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Archiv für den Monat: Mai 2015
Kriegserklärung gegen Flüchtlinge
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Die «HMS Bulwark» der britischen Royal Navy ist ein mächtiges Kriegsschiff, ein Bollwerk, wie es der Name sagt: 176 Meter lang, 325 Mitglieder als Besatzung, ein amphibisches Landungsschiff, das Truppen übers Meer in Kriegsgebiete transportiert. Letzte Woche erschienen in britischen Medien Fotos und ein Video, wie die «Bulwark» 400 Flüchtlinge nahe der libyschen Küste rettet: Soldaten hinter Gesichtsmasken greifen mit Landungsschiffen die Flüchtlinge von Schlauchbooten auf. Diese erhalten orange leuchtende Rettungswesten und verschwinden im riesigen Bauch der «Bulwark». Später wurden sie in Sizilien den italienischen Behörden übergeben.
Die perfekt inszenierten PR-Bilder der Navy – auch die Aufnahme einer Samariterin in Uniform mit verängstigtem Kleinkind im Arm fehlt nicht – erreichten die Öffentlichkeit kurz vor einem Treffen der Aussen- und der VerteidigungsministerInnen der Europäischen Union. Am Montag beschlossen diese in Brüssel die Militäroperation «Eunavfor Med». Die oberste Priorität hat dabei aber nicht die Rettung von Flüchtlingen, sondern die Zerschlagung von Schleppernetzen. Beschlossen ist fürs Erste, dass die Schlepper mit Drohnen und Satelliten aufgespürt werden sollen. In einem nächsten Schritt sollen ihre Boote auf hoher See aufgegriffen und zerstört werden. Auch werden Einsätze von Spezialeinheiten an der libyschen Küste diskutiert, um Boote noch vor dem Ablegen zu zerstören (vgl. WOZ Nr. 18/2015).
Um die Risiken der Operation weiss der EU-Rat. In einem internen Papier heisst es, Operationen gegen Schlepper in Anwesenheit von MigrantInnen könnten «ein hohes Risiko von Kollateralschäden und den Verlust von Menschenleben» mit sich bringen. Die Kosten für die auf ein Jahr befristete Operation betragen zwölf Millionen Euro, beteiligen wollen sich Britannien, Frankreich, Deutschland, Spanien, Italien und Malta. Britannien hat bereits den Einsatz der «HMS Bulwark» zugesichert.
Der Militäreinsatz bedeutet eine massive Eskalation der europäischen Flüchtlingspolitik: Zwar werden im Grenzschutz schon lange zivile und militärische Mittel vermischt. So besteht eine der Hauptaufgaben der Grenzschutzagentur Frontex darin, mit Rüstungsfirmen immer ausgefeiltere Technologien zur Grenzkontrolle zu entwickeln. Doch dass auf europäischer Ebene der Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer mit einer militärischen Kommandostruktur begegnet wird, ist eine neue Dimension. Oder – deutlich gesagt – eine Kriegserklärung, weshalb die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini vor dem Uno-Sicherheitsrat um Unterstützung und damit um die völkerrechtliche Legitimation geworben hat. Für die Zerstörung von Schiffen sowohl auf hoher See wie in Libyen bräuchte sie ein entsprechendes Mandat.
Wohl betonen die PolitikerInnen, die Militäroperation richte sich nur gegen Schlepper und nicht gegen Flüchtlinge. Doch wer die Migration nach Europa illegalisiert und anschliessend die NutzniesserInnen des so entstandenen Schwarzmarkts bekämpft, bewirkt bloss eines: Der Weg nach Europa für die Flüchtlinge aus dem Bürgerkrieg in Syrien oder der Militärdiktatur in Eritrea wird noch gefährlicher. Der Krieg gegen die Schlepper trifft am Schluss die Flüchtlinge.
Nach den jüngsten Schiffsunglücken im Frühling schien eine humanitäre Wende möglich: Erstmals diskutierte die EU über Quoten zur Flüchtlingsverteilung, wenn auch bloss für den Notfall, und über ein Kontingent für besonders verletzliche Flüchtlinge, wenn auch ein beschämend kleines. Am Schluss bleibt vorerst nur die militärische Option: Schotten dicht. Auch Bürgerliche in der Schweiz können sich einen Mittelmeereinsatz der Armee vorstellen. Es ist auch unser Krieg.
