebeknästen und durch die Arbeit der humanitären Hilfsorganisationen.

Die letzten Monate spürten tausende von Menschen auf den Pariser Strassen den Empfang des französischen Staats an Leib und Seele. Sie wurden aus jeglichen Parks, Strassen, Grünanlagen, Brücken, unter den sie versuchten, Zuflucht zu finden, rausgeschmissen. Sie wurden von den Bullen zusammengeschlagen und mit Tränengas zurückgedrängt, weil sie zusammen bleiben wollten. Unterstützungsgruppen unterschiedlicher Prägungen sind rasch entstanden. Unter ihnen befinden sich aufrichtige Menschen, für die das Helfen an sich der Zweck ist, die durch ihre Wut oder ihre Empörung motiviert sind. Andere vertreten Parteien oder humanitäre Organisationen, für die die Geflüchteten ein Mittel sind, mehr Sichtbarkeit auf den Strassen und in den Medien, mehr politische Macht und mehr private und öffentliche Finanzierungen zu bekommen. Insgesamt versuchten sie, sie materiell zu unterstützen und ihre Forderungen politisch zu begleiten, welche die Mehrheit dieser Menschen stellen: den Erfolg ihrer Asylanträge und das Finden einer Bleibe. Diese Forderungen berufen sich auf die Menschenrechte und nehmen den Staat als Ansprechpartner wahr. Diesen Staat, der mehr oder minder direkt an blutigen Angelegenheiten in ihren Herkunftsländern beteiligt ist, der sie an den Grenzen niedermetzelt, der sie verfolgt weil sie auf der Strasse schlafen, und der sie mit Tränengas und Schlagstöcken empfängt, da er darum besorgt ist, das touristische Schaufenster Paris von dieser Plage zu säubern.

Wahrscheinlich werden viele von ihnen es schaffen, Dokumente zu bekommen und durch die legalen Wege des wirtschaftlichen Ausbeutungssystems von Frankreich ausgesaugt zu werden. Dank der mehr oder minder sozial engagierten Mobilisierung. Viele wiederum werden weiterhin an den Grenzen sterben, oder werden weiterhin die Masse der Unerwünschten bleiben, die Markt und Staat nicht sehen wollen, und die zu Not und Repression verdammt sind.

Solange es Staaten und Grenzen gibt, wird es unerwünschte illegale Menschen geben, solange es Kriege gibt und solange das kapitalistische Plündern weitergeht, werden Millionen von Menschen keine andere Wahl haben als die Flucht zu ergreifen, wenn sie überleben wollen. Solange es Papiere gibt, die nur existieren, damit man das menschliche Vieh kontrollieren kann, damit man Eingeschlossene und Ausgeschlossene verwalten kann, werden einige die “richtigen” haben, andere die “falschen” und noch andere gar keine, da die Staaten ihre eigenen Kriterien festlegen, um menschliche Leben zu hierarchisieren. Aus diesem Grund bevorzugen wir statt “Dokumente für alle” die unvernünftige Parole “Weder Dokumente, noch Grenzen”, die den Staat um nichts bittet, sondern seine Zerstörung wünscht. Weil wir nie frei sein werden, solange jeder Mensch nicht so leben kann, wie er es möchte, und nicht dorthin gehen kann, wo seine Entscheidungen ihn hinführen.

Jedoch kann niemand dem Kapitalismus entgehen, überall werden die Ausgebeuteten der Gewalt der Wirtschaft und des Staats ausgesetzt. Und unsere Körper wie auch unsere Geister werden durch diese Logik des Überlebens und dessen Vereinzelung nach und nach zerstört. Aus diesem Grund wollen wir diese Grenzen sprengen (und dabei ist die Sprache selbst die deutlichste Spitze dieses gefährlichen Eisbergs), die zwischen einem imaginären “wir” und “Flüchtlingen” errichtet wurden. Wir wollen endgültig aus der Unterstützungslogik rauskommen, die dem Subjekt assistiert, welches auf der Basis einer “positiven” Diskriminierung erschaffen wurde, weil es das unterdrückte Subjekt par excellence ist. Gerade weil man aus einer Vielfalt von Männern und Frauen ein homogenes Ganzes macht, wird vergessen, dass es sich um Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Ideen handelt. Nur auf der Basis dieser Unterschiede können wir vertrauliche Momente und Kämpfe teilen, da ein “Flüchtling” wie jede*r Unterdrückte sowohl gegen seine Situation rebellieren, als auch seinen Ausbeuter*innen treu dienen kann, um bestimmte Vorteile zu erwerben.

