Rom, Italien: Ein Diplomatenauto und eines von Eni in Flammen

übersetzt von anarhija

Wenn man in der Nacht mit der Absicht hinausgeht, etwas anzuzünden oder ausser Betrieb zu setzen, die dem Alltag inhärente Lethargie zu unterbrechen, weiss man nie ganz genau, was man antreffen wird. Und so sind wir eines Nachts Mitte Juni auf ein Auto des diplomatischen Korps und auf ein Auto von Enjoy (Eni + Trenitalia) gestossen, die direkt nebeneinander parkiert waren. So wie sie bisher durch eine elende Existenz im Dienste der Verwüstung, der Macht und Herrschaft verbunden waren, konnten wir nicht anders, als auch ihren Willen zu sehen, ihr Ende auf dieselbe Weise zu teilen. Und so, wie das bereits bei den Baggern in Frankreich vor einiger Zeit der Fall war, nahmen wir ihren Willen zur Kenntnis, indem wir die Flammen genossen, die sie umhüllten.

Wir hoffen, dass die Hitze dieser Brandstiftung trotz den hohen Temperaturen der letzten Tage ein Lächeln auf die Lippen von all jenen Gefährt*innen zaubern kann, die in den Knästen eingesperrt sind, richterlichen Kontrollen ausgesetzt sind, unter besonderer Überwachung stehen.

An den argentinischen Gefährten Diego Parodi… Gib nicht auf!!!
An die Beschuldigten des G20 in Hamburg
Für die Verhafteten und Angeklagten der Operation Scripta Manent
An Giova, Ghespe und Paska

Für die Anarchie

Berlin, Deutschland: Steine gegen SPD-Büro

gefunden auf chronik

Für Isa und alle anderen Angegriffenen der sozialdemokratischen Sicherheitsdoktrin

CDU/CSU und SPD nennen es degoutanter Weise einen Durchbruch im Asylrechtsstreit. Das neue Transitverfahren steht vor der Tür und damit ungezählte Individuen vor den grenzen Europas. Widerwärtige Hardline-Politiker wie Seehofer setzten sich mit ihrer Menschenverachtenden Politik durch, lassen aber durch ihr Offensiv Öffentliches Auftreten gerne in Vergessenheit geraten, dass auch Parteien die sich selbst Sozial betiteln genauso widerwärtige Schweine sind und eben nicht nur das Sterben im Mittelmeer tolerieren sondern berechnend Erwirken.

In der Nacht vom 03.07 auf den 04.07 haben wir uns ein kleines Wahlkreisbüro der SPD am Straußberger Platz rausgesucht und die Fenster mit den guten alten Berliner- Pflastersteinen bearbeitet. Hinsichtlich der ganzen anderen Scheiße wie z.b Waffenexporte für  Diktatoren wie Erdogan oder das Repressive mitmischen in unseren Lokaleren Kämpfen ist und bleibt die SPD ein in die Verantwortung zu ziehendes Angriffsziel. Wir nehmen zur Kenntnis das es in der letzten zeit wieder ein kleinen Anstieg von Nächtlichen Angriffen gegeben hat. Die Aktion ist ein kleiner Beitrag für progressive niemals zu stoppende Propaganda der Nacht und Zeichen der Stärkung für unsere Freund_innen die derzeit im Knast sitzen.

In the Night no Control.

Refugees Welcome
Freiheit für Isa.
Freiheit für Afrin

Nantes, Frankreich: Nächtelange Unruhen nach erneutem Mord durch einen Polizisten

übersetzt und zusammengefasst von verschiedenen Medienartikeln, alle gefunden auf attaque

Der 22-jähriger Aboubakar Fofana ist am Dienstagabend, 03. Juli in Nantes gestorben, nachdem er von einem Polizisten angeschossen wurde. Zum Schuss kam es gegen 20h30 im Quartier Breil anlässlich einer Autokontrolle.

Die Meldung seines Todes führte umgehend zu Ausschreitungen im Quartier Breil-Barberie; mit Molotovcocktails bewaffnete Jugendliche gingen auf Ordnungskräfte los. Im Laufe der Nacht weiteten sich die Krawalle auf weitere Quartiere in Nantes aus. Neben Autos wurde auch eine Aussenstelle des Rathauses, ein Justiz- und Rechtsgebäude sowie ein Polizeiposten angezündet.