Vielleicht wirkt die Szenerie vom kleinen Schlauchboot und vom grossen Kriegsschiff auch deshalb so verstörend, weil das Schlauchboot in seiner Unterlegenheit daran erinnert, wozu Schiffe eigentlich da sind: nicht um zu zerstören, sondern um aufzubrechen.
Frontex weitet Rettungseinsatz im Mittelmeer erheblich aus
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Die EU-Grenzschutzmission operiert damit bald nahe an der libyschen Küste. Zudem kommen mehr Flugzeuge und Boote zum Einsatz.
Angesichts der Flüchtlingsdramen im Mittelmeer weitet die EU-Grenzschutzagentur Frontex ihr Einsatzgebiet vor Italien deutlich aus. Die Schiffe und Flugzeuge suchen nun in einem Gebiet von bis zu 138 Seemeilen (255 Kilometer) südlich von Sizilien nach Schiffbrüchigen.
Das stand in einer auf der Frontex-Homepage veröffentlichten Erklärung. Bislang war das Einsatzgebiet auf 30 Seemeilen vor der italienischen Küste begrenzt.
Auch das Material wird aufgestockt: Während der Sommermonate würden nun drei Flugzeuge, 18 Boote, zwei Hubschrauber und 15 Expertenteams im Rahmen der «Triton«-Mission eingesetzt, teilte die in Warschau ansässige Agentur mit.
Verdreifachung der Mittel
Auf dem EU-Flüchtlingsgipfel vor einem Monat hatten die Staats- und Regierungschefs bereits eine Verdreifachung der Mittel für den «Triton«-Einsatz beschlossen.Durch die nun umgesetzte Ausweitung der Mission werde den italienischen Behörden geholfen, «ihre Küsten zu kontrollieren und Leben zu retten», erklärte Frontex-Chef Fabrice Leggeri. «Zu viele wurden in diesem Jahr schon auf tragische Weise verloren», sagte er.
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon hatte am Dienstag von Europa mehr Engagement für die Flüchtlinge im Mittelmeer gefordert. Europa könne «mehr Hilfe leisten», sagte er in Dublin. Das Problem müsse von den Staats- und Regierungschefs der EU «umfassender und gemeinschaftlicher» angegangen werden.
Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind in diesem Jahr schon 1770 Menschen bei dem Versuch ums Leben gekommen, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Dies waren 30 mal mehr als im Vorjahreszeitraum.
«Wir wollen, dass niemand mehr kommt»
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Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban will keine neuen Flüchtlinge aufnehmen. Ähnlich klingt es auch sonst im Osten. Von Quoten wollen die Regierungen jedenfalls nichts wissen.
Oft waren Menschen im heutigen Osten der EU selbst Migranten – aus wirtschaftlicher Not oder wegen politischer Verfolgung hinter dem Eisernen Vorhang. Doch wenn es heute um Quoten für die Aufnahme von Flüchtlingen geht, sagen ihre Regierungen einstimmig nein.
Der Anfang vom Ende des Kommunismus in Ostmitteleuropa begann mit dem Wort «Solidarität». Doch fast 35 Jahre nach dem historischen Streik auf der Danziger Leninwerft und mehr als ein Vierteljahrhundert nach der friedlichen Revolution von 1989 kommt dieses Wort den Regierungen in Riga und Budapest, Warschau und Bratislava nicht über die Lippen, wenn es um die Aufnahme der Menschen geht, die über das Mittelmeer nach Europa geflohen sind.
Gegen Brüssel
In ihrer Ablehnung von Quoten für Flüchtlinge bilden die östlichen EU-Staaten eine geschlossene Front gegen Vorschläge aus Brüssel oder gegen Forderungen etwa Italiens, das Land durch die Aufnahme von Migranten zu entlasten.Dabei liegt der Anteil von Ausländern in diesen Staaten deutlich unter dem westeuropäischer Länder, muslimische Einwanderer gibt es nur in verschwindend geringer Zahl. Dennoch hat eine Studie der Friedrich Ebert-Stiftung schon vor Jahren in Ländern wie Polen oder Ungarn einen besonders hohen Anteil islam- und fremdenfeindlicher Meinungen festgestellt.