Wir schätzen die spontane gegenseitige Hilfe, die wir als Elan verstehen. Diese Form von Solidarität kann aber in einer Befreiungsperspektive die Notwendigkeit der Auseinandersetzung nicht ersetzen, die wir gegen Staatspolitiker*innen und -Strukturen, Polizei und Kontrolle führen. Sie kann sich mit dem demokratischen Apparat nicht abfinden. Und selbst im Notfall kann sie letzendlich etliche, vielfältige Aktionen die einen Bruch mit der bestehenden Ordnung auslösen – oder zumindest versuchen auszulösen – nicht auf die Seite schieben. Sonst würde das heissen, dass wir dem Staat in seiner Verwaltungsaufgabe helfen, dass wir ihn in seiner Abwesenheit vertreten und daran hindern, dass die Situation wirklich eskaliert. Denn genau das befürchtet der Staat (aus guten Gründen).

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Was uns bewegt, ist die Idee einer Welt ohne Staat und Herrschaft und daher konkret ihrer Zerstörung, die Idee einer Welt ohne Kapitalismus und daher konkret des Umsturzes der bestehenden Beziehungen. Diese scheinbar untervertretenen Ideen sind kein Bündel, in dem man gelegentlich vorbeischaut um sich zu beruhigen oder im Chaos des Alltags Mut zu fassen. Sie sind unser Kompass. Was die Revolte, die Wut, den Widerstand, die Ungehorsamkeit betrifft, wissen wir, dass sie vielfâltig und weit verbreitet sind. Es sind bewusste Reaktionen, die sich in zahlreichen Antagonismen unserer Gesellschaft in welcher Form auch immer einbringen. Diese zwei Seiten sind untrennbar: wir werden unsere Ideen nicht verleumden, damit wir z.B. zu einem kollektiven Kampf beitragen. Auf der gleichen Art und Weise sträuben wir uns aber nicht vor unserem Anteil an einem Kampf, dessen ganzen Inhalt oder Mittel wir nicht unbedingt teilen. “Ich suche nach einer Kraft, da die Idee bloss ihre Aufgabe erfüllt. Und wenn die Idee etwas vorschlägt, entscheidet die Kraft”, sagte einmal ein Revolutionär. Unserer Meinung nach ist diese -schlecht formulierte- Kraft die soziale Konfliktualität selbst. Daher stellt sich die Frage unseres Eingriffs innerhalb dieser Konfliktualität, die uns im Alltag begleitet.

Wir suchen gar keine Legitimität, da die Macht selbst durch Umwege die entscheidende Instanz zwischen dem ist, was legitim ist, und was nicht. Die Legitimität ist also die Widerspiegelung einer Unterwerfung unter die Autorität, wobei diejenige Autorität der Mehrheit (der sogenannten “Öffentlichkeit”) dabei nicht die schwächste ist. Die Legitimität und die “Öffentlichkeit” stehen in gleicher Beziehung wie die Legalität und der Staat, d.h. die Negierung der Selbstbestimmung unserer Leben. Eine legitime Revolte ist unfähig, die Grundlagen der Gesellschaft zu erschütten. Sie schlägt bloss eine neue Definition der Gesellschaft vor, die auf dem Mythos von “menschlicheren” Staaten und Gesetzen beruht, auf einer “gerechteren” Justiz, auf einer “gleichberechtigteren” Wirtschaft. Sie wartet auf die Anerkennung der “Öffentlichkeit”.