In der folgenden Nacht weiteten sich die Ausschreitungen weiter aus. In verschiedenen Quartieren in Nantes kam es zu Angriffen auf die Polizei, Sachbeschädigungen und Brandstiftungen. Elf Personen wurden in dieser Nacht verhaftet. Einige werden verdächtigt, einen Schuss in Richtung Polizei abgegeben zu haben.

In der Nacht von Donnerstag auf Freitag blieb es in den Quartieren Le Breil, Dervallières, Malakoff und Bellevue eher ruhig. Dafür zeichneten die Quartiere la Bottière, le Chêne-des-Anglais und la Boissière ein geschädigtes Bild. 52 Autos, darunter dasjenige der Stadtspräsidentin von Nantes vor ihrem Wohnsitz, sowie sieben Gebäude, wie das Gymnasium Léonard-de-Vinci, eine Tankstelle, ein Kindergarten, das Bürgerhaus und weitere Läden, wurden angezündet. Vier Personen wurden verhaftet.

Und auch in der vierten Nacht in Folge gingen die Unruhen weiter, auch wenn die Ordnungskräfte mittlerweile mit einem massiven Aufgebot in den Quartieren unterwegs sind. 35 Autos brannten in dieser Nacht. Die Situation beruhigt sich aber langsam.

Weitere Ausschreitungen fanden noch in der Nacht auf Sonntag statt. Zum Beispiel wurde ein Kameramasten gefällt und angezündet. Wie die Medien berichten, ist die Lage in der Nacht auf Montag ruhig geblieben.

Basel: Angriff auf Lagerarchitekten

gefunden auf barrikade

Die Lager für Migrant*innen breiten sich innerhalb wie ausserhalb Europas aus. Auch in der Schweiz entstehen zur Zeit 20 neue Bundesasylzentren. Dieser Euphemismus soll nicht über ihren Charakter der zunehmenden Verwaltung, Kontrolle und Isolierung hinwegtäuschen.

In Grand-Saconnex bei Genf wird momentan an einem solchen Komplex geplant. (Bundeslager, Polizei, Grenzwache und internationale Polizei). Das Architekturbüro Berrel Berrel Kreutler aus Basel und Zürich ist mit seinen Entwürfen Teil dieses neuen Regimes. Ihre jeweils schön imaginierten Architekturen werden in Tat und Wahrheit zum Teil der europäischen Lagerarchitektur – kalt, brutal, isolierend, abgeschottet. Es sind in Beton gegossene repressive Ideen, die derzeit überall aus dem Boden spriessen.

Mit zerbrochenem Glas und an die Fassade gesprayten Sprüchen bei ihrem Büro in Basel haben wir sie vergangene Woche mit ihrer Verantwortung konfrontiert.

Bekannte Aboubakars
In Solidarität mit allen Menschen, die sich momentan ihren Weg nach Europa am erkämpfen sind.

Berlin, Deutschland: Solidarität nach Nantes! – SPIE angezündet

gefunden auf de.indymedia

Die Welle des überschäumenden Hasses auf die Willkür uniformierter Individuen schwappt wieder einmal über die Grenzen Frankreichs bis zu uns. Die letzten zwei Nächte brannten Autos in Nantes, hunderte Jugendliche zerstörten Läden und griffen die CRS mit Molotovs an.

Aboubakar wurde Dienstag Abend in einem Banlieu von Nantes in seinem Auto von einem Polizisten hingerichtet, nachdem er für eine Fahrzeugkontrolle angehalten wurde…

Die Polizei verbreitet die Version der Gefahrenabwehr. Es ist offenbar, dass die „Rechtmäßigkeit“ des Mordes, nach der in der Öffentlichkeit gefragt wird, allein in der selbstgeschaffenen Legitimation und Gesetzmäßigkeit eines Polizeiapparates zu finden ist. Da wir die Anerkennung jener Gesetzmäßigkeit verweigern, kann es niemals eine Legitimation für eine Hinrichtung durch einen Bullen geben.

Erst vor wenigen Monaten erreichte uns bereits eine traurige Nachricht aus dieser Region. Ein Gefährte hatte in den Kämpfen um die ZAD seine Hand verloren und sein gesamter Oberkörper ist bis heute großflächig verletzt. Eine Sprengstoffgranate hatte ihn getroffen, abgefeuert von den Riot Cops der CRS.

