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Spanien: Start einer antinationalistischen Kampagne

gefunden auf contra info

Der folgende Text ist als Flugblatt, zusammen mit dem hier gezeigten Poster sowie Aufklebern, Teil einer offenen Kampagne gegen Nationalismus in all ihren Ausdruckformen. Das Material soll spanienweit verteilt werden. Die Seite ContraMadriz stellt Druckvorlagen im PDF Format zur Verfügung und im Freiraum “Local Anarquista Motín” in Madrid liegt alles, bereits ausgedruckt, zum Abholen bereit. 

Gegen den Staat und das Kapital, Der Kampf ist der einzige Weg. Der Kampf findet auf der Straße statt.Keine Nationen oder Grenzen

Gegen den Staat und das Kapital, Der Kampf ist der einzige Weg. Der Kampf findet auf der Straße statt. Keine Nationen oder Grenzen

KEIN STAAT WIRD UNS BEFREIEN

Kein Staat, ob spanisch oder katalanisch, wird uns irgendeine Art von Freiheit geben. Denn jeder Staat hat den Daseinszweck, die Ausgebeuteten zu unterwerfen und die Privilegien der herrschenden Klassen zu garantieren. Der Staat regelt die Ausbeutung durch das Gesetz und kümmert sich darum sicherzustellen, dass die Unterdrückten sich niemals gegen eine Ordnung erheben, die uns auf dem ganzen Planeten ausbeutet, erniedrigt, räumt, betrübt, bestiehlt und ermordet.

Keine Polizei, ob Mossos, Zivil- oder Nationalgarde schützt uns. Sie sind Spezialeinheiten des Staates, die das Privateigentum schützen und sind die Beauftragten für die Unterdrückung und Verfolgung von all denen, die nicht niederknien und sich dafür entscheiden gegen ihre verdorbene Welt zu kämpfen. Es gibt keine gute oder schlechte Polizei, alle repressiven Körper gehorchen einer ganz bestimmten Logik: Aufrechterhaltung der Ordnung. Lasst uns die Handlungen der Polizei bei Generalstreiks, Demonstrationen, Razzien in Vierteln, rassistische Kontrollen, Überwachung von Gefängnissen, bei Zwangsräumungen und Vertreibungen und sogar als Fremdbesatzungsmacht (hier sein an die hohe Zahl zu internationalen Missionen entsandter Polizeikräfte erinnert.) nicht vergessen. Sie gehorchen und dienen ihren Meistern.

Die Demokratie, parlamentarische Institutionen und Politiker*innen kümmern sich nicht um unsere Interessen, sondern nur um ihre eigenen. Um diese sollte sich niemand außer uns selbst kümmtern. Unsere Herrscher zu wählen, sich Mehrheiten / Minderheiten zu unterwerfen, sich im demokratischen Rahmen zu bewegen, lässt uns zu Handlanger*innen unserer eigenen Beherrschung werden und begründet in uns den Geist der Delegation an Professionelle. Wir haben unser Leben in ihre Hände gelegt. Wir vertrauen Politiker*innen, die nur versuchen (wie alle) von unseren Kämpfen und unseren Gefühlen zu profitieren, so lange wir uns unterwerfen oder nach Unterwerfung streben und uns zu einer kriecherischen Masse werden lassen, die sich nach Wahlinteressen und Machkämpfen entsprechend, mobilisieren oder demobilisieren lässt.

Kein Nationalismus oder keine Flagge sollte uns vertreten. Als Unterdrückte und Ausgebeutete sollten wir verstehen, dass wir mehr mit anderen Ausgebeuteten und Unterdrückten gemeinsam haben, als mit Unternehmer*in oder Politiker*innen, die am selben Ort, wie wir geboren sind. Nationalismus und Patriotismus sind Werkzeuge der Macht, mit denen sie die Unterdrückten infizieren und manipulieren und erreichen, dass sie mit vor ihren UnterdrückerInnen von selbst kuschen, um uns mit unseren Klassenfeinden und ihren ständig wechselnden Projekten und Bedürfnissen zu verbinden. Die Zuneigung für die Erde , auf der wir leben oder unsere Sprache wird hergenommen, um die Schaffung neuer Staaten zu rechtfertigen. Dabei wird übersehen, dass Kultur etwas lebendiges sein sollte, in ständiger Evolution und freier Entwicklung zwischen Individuen und Gemeinschaft. Der Staat ist der Tod aller freien Entwicklung, in dem er Grenzen errichtet und die Saat von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit keimen lässt.

Unter dem Kapitalismus, dem Staat und jeder Form von Autorität werden wir niemals frei sein. Lasst uns eine neue Welt auf den Ruinen der autoritären und staatlichen Gesellschaft aufbauen. Wir bauen und kämpfen für Anarchie, als ständiger Kampf gegen alle Formen der Unterdrückung und Ausbeutung, der Solidarität und der gegenseitigen Unterstützung mit unseren Gefährt*innen, egal woher sie kommen.

KEINE NATIONEN ODER GRENZEN

Versenken wir die ArchitektInnen der Repression in ihrem eigenen Beton!

gefunden auf barrikade

Ausschreibung des Wettbewerbs zum Bau des Bundeslager für Asylsuchende (BfA), sowie für einen neuen Gebäudekomplex, der die neuen Lokalitäten der Internationalen Polizei, das Kooperationszentrum der Polizei und Zollbehörden (CCPD) und ein Abschiebezentrum in Genf beherbergen soll.