Weg von jeglichem politischen Opportunismus soll unser Eingriff in einem sozialen Kampf nach unseren eigenen Regeln passieren: wir kämpfen nicht, damit “Geflüchtete ihre Dokumente bekommen”, sondern gegen die Herrschaft der Staaten über alle Menschen. Auf die Strasse zu gehen heisst nicht, dass wir sie dirigieren, auch nicht dass wir jemandem einen Gefallen tun, vor allem wenn wir uns nicht über unsere Ideen im klaren sind, oder wenn wir sie je nach Bedarf mal runterspielen oder überhöhen. Im Gegenteil, aufständische Ideen und Praxen zu verbreiten bedeutet, weiter auf dem Weg der sozialen Revolution zu kommen.

Um zu regieren, muss jede Machtinstanz ihr zugunsten Kategorien und Aufteilungen erschaffen und jeder*m Rollen zuweisen, die wie Ketten ihre Fesselung und  erleichtern. Wie gesagt, wir wollen die Grenzen sprengen die die Herrschenden errichtet haben. Deshalb prägt nicht die willkürliche Zugehörigkeit eines Individuums zu einer beliebigen Gemeinschaft -sei sie national, kulturell oder ethnisch- oder zu einer beliebigen Kategorie (Geflüchtete*r, Illegale*r, mit Ausweis, Migrant*in, Aussenseiter*in, Gesetzlose*r, Arbeiter*in, Arbeitslose*r, Akademiker*in…) unsere Beziehungen mit ihnen, sondern die Art und Weise, wie sie zu dieser Gehörigkeit stehen. Für uns wichtig ist das Engagement, die Positionierung, die Entscheidungen und die Ablehnungen, die reelle Menschen in bestimmten Situationen vertreten, wie auch die Gründe die sie bewegen.

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Vor einigen Jahren hatte der “Kampf gegen die Abschiebemaschinerie” einen Vorteil, und zwar denjenigen den der Verstand uns heute traurigerweise als obsolet erklärt: den Vorteil der Klarheit. Die Brandanschläge gegen die Abschiebeknäste (die von Vincennes, Mesnil-Amelot, Nantes, Plaisir, Bordeaux, Toulouse), die Ausbrüche, die Demos, die Unterstützung gegenüber den Verurteilten der Branstiftung von Vincennes, die Flugblätter, Plakate und zahlreiche Angriffe… das alles war kristallklar, wie man in einem damaligen Bericht lesen kann: ” Wie ein Teil der Geflüchteten es aus ihrer konkreten Situation erfahren haben, kämpft man entweder gegen die Abschiebeknäste und für nichts anderes als ihre Abschaffung, oder man ist für ihre Instandhaltung”. Die gewollte Zerstörung des Abschiebeknastes von Vincennes hat “ihren humanitären Glanz mit sich genommen: die Gefangenen haben praktisch für ihre reine und pure “Befreiung” gekämpft, und nicht für eine Verbesserung dieses Käfigs, der zwischen einer Polizeischule und einer Rennbahn stand.”

Die Frage der Solidarität konnte nicht nur über die einfache Behauptung hinausgehen, sondern sie konnte auch einen anderen Weg vorschlagen: den der Unterstützung. Indem sie auf die ganze Abschiebemaschinerie und nicht nur einzig auf die Abschiebeknäste abzielten, und indem sie klare Inhalte vermittelten die nicht etwa von ausserhalb kamen, konnten die in dem breiten Antagonismus einbezogenen Aktionen einer entschlossen offensiven Solidarität den Weg bahnen. Zur Zeit oder zumindest die letzten Monate haben unsere Ideen in Frankreich nicht genügend Auswirkungen, und wir haben nicht genug dazu beigetragen durch Handeln eine Situation zu kippen, was viele Möglichkeiten geöffnet hätte. Uns ist es nicht gelungen Einfluss auszuüben, damit die Revolte gegen die Logik der Unterstützung gewinnt. Andererseits -im Gegensatz zu den oben zusammengefassten Jahren- sind gerade die Akte der Revolte durch die wir eine offensive, konkrete Solidarität ausdrücken wollen, selten.