Der stellvertretende polnische Aussenminister Rafal Trzaskowski ist überzeugt, die Migranten selbst wollten gar nicht in den Osten, den ärmeren Teil der EU: «Sie wollen in die wohlhabenden Staaten. Und wenn sie erst mal im Schengen-Raum sind, hindert sie nichts, dorthin zu ziehen.»
Ähnlich sieht es der slowakische Aussenminister Miroslav Lajcak: «Wie wollen Sie Menschen im Rahmen einer Gemeinschaft mit der Freiheit des Personenverkehrs auf ein Land beschränken?»
«Die, die schon hier sind, sollen nachhause gehen»
Besonders unverblümt ist der rechtsnationale ungarische Ministerpräsident Viktor Orban. «Wir wollen, dass niemand mehr kommt, und die, die schon hier sind, nach Hause gehen», sagte er.Orban hat in Ungarn eine Bürger-Befragungsaktion zur Flüchtlingspolitik gestartet mit Fragen wie: Soll die Regierung nicht anstelle der Flüchtlinge die ungarischen Familien mit Kindern unterstützen? Orban spricht pauschal von «Wirtschaftsmigranten».
Manchmal müssen gar die eigenen ethnischen Minderheiten herhalten, um zu erklären, es könnten nicht noch zusätzlich Flüchtlinge und Migranten integriert werden. So verweist Ungarn auf die Roma, die baltischen Staaten auf die russische Minderheit – ganz so als handle es sich um Fremde und nicht um die eigenen Staatsbürger.
Angst vor Islamisten schüren
In Tschechien werden Ängste vor Islamisten geschürt: «Nicht jeder Muslim ist ein Terrorist, aber die meisten Terroristen sind Muslime», sagte Präsident Milos Zeman einmal.Der slowakische Innenminister Robert Kalinak in Bratislava meint zu Quoten: «Das wäre zugleich ein Sicherheitsrisiko wie auch wirtschaftlich sehr riskant.» Auch Polen will sich nicht an feste Quoten binden lassen und nur freiwillig Menschen aufnehmen.
Dabei ist Emigration gerade in Ländern wie Polen ein Riesenthema. Rund 2,5 Millionen vor allem junger Leute haben das Land seit dem EU-Beitritt verlassen und etwa auf den britischen Inseln Arbeit und eine bessere Zukunft gesucht. Die baltischen Staaten gehören durch Emigration zu den am schnellsten alternden in der EU.
Erst vor kurzem öffnete in der nordpolnischen Hafenstadt Gdingen (Gdynia) das Museum der Emigration, um an die grosse Auswanderungswelle im 19. Jahrhundert zu erinnern. Damals wurde Chicago zur polnischsten Stadt der USA.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verliessen Zehntausende ihre Heimat im Osten Europas – teils als Wirtschaftsflüchtlinge, teils als politische Emigranten: Nach dem Aufstand der Ungarn 1956, nach der blutigen Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 und nach der Verhängung des Kriegsrechts in Polen 1981.
«Wir müssen Solidarität zeigen»
Viele von denen, die in den baltischen Staaten im vergangenen Vierteljahrhundert die Politik prägten, waren ehemalige Exilanten, etwa der estnische Staatspräsident Toomas Hendrik Ilves, der selbst als Kind estnischer Flüchtlinge in Schweden geboren wurde.«Wir müssen Solidarität zeigen», sagte er kürzlich. Er räumte aber ein, dass dies «nicht unbedingt eine weit verbreitete Ansicht» in seinem Heimatland sei.
An die eigene Exil-Erfahrung angesichts der Debatten um die Bootsflüchtlinge auf dem Mittelmeer erinnerte vor wenigen Wochen auch die lettische Zeitung «Latvijas Avize» in einem Kommentar: «Viele davon haben es sehr ähnlich getan – sie sind in Fischerbooten über das Meer nach Schweden geflüchtet. Haben wir nun das moralische Recht, die Notleidenden abzulehnen?»
Basel: Demo „Fähren statt Frontex“
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Am 22. Mai fand in Basel eine Demonstration anlässlich der internationalen Aktionstage gegen das Bestehen der europäischen Grenzschutzagentur „Frontex“ statt.