Angesichts der Verschärfungen im Schweizer Migrationsregime (insbesondere die beschleunigten Verfahren) und im Kontext der grundsätzlichen Effizienzsteigerung in Verwaltungs-, Kontroll- und Repressionsinstitutionen, sollen in den nächsten Jahren in Genf gleich mehrere neue repressive Strukturen entstehen.
Konkret beabsichtigen die kantonalen und eidgenössischen Autoritäten, Hand in Hand zwei neue Gebäude ( für ungefähr 63 mio CHF) zu bauen – ein Bundeslager für Asylsuchende (Warte- und Ausreisezentrum) mit 250 Plätzen wie es im Restrukturierungsplan Asyl vorgesehen ist und neue Gebäude für:

  1. die Internationale Polizei (PI), die sich aus zahlreichen Dienststellen zusammensetzt, die zurzeit noch über den ganzen Flughafen verteilt sind
  2. das Kooperationszentrum der Polizei und Zollbehörden (CCPD)
  3. ein Zentrum für Adminstrativhaft und Rückführungen, bestimmt für illegalisierte und durch den Staat als unerwünscht betrachtete Menschen

In Genf, wie auch anderswo, sind die Abschiebegefängnisse überbelegt, die Dauer der Aufenthalte sind endlos, die Haftbedingungen sind mies… und wir hören immer wieder von Ausbruchsversuchen, manchmal erfolgreichen. Für dieses Projekt sind die Anweisungen klar: umzäunte Gebäude, Notausgänge die nicht auf die Strasse führen, ein einziger stark überwachter Eingang, Panzerglas, gesonderte Parkplätze, nicht einsehbare Zonen, Räume speziell gebaut für (Körper)-Durchsuchungen und die Abnahme von Fingerabdrücken, Isolationszellen ohne Tageslicht, direkter Zugang der Polizei zu allen Räumlichkeiten, etc. Dies soll die Optimierung der Abläufe und den „rythmischen“ Prozeduren garantieren.

Es ist auf einer Parzelle, die an die Piste des Flughafens angrenzt, auf dem Boden der Gemeinde Grand- Sacconex, wo die Autoritäten diesen grossen und unter Dauerüberwachung gestellten Gebäudekomplex realisieren wollen. Ein Bundeslager um die beschleunigten Asylverfahren zu verarbeiten, ein Gefängnis um Administrationshaft, vorgesehen für Warteaufenthalte der „kurzen Dauer“, durchzusetzen. Eine Konzentration von verschiedenen Polizei und Zoll Diensten. Das ganze Seite an Seite gebaut und durch Laubengänge verbunden, schön integriert in den Gesamtkomplex des Flughafens. So kann man aus der Wettbewerbsauschreibung lesen:

Das Programm der beiden Gebäude ist eng mit Betrieb des Flughafens verbunden

Die geplante Infrastruktur ist koordiniert und vernetzt und somit ein Abbild seiner sozialen Funktion. Dieses Lager wird Menschen einsperren, die nicht den Normen entsprechen, die nicht verwertbar sind, die weder das Privileg besitzen, reich zu sein, noch die richtigen Papiere zu besitzen. Menschen die sich verteidigen oder sich auflehnen werden kriminalisiert, an einem Ort konzentriert, eingesperrt und schlussendlich deportiert.

Zwischen dem Start der Bauarbeiten und dem Zeitpunkt wo diese Gefängnisse im Beton materialisiert sein sollen, vergeht noch eine Weile. Indessen ist die Einreichefrist des Planungs- und Architekturwettbewerbs zur Realisierung dieses Komplexs bald abgelaufen. Die Architekten und Bauingenieure haben noch bis zum 20.Oktober 2017,12.00 Uhr Zeit, ihre dreckigen Beiträge den OrganisatorInnen des Wettbewerbs per Post, zuzustellen.

  • Adresse der OrganisatorInnen
    REPUBLIQUE ET CANTON DE GENEVE
    Département des finances (DF)
    Office des bâtiments Direction des constructions
    Concours PI-CFA
    Boulevard St. Georges 16
    Case postale 22
    1211 Genève 8
  • Adresse des Sekretariats des Wettbewerbs
    MIDarchitecture Sàrl
    „Police internationale et centre fédéral pour requérants d’asile/fonctions attente-départ“
    27 rue Louis-Favre
    1201 Genève
    e-mail : pi-centrededepart@midarchitecture.ch

Sabotieren wir den Bau all dieser Schändlichkeiten. Auf dass die Sonne niemals auf diese Bauwerke der Repression scheinen mag. Senden wir, für heute, unsere eigenen Vorschläge welcher Form auch immer, als stinkende Pakete oder lärmige Briefe an die Verantwortlichen dieser Projekte. An alle GestalterInnen und Planerinnen der Einsperrung, der Staatsgewalt, der Ausgrenzung, der Ausbeutung und der Abschiebungen.

Bis ihre Briefkästen platzen – Feuer allen Gefängnissen

Gegen die Gewohnheit

übersetzt von attaque und macerie

Einmal mehr sind wie hier, in den Zellen eines Gefängnisses. Einmal mehr sind wir angeklagt, dass wir „uns eingemischt haben“, dass wir versucht haben, eine x-te Kontrolle von Migranten im Quartier, in dem wir leben, zu verhindern.

Eine Kontrolle zu blokieren ist ein sehr schwierig zu erreichendes Ziel, gerade wenn die Ordnungskräfte in Anti-Riot-Uniform auftauchen, teilweise sogar auf Pferden, wie das in Mailand der Fall war, und eine wahre militärische Operation durchführen.

Uns mit den Verhafteten zu solidarisieren und die Kontrolle „sichtbar“ zu machen, ist leider das magere Resultat, das wir erreichen konnten.

Das mag vielleich bizarr erscheinen, von der „Sichtbarmachung“ eines solch gewaltigen Ereignisses, wie einer polizeilichen Kontrolle inmitten eines Quartiers, zu sprechen. Eine Situation, in der die Polizeifahrzeuge, ihre Kastenwagen, die Bereitschaftspolizisten mit Helmen und Knüppeln sicherlich nicht unbemerkt bleiben.

Und genau das ist der Punkt. In diesen düsteren Zeiten, in denen die bis zu den Zähnen bewaffneten Soldaten, die durch unsere Strassen ziehen, und die Kontrollen nach ethnischen Merkmalen, die die Nachkriegsdemokratie so entsetzt haben, die alltägliche Gewohnheit geworden sind. Die Normalität ist, wie man weiss, aus der Barbarei gemacht.

Diese gleiche Normalität, die über dem Europa der Vergangenheit schwebte, dieser Welt der Peiniger, die „einfach nur die Befehle ausführten“, und der technischen Lösungen. Die Plätze sind die gleichen geblieben, auf denen die Gleichgültigkeit der Passanten von damals ein Widerhall in den geschlossenen Fenstern von heute findet.