Die Revolte jedoch schwelt, manchmal bricht sie aus, und sie kennt keine Grenzen: am Samstag den 22. August kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen der mazedonischen Polizei und Geflüchteten, die von Griechenland aus die Grenze zwischen beiden Ländern kreuzen wollen. Obwohl zwei Tage vorher der Notstand ausgerufen wurde, waren die Armee und die Spezialeinheiten der Polizei vor Ort überfordert. Diejenigen die durchkommen konnten, stürzten zum Bahnhof Gevgelija, um mit dem Zug nach Serbien weiterzufahren. In der Nacht vom 31. August, nach dem Besuch des Premiers, rannten 200 Menschen in Calais auf die Autobahn die zum Eurotunnel führt, und errichteten eine Blockade. Aktivist*innen blockierten am 3. September den Eingang vom Heim Jules-Ferry (das von der Organisation Vie Active verwaltet ist), wo die Mahlzeiten ausgeteilt werden. Sie protestierten gegen die humanitäre Hilfe und die Lebensbedingungen, unter denen sie leben müssen. Einige Tage später häuften Gefangene des Abschiebeknastes Saint-Exupéry in der Nähe von Lyons cFlughafen ihre Matrazen und Bettlacken auf und zündeten sie an. Sie drängten die Polizei zurück, während Möbel und Fenster kaputt gemacht wurden und zwei Menschen auf das Dach kletterten, um auszubrechen. Einige Tage später drangen knapp tausend Geflüchtete in Roszke in Ungarn durch eine Polizeiabsperrung, damit sie nicht zur Zentralen Aufnahmestelle gebracht werden konnten. Einige von ihnen kletterten über den Zaun zur Autobahn nach Budapest, um ihren Weg zu Fuss weiterzuführen. In Bicske verhinderten Geflüchtete ihre Abschiebung als sie verstanden, dass sie die Züge in die sie gestiegen waren zur Zentralen Aufnahmestelle bringen sollten, und nicht nach Deutschland, wie sie dachten. Am 5. September stellten sich Geflüchtete auf der grieschichen Insel Lesbos zum zweiten Tag in Folge der Polizei entgegen. Einige Stunden davor waren tausend von ihnen aus der Zentralen Aufnahmestelle rausgekommen und hatten eine Strasse der Insel gesperrt. Ebenso auf Lesbos sammelten sich tausend Geflüchtete und versuchten, mit Gewalt auf ein Boot Richtung Athen zu steigen. Am 6. September rebellierten in Valencia (Spanien) ca. vierzig Gefangene des Abschiebeknastes gegen die Bullen und stahlen ihnen die Schlüssel. Eine Gruppe versuchte auszubrechen, während Matrazen in Brand gesetzt, Gegenstände beschädigt und ca. fünf Bullen verletzt wurden. Am 7. besetzten gefangene Frauen des Abschiebeknastes Yarl’s Wood in Bedford in England den Hof und erklärten: “Wir sind im Hof und protestieren. [..] Wir fordern unsere Befreiung. Wir singen für unsere Freiheit. Wir schreien. […] Wir wollen ihr Essen nicht. Wir wollen ihre Aktivitäten nicht. Wir wollen einfach nur unsere Freiheit.”