Diese Momente, in denen es offenbar wird auf welcher Seite wir stehen und auf welcher Seite all jene stehen, die Uniformen tragen, fühlen sich oft an wie ein Zustand der Machtlosigkeit. Die Zeit wird angehalten und alles in einem selbst bäumt sich auf voller Hass und Frustration. Entweder erscheint alles zum Scheitern verurteilt, man frustriert an der Allmacht des Staates, ein Leben zu jedem Zeitpunkt durch einen Polizisten beenden zu können. Oder man platzt heraus aus diesem Gefühl und macht das einzig Sichtbare, man entlädt die eigene Wut, die Gefühle zu diesen Nachrichten und solidarisiert sich mit all jenen, die auf der gleichen Seite stehen.

Wir wollen unsere Solidarität mit den Widerständigen der Vororte ausdrücken und brannten letzte Nacht ein Auto des Knast-Dienstleisters SPIE ab.

Die Nachrichten über Waffengebrauch oder Hinrichtungen von Polizist*innen aufgrund ihrer Loyalität mit dem Staat, ihres Ordnungswahns, ihres Rassismus oder ihrer zugekoksten Nasen, häufen sich auch in Berlin in letzter Zeit. Es sind permanente Skandal-Nachrichten, die im Medienrausch drohen unterzugehen.

Lassen wir unseren Feinden keinen Moment um Luft zu schnappen! Nur ein Leben im Angriff kann uns davor bewahren an diesen Machtverhältnissen zu resignieren.

In Gedenken an all die von Polizeigewalt Betroffenen!

Liebe und Kraft für alle Gefangenen in den Kerkern des Staates! Haltet durch!

Bern: Der Rechtsmedizin die Fassade beschmieren

gefunden auf barrikade

05.07.18. Diese Woche haben wir mittels einer farbigen Botschaft gezeigt, was wir vom Institut für Rechtsmedizin (IRM) halten. Wir haben dabei den Hauptstandort an der Bühlstrasse in Bern beschmiert.

Das IRM arbeitet eng mit den staatlichen Strafverfolgungsbehörden zusammen. So erstellt es beispielsweise psychiatrische Gutachten von ’Straftäter*innen’, einer durch das Rechtssystem konstruierten Kategorie. Weiter ist das IRM dafür zuständig, die DNA-Profile für die Polizei und die Staatsanwaltschaft zu erstellen – um mögliche ’Strafdelikte’ aufzuklären, Menschen zu identifizieren und zu bestrafen. Insbesondere prekarisierte Menschen sind betroffen von diesem ’Rechtssystem’.

Das Institut trägt mit seinen Abteilungen dazu bei, dass der Staat immer wie effizienter überwacht, kontrolliert, und einsperrt. Dass Projekte, die eine solidarische Gemeinschaft aufzubauen versuchen und sich dem gängigen System widersetzen, verdrängt werden. Dass Leute ohne legalen oder ’sicheren’ Aufenthaltsstatus kategorisiert, eingesperrt und ausgeschafft werden.

Teil des Bauprojekts ’Murtenstrasse’

Das Institut für Rechtsmedizin soll in Zukunft in die Murtenstrasse 20-30 einziehen. Ein Bauprojekt, welches viele hässliche Facetten dieser Gesellschaft vereint: Gentrifizierung, die staatliche Justiz, Tierausbeutung in Form von Tierversuchen.

Bleiben wir dem Staat und seinen Justizapparaten gegenüber widerständig, und lassen wir uns nicht einschüchtern von seinen Strategien. Wehren wir uns gegen alle Formen der Ausbeutung und Unterdrückung und zeigen wir uns solidarisch mit denjenigen, die hinter den Gittern, Mauern, und in den Käfigen sind.

Eine ausführliche Kritik zum gesamten Bauprojekt an der Murtenstrasse findet sich hier:
„Kritik am Neubau der Uni Bern an der Murtenstrasse“

Für einen Kampf gegen den Staat, seine Käfige und Grenzen!