Die Jagd auf die Migranten dient nicht nur dazu, einen Teil der Bevölkerung im Würgegriff zu halten, sie ist ein Aspekt des generellen Krieges gegen die Armen, von dem die Polizei der bewaffnete Arm ist.

Desweiteren haben die Schutzvorkehrungen gegen die Migration, die in den letzten Jahren ein unvorstellbares Mass erreicht haben, zum Ziel, den Migranten mittels den politischen und medialen Erzählungen als den falschen Schuldigen für die Misere hinzustellen, in die uns der Staat gezogen hat.

Es ist genau in den peripheren Quartieren der Städte, wo die Familien mit den unbezahlten Mieten aus ihren Häusern geschmissen werden und wo man sich bei der super-prekären Arbeit abrackert, in denen sich der Albtraum des Krieges unter den Ausgeschlossenen ausbreitet.

Der grosse Schwindel ist serviert und zuviele sind es, die darauf hereinfallen.

Verhindern, dass dies geschieht, ist für diejenigen, die sich entschieden haben, nicht im Elend zu leben, der Grund, für den sie ständig eingesperrt werden und Aufenthaltsverbote ausgesprochen bekommen, der Grund, für den sie in den Polizeistationen geschlagen und erniedrigt werden.

Kein Problem jedoch: Es ist der gleiche Grund aus dem wir Widerstand leisten, die Zähne fletschend, und uns organisieren gegen die Brutalität, die uns umgibt.

Ein Gefangener in meiner Abteilung hat mir gesagt: „Gegen den Staat Krieg zu führen… da verliert man immer“, sicher, da bin ich einverstanden, man verliert alles, wirklich alles, aber nicht die Würde.

Freiheit für alle

Antonio, Gefängnis Le Vallette, Turin, 05. August 2017

Fiasko-Magazin N°2

gefunden auf barrikade

Vor kurzem ist die zweite Ausgabe des antirassistischen Fiasko-Magazin aus Basel veröffentlicht worden. Darin finden sich etliche sehr lesenwerte Artikel zum Thema Migration und Antirassismus in Originalsprache und in englischer Übersetzung. Die ganze Zeitung kann auf fiasko-magazin.ch als .pdf heruntergeladen werden.

Editorial

Fiasko against fiasko

In der Schweiz, in Europa und vielerorts auf der Welt werden Migrant*innen als unerwünscht bewertet. Ankommende Menschen werden abgewiesen, isoliert, verwaltet und eingesperrt. Wer sich dem entgegensetzen will und zuverlässige Informationen sucht, steht vor einem undurchdringlichen Dschungel aus Gesetzen, Verordnungen und behördlicher Willkür. Die Medien sind voll von oberflächlichen Berichten aus der immer gleichen anmassenden Perspektive. An den Strukturen der Verhältnisse soll nicht gerüttelt werden – ganz anders der Anspruch dieser Zeitung!

face it: mehr als informieren und kommentieren

Hier sollen kritische und selbstbestimmte Texte Platz finden von Menschen, die nicht länger ein Migrationsregime mittragen wollen, das kategorisiert, unterdrückt und ausbeutet. Von Menschen, die genug haben von einer privilegierenden und ausgrenzenden Gesellschaft und ihre Stimme erheben wollen – leise und bedacht, laut und wütend. Von Menschen, die frei wählen wollen, mit wem sie wie zusammenleben, wo sich ihr Leben abspielen soll und dies für alle fordern – offen und solidarisch.

deal with it: mitdenken, austauschen und eingreifen

Diese Zeitung soll Bewusstsein stärken und Aktion gegen jegliche Praxis der Illegalisierung, Diskriminierung und Ausgrenzung befördern. Bring dich mit eigenen Texten ein, um grundsätzliche Kritik an den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Strukturen, die das Migrationsregime stützen, zu üben. Die Formen sind vielfältig – neben Berichten und Artikeln sollen auch gestalterische Inputs wie Fotografien, Zeichnungen, Comics und Gedichte Platz finden. Alle Texte erscheinen in Originalsprache und in englischer Übersetzung.

go further: nutzen wir (das) Fiasko

Auf der letzten Seite: Orte als reale Treffpunkte, um sich auszutauschen, zu verbinden und sich zu organisieren. Und auf jede Ausgabe folgt ein Treffen, an dem anhand der Beiträge diskutiert wird. Zusammen möchten wir nach Wegen suchen, die Kontroll- und Sortiermaschine zu stören und solidarisch Alternativen zu Bunkeressen, Behördengängen und Bewusstlosigkeit zu entwickeln.

Zur Erweiterung des Bässlerguts

gefunden auf Fiasko – critical intervention against migration regimes Nr. 2

Das Straf- und Ausschaffungsgefängnis Bässlergut soll um einen zweiten Bau erweitert werden. Der Neubau wird 78 Plätze für den regulären Strafvollzug bieten, wodurch im „alten“ Gebäude neu 73 Plätze der Ausschaffungshaft zur Verfügung stehen. Mit der Erweiterung des Bässlerguts zeigen sich die Entwicklungen zunehmender Kontrolle, Überwachung und Kategorisierung von Menschen.

