Archiv der Kategorie: Räumung

Grand-Synthe, Frankreich: Camp mit hunderten Migranten geräumt

übersetzt von thelocal.fr

Französische Behörden haben am Dienstag (19.09.17) an der Nordküste in der Nähe von Calais ein Camp mit hunderten Migranten geräumt. Es hätte ein Magnet für andere werden können, die hoffen, nach Grossbritannien gelangen zu können.

Etwa 350 Männer, Frauen und Kinder, die meisten irakische Kurden, lebten über Wochen unter armseligen Bedingungen in den Wäldern am Rande von Grand-Synthe.

Hunderte Polizeikräfte wurden mobilisiert, um das Camp zu räumen. Die Bewohner wurden in Bussen in zehn verschiedene Lager in ganz Frankreich gebracht. (…)

Grand-Synthe liegt 30 km von der Hafenstadt Calais entfernt, wo die Behörden 2016 den „Jungle“ räumten, in dem bis zu 10‘000 Menschen lebten.

Ein Flüchtlingslager mit internationalen Standards für 1500 Personen wurde Anfang 2016 in Grand-Synthe eröffnet. Nach einem Streit zwischen Afghanen und Kurden wurde das Lager allerdings in einem riesigen Feuer zerstört. (…)

Ein anderes Camp in Norrent-Fontes wurde am Montag (18.09.17) geräumt. Die 85 Bewohner wurden in Lager in der Region gebracht.

 

Zusammenstöße zwischen Flüchtlingen und Polizisten in Rom

gefunden auf zeit.de, 24.08.17

Nach der Räumung eines illegal besetzten Hauses weigerten sich Bewohner den Piazza Indipendenza zu verlassen. Die Polizei setzte Schlagstöcke und Wasserwerfer ein.

In Rom ist es zu Zusammenstößen zwischen Flüchtlingen und der Polizei gekommen. Wie der Guardian und die Nachrichtenagentur Reuters berichten, gingen Polizisten gewaltsam gegen ehemalige Bewohner eines illegal besetzten Hauses vor. Demnach setzten die Beamten Wasserwerfer und Schlagstöcke ein. Zwei Menschen wurden festgenommen.

Zu den Ausschreitungen kam es auf dem Piazza Indipendenza unweit des Hauptbahnhofs. Dort war vor einigen Tagen ein illegal besetztes Haus geräumt worden, in dem seit fünf Jahren etwa 800 Flüchtlinge lebten. Den Berichten zufolge hielten sich 100 von ihnen auch nach der Räumung weiterhin auf dem Platz auf.

Fernsehbilder zeigten Flüchtlinge, die sich eine Straßenschlacht mit der Polizei lieferten. „Als ich gegen neun Uhr auf dem Platz ankam, lag überall verstreut Müll herum“, berichtete ein Reporter des Fernsehsenders TerminiTV. Auch der Verkehr sei zwischenzeitlich gestoppt worden.

Dem Guardian zufolge waren auf dem Platz Matratzen, Mülleimer und zerbrochene Plastikstühle zu sehen. Auf dem Gehsteig habe ein Feuer gebrannt. Am Gebäude, in dem die Flüchtlinge zuvor lebten, hing ein Transparent, auf dem auf Italienisch stand: „Wir sind Flüchtlinge und nicht Terroristen.“

Räumung wegen Sicherheitsbedenken

Die italienische Polizei teilte mit, dass die Flüchtlinge sich geweigert hätten, von der Stadt angebotene Unterkünfte zu nutzen. Die Räumung sei außerdem wegen Sicherheitsbedenken durchgeführt worden, weil Gaskocher und andere leicht entzündbare Gegenstände auf Straßen ein Risiko für die Anwohner darstellten. Bei der Räumung des Platzes hätten die Flüchtlinge Gaskanister geöffnet und die Einsatzkräfte mit Steinen und Flaschen beworfen. Auch Pfefferspray sei gegen die Polizei verwendet worden.

Berichten zufolge handelt es sich bei einem großen Teil der Hausbesetzer um Eritreer und Äthiopier, denen Asyl gewährt wurde und die teilweise schon mehr als zehn Jahre in Italien lebten. Sie verwalteten das Gebäude als sich selbst versorgende Kommune. Menschen, die das Haus nicht bewohnten, sei der Zutritt untersagt worden.

Die Flüchtlinge hatten sich zuvor beschwert, dass die ihnen angebotenen Unterkünfte keine dauerhaften Bleiben darstellen würden. Außerdem würden solche Umzüge dazu führen, dass die Gemeinschaft der Bewohner auseinandergerissen würde.

„Die Behörden müssen dringend angemessene Wohnalternativen suchen und herausfinden, ob es bei der Räumung zur Anwendung von Gewalt kam“, sagte Judith Sunderland von der Hilfsorganisation Human Rights Watch. Es sei schwer verständlich, dass der Einsatz von Wasserwerfern nötig gewesen sei.

Lesbos, Griechenland: Besetzung geräumt

übersetzt von No Border Kitchen Lesvos

28. April.Gestern wurde einer der Squats, den wir unterstützt haben, von den Bullen und der Alpha Bank geräumt und ein Zuhause wieder in ein altes, verlassenes und ungebrauchtes Haus verwandelt. Alle Personen wurden verhaftet, für einen Tag eingesperrt und werden wohl wegen unerlaubtem Betreten eines Grundstückes sowie Zerstörung von Eigentum angeklagt. Momentan sind viele Menschen auf der Strasse ohne einen sicheren Platz, wo sie hingehen können.

Was gestern geschah, macht uns traurig und unglaublich wütend. Was vom Staat und Kapitalismus zerstört wurde, war nicht nur ein Gebäude. Es war ein Zuhause. Eine Community. Es war ein Platz für Freundschaft, Solidarität, für einen gemeinsamen Kampf gegen Grenzen und das System, das diese hervorbringt.