Am späteren Abend kommt es zu einem Angriff auf den „Waaghof“ (Staatsanwaltschaft und Untersuchungsknast)
Um 18.00 Uhr besammelte sich die Demonstation bei der Dreirosenmatte und 200 – 250 Leute zogen danach mit Transparenten, Parolen und Musik zum Auschaffungsgefängis Bässlergut. Auf der Route wurden auch Plakate gekleistert und gesprayt.
Beim Knast angelangt wurden wir von einem grösseren Aufgebot Riotcops begrüsst, die uns nicht auf den Vorplatz lassen wollten. Während auf der Strasse vor dem Gefängis Parolen gerufen und Reden mit solidarischen Grussworten an die Gefangenen vorgelesen wurden, gab es von innerhalb des Knastes lautstarke Reaktionen. Die Eingesperrten riefen während der ganzen Zeit Parolen und machten Krach in ihren Zellen, teilweise schlugen sie mit Gegenständen gegen die Gitterstäbe.
Nach ungefähr einer halben Stunde bewegte sich die Demo wieder zurück durch die Stadt zum Ausgangspunkt.
Mit Freude haben wir erfahren, dass am späteren Abend eine grössere Gruppe Menschen mit Steinen und Farbe den „Waaghof“ angegriffen haben. Im Waaghof sind die Staatsanwaltschaft Basel-Stadt, ein Untersuchungsgefängnis und Abteilungen der Polizei untergebracht. Die Sttatsanwaltschaft redet in einer Medienmitteilung von „massiven Sachbeschädigungen“.
Hier noch der Flyer, welcher während der Demo am Nachmittag verteilt wurde:Frontex feiert im Mai den 10. Geburtstag!
Frontex, aus dem französischen «frontières exterieurs», ist die Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Sie setzt sich zusammen aus Grenzpolizei und Geheimdiensten aus den unterschiedlichen Mitgliedsstaaten, darunter auch die Schweiz. Im Verwaltungsrat von Frontex sitzen hohe Beamte der Schengen-Mitgliedstaaten. Mit Hilfe von Grenzüberwachungssysteme wie Eurosur (European Border Surveillance System – in Kraft seit Ende 2013) werden die Aussengrenzen von Europa überwacht und gesichert werden. Das Mittelmeer, wo tausende jedes Jahr sterben, soll eines der bestüberwachten Gebiete dieser Welt sein. Mit Drohnen, Aufklärungsgeräte, Offshore-Sensoren, hochauflösende Kameras, Satellitensuchsysteme, Schiffen, Flugzeuge und Zäune und Mauern soll «illegale Migration» verhindert werden. Trotz Internierungslager, Push-backs und militarisierte Grenzen schaffen es doch einige ins Herz der Festung. Für diese Fälle koordiniert Frontex innerhalb des Schengenraums auch europaweite Datensammlungs- und Kontrollaktionen, wie etwa «Mos Maiorum». Nicht selten finden unter ihrem Kommando koordinierte Ausschaffungen statt.
Doch nicht nur Frontex und die europäischen Staaten sichern die Festung Europa. Abkommen und Kooperationen mit Drittstaaten, wie z.B. Tunesien, Türkei, Russland oder Ukraine, und internationale Organisationen, wie das IOM (International Organization for Migration) und das UNHCR (UN Flüchtlingswerk) oder Interpol (Internationale kriminalpolizeiliche Organisation) stellen sicher, dass Migrant_innen gar nicht erst nach Europa gelangen. Die «humanitären» Organisationen leisten ihren Beitrag zu dem menschenverachtenden MIgrationsregime, in dem sie Internierungslager an den Grenzen verwalten oder «Rückkehrhilfe» erstatten.