Jede Woche bringt neue Tote mit sich, die uns bedrücken und berühren. Unsere Wut gegen diesen Horror, dem Tausende von Menschen ausgesetzt sind, gegen diesen alltäglichen Krieg des Kapitalismus, gegen diese insgesamt ungerechte Welt und das uns versprochene zweitklassige Leben wächst von Tag zu Tag weiter. Aber wie schon in der Vergangenheit gesagt wurde, sind wir nicht mit der Armut solidarisch, sondern mit dem Schwung, mit dem sich Menschen dagegen erklären: gegen die Solidarität mit der Unterwerfung wollen wir die Vertraulichkeit in der Revolte stellen. Es fällt uns zwar schwer uns offensive, konkrete Perspektiven vorzustellen, mit denen wir eine besondere Solidarität ausdrücken können. Aber wir wollen glauben, dass es möglich ist, sich eine vorzustellen, um eine Wut auszudrücken (sie muss allerdings nicht auf solche “Perspektiven” warten, um sich auszudrücken), die gewiss schon verbreitet ist, und den Anstoss zu Auseinandersetzungen und Brüchen mit der existierenden Ordnung geben könnte. Auf diesem Weg, weit weg von politischer Erpressung, von humanitärem Glanz, von dieser stinkenden Empörung der Bürger*innen “die sich beschweren, aber das System bewahren wollen” – das ist der eigentliche Schlüsselpunkt der demokratischen Unterwerfung- werden sich Gelegeheiten finden, bei denen sich die Solidarität verbreitern kann. “Sagen, dass man nichts verändern kann, dass man sich dem Schicksal nicht stellen kann, ist die Belohnung all unserer Mutlosigkeiten”.
“Es existieren keine gemachten Sachen, keine vorbereiteten Wege, es existiert keine vollendete Mode oder Arbeit, durch die du das Leben erreichen kannst.” Es existieren keine Wörter, die dir die Freiheit geben: da das Leben genau darin besteht, alles selbst zu erschaffen, sich keiner Bahn zu biegen: die Sprache existiert nicht, du musst sie erschaffen, du musst ihre Welt erschaffen, du musst jede Sache erschaffen: damit dein Leben deins wird.”

Es gibt keinen guten Grund zu warten um das durchzuziehen, was unser Herz und unser Verstand uns vorschlagen, so wie es keine soziale Bewegung und kein Treffen mit der Geschichte gibt. Selbst wenn wir uns geweigert haben, die Verbreitung unserer Ideen und die darauf folgenden Praxen bis auf das hypothetisch bessere Morgen zu verzögern, fühlen wir trotzdem die Notwendigkeit neue Bedingungen zu erschaffen, die das Umkippen der sozialen Ordnung ermöglichen, bzw. einen sozialen Fakt, der uns noch nicht bekannt ist, nicht vorhersehbar ist, aber zerstörerisch sein wird.

non fides, Paris, Freitag, 13. September 2015

Text zur Bundeszentrumbesetzung in Bern

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Hier nachträglich der Text, welcher in der Nacht der Besetzung des künftigen Bundeszentrum in Bern in den Briefkästen des Quartiers verteilt wurde.

Wir haben gestern, am 11.12.2015 ein Gebäude des ehemaligen Zieglerspitals besetzt! Wie ihr als Anwohner_innen erfahren habt, soll hier ein neues Bundeszentrum für Asylsuchende entstehen. Wir wollen eine solche Entwicklung nicht akzeptieren. Nicht weil wir Menschen, die hierher migrieren, als Problem betrachten, sondern weil wir die Art und Weise, wie sie behandelt werden, ablehnen.
Wir weigern uns, diese Menschen als Problem oder als bedrohende Masse zu betrachten, wie sie in den Medien und von Politiker_innen oft dargestellt werden. Wir wollen nicht an der Debatte über die beste Form der Verwaltung von Migrant_innen teilnehmen. Denn dies sind Menschen, die sich sehr wohl selbst organisieren können, wenn sie nicht davon abgehalten werden. Raum um zu leben wäre an vielen Orten vorhanden. Die Migrationspolitik richtet sich jedoch nicht nach den Bedürfnissen der Menschen, sondern nach den Interessen von Staat und Wirtschaft. Weil Gesetzesverstösse für Migrant_innen weitreichendere Konsequenzen haben, besetzten wir dieses Gebäude in Solidarität. Hier könnte ein selbstorganisiertes Zuhause entstehen für Menschen, die hierher migriert sind.

