Verwüstet eure Käfige

gefunden in der Revolte Nr. 34 – anarchistische Zeitung aus Wien

Am 14. September wurde um 22:35 Uhr im Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel in Wien, Brandalarm ausgelöst. Sechs Häftlinge hatten aus Protest gegen ihre Haftbedingungen und ihre bevorstehende Abschiebung in ihrer Zelle, im ersten Stock, Feuer gelegt. Sie hatten sich mittels eines umgeworfenen Spinds in der Zelle verbarrikadiert, Matratzen und Bettdecken angezündet und sich in der Toilette eingeschlossen. Dabei wurden die Zelle und das Inventar vollkommen zerstört.

Als die Bullen in die Zelle eindrangen, lag einer der Häftlinge bereits regungslos in der Zelle. Alle sechs Gefangenen wurden mit Rauchgasvergiftung, zwei von ihnen auch mit Verbrennungen, ins Krankenhaus gebracht. Mittlerweile wurden alle aus dem Krankenhaus entlassen und umgehend in Untersuchungshaft überstellt. Ihnen wird ‚versuchter Mord und vorsätzliche Gemeingefährdung‘ vorgeworfen.

Nach der Räumung der Zelle wurde ein schriftliches Statement der Gefangenen gefunden, das der Öffentlichkeit von den Bullen und den Medien als ‚Abschiedsbrief‘ präsentiert wurde. Im Brief hatten die Gefangenen davon geschrieben, dass sie keine andere Möglichkeit sahen, auf ihre Situation aufmerksam zu machen, Widerstand gegen die Bedingungen der Schubhaft und die drohenden Abschiebungen leisten wollten. Der Brief ist laut Polizei von allen sechs Gefangenen unterzeichnet. Bis jetzt wurde der vollständige Brief von den Bullen nicht veröffentlicht.

Viel wurde spekuliert. Ob die Gefangenen wirklich Suizid verüben wollten? Ob es einen Rädelsführer gab? Und so weiter und so fort. Uns interessieren diese Abwägungen alle nicht. Die Schubhaft, diese ‚Haft ohne Delikt‘, ist für viele die in Europa als ‚unerwünscht‘ und ‚überflüssig‘ abgestempelt werden, bittere Realität. Deshalb gibt es viele, die dagegen rebellieren: mit Hungerstreiks, Selbstverletzungen, Selbstmordversuchen, Ausbrüchen, Fluchtversuchen, Vandalismus und Revolten.

In diesem Fall sind 5 der 6 Gefangenen aus Afghanistan. Warum jemand nicht nach Afghanistan abgeschoben werden will, sollte eigentlich auf der Hand liegen. Denn das Land wird seit Jahrzehnten geknechtet. Als Spielball geopolitischer Herrschaftsansprüche von verschiedenen Großmächten, sowie religiösen Terrorregimen und Sekten.

Die Furcht vor den ‚anderen‘ greift um sich und versucht das Lager und das Gefängnis, als adäquate Mittel gegen diese zu legitimieren. Für die Einsperrung gibt es aber kein ethisches Argument. Ein Leben in Freiheit und Würde, kann nur auf den Trümmern der Gefängnisse begründet werden. Egal ob jene für MigrantInnen, Diebe, Revolutionäre, ‚Wahnsinnige‘, oder das große Gefängnis unter freiem Himmel, zu dem Europa immer mehr gemacht wird. Lasst uns die Käfige verwüsten!

Für weitere Informationen empfehlen wir den Text ‚Flammen für die Freiheit‘, der auf der Website no-racism.net nachgelesen werden kann!