Alles in allem führen die europäische Staaten Krieg gegen Menschen. Ein Krieg um jeden Preis, um den Status Quo zu erhalten. Die reichsten Staaten dieser Welt akkumulieren Ressourcen und Wohlstand und behalten sich das Recht vor, zu entscheiden welche Menschen aus anderen Regionen dieser Welt «wertvoll» genug sind ausgebeutet zu werden und welche «überflüssig» sind. Über Jahrhunderte ausgearbeitete koloniale und neo-koloniale Machtverhältnisse stellen sicher, dass diese Weltordnung auch so bleibt wie sie ist. Vor kurzem sind über 1000 Menschen an den Folgen der europäischen Migrationspolitik gestorben. Alle sind schockiert und empört, darunter auch die, welche die Todesurteile dieser Menschen unterschreiben. Heuchlerisch! Denn eine Politik, die sich darauf spezialisiert, Wohlstand, Grenzen und Staaten vor Menschen zu schützen, nimmt in Kauf, dass Menschen beim Versuch diese Grenzen zu überschreiten ihr Leben verlieren.
In den europäischen Staaten sind Migrant_innen ständig Rassismus, Repression, polizeilicher und staatlicher Schikane, sowie permanenter Kontrolle ausgesetzt. Aus der Ausweglosigkeit oder beim Versuch sich davor zu schützen, sterben immer wieder Menschen. Vor einigen Tagen hat ein junger Mann im Ausschaffungsgefängnis Bässlergut versucht sich das Leben zu nehmen, nachdem er von der bevorstehende Ausschaffung erfahren hat. Nach einem kurzen Spitalaufenthalt sitzt er wieder im Knast und soll planmässig ausgeschafft werden. Ein «Dublin»-Fall muss nach Italien zurückgeschafft werden. Fast zeitgleich tritt ein anderer Häftling im Bässlergut in den Hungerstreik, um sich gegen Haft und Ausschaffung zu wehren. Eine Woche war er im Hungerstreik. Der repressive Apparat funktioniert unbeirrt weiter.
Von uns, die hier leben und arbeiten wird diese Ordnung jeden Tag aufs Neue toleriert, akzeptiert und legitimiert, solange wir uns nicht dagegen wehren. Und wir können nicht sagen, wir hätten nichts davon gewusst.
Wir haben keine Lust in einer Welt zu Leben, wo Menschen eingesperrt und verwaltet werden und für die Aufrechterhaltung des Bestehenden Menschen sterben müssen. Wir haben genug davon, an einem Ort zu leben, der mit allen Mitteln gegen «Unerwünschte» abgesichert wird und in dem Menschen, die sich nicht dieser Logik entsprechend verhalten, mit Repression, Kontrolle und Überwachung rechnen müssen.
Wir sind heute hier aus Solidarität mit all den Menschen, die jeden Tag ihr Leben riskieren und die ganze repressive Kraft des europäischen Migrationsregimes zu spüren bekommen. Aus Solidarität mit all den, die dagegen kämpfen! Weil diese Weltordnung uns alle kaputt macht, weil Grenzen, Staaten und Knäste und eine Gesellschaft, die diese braucht, menschenfeindlich sind.
Smash Fortress Europe!
Ergänzung zum Angriff auf den Waaghof:
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Vermummte Randalierer verwüsten Waaghof
Eine Gruppe Vermummter hat am Freitagabend am Gebäude der Basler Staatsanwaltschaft massive Sachbeschädigungen verursacht.
Gemäss einer Mitteilung der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt stellte eine Polizeipatrouille beim Zolliparkplatz eine rund 50-köpfige Gruppe von vermummten und schwarz gekleideten Personen fest. Daraufhin kam es gegen 22.30 Uhr zu den Sachbeschädigungen in Höhe von mehreren tausend Franken. Die Randalierer warfen Steine gegen das Gebäude und verschmierten die Wände. Nach wenigen Minuten löste sich die Gruppierung wieder auf.
Die Polizei nahm eine mutmasslich am Vorfall beteiligte 28-jährige Schweizerin fest. Die Staatsanwaltschaft eröffnete zudem eine Untersuchung wegen Landfriedensbruch und Sachbeschädigung. Warum die Gruppe gegen die Staatsanwaltschaft vorging, ist noch ungeklärt.