Stell dir vor, du wirst an einen Ort gebracht, wo dir verboten wird, dich frei zu bewegen, alles pesönliche wird dir weggenommen. Wann du zum Arzt gehst, was und wann du isst, mit wem du dir ein Zimmer teilst, wann du schläfst, alles wird dir diktiert. Du wirst rund um die Uhr bewacht, den Ort verlassen darfst du nur am Tag und nur zu bestimmten Zeiten. Es besteht Meldepflicht. Du hast keine Möglichkeit, legal für deinen Lebensunterhalt zu sorgen und musst entweder mit ein paar Franken pro Tag auskommen oder illegal Geld beschaffen. Zudem droht dir ständig die Deportation in ein Land, in dem du nicht leben willst und unter Umständen gefährdet bist.

In Bundeszentren herrschen gefängnisähnliche Strukturen. Den Bewohner_innen der Lager werden jegliche Freiheit und Selbstbestimmung entzogen. Sie müssen sich an lagerspezifische Regeln halten, für die es keine rechtlichen Grundlagen gibt. Die Durchsetzung dieser Regeln basiert auf der Erpressung, dass diejenigen, welche sich nicht fügen, keine Chancen auf eine Aufenhaltsbewilligung erhalten. Wer sich trotzdem widersetzt, wird als renitent eingestuft, eingesperrt und nach Möglichkeit ausgeschafft.

Bei der Entwicklung der Lagerstrukturen geht es darum, Migrant_innen noch effizienter in Kategorien einteilen, kontrollieren und ausschaffen zu können. Möglichst viele in möglichst wenigen, dafür umso grösseren Lagern, so lautet die Strategie, welche nicht nur in der Schweiz, sondern in allen sogenannten Aufnahmeländern verfolgt wird. Für die Menschen im Asylverfahren bedeutet die Zentralisierung noch mehr Kontrolle und Fremdbestimmung im Alltag und noch mehr Abschottung von Menschen ausserhalb der Lager. Jeder Schritt der Asylverfahren soll in den Bundeszentren ablaufen, von der ersten Befragung über die Unterbringung bis zum richterlichen Entscheid und der wahrscheinlichen Ausschaffung. Die Asylgesuche sollen in einem Schnellverfahren möglichst rasch bearbeitet werden, um die Menschen sobald als möglich wieder auszuschaffen. Bei 60% der Asylgesuche soll innerhalb von 140 Tagen ein Negativentscheid vorliegen. Die Betroffenen verbringen somit die ganze Dauer ihres Asylprozesses im Bundeslager.

Obwohl die Grenzen immer lückenloser mit militärischen Mitteln kontrolliert werden und die meisten Menschen, die es trotzdem schaffen, nach Europa zu gelangen, gleich wieder ausgeschafft werden, liegt es nicht im Interesse der Staaten, die Einwanderung ganz zu stoppen. Das Ziel ist vielmehr, die Wirtschaft mit der Menge an Arbeiter_innen aus dem Ausland zu bedienen, die benötigt wird. Die einen sind ’nützlich‘, weil sie hochqualifiziert sind, die anderen, weil sie sich in einer so prekären Lage befinden, dass sie gezwungen sind, Billigstjobs anzunehmen. Ist der Bedarf an Billigarbeitskräften gedeckt, bleibt der Rest, die ‚Überflüssigen‘, die ‚Unerwünschten‘. Um die Zahl der positiven Asylentscheide nach Bedarf regulieren zu können, werden neue Gesetze erlassen und Kategorien erfunden wie ‚Wirtschaftflüchtlinge‘, ‚Sans Papiers‘, ‚vorläufig Aufgenommene‘ und ‚Abgewiesene‘ in Abgrenzung zu den ‚echten Flüchtlingen‘.

Die Politik der Lager und der Ausgrenzung ist nicht neu, die Bundeszentren sind nur eine weitere Verschärfung. An dieser Stelle ist es uns wichtig zu betonen, dass wir nicht das alte System der Asylzentren erhalten wollen, nicht einfach nur eine nettere Form der Verwaltung fordern. Die Frage ist für uns nicht, wie der Staat mit Migrant_innen umgehen soll, da wir sie nicht als ein zu lösendes Problem sehen. Das Problem ist vielmehr der Staat an sich mit seinen Gesetzen, welche es den einen ermöglicht, die ganze Welt auszubeuten und den anderen nicht einmal erlaubt, dorthin zu gehen wo sie wollen.