Geschichte des Bässlerguts

Das Ausschaffungsgefängnis Bässlergut verdankt seinen Namen der Familie Bässler, die bis 1962 das Grundstück als Hofgut Otterbach bewirtschaftete. Nachdem der Boden durch den Staat erworben wurde, entstand darauf 1972 eine Empfangsstelle für Asylbewerber*innen und im Jahr 2000 der heutige Ausschaffungsknast Bässlergut I (Der Einfachheit halber nennen wir den alten Gebäudekomplex Bässlergut I und die Erweiterung Bässlergut II), mit 48 Haftplätzen. Folglich ist die Geschichte rund ums Bässlergut relativ jung und soll hier als Produkt einer Politik verstanden werden, welche nicht der Norm entsprechende Menschen ausgrenzt und kriminalisiert. Dies wird im steigenden politischen Willen der Schweiz ersichtlich, Menschen – in diesem Fall Migrant*innen – konsequenter in erwünscht (nützlich) und unerwünscht (unnützlich) zu kategorisieren und Letztere schnell loszuwerden. Diese Kategorisierung von Migrant*innen geht mit deren Kriminalisierung einher, welche mit der Ausländergesetzrevision 1994 weiter vorangetrieben wurde. Damals befürwortete eine Mehrheit der abstimmenden Bevölkerung die Integration von Zwangsmassnahmen im Ausländergesetz, wodurch die Freiheitsstrafe zur Vorbereitung der Ausschaffung (Administrativhaft) legalisiert wurde. Diese Entwicklung ist nicht nur in der Schweiz, sondern auch international zu beobachten. So festigten Rückübernahmeabkommen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in der Bekämpfung von Menschen ohne Bewilligung. Während die rechtlichen Grundlagen für den Ausbau der Freiheitsstrafe geschaffen wurden, stieg aber der bürokratische Aufwand der Durchführung von Wegweisungen. Folglich dauerte die Vorbereitungszeit zur Ausschaffung länger, während die politische Agenda auch die Anzahl auszuschaffender Menschen ansteigen liess. Die für Ausschaffungen reservierten Plätze in den Knästen des Strafvollzugs Schallenmätteli für Männer und Waaghof für Frauen – wurden der neuen Situation nicht mehr gerecht: neue Plätze mussten geschaffen werden. Die Forderungen nach dem Ausbau der Knäste ging mit der (räumlichen) Trennung von Gefangenen einher. Da Menschen in Ausschaffungshaft sich in Adminstrativhaft be nden (also nicht auf Grund von einer Straftat der Freiheit entzogen werden), sollten sich die Haftbedingungen von jenen im Strafvollzug oder der Untersuchungshaft unterscheiden, so die Argumentation. Um diese Unterscheidung von Gefangenen zu realisieren, eignete sich der Neubau von separaten Knästen. Auch wenn sich in Realität die Haftbedingungen kaum unterscheiden (siehe unten), wurde diese Kritik der Ausschaffungshaft zur Legitimation von neuen Knästen genutzt. Dennoch kam es im Jahr 2011 mangels Haftplätzen im Gefängnis Waaghof, zur Umnutzung einer Station für den regulären Strafvollzug im Bässlergut I. 2012 und 2013 wurde je noch eine weitere Station für den Strafvollzug in Betrieb genommen. Das Bässlergut I bietet seitdem Platz für 30 Häftlinge in Ausschaffungshaft und 43 Häftlinge im Strafvollzug. Parallel dazu wurde aus der ursprünglichen, angrenzenden Empfangsstelle für Asylbewerber*innen das heutige Empfangs – und Verfahrenszentrum (EVZ), welches Platz für bis zu 500 Menschen bietet. Diese beiden Entwicklungen gingen mit einer vermehrten Privatisierung einher. Die Privatfirma Securitas ist für die Sicherheit im EVZ sowie im Bässlergut zuständig. Im EVZ experimentiert zudem die Aktiengesellschaft ORS mit profitorientierter Betreuung. Dies zeigt sich etwa in der faktischen Zwangsarbeit zu 6.50CHF/2h der Insassen für private Firmen und deren Profit. Seit dem Frühjahr 2017 wird an der Erweiterung des Bässlergut I gebaut, welche Platz für 78 Häftlinge des Strafvollzugs bieten wird und Ende 2020 in Betrieb genommen werden soll. Die jetzigen Strafhaftplätze werden dann wieder zur Ausschaffungshaft genutzt, womit der Trennung und Kategorisierung der Häftlinge wieder nachgegangen wird. Es sind folglich momentan neue Knastzellen in Entstehung, welche in Zukunft mit Menschen gefüllt werden müssen und die repressiven Entwicklungen der vergangenen zwei Jahrzehnte weiter präzisieren.