Plakat: In dieser Welt aus / Dans ce monde de
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In dieser Welt aus (PDF)
Dans ce monde de (PDF)
Vier Anarchist*innen in Turin festgenommen
20. Mai, wurden in Turin vier Anarchist*innen festgenommen. Sie sitzen derzeit im Turiner Gefängnis von Vallette. Die Polizei kam im Morgengrauen und nahm Toshi, Erika, Paulo und Luigi zuhause bzw. bei Freund*innen fest. (Offenbar wurden sie von der Polizei verfolgt und beobachtet). Einer der Beschuldigten, Marco, konnte untertauchen. Am Freitag wurden die Anarchist*innen befragt. Derzeit ist das Ergebnis unklar.Der Hintergrund: Am 2. Februar 2015 beschloss die Turiner Polizei im populären Stadtteil Aurora eine Kontrolle durchzuführen, mit dem Ziel Personen ohne Dokumente zu fassen. Diese “Jagd” (Caccia) ist eine gängige Praxis der italienischen Polizei. Einige Personen wurden gerade angehalten und sollten ins Abschiebegefängnis (CIE) gebracht werden. Fünf Anarchist*innen versuchten die Polizeikontrolle zu stören. Nun wird ihnen unter anderem Widerstand gegen die Staatsgewalt und Körperverletzung vorgeworfen.In Turin ist die gelebte Solidarität seit Tagen spürbar. Am Donnerstag Abend wurden die Gefangenen von einer Gruppe vor dem Gefängnis lautstark gegrüßt. Das radikale Turiner Radio Blackout bringt seit Tagen Informationen und Interviews zu der Repressionswelle und am Samstag gibt es eine Kundgebung an jener Stelle in Aurora, wo die Polizei im Februar versuchte Senza-Documenti abzuführen.
Der Grad der Repression hat in Turin ein absurdes Level erreicht: Am Donnerstag musste einer der Gefangenen, Paolo, zusammen mit sieben weiteren Anarchist*innen vor Gericht vorsprechen. Es steht gerade im Raum diese acht Personen unter „Sorveglianza Speciale“ zu stellen. Das bedeutet: Die Stadt nicht verlassen, keine Teilnahme an Demonstrationen oder anderen politischen Veranstaltungen, keine Treffen mit anderen Personen aus der Szene, kein Kontakt mit Radio Blackout. Der Grund: kein bestimmter; die Beschuldigten gelten einfach als “sozial gefährlich”. Diese Woche räumte die Polizei von Turin außerdem ein besetztes Haus, in dem Familien lebten. Zwei der Bewohner*innen wurden ins Abschiebegefängnis CIE gebracht, weil sie keine Papiere haben. Mittwoch Abend hat eine Gruppe vor dem CIE Lärm gemacht, in der Hoffnung, drinnen gehört zu werden. Aktuelle Information (auf Italienisch) gibt es auf der Website Macerie: http://autistici.org/macerie/ Freiheit für Toshi, Erika, Paolo und Luigi!
Schluss mit den Kontrollen von Senza-Documenti!
Ihr könnt den Gefangenen schreiben:
Paolo Milan
Erika Carretto
C.C. Lorusso e Cotugno – Via Maria Adelaide Aglietta 35 10151 Torino
C.C. Lorusso e Cotugno – Via Maria Adelaide Aglietta 35 10151 Torino
Toshiyuki Hosokawa
C.C. Lorusso e Cotugno – Via Maria Adelaide Aglietta 35 10151 Torino Luigi Giroldo
C.C. Lorusso e Cotugno – Via Maria Adelaide Aglietta 35 10151 Torino
Straße in Berlin blockiert in Solidarität mit den Anti-Frontex-Tagen in Warschau- 10. Jahrestag von Frontex ist kein Grund zu feiern!
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Am 21.05.2015 wurde die Kreuzung Mühlenstraße / Tamara-Danz-Straße in Kreuzberg von Aktivist_innen in Pink und Silber besetzt und für einige Minuten zur Festung Europa gemacht. Durch die Blockade wurde gegen Frontex und die europäische Grenzpolitik protestiert und ein Signal des Widerstandes nach Warschau und Europa gesendet. Anlass sind die Feierlichkeiten zum zehnten Jahrestag der Grenzschutzagentur Frontex in Warschau. Frontex ist mitverantwortlich für den Tod zahlreicher Migrant_innen im Mittelmeer. Die Aktion fand in Solidarität mit den Anti-Frontex Tagen in Warschau und allen Migrant_innen und Geflüchteten in Europa statt.
(…)
Für eine Welt ohne Grenzen!