übersetzt von Kairos – Journal anarchiste nr. 5

Um seine Kontrolle über die Bevölkerung und insbesondere über die Unerwünschten zu verstärken, modernisiert der Staat immer wieder sein repressives Arsenal: Nach der Ankündigung seines Plans von 33 neuen Gefängnissen, in denen Tausende von Menschen zusätzlich eingesperrt und isoliert werden, hat der Staat soeben das Gesetz „Asile et Immigration“ verabschiedet, das die Dauer der Internierung von Ausländern, die die guten Papiere nicht besitzen, von 45 auf 90 Tage verdoppeln soll. Dieses Gesetz kommt zum Ausnahmezustand und dem Einsatz der Armee auf den Strassen und an den Grenzen, den Hausarrests, die den Asylsuchenden massenhaft verteilt werden, der Vergrösserung der bereits existierenden CRAs etc. dazu. Diese Dauer der Inhaftierung kann im Falle der Gegenwehr eines Sans-Papiers bei seiner Abschiebung um weitere 15 Tage verlängert werden (105 Tage in diesen Knästen, die ihren Namen nicht verraten, die von den Herrschenden „Centre de Rétention Administrative“ – „administrative Hafteinrichtung“ – genannt werden). In einem Kontex des Zuzugs von Männern, Frauen und Kindern, die vor den Kriegen, der Ausbeutung und den politischen Verfolgungen in den zahlreichen Ländern unter dem Joch der Diktatoren und anderen Regimes/Autoritären fliehen, die mit der Komplizenschaft des europäischen Neokolonialismus eingerichtet wurden, sperrt die Herrschaft immer mehr Menschen ein. Für die Macht geht es darum, eine drastische Kontrolle auf seinem Territorium zu bestärken, sei es durch die Inhaftierung (Gefängnis, CRA..) oder durch die den karitativen und anderen Organismen anvertraute Kontrolle ausserhalb davon (in den CAOs, CADAs, PRAHDAs etc…). Die nach der Räumung des riesigen Camps bei Calais im Oktober 2016 eröffneten Aufnahme- und Orientierungslager (CAO) (stets in der ausweichenden Sprache der Herrschaft), hatten zum Ziel, die migrantischen Personen auf dem ganzen Territorium zu zerstreuen, die Selbstorganisation und Solidarität zu brechen und sie noch weiter zu isolieren, indem sie ins verlassene Hinterland geschickt werden.

Zur gleichen Zeit sieht man, wie diejenigen, die den Sans-Papiers materielle Unterstützung bieten, vom Staat wegen „Delikten der Solidarität“ verfolgt werden. Es ist nicht länger nötig, subversive Diskurse und Taten hochzuhalten, um in den Netzen der Repression zu enden. Es reicht aus, Nahrungsmittel- und Kleidersammlungen zu organisieren, um die Bullen vor seinem Wohnort aufkreuzen zu sehen. Aber kann uns das als Revolutionäre, die wir uns im Kampf gegen den Staat und seine Grenzen befinden, genügen? Die Antwort lautet natürlich nein. Da mehrere Menschen wegen einfacher materieller Unterstützung vor Gericht gezogen werden, könnten wir uns auch fragen, ob es nicht der angebrachte Moment wäre, um sich etwas anderem zuzuwenden, die Inhafierungs- und Abschiebemaschine praktisch aufzuhalten, ohne Mediation und ohne Kompriss?

Im Mai 2018 landeten drei solidarische Menschen (Théo, Bastien und Eleonora) nach einem Wochenende gegen die Grenzen in der Region von Briançon im Knast. An diesem Wochenende ging es auch darum, den privaten faschistischen Milizen entgegenzutreten, die der Gendarmerie, der Grenzpolizei und dem Militär zu Hilfe kamen, um ihre dreckige Arbeit der Kontrollen und massenhaften Verhaftungen in den Bergen an der italienischen Grenze zu erledigen, die viele geflüchtete Personen als Grenzübergang nutzen. Nach ein paar Wochen wurden die drei präventiv wieder entlassen. In Frankreich schlugen diese Verhaftungen leider nicht allzu grosse Wellen: Es kam lediglich zu ein paar Versammlungen mit Transparenten vor dem Gefängnis in Marseille, in dem die drei eingesesperrt waren.

Wieso die Unternehmen und diversen Institutionen, die diese Todesmaschine am Laufen halten, nicht direkt angreifen?