Lager mit Sonderrechten

Das EVZ wird im Rahmen der Asylreform 2016 zukünftig in ein Bundeszentrum umgewandelt. Schweizweit sind 16 Bundeslager mit Platz für 5000 Personen geplant. Dabei wird zwischen Verfahrens-, Ausreiseund besonderer Zentren unterschieden. Im Ausreisezentrum wird die Ausschaffung vorbereitet, dafür sind mindestens 100 Tage vorgesehen und betroffen sind meist Menschen, welche auf Grund des Dublin-Abkommens in andere europäische Staaten abgeschoben werden sollen. Die zwei geplanten „besonderen Zentren“ sind spezi sch für sogenannte „renitente“ Asylbewerber*innen, wobei unbestimmt bleibt, ab wann unangepasstes Verhalten als renitent – also störend – betrachtet wird. In Verfahrenszentren werden Befragungen, Rechtsberatungen, Rückkehrberatungen sowie Unterbringung und Beschäftigung von Migrant*innen verwaltet. Die Zeit dieser Verfahren soll auf 140 Tage reduziert werden, allfällige Beschwerdefristen werden dadurch von 30 Tage auf 10 Tage minimiert. Durch die in der Aslygesetzrevision 2016 verankerte Konzentrierung der Asylbewerber*innen, sollen deren Anträge künftig ”effizient, kostengünstig und gerecht“ (Bundesrat) behandelt werden können. Die Effizienz, von welcher gesprochen wird, bedeutet in Realität, dass Migrant*innen in einem Lager konzentriert und isoliert werden. Durch die Beschleunigung der Verfahren wird die Kategorisierung von Migrant*innen in „erwünscht“ und „nicht-erwünscht“ radikaler und rücksichtsloser umgesetzt. Denn es wird schwerer den Kriterien zu entsprechen sowie sich einem juristischen Entscheid zur Wehr zu setzten. Hinzu werden Rückübernahmeabkommen mit Drittstaaten an Wirtschaftsabkommen gekoppelt (siehe Fiasko Nr. 1/2017), wodurch auch die Zwangsdeportationen aus dem Bässlergut I geschmeidiger ausgeführt werden können. Die kostengünstigeren Verfahren sollen durch die Zentralisierung von Personal und Infrastruktur erreicht werden. Für die Migrant*innen im Verfahren bedeutet das ein Alltag innerhalb des Lagers. Diese praktische Eingrenzung wird durch Stacheldrähte, Überwachungskameras und Ausgangskontrollen zusätzlich verstärkt. Auch die räumliche Nähe der unter-schiedlichen Bauten wiederspiegelt die Realität: Vom Verfahrenszentrum direkt in den benachbarten Ausschaffungsknast, vom Strafvollzug im Bässlergut II wegen illegalem Aufenthalt über einen eingebauten Korridor direkt ins Bässlergut I. Damit das letzte Kernkriterium der Reform der „gerechten Verfahren“ umgesetzt werden kann, wurden sogenannte unabhängige Jurist*innen hervorgehoben. Dass deren Unabhängigkeit zweifelhaft ist, wurde schon mehrmals festgestellt. Dabei sind die kurzen Beschwerdefristen, die räumliche Nähe der Jurist*innen zu Mitarbeiter*innen des Migrationsamtes und Pauschalbezahlung nur einige kritische Faktoren. Was jedoch selten angesprochen wird, sind die grundlegenderen Zusammenhänge Angefangen mit der blossen Existenz eines Ausländerrechtes. Ein Gesetz, welches seit 1934 existiert und sich nur an eine spezi sche soziale Gruppe richtet. Es ist folglich in seiner Existenz rassistisch und ausschliessend. Genau wie andere Teile des Schweizer Rechtes ist es geschaffen, um die Privilegien einzelner Personen und deren Eigentum zu schützen. Spricht man von den Rechten von Migrant*innen, werden diese immer nur dann gewährt, wenn sich ein ökonomischer Nutzen daraus ziehen lässt oder die Schweiz das Bild einer Nation, in der die Menschenrechte bedingungslos eingehalten werden, aufrechterhalten will. Hiermit beziehen wir uns auf einen häu gen Einwand, dass im Asylsystem ja die Menschenrechte berücksichtigt würden. Die Wirklichkeit ist vielmehr deren Instrumentalisierung. So unterstützen NGOs wie die Schweizerische Flüchtlingshilfe, Caritas Schweiz, Amnesty International, Heilsarmee, HEKS, Schweizerische Arbeitshilfswerk SAH und der Verband jüdischer Fürsorge diese humane Farce der Politik. Auf einer menschlichen, individuellen Ebene, können deren Unterstützungsleistungen durchaus die Situation einzelner Individuen beeinflussen und sollten dafür auch wertgeschätzt werden. Bei der Betrachtung auf einer strukturellen Ebene wird die Problematik dahinter jedoch rasch offensichtlich. Denn durch die Unterstützung, ob rechtlich oder alltäglicher Art, kann das Staatssekretariat für Migration (SEM) seine Verwaltung von Migrant*innen in eine humanitäre Farce hüllen. Wir sehen an den aktuellen Entwicklungen wie plötzlich die Freiheitsstrafe (im Verfahrenszentrum oder im Knast), der Zwang zur Arbeit in Beschäftigungsprogrammen, Isolierung und der Tod (ob auf der Flucht oder aus Ohnmacht in den Asylstrukturen) Teil einer „humanen Asylpolitik“ werden.

Freiwilligenarbeit / Sozialarbeit innerhalb den vorgegeben Strukturen des Lagers werden, wenn auch gut gemeint, Teil vom Lager. Sie werden einerseits in der öffentlichen Debatte helfen, das Lager als humaner Ort zu legitimieren. Anderseits übernehmen sie eine deeskalierende Funktion, in dem sie helfen, die „Eingelagerten“ zu besänftigen und von der Realität abzulenken. Solidarität ist enorm wichtig, sowie auch individuelle Unterstützung, doch sollte dabei eine Selbstre exion über die eigene Rolle bestehen und dementsprechend Wege gefunden werden, wie die Lagerstrukturen und somit die Isolierung und Fremdbestimmung aufgebrochen werden können. NGOs wie die Schweizerische Flüchtlingshilfe sind ein Beispiel für all diejenigen Organisationen, die die grundlegenden Probleme nicht ansprechen und bei der Ausgestaltung der Verwaltung des Elends beratend zur Seite zu stehen. Die neue Strukturierung der Schweizer Migrationspolitik zielt folglich darauf ab, Migrant*innen stärker zu konzentrieren, zu isolieren und zu verwalten. Die beschreibenden Schlagwörter von ”ef zient, kostengünstig und gerecht“ versuchen somit eine Lagerpolitik als demokratisch und fair zu verkaufen; in Wirklichkeit beschreibt es jedoch ein unterdrückendes und ausbeuterisches System. Abschliessend ist wichtig festzuhalten, dass dies durchaus nicht neue Tendenzen sind. Das Neue der aktuellen Entwicklungen ist nur, dass nun auch die Infrastruktur für die bereits vorhandenen Abläufe der Migrationspolitik gebaut wird. Diese Infrastruktur wird es noch schwerer machen, sich autonom zu bewegen, zu organisieren und selbstbestimmt zu leben. Während die Aggressivität der Behörde steigt, wird die Erfüllung der Vorschriften noch schwerer – und gegen Abweichungen konsequenter vorgegangen werden.

Exkurs: Lager

Die Bundeszentren erfüllen die Eigenschaften von allen Lagern. Diese Eigenschaften beinhalten die räumliche Konzentration einer spezifischen sozialen Gruppe sowie die Unterwerfung und Kontrolle derselben, was entweder die Re-Integration in die Gesellschaft oder die definitive Ausgrenzung / Wegweisung aus dieser zum Ziel hat. Dabei beschränken sich Lager nicht nur auf Migrant*innen, sonder auf diverse soziale Gruppen. So existieren in der Schweiz Lager für Menschen mit einer Behinderung, Menschen mit psychischer Erkrankung oder ältere Menschen; mit der selben Funktion des Ausschlusses wegen geringem ökonomischem Wert.