Wir sind solidarisch mit allen Menschen und Gruppen, welche die Grenzen bekämpfen und überqueren wollen. Es gibt keine falschen Gründe, seine Heimat zu verlassen. Lasst uns Ausschaffungen verhindern und Orte schaffen, an denen Menschen, welche hier ein zu Hause suchen, selbstorganisiert leben können.

Kämpfen wir für eine Welt ohne Ausbeutung und ohne Staaten mit ihren Grenzen, Lagern und Knästen!
Es liegt an uns allen!

Bern: Besetzung des künftigen Bundeslagers aufgelöst

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Die Besetzung ist vorbei, der Kampf geht weiter   

Die erfolgreiche Besetzung des geplanten Bundesasyllagers ging heute zu Ende. Während 2 Tagen wurde der Ort, wo künftig rassistische Unterdrückung stattfinden soll, zu einem Raum der Emanzipation. Es wurden Debatten darüber geführt, was Selbstverwaltung und Selbstbestimmung bedeutet und erfordert und wie der antirassistische Widerstand gegen die Lager und das gesamte Migrationssystem gestärk werden kann.
Die Besetzung hat als direkte, öffentliche Aktion im Quartier Diskussionen über eine radikale Kritik an den Lagern und möglichen Formen von Widerstand ausgelöst. Die Besetzung richtete sich gegen jedes Lager, in der Stadt und auf dem Land.
Die Besetzung wurde heute beendet, der Widerstand nicht!
Gestärkt duch die kollktive Aktion werden wir auch morgen Sand im Getriebe sein.

Zürich: Communiqué zur Demo gegen das rassistische Migrationsregime

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Bereits zum vierten Mal innerhalb weniger Monate nahmen sich heute gegen 700 Personen in Zürich selbstbestimmt und ohne nach Erlaubnis zu fragen die Strasse, um gegen das mörderische Migrationsregime und den aggressiven Rassismus zu demonstrieren. Die Demo führte über Langstrasse und Badenerstrasse zum Stauffacher, von dort vorbei am Gebäude der Kantonspolizei und dem provisorischen Polizeigefängnis zurück zur Langstrasse und löste sich auf dem Helvetiaplatz wieder auf.

Die europäischen Eliten führen und unterstützen imperialistische Kriege, sie exportieren massenhaft Waffen, ihre Konzerne dominieren den Weltmarkt und sind verantwortlich für Ausbeutung und verheerende Umweltzerstörungen. Viele Menschen setzen sich in Bewegung, um der Misere zu entkommen und sich anderswo ein besseres Leben aufzubauen. Die europäischen Regierungen versuchen durch unmenschliche Migrationsabwehrmassnahmen die Kontrolle über die Mobilität der Menschen aufrecht zu erhaten: Schiffe werden versenkt, Zäune errichtet, Geflüchtete mit Tränengas und Gummischrot angegriffen. Unter entwürdigenden Bedingungen werden in Europa und auch in der Schweiz Menschen interniert. Die Regierungen und die Institutionen der Kontrolle sind für diese Politik verantwortlich. Sie versuchen die bestehende Ordnung aufrecht zu erhalten – genau diese Ordnung wollen wir jedoch angreifen: Wir kämpfen für globale Bewegungsfreiheit, gegen die Herrschaft von Staat und Kapital und für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung.

Wir solidarisieren uns mit den kämpfenden Migrant_innen an den europäischen Grenzen und in der Schweiz, mit den Besetzer_innen des Berner Zieglerspitals und mit allen Menschen, die sich selbstbestimmt und kollektiv gegen das rassistische Migrationsregime wehren. Herzliche und solidarische Grüsse auch an diejenigen Menschen, welche vor einigen Wochen in Luzern eine Abschiebung verhindert haben!

Bick by brick, wall by wall, make the fortress Europe fall!