Es scheint mir äusserst wichtig, einen direkten Kampf gegen die Inhaftierung und Abschiebung wieder aufzunehmen, so wie dies in Frankreich zwischen 2006 und 2011 der Fall war, als in allen Ecken des Hexagons die verschiedenen Unternehmen und Institutionen zum Ziel genommen wurden. Diese Angriffe wurden während der Revolte der Sans-Papiers im CRA von Vincennes, die eines der grössten Gefängnisse des Landes in Schutt und Asche legte, noch weiter bestärkt und verbreitet. In den folgenden Monaten und Jahren wurden dutzende Unternehmen und Institutionen, die an der Inhaftierung und an den Abschiebungen beteiligt sind, mit dem Hammer, dem Klebstoff, der Säure oder dem Feuer sabotiert. Unter den Zielen befanden sich die Banken, die Sans-Papiers bei den Bullen verpfeifen (La Poste, LCL, BNP Paribas, etc…), Flug- und Zuggesellschaften wie Air France und die SNCF, die Ausschaffungen durchführen oder die Bullen bei Massenkontrollen unterstützen, die Konstrukteure dieses Ekels (Bouygues, Vinci, Eiffage), karitative Organisationen, die für die Organisation der Razzien und die Verwaltung der Lager verantwortlich sind (das Rote Kreuz, France Terre d‘Asile).

An diesem Kampf gegen die Abschiebemaschine, dem es gelungen ist, der Abschiebemaschine hier und jetzt entgegenzutreten und mit dem Finger auf die unterschiedlichen Aasgeier zu zeigen, die mit der Misere und der Ausbeutung fett werden, will sich der Staat nun nach mehr als acht Jahren rächen. Für den 22. Juni, genau zehn Jahre nach dem Feuer im CRA von Vincennes, wurden sieben Personen dazu aufgefordert, vor dem ganz neuen Zermalmungs- und Bestrafungspalast, dem Palais de Justice, zu erscheinen: Zwei Personen waren wegen „Beschädigungen“ in einem Geschäft von Air France angeklagt, eine andere wegen „Beschädigungen“ an einem Geschäft der SNCF und von Bouygues. Die anderen werden wegen „Verweigerung der DNA und anderen erkennungsdienstlichen Behandlungen“ verfolgt. Diese überraschenden Besuche fanden während einem wilden Spaziergang am 17. März 2010 statt – nur einige Stunden nach der Verurteilung von zehn in Vincennes eingesperrten Sans-Papiers zu mehreren Jahren Haft für diese feurige Revolte. Bei diesem Prozess handelt es sich um den zweiten Teil von Untersuchungen bezüglich der gleichen Sache. Im Juni 2017 wurden drei Menschen zu vier Monaten Haft auf Bewährung wegen „gemeinschaftlich begangener Sachbeschädigung“ verurteilt.

Einen offensiven Kampf wieder aufzunehmen würde es ermöglichen, aus einem gewissen Fatalismus, einer generellen Ohnmacht gegenüber den Gräueltaten der Grenzen und ihren Verteidigern, herauszukommen. Es wäre ausserdem auch eine Möglichkeit, die Repression gegen die Solidarität mit Ausländer zu erwidern, den Verantwortlichen dieser tödlichen Maschinerie einen Namen zu geben und dafür zu sorgen, dass sich diese Angriffe ausbreiten und generalisieren.

Wir haben also die Qual der Wahl, um unsere Wut gegen die Gefängnisse und die Grenzen zum Ausdruck zu bringen. Wir sind weit von einem abstrakten System, unantastbar und ausser Reichweite, entfernt. Gegen die Inhaftierung und Abschiebung von unerwünschten Personen zu kämpfen, heisst nicht, sich für die Opfer aufzuopfern, sondern für die Freiheit aller, mit oder ohne Papiere, zu kämpfen. Es geht nicht um einen Kampf für die Sans-Papiers, aber um einen Krieg gegen den Staat. Aus diesem Grund gibt es kein „Subjekt“ in diesem Kampf (die Sans-Papiers, die Flüchtlinge oder andere Kategorien der Macht), das im Besitz der Wahrheit wäre und nach dem sich die Solidarität richten müsste. Die Inhaftierung durch direkte, destruktive Angriffe zu attackieren ist ein Ansatz, der von all denjenigen geteilt werden kann, die nach Freiheit streben. Ein Ansatz, der sich wie ein Buschfeuer ausbreiten kann.

FEUER ALLEN GEFÄNGNISSEN
Freiheit für alle, mit oder ohne Papiere

Plakat: Im Kampf gegen die Grenzen!