Das Aufleben der Freiheitsstrafe

Die aktuellen Entwicklungen betreffen jedoch nicht nur Menschen ohne gültige Aufenthaltspapiere. Mit der Erweiterung des Bässlerguts werden auch Haftplätze für Menschen im regulären Strafvollzug erstellt. Vorgesehen sind diese Plätze für kurze Haftstrafen bis zu einem Jahr. Das neue Sanktionsrecht, welches ab Januar 2018 in Kraft treten wird, sieht eine Lockerung bei der Aussprechung von kurzen Freiheitsstrafen von unter sechs Monaten vor. Dies soll zum Tragen kommen wenn die Gefahr besteht, dass der Täter / die Täterin erneut straffällig wird oder aufgrund der finanziellen Situation einer verurteilten Person anzunehmen ist, dass sie nicht in der Lage ist, der ausgesprochenen Geldstrafe nachzukommen. Diese Umwandlung von einer Geld – zu einer Freiheitsstrafe trifft in der Praxis oft bei einer Verurteilung aufgrund eines illegalen Aufenthaltes zu. Dabei übernimmt der Knast in unserer Gesellschaft eine abschreckende Funktion ein. Für viele Menschen reicht die Drohung / Möglichkeit eines Freiheitsentzug und die damit verbundene Konsequenz, für eine vom Staat festgelegte Zeit, komplett fremd verwaltet und jeglicher Autonomie beraubt zu werden, aus, um sich nicht gegen die bestehende Ordnung zu wehren und die eigene Position und Funktion in dieser Gesellschaft zu akzeptieren. Natürlich unterscheiden sich die Konsequenzen einer Haftstrafe und die Perspektiven am Ende der Strafzeit für Menschen mit Schweizer Papieren von denjenigen von Menschen ohne Schweizer Papiere, jedoch bleibt die gesellschaftliche Funktion des Knastes dieselbe.

Widerstand

Das Bässlergut wird seit seinem Bau von unterschiedlichen Personen aus dem Innern und von Aussen bekämpft. Rebellionen innerhalb des Gefängnisalltags in Form von Beleidigungen des Personals, Hungerstreiks oder Arbeitsverweigerung widersetzen sich der repressiven Praxis, während Aussen verschiedene Netzwerke die Gefängnispraxis beobachten, dokumentieren und vehement kritisieren. 2008 stifteten einige Häftlinge einen Brand und brachten damit ihre Wut zum Ausdruck. Als Folge wurden sie hart sanktioniert (z.B. mit Besuchsverbot). 2010 kam an die Öffentlichkeit, dass ein minderjähriger Mann nackt in Isolationshaft gehalten wurde. Der damalige Direktor musste seine Stelle daraufhin verlassen. Danach lief vieles „politisch korrekter“ ab, da Schikane und Unterdrückung jedoch der Freiheitsstrafe inhärent sind, nahmen diese dabei keineswegs ab. Weiterhin ermächtigen sich Häftlinge innerhalb des Bässlerguts selber, auch wenn der psychische Druck und Handlungsspielraum innerhalb der Mauern extrem stark lasten. Hungerstreiks, Drohungen, Verweigerung der Zwangsausreise und / oder der Knastarbeit sind auch heute Teil des täglichen Widerstands. Angeprangert wird dabei die Praxis der Isolationshaft (Menschen werden teilweise immer noch nackt eingesperrt), sowie die schlechte Nahrung und unzureichende medizinische Versorgung. All dies wurde durch Gespräche mit inhaftierten Menschen bekannt. Zudem ziehen seit Jahren kleine und grössere Demonstrationen vor das Bässlergut, Farbangriffe und Feuerwerke symbolisierten die Solidarität mit den Gefangenen. Das Bässlergut entwickelte sich dadurch zu einem Ort in Basel, an dem Menschen ihren Unmut gegen das bestehende System äussern, aber auch wo der Staat seinen „Freund und Helfer“ in Kampfmontur losschickt und damit seine Macht demonstriert. 2015 kam es im Rahmen einer Demonstration gegen die in Basel stattfindende Militärübung CONEX vor dem Bässlergut zu einer heftigen Auseinandersetzung zwischen einigen Demonstrant*innen und den Bullen, wobei Letztere entschlossen angegriffen wurden. Im Jahr 2016 gab es diverse Versuche, Ausschaffungen durch das Manipulieren des Eingangtors und das Blockieren der Einfahrt, direkt zu verhindern. Zudem gab es verschiedene Knastspaziergänge, wo sich die Menschen hinter und vor dem Gitter ihre gegenseitige Solidarität bekundeten und kurze Dialoge möglich waren. Seit dem Baubeginn von Bässlergut II im März 2017, gab es diverse Sabotageakte auf Kleinund Grossunternehmen, die sich direkt am Bau beteiligen und daran bereichern. Eine Demonstration mit dem Endziel Bässlergut, wurde von den Bullen nach einem misslungenen Kessel-Versuch aufgelöst. Doch kritische Diskussionen, Info-Veranstaltungen und praktische Aktionen werden damit nicht eingedämmt, sondern vielmehr verbreitet. Das Bässlergut wurde zu einem Ort, der viele Menschen und vielfältige Widerstandsformen vereint, um eine grundsätzliche Kritik an den aktuellen Entwicklungen und gesellschaftlichen Verhältnissen auszuüben. Denn es sind die drei ineinander verwobenen Ebenen der Verwaltung von Migrant*innen im Bundeslager und Einsperren in gesonderten Knästen, die Zunahme von Freiheitsstrafen im Strafvollzug sowie die Rolle humanitärer Organisationen, welche im Projekt Bässlergut klar ersichtlich werden. Neben dem Ort, wo Migrant*innen ankommen der Ausschaffungsknast, welcher wiederum mit einem Korridor zum Strafvollzug verbunden ist. Die Infrastruktur ist aufeinander abgestimmt, genauso wie ihre gesellschaftlichen Funktionen auch miteinander in Verbindung stehen: Menschen, die nicht der Norm entsprechen, welche nicht den ökono- mischen Nutzen erbringen oder sich gar dieser zu Wehr setzen, werden kriminalisiert, konzentriert und eingesperrt. Durch die breite Dimension der Entwicklungen um das Bässlergut, wird auch eine Palette von Widerstandsformen möglich und notwendig. Ob autonome Unterstützungsstrukturen, die Verbreitung einer grundlegenden Kritik, Druck auf ausführende Akteure oder andere Formen des Unmuts – wichtig ist, dass wir dabei laut, kreativ und störend bleiben!