Die Besetzung war kein perfekter Ort. Ständig lag Abfall herum, die Geräusche der Fabrik nebenan waren das Schlaflied und die Toilette wurde selten gereinigt. Dennoch haben wir diesen Ort geliebt.

Wir wurden gestern um 07 Uhr morgens geweckt, als die Polizei immer wieder an unsere Türe kickte. Als wir aus unseren Zimmern kamen, standen bereits mehrere Bullen, normale Stadtpolizisten und OPKE-Einheiten (A.d.Ü.: Riot-cops), im Vorgarten. Die letzten drei Tage haben wir bereits Arbeiter beobachtet, wie sie dieses Haus in ein Gefängnis verwandelt haben, die Räumung kam also nicht wirklich überraschend. Die Arbeiter legten jeden Tag weiteres Stacheldraht um die Wände des Squats, während wir versuchten, uns zu entscheiden, ob es einen Weg gibt, sich dem zu widersetzen.

Zur Zeit der Räumung waren wir etwa 35 Menschen im Haus, die sich alle im Vorgarten sammelten. Die Segregation und der Rassismus begannen unmittelbar. Alle, die wie „Flüchtlinge“ aussahen, mussten in einen Ecken des Hofs, um all ihre Papiere kontrollieren zu lassen. Dann wurden alle, die als „Europäer_innen“ oder Menschen mit Pass betrachtet wurden, ebenfalls kontrolliert. Einige Flüchtlinge wurden ohne ersichtlichen Grund gefesselt. Wir versuchten uns gegen die Trennung zu wehren, doch alle, die darauf bestanden, stehen zu bleiben, wurden geschubst und weggerissen. Alle mit einem westlichen Pass wurden in einen Arrestwagen gepackt und dann auf den Polizeiposten gebracht. Wir mussten uns alle im Gang setzen und wurden widersprüchlich informiert, ob wir verhaftet wurden oder nur für eine Kontrolle mitgenommen worden sind. Die Flüchtlinge wurden alle in Zellen gesperrt.

Nach ein paar Stunden wurden wir informiert, dass wir alle wegen Vandalismus und unerlaubtem Betreten eines Grundstückes beschuldigt sind. Fingerabdrücke und Photos wurden von allen genommen, dann wurden wir wieder frei gelassen. Bis jetzt ist jedoch unklar, ob wir vor Gericht müssen oder nicht. Die Erleichterung der Freilassung hielt aber nur kurz an. Dutzende Menschen stehen nun ohne Obdach da. Was ein Zuhause war, ist nun ein leeres, von Nato-Draht umzäuntes und von Securitys bewachtes Gebäude.

Die Räumung kam nicht überraschend. In den letzten vier Monaten wurde die Repression gegen Flüchtlinge, inbesondere gegen Menschen ohne gültige Papiere und von gewissen Nationen, aber auch gegen die Solidaritätsbewegung jede Woche schlimmer. Die Zerstörung von jeglichen autonomen Orten, wo Menschen leben können, wurde erwartet. Viele Freunde, die ausserhalb der Lager lebten, wurden in den letzten Monaten verhaftet. Verschiedene Schritte wurden eingeleitet, um die Strassen und die Stadt von Flüchtlingen zu säubern und um so viele Menschen wie möglich in den Engen des Moriacamps zu halten. Sicherheitsmassnahmen in Moria wurden verschärft, die Polizeipräsenz in den Strassen nahm zu, viele Menschen wurden und werden während ihrem Asylverfahren verhaftet, Abschiebungen finden regelmässig statt und so weiter.

Dieses Mal war es die Alpha Bank, die Eigentümerin des Gebäudes, die die Macht hatte, uns den grössten Schaden zuzufügen. Es war die Alpha Bank, die uns angezeigt hat und die Räumung vorangetrieben hat. Wir sind sicher, dass das Gebäude nicht gebraucht wird. Es ist sehr alt und in der hässlichsten Region Mytilinis, direkt neben einer Elektrizitätsfabrik, voll mit Chemikalien und Dampf, Luft- und Lärmbelastung. Niemand will dieses Haus, ausser denen, die keine andere Option haben ausser dem Moria-Gefängnis.

All das trifft mit der Ankündigung zusammen, dass alle NGOs und internationalen Gruppen Lesbos bis am 31. Juli verlassen werden. Da wir eine von einer handvoll Gruppen ohne Regierungsauftrag sind, die ausserhalb der Lager aktiv sind, hätte es die EU und die griechische Regierung sehr gerne, wenn No Border von Lesbos verschwindet.

Leider ist diese Räumung nicht das Ende einer Serie der Repression, sondern mehr der Beginn. Wir erwarten Räumungen von anderen Squats in den nächsten Wochen und Monaten. Desweiteren erwarten wir ebenfalls, dass die Verhaftungen, Einsperrungen und Abschiebungen weitergehen.

Wir sind aber nicht bereit, aufzugeben. Wir werden hier bleiben, wir werden die Menschen weiterhin in ihrem Kampf für Bewegungsfreiheit und Würde unterstützen.

Wir senden viel Liebe und Wut an alle, die mit uns stehen und die gegen alle Grenzen hier in Lesbos und überall kämpfen.

Eure Nbk Crew

Athen: Glasbruch an einer Bank in Vyrona

gefunden auf linksunten

Heute am Dienstag, kurz nach Mitternacht, wurde die langweilige Stille der Stadt durch den wundervollen Klang der zertrümmerten Fenster der Eurobank und der Piräusbank in der Chrisostomos Smyrna Straße in Vyrona durchbrochen.