übersetzt von vallées en lutte

Auf der Apathie der Massen, dem Hintergrund einer fremdenfeindlichen Stimmung und dem Treiben faschistischer Gruppen surfend, weitet die Macht ihr repressives Arsenal aus (Verdoppelung der Maximaldauer der Internierung, Vergrösserung der CRAs, Hausarrest, PRAHDA (A.d.Ü. programme d‘accueil et d‘hébergement des demandeurs d‘asile – Programm zur Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern) etc.) und multipliziert seine Schläge gegen solidarische Individuen, um jegliche Regung der gegenseitigen Hilfe und der Revolte abzuwenden.

Als Verstärkung der Patrouillen der Grenzpolizei und der Gendarmerie ist die Armee seit mehreren Jahren in den Alpen im Einsatz. Diese dreckigen Uniformen rastern das Grenzgebiet mit grosser Unterstützung von Drohnen und Helikoptern, um die Unerwünschten zu umstellen. Sie vermehren die Kontrollen auf den Wegen und in den Bahnhöfen, die Durchsuchungen in den Wohnorten, die migrantische Personen beherbergen, und drängen diese somit dazu, immer gefährlichere Wege einzuschlagen.

Diese Aasgeier sind für den Tod von Tausenden von Menschen verantwortlich, sei es während der Überquerung der sogenannt „natürlichen“ Grenzen (Mittelmeer, Alpen, Ärmelkanal), während ihrer Einsperrung oder Abschiebung.

Kontrollen in den öffentlichen Transportmitteln und Polizeischikanen bei der Arbeit in gewissen Quartieren sind Teil der gleichen autoritären und kapitalistischen Logik, die die Armen aus den Innenstädten verteiben möchte. Die Stadtplaner möchten für die gutbetuchten Touristen, Investoren und „coolen“ Unternehmer „Platz schaffen“.

Und so entwickelt sich in der Region Provence-Alpes-Côte d‘Azur ein „Kompetenzzentrum“, das Hunderte von Unternehmen, öffentliche oder private Forschungslabors (etc.) versammelt, die, neben anderen Widerlichkeiten, an der inneren Sicherheit und der Überwachung der Grenzen arbeiten. In Spuckweite breiten sich die Lumpen, die Drohnen (für „gezielte“ Schläge, für die Überwachung der Grenzen, Demonstrationen und sogennat „anfälligen“ Infrastrukturen) und Bildverarbeitungsoftware (zur Erkennung von „auffälligem“ Verhalten) entwickeln, überall um uns herum aus. Es sei denn, die Hotels, die die Bullen unterbringen, die am Bau oder der Verwaltung der CRAs, PRAHDAs, CAOs (A.d.Ü.: Centres d‘accueil et d‘orientation – Aufnahme- und Orientierungslager) beteiligten Firmen werden angegriffen… oder es versucht wird, den Kontrolleuren und anderen Uniformen, überall wo man ihnen begegnet, Knüppel zwischen die Beine zu werfen?

Um die Staaten und ihren Willen zur totalen Kontrolle der Bevölkerung, den tödlichen Rassismus und den Kapitalismus, der unsere Leben zermalmt, anzugreifen, ist es an der Zeit, Dynamiken des Kampfes ohne Zugeständnisse zu entwickeln.

Von den Grenzübergängen zu den Versuchen, Abschiebungen zu verhindern, von den (Komplizenschaften der) Ausbrüche zu der Solidarität mit den Revolten, die in regelmässigen Abständen die Lager erschüttern, von den Angriffen auf die Räder der Inhaftierungs- und Abschiebemaschine zu denen auf die Entwickler der Technologien des Todes… Soviele Ziele wie Methoden der…

Entfesseln wir die Freiheit!

Lille, Frankreich: Farbe fürs Polizeirevier!

übersetzt von sans attendre

All Colors Are Beautiful

Lokale Aktion für eine globale Unordnung

Am Morgen des 13. Juni 2018 fanden die Bewohner*innen des Quartiers Vauban die Fassade des Gebäudes ihrer Friedenswärter*innen mit verschiedener Farbe aufgefrischt und der Inschrift „ihr habt Blut an euren Händen“ und „zweite Mahnung“ vor.

Sie könnten sich berechtigterweise fragen: Wieso wurde das Polizeirevier an der rue Lavoisier angemalt?