Wir sind zwei Frauen, die in Basel aufgewachsen – und mit den Privilegien des Schweizer Passes grossgeworden sind. Durch persönliche Kontakte und eigene Erfahrungen sind wir wütend über die herrschenden Zustände und auf die Gesellschaft, von der wir selbst ein Teil sind.

Prozess in Paris – solidarische Messerstecherei in Basel

gefunden auf barrikade

Frühling 2016 in Frankreich: Im Zuge einer angekündigten Arbeitsmarktreform gehen in verschiedenen Städten tausende Menschen auf die Strassen, besetzen, blockieren, streiken, attackieren die Bullen und demolieren die Strukturen der Macht. Einige um für ihre Rechte innerhalb der Lohnsklaverei zu kämpfen, andere machen sich weniger Illusionen, wissen, dass es in dieser Welt der Arbeit und Gesetze nichts zu verteidigen gibt und gehen direkt zum Gegenangriff über. Am 18. Mai 2016, als die Bullen auf dem Place de la République gegen die Gewalt gegen die Polizei demonstrieren, wird eines ihrer Autos auf dem quai de Valmy in Brand gesteckt. Im Nachgang werden verschiedene Menschen angeklagt, einige sitzen über Monate hinweg im Knast, eine seit mehr als einem Jahr. Vom 19. Bis zum 22. September findet nun der Prozess in Paris gegen neun Personen statt, wobei eine angeklagte Person nie ausfindig gemacht werden konnte.

Mit dem im Hinterkopf sind wir in den letzten Tagen mit schlechten Absichten losgezogen und haben bei folgenden Firmenfahrzeugen die Reifen zerstochen:

  • Bouygues: Dieser Konzern baut und verwaltet vor allem in Frankreich Knäste und Abschiebelager. Weiter beteiligte sich dieses Unternehmen auch am Bau vom Nanotech-Center in Grenoble, bewacht die Protected-Site (Gentech-Freilandversuch) in der Nähe von Zürich, ist Teil von Medienunternehmen usw… Für diejenigen, die mehr über diesen Konzern und seine Tentakel wissen wollen, empfehlen wir einen Artikel in der 1. Ausgabe der Rhizom.
  • Adecco: Arbeitsvermittlungsbüro. Weil „die Arbeit für das Leben das ist, was das Erdöl für das Meer ist“ wie das ein Flyer, der während dieser Zeit verteilt wurde, so schön formulierte.

Weiter nach Saint-Louis, Frankreich (wir lassen uns weder in unseren Gedanken noch Taten von den Grenzen aufhalten):

  • Ein Auto des Conseil départemental du Haut-Rhin: Verwaltung. Wir verachten ganz einfach die Autorität.
  • Enedis: Französische Elektrizitätsfirma, die immer wieder Ziel von Angriffen geworden ist aufgrund ihrer Beteiligung am geplanten Atomklo in Bure oder wegen der Installation von Linky, einem intelligenten Stromzählungssystem. Die Überwachung und Kontrolle ist auf dem Weg in unsere Wohnungen.

Dies bringt uns wieder zurück nach Basel:

  • Siemens: Für ihre Arbeit zugunsten der ausgeweiteten Überwachung, zum Beispiel vernetzte Überwachungssysteme, Gesichtserkennung…
  • ABB: Ein führender Energie- und Automatisierungskonzern, der seine Roboter im Dienste des Kapitalismus auf der ganzen Welt verteilt hat und den Menschen selbst lieber als Maschine sehen würde.
  • Zum Schluss noch je ein Auto von Implenia, Alpiq und der EAGB, die sich alle am allseits unbeliebten Ausbau des Bässlerguts beteiligen.

Die Formen und Strukturen der Überwachung, Kontrolle und Einsperrung sind überall. Lasst es uns auch sein.

So. Genug gesagt. Auf zu weiteren Taten.


Schön wie ein brennendes Bullenauto

gefunden auf attaque

Dieses Plakat wurden in Solidarität mit den beiden Gefährt*innen Kara und Krème, die immer noch in Fleury-Mérogis wegen der Affäre « Quai de Valmy » (Brandanschlag auf ein Bullenauto am 18. Mai 2016 in Paris) inhaftiert werden, auf den Strassen von Saint-Malo, Rennes, Paris, Clermont-Ferrand, Dijon und Besançon aufgeklebt:

Schön wie ein brennendes Bullenauto

Frühjahr 2016: Die Wut auf der Straße erschüttert dieses resignierte Land, wie das seit mehr als zehn Jahren nicht mehr geschehen ist. Ein weiteres Gesetz, das eine unserer Ketten – die Lohnsklaverei – noch kürzer macht, ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, ein Fass voller Ausbeutung, Ausnahmezustand, polizeilicher Allmacht, der Paranoia, des virtuellen Lebens und einer versprochenen Zukunft, die allzu sehr dieser düsteren Gegenwart gleicht. Die Städte Frankreichs werden von zerstörerischen Demos durchzogen, kurze Momente des Lebens bilden sich auf der Zerstörung dessen, was uns jeden Tag unterdrückt.

Am 18. Mai 2016 antwortet eine wilde Demo angemessen auf eine Versammlung der Bullen in Paris, die darüber klagen, dass die ganze Welt die Polizei hasst. Ein Streifenwagen der Polizei wird angegriffen, die Fenster eingeschmissen, einer der beiden Bullen steckt ein paar Schläge ein und dann fäng der Polizeiwagen an zu brennen. Sofort nach diesem Angriff und während des folgenden Jahres werden neun Personen wegen diesem Freudenfeuer angeklagt. Einige von ihnen verbrachten ein lange Zeit in Haft, während eine andere unauffindbar für die Justiz bleibt. Alle werden vom 19. bis zum 22. September 2017 vor Gericht in Paris kommen.