Aktionsbündnis Stacheldraht zu Altmetall

Bern: Geplantes Bundeslager besetzt

per Mail

HEUTE 12.12.15 WURDE DAS ZIEGELERSPITAL IN BERN ÜBER NACHT BESETZT. DABEI HANDELT ES SICH UM EINEN PROTEST GEGEN DAS BUNDESLAGER, DAS 2016 IM ZIEGLERSPITAL ERÖFFNET WERDEN SOLL. DAS ZIEL IST ES EIN SELBSTVERWALTETER ORT OHNE STAATLICHE UND/ODER PRIVATE KONTROLLE ZU ERSCHAFFEN.

Wir, ein Kollektiv verschiedenster Menschen, haben gestern Nacht das
Zieglerspital, das ab Mitte 2016 zu einem „Bundeszentrum für
Asylsuchende“ umgenutzt werden soll besetzt. Nicht weil wir Menschen, die
hierher migrieren als Problem betrachten, sondern weil wir die Art und
Weise, wie sie behandelt werden ablehnen. In den Bundeszentren werden die
Menschen eingesperrt, jegliche Selbstbestimmung wird ihnen genommen, sie
werden massiv überwacht und zusätzlich vom Rest der Gesellschaft
isoliert.

Wir wollen im Zieglerspital einen Ort der Selbstverwaltung schaffen, in dem
sich die Menschen, die hierher migriert sind selbst verwalten und
organisieren. Zudem erschaffen wir mit der Besetzung einen Ort zum
Diskutieren und um sich über Kritik und Lösungsansätze zu unterhalten.

Am Samstag dem 12.12.15 um 11Uhr laden wir alle Menschen die daran
interessiert sind oder sich sogar beim Projekt einbringen wollen zu einem
Brunch ein.

Programm für Samstag und Sonntag im Zieglerspital in Bern (7. Stock, folgt den Wegweisern auf dem Gelände)

11 Uhr – Brunch
13 Uhr – Diskussionen und Vorträge
19 Uhr – Essen
21 Uhr – Film

Wir freuen uns auf gute Diskussionen und ein volles Haus.

No Border No Nation No Bunker No Prison – Fight the State!

Calais: Offensive gegen die Grenze und Repression im Rahmen des Ausnahmezustands

übersetzt von brèves du désordre

02.12.15: Die Unruhen dauerten von Mitternacht bis 8 Uhr morgens an. Mehrere organisierte Gruppen von 10 bis 50 Migranten versuchten mehrmals, den Verkehr zu blockieren, um sich Einlass in die Lastwagen Richtung Hafen zu schaffen. Um dies zu erreichen, platzierten sie diverse Gegenstände auf der Fahrbahn. Diese „Technik“ wird von der Polizei bereits seit mehreren Wochen beobachtet.

Die Turbulenzen verursachten die Schliessung des Autobahnkreuzes 47 in beiden Richtungen für mehrere Stunden.

Zehn Polizisten zogen sich durch die von Migranten geworfenen Wurfgeschosse Prellungen zu und zwei Polizeifahrzeuge wurden beschädigt. Am Mittwoch Morgen erstatteten mindesten fünf Chauffeure Anzeige wegen ihren beschädigten Lastwagen.

Diese Unruhen sind nicht neu. Bereits letzte Woche musste die Umfahrungsstrasse nach Konfrontationen zwischen Migranten und der CRS zeitweise gesperrt werden. Um dieser Situation zu begegnen, kündigte die Präfektur von Pas-de-Calais eine Verordnung an, die es der Polizei erlaubt, alle sich zu Fuss auf der Strasse bewegenden Menschen zu kontrollieren. Dieser „im Rahmen des Ausnahmezustands“ angeordnete Erlass richtet eine Schutzzone auf der RN216 also dieser Hafenumfahrungsstrasse von Calais ein. Wirksam seit diesem Mittwoch und gültig für die Zeit des Ausnahmezustands verbietet diese Verordnung den Fussgängern, auf der Strasse zu marschieren. Die Verletzung dieses Verbots wird mit sechs Monaten Haft und einer Busse von 7500 Euro bestraft.