Doch die Frage, die diese Aktion stellen möchte, lautet vielmehr: Wieso erleiden Menschen tödliche Schläge von der Polizei? Wieso Sélom, wieso Matisse in Fives letzten Dezember? Wieso Maxime, Student aus Lille, verstümmelt in der ZAD bei Notre-Dame-des-Landes im Mai 2018? Wieso all die anderen, wieso diese unkalkulierbare Anzahl an Polizei-Opfern?

Es scheint sich um eine Problematik des Territoriums und des Rechtsstaates zu handeln. Das Konzept des Staates ist eine Weltanschauung, eine Art zu handeln. Das einzige Instrument, um uns diese Definition schlucken zu lassen, ist die Repression. Das hört sich falsch an: Es ist sehr wohl Gewalt, symbolisch und physisch.

Weil die Gewalt allgemein angewendet wird, systemisch (im neoliberalen System, das uns umgibt, enthalten und darin festgemacht) und manchmal systematisch in Abhängigkeit zum Kontext.

Der Kontext, der die Tage der zwei jungen Bewohner in einem überkontrollierten Quartier beendet hat.
Der Kontext, der einen Studenten verstümmelt hat, der einen Ort des kollektiven Experimentierens in der ZAD verteidigt hat.
Der Kontext, der die Geflüchteten, die Migrant*innen und Sans-Papiers daran hindert, so zu leben, wie sie es wollen, weil ihre Situation als irregulär beurteilt wird.

Diese Gewalt, allzeit legitim, wenn wir Gérard Collomb (A.d.Ü.: französischer Innenminister, Gründungsmitglied der PS) zuhören, kann jede*n zu jeder Zeit treffen. Der Akzent liegt aber auch auf den Marginalen und Aussenseitern. Diejenigen, die bereits am Rande stehen und es schwer haben, sich in ein System zu integrieren, das sie alltäglich unterdrückt. Diejenigen, die sich weigern, sich in Bewegung zu setzen (A.d.Ü.: i.O. qui refusent de se mettre En Marche = franz. Regierungspartei von Macron) und sich dem System durch ihre Lebensweise und/oder durch ihre politischen Aktionen widersetzen. Die Männer, die Orte, Squats, Universitäten besetzen; die Frauen, die ihre Strassen, Quartiere und Städte besetzen; die Männer und Frauen, die nicht-passiv demonstrieren, die sich hier und dort zeigen, die träumen, indem sie einen Schrei ausstossen, der allzu oft von einer systematisierten Repression überdeckt wird.

Ein Polizeirevier anzuvisieren, ist demnach nicht nur ein Angriff auf die Institution, die uns direkt angreift, sondern auch ein Angriff auf eine Konzeption der gesellschaftlichen Organisation, in der die Polizei der unabdingbare, verlängerte Arm des Rechts ist. Das aktuelle ökonomische und politische Umfeld ist nur die Konsequenz von historischen Verkettungen und politischen Entscheidungen, die wir berechtigterweise in Frage stellen. Die Vorstellungen der Justiz (der Kult des Gesetzes), der Demokratie (die soziale Ordnung), dessen, was sich eingerichtet hat (die Politik), des Volkes (die Bürger*innen) müssen mit unseren eigenen Worten (vielmehr als mit denen der Regierung) neu definiert werden. Ihr Recht, ihre Justiz, ihre Demokratie, ihre Insitutionen… für welches Volk? Wir rühmen vielmehr den rechtsfreien Zustand.

Einige werden sagen, dass diese Aktion gewalttätig ist. Aber wieso passiv bleiben angesichts ihrer Taten und mit dem Schlagstock auferlegten Ideen? Wir weigern uns, das Gewaltmonopol der Regierung und dessen Verwendung, um soziale Konflikte zu regeln und um jeglichen dissidenten Versuch zu verdrängen, zu verharmlosen. Wir weigern uns, die Systematisierung des Gebrauchs davon zu akzeptieren, mit der jegliche Mobilisierung verhindert wird und diejenigen, die sich abrackern, im Zaun gehalten werden.

Mit unserer Aktion bekräftigen wir, nicht geduldig auf eine generalisierte Revolution zu warten. Wir bevorzugen, vielmehr als blindslings auf einen globalen Aufstand zu hoffen, kleine, unabhängige Inseln von Aktionen gegen einen gemeinsamen Feind. Es gibt keine Trennung zwischen dem Grund unserer Ideen und den Formen unserer Taten zu machen. Der „Vandalismus“ ist eine angemessene Antwort auf die Absurdität der von den Regierenden auferlegten Welt. Stellen wir uns also die Frage: Was ist gewalttätiger, die polizeiliche Maschine oder Worte und Farbe auf einem Polizeiposten?