Beide Anarchist*innen, Kara und Krème, befinden sich derzeit noch immer in Haft.

Unsere Gedanken richten sich insbesondere an sie, weil wir den Traum einer Welt der Freiheit teilen, in welcher die Polizei, sowie jede Autorität und alles, was die umfassende und unteilbare Freiheit aller Individuen hemmt, nur noch eine alte Erinnerung ist.

Weil die Polizei im Dienste der Reichen und der Mächtigen steht und dies ihre Existenzberechtigung ist.

Weil es keine gute Polizei geben kann. Die Polizei demütigt, sperrt ein, vergewaltigt und ermordet tagtäglich.

Weil wir viele sind, die die Polizei hassen, auch wenn es nicht immer aus Liebe für die Freiheit Aller ist.

Weil wir uns den Unterdrückern und ihren Dienern in Uniform (die nicht immer
blau ist) auf verschiedene Weise widersetzen können…

Weil ein brennendes Bullenauto ein guter Anfang ist, führen wir die Feindseligkeiten also weiter!

Feuer und Flammen für diese Welt der Autorität!

Freiheit für Kara und Krème!
Freiheit für alle!

Publikation: Une lutte contre la machine à expulser (Paris, 2006-2011)

übersetzt von brèves du désordre

Mutines Séditions freut sich, euch ihre letzte Erscheinung vorzustellen: Liberté pour tous, avec ou sans papiers. Une lutte contre la machine à expulser (Paris, 2006-2011). (Freiheit für alle, mit oder ohne Papiere. Ein Kampf gegen die Abschiebemaschine (Paris, 2006-2011).

Das 322-seitige Buch kann bereits jetzt für 8 Euro bei Mutines Séditions – c/o Bibliothèque Libertad – 19, rue Burnouf – 75019 Paris bestellt werden. Die komplette Einleitung sowie alle anderen bei Mutines Séditions erschienen Bücher findet ihr auf mutinesseditions.free.fr.

Und um euch einen kleinen Eindruck zu geben:

„Die Entscheidung, ab Anfang 2009 einen Kampf gegen die Abschiebemaschine zu lancieren, entstand also auf der einen Seite in Anlehnung an die Revolten in den Internierungslagern, die in den Quartieren, in denen wir bereits seit mehreren Jahren Agitation betrieben, nachwirkten, aber vor allem mit dem Willen, eine Kampfmethode mit einem präzisen Ziel für alle, Migranten oder nicht, vorzuschlagen: Nicht Forderungen zu einem spezifischem Thema zu stellen oder ein Maximum an empörten Menschen angesichts einer Ungerechtigkeit zu versammeln, aber die konkreten Räder der Herrschaft anzugreifen. Eine Methode gestützt auf der Selbstorganisation, der direkten Aktion und der permanenten Konfliktualität. Seit Beginn wollte man sich allerdings weder an ein bestimmtes poltisches Subjekt, der Sans-Papier, Träger einer unbekannten revolutionären Kraft, binden, noch sich auf eine spezifische Bedingung, die illegale Einwanderung, konzentrieren, weil dies auf magische Weise geeigneter wäre als andere. Die Frage, die sich für uns stellte, war vielmehr die Gesamtheit der Unerwünschten dieser Welt, und vor allem diejenige nach der Komplizenschaft in der Revolte gegen das, was dies produziert, der Staat und der Kapitalismus, ausgehend von einem anfänglichen Blickwinkel: Die Abschiebemaschine.“

Dieses Buch trägt mehr als 60 Flugblätter, Plakate, Berichte, Artikel, Briefe und Agitationsmaterialien gegen die Abschiebemaschine zusammen, die zwischen 2006 und 2011 in der Region Paris und darüber hinaus erschienen. Das ganze wird mit Anmerkungen, Illustrationen und Chronologien, aber auch mit einem Vorwort, das auf die Entwicklung dieses Kampfes ab 2006 zurückgeht, sowie mit zwei Billanzen dieser Erfahrung ausgeschmückt.

„Das Totenschiff ist ausgebrannt“ – Broschüre anlässlich der Affäre „Machine à expulser“

übersetzt von non-fides

Für die 100-seitige A4 Broschüre auf französisch aufs Bild klicken

Zu den Kämpfen und Revolten inner- und ausserhalb der Internierungslager, der Solidarität mit den wegen der Brandstiftung des CRA von Vincennes Beschuldigten, den Repressionen, die darauf folgen und Weiterem… 2008 – 2013.

Anlässlich den gerichtlichen Terminen in der sogenannten Affäre „Machine à expulser“ in Paris, wird hier das Dossier „Le vaisseau des morts a brûlé“ – „Das Totenschiff ist ausgebrannt“ veröffentlicht.

Zur Vervielfältigung/Verbreitung/Übersetzung dieser Broschüre wird herzlichst ermutigt.

Freiheit für alle, mit oder ohne Papiere.
Nieder mit dem Staat.

pafledab@distruzione.org

Broschüre als PFD

Die erste Renitente ist da

gefunden auf barrikade

Die Renitente ist ein offenes Zeitungsprojekt aus der Zentralschweiz und veröffentlicht kritische Stimmen zu Migrations-Regimen. Aus verschiedenen Perspektiven wird über Rassismus, das Camp-System und Fremdbestimmung nachgedacht.

In ihrer ersten Ausgabe widmen sich die Autor*innen den repressiven Methoden des Luzerner Amtes für Migration, sowie jenen im Sonnenhofcamp und der Firma ORS, die auf dem Glaubenerg (Obwalden) profitorientiert Leute in Halbgefangenschaft verwaltet. Zudem wird ein Erfahrungsbericht über Alltagsrassismus im Luzerner Hinterland gegeben und über (mögliche) Momente des Widerstandes nachgedacht. Die Zeitung kann im Luzerner Infoladen Romp oder online gelesen werden auf lagota.ch.

Vernissage, Diskussion und Vorstellung der ersten Ausgabe am 28. Juni um 19 Uhr im Ping-Pong-Raum, neubad Luzern.