Weitere Tote im Mittelmeer: Stop Watching, Start Fighting
übersetzt von Rabble
Eine neue Woche und eine erneute unentschuldbare Tragödie an den Grenzen. 40 Menschen sanken in ihr Grab im Wasser, als sich gerade ein Schiff zur Rettung näherte. 40 Weitere, die zu den bereits 2000 Flüchtlingen dazugezählt werden können, welche alleine in diesem Jahr ihr Leben im Mittelmeer verloren. Die Presse und die Twitter-Zuschauer drücken ihren unabwendbaren Kummer in einem sensationsgeladem Beitrag aus: „2015 auf demWeg, den Rekord von toten Migrant_innen zu brechen“.
Wir müssen nicht voraussagen, was die Handlungen der Mächtigen sein werden: Es steht ausser Frage, dass die Staaten den Spielraum noch weiter einschränken werden – die Frontexarmee fährt die Boote zurück an die Küsten, die von der EU finanzierten Internierungslager in Nordafrika breiten sich aus – so wie sich die Sprünge in der Fassade unserer liberalen Demokratie in Risse verwandeln.
In Gesprächen, welche in der Europäischen Kommission letzten Monat geführt wurden, waren sich die Politiker_innen einig, die Frontexpatrouillen in Bereiche auszudehen, welche momentan nicht zu ihren Aufgaben dazuzählen, Schmugglerboote ausfindig zu machen und zu zerstören, ein Programm zur schnellen Rückkehr von Migrant_innen in Mittelmeerländern einzuführen und die Zusammenarbeit mit den Nordafrikansichen Staaten auszubauen, um den Menschenstrom einzudämmen.
Die letzte Neuigkeit in diesem Krieg gegen Migrant_innnen ist die Ankündigung der EU, Schmugglerboote in libyschen Gewässern möglicherweise zu bombradieren.
Aber genug der Traurigkeit, genug der Frustration, genug der Forderungen nach der Wiederaufnahme von Rettungsmasnahmen. Diese ganze Empörung bedeutet nichts, solange du nicht bereit bist, die Grenzen selbst zu bekämpfen.
Weil Menschen würden ihr Leben, ihre Babys, ihre Geliebten und Brüder nicht in Papierboote setzen, von welchen sie wissen, dass sie von ihnen getötet werden können, wenn da nicht diese Grenzen wären. Wie der Staat ist auch die Grenze eine junge Instutition in der menschlichen Geschichte, welche sich mit der Ausdehnung der europäischen Kolonialmacht verfestigt hat.
Die Grenzen stellen den Grundstein dar, um ihre koloniale Ausbeute zu verteidigen, ihren geplünderten Besitz zu beschützen und müssen auf alle Arten angegriffen werden. Es wird Zeit, sein Mitgefühl hinter sich zu lassen und anzufangen, diese Apartheid zu zerstören.
Wir können mit den uns am nähesten Grenzen beginnen: die Kontrollen von Migrant_innen, Zwangsanstalten und Internierungslager in unseren Gegenden. Anzufangen die Grenze der Höflichkeit zu überqueren, die Kontrollen zu sabotieren, Ausschaffungen zu stören, Flüge blockieren oder der Widerstand in den Lagern zu unterstützen, die kooperierenden Zahnräder der Ausschaffungsmaschinerie anzugreifen.
Tascor („Begleit“-Service bei Ausschaffungen), WH Tours (Bus-Transport zum Flughafen), Mittie (Verwalter vom Campsfield, Colnbrook und Harmondsworthaufenthaltszentrum), G4S (Verwalter vom Brook House, Tinsley House Cedarszentrum), Barnardo’s (Verantwortlich für die Internierung von Familien im Cedarszentrum), Serco (Yarl’s Woodzentrum, „Begleit“-Service), GEO (Dungavel) sind nur ein paar Unternehmen, welche in diesem Geschäft involviert sind.
Darüberhinaus kann man Migrant_innen auf der Reise unterstützen, Polizeikontrollen stören, Häuser besetzen und öffnen, sichere Häuser zum Unterkommen organisieren, die Macht der Schmuggler durch Gratishilfe zur Grenzüberquerung untergraben, Warnsysteme organisieren.