In allen Fällen, ACAB, All Colors Are Beautiful.

Der Polizeiposten an der rue Lavoisier wurde vor zwei Wochen schonmal angemalt. Trotz dieser ersten Abmahnung sind sie damit fortgefahren, Bullen zu sein. Die zweite Mahnung war kein Luxus, sie war notwendig.

Unterstützung für die Verstümmelten

Kein Vergeben, kein Vergessen für die Ermordeten

Die Polizei hat Blut an ihren Händen

Dies ist eine zweite Mahnung

Es gibt unzählige Gründe, wütend zu sein!

gefunden auf barrikade

Heute vor genau zwei Jahren – am 24. Juni 2016 – gab es in Basel eine kleine, wilde Demo. Sie richtete sich gegen Stadtaufwertung und Vertreibung, das Schweizer Migrationsregime und den Sicherheitsapparat der Mächtigen.

Es gibt unzählige Gründe, wütend zu sein

Sei es der alltägliche Leistungszwang und der Druck sich der Verwertungslogik unterzuordnen, oder all die anderen Ungerechtigkeiten, mit denen wir tagtäglich konfrontiert sind. Durch das neoliberale Wirtschaftssystem verschärfen sich die globalen Ausbeutungsverhältnisse. Die Armen werden immer ärmer, immer mehr Menschen leben in prekären Verhältnissen, während die wenigen Privilegierten immer reicher werden. Die Herrschenden versuchen mit Polizeigewalt, mit der Aufrüstung der Armee, mit der Militarisierung der Grenzen und mit Kriegen ihre Vormachtsstellung zu verteidigen und zu erweitern.

Das demokratische System in der Schweiz funktioniert perfide, es versucht die Machtverhältnisse zu verschleiern, damit die Kulisse unüberschaubar wirkt. Das Netz der Kontrolle wird immer verworrener und dichter, der Überwachungsapparat entsprechend massiv ausgebaut. Alternativen zum Bestehenden werden mit dem Argument der Partizipation ins demokratische System integriert. Während jeglicher Protest oder Widerstand, der sich nicht integrieren lässt oder lassen will, unterdrückt, kriminalisiert und als illegitim dargestellt wird.

So dass letztlich bei vielen, die sich eine Gesellschaft radikal anders vorstellen und bereit sind darin zu handeln, ein Gefühl von Ohnmacht, Starre und Resignation zurückbleibt. Dabei ist es mehr als legitim, sich gegen die strukturell zutiefst gewalttätigen und von Autorität durchzogenen Verhältnisse aufzulehnen! Direkte Aktionen versuchen sich jeglicher demokratischer Delegation zu entziehen und greifen das Bestehende selbstbestimmt an.

Ein wütender Mob – wie am Abend des 24ten Juni – ist ein Versuch diese Ohnmacht zu durchbrechen und sich gegen die Verhältnisse zu wehren. Mit ihrem unkontrollierbarem Charakter war diese Demo ein kurzer Bruch mit dem geschmierten Ablauf der Maschinerie der Unterdrückung. Eine Unzufriedenheit, die überall auf der Welt zu verspüren ist. Sie zeigte sich etwa ebenfalls vor zwei Jahren in den Kämpfen gegen die Loi de Travail Reformierungen in Frankreich oder vor einem Jahr bei den Protesten gegen die G20 in Hamburg. Und dies sind nur zwei Beispiele von vielen.

Ob alleine, zu zwanzigst oder mit tausenden auf der Strasse – Widerstand tut Not!

Alle Momente, jede Tat, jede Idee, die sich gegen diesen gesellschaftlichen Wahnsinn stellen, erfreuen unsere Herzen und hinterlassen auf unseren Gesichtern für ein kurzen Moment ein schelmisches Grinsen.

Deshalb solidarisieren wir uns allen, die unser schelmisches Grinsen und unsere Ideen teilen – sowie mit allen, die deswegen Repression erfahren. Und ob schuldig oder nicht, wir solidarisieren uns mit allen Angeklagten, die wegen dem 24. Juni vor Gericht stehen werden!

Feuer dem Staat, Hass den Herrschenden und ihren Scherg*innen – für ein Leben ohne Ausbeutung und Unterdrückung!