Viele dieser Ideen werden bereits von informellen Gruppen und Individuen in Europa und darüber hinaus umgesetzt. Aber mit solch hohen Zäunen und solch grossen Hindernissen, sollten wir über mitfühlendes Zusehen wegkommen, und vielmehr Aktionen in Solidarität mit den Mirant_innen und Angriffe gegen die Grenzen auszuführen.
Demo „Fähren statt Frontex“
Frontex feiert im Mai den 10. Geburtstag! Am 21. Mai trifft sich in Warschau die Creme de la Creme der europäischen Sicherheits- und Migrationspolitik, um den Anlass zu feiern und über die Zukunft des Grenzschutzes zu diskutieren. Ein Gruselkabinett! In Warschau wurde deswegen zu Anti-Frontex-Aktionstagen vom 19.-22.Mai aufgerufen. Auch wir machen diese Tage zum Anlass unseren Ekel und unsere Wut gegen Frontex, die ‚Festung Europa‘ und das europäische Migrationsregime auszudrücken.
Frontex ist die europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Aussengrenzen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Sie setzt sich zusammen aus Grenzpolizei und Geheimdiensten. Frontex hat zum Ziel, die Grenzen um Europa mit militärischen Mitteln zu sichern. Frontex ist ‚unabhängig‘ in ihren Entscheidungen und hat ein Budget – unter anderem aus Zuschüssen der EU und Beiträgen der Mitgliedsstaaten – das seit der Gründung ständig steigt. Mit Push-backs, koordinierten Abschiebungen, Überwachung, Risikoanalysen, modernisierten erkennungsdienstlichen Techniken und ständig wachsenden Datenbanken stärken sie ein menschenfeindliches Migrationsregime. Sie betreiben Krieg gegen Menschen. Im Verwaltungsrat von Frontex sitzen hohe Beamte der Schengen-Mitgliedsstaaten, darunter auch die Schweiz. Also ist die Agentur Frontex nur ein Mittel, mit dem die europäischen Staaten ihre Interessen und Macht sichern, ohne die Verantwortung für die Toten tragen zu müssen. Aber Frontex ist nicht zu trennen von ihren Mitgliedstaaten. Frontex ist Europa, die Schweiz und alle ihre Mitgliedsstaaten.
Vor kurzem sind über 1000 Menschen an den Folgen dieser aggressiven und tödlichen Migrationspolitik gestorben. Alle sind schockiert und empört, darunter auch die, welche die Todesurteile dieser Menschen unterschreiben. Heuchlerisch! Denn eine Politik, die sich darauf spezialisiert, Grenzen und Staaten vor Menschen zu schützen, nimmt in Kauf, dass Menschen beim Versuch diese Grenzen zu überschreiten ihr Leben verlieren. Jeden Tag sterben Menschen an den Folgen der europäischen Migrationspolitik, nicht nur an den Aussengrenzen.
Vor einigen Tagen hat ein junger Mann im Ausschaffungsgefängis Bässlergut versucht sich das Leben zu nehmen, nachdem er von der bevorstehende Ausschaffung erfahren hat. Nach einem kurzen Spitalaufenthalt sitzt er wieder im Knast und soll planmässig ausgeschafft werden. Ein ‚Dublin‘-Fall muss nach Italien zurückgeschafft werden. Fast zeitgleich tritt ein anderer Häftling im gleichen Ausschaffungsknast in Basel in den Hungerstreik, um sich gegen Haft und Ausschaffung zu wehren. Eine Woche war er im Hungerstreik. Der repressive Apparat funktioniert unbeirrt weiter.
Aus Solidarität mit all den Menschen, die jeden Tag ihr Leben riskieren und die ganze repressive Kraft der europäischen Migrationspolitik zu spüren bekommen. Weil wir nicht einfach zuschauen wollen und können, weil dieses mörderische Migrationsregime nicht ungehindert und ungestört weiter gewähren darf, weil Grenzen, Staaten und Knäste und eine Gesellschaft die diese braucht, menschenfeindlich sind.
Fuck Frontex!
Fähren statt Frontex!
Smash Fortress Europe!
Demo gegen das europäische Migrationsregime
22. Mai 2015 18 Uhr Dreirosenmatte Basel
Plakat „Fähren statt Frontex“ als PDF-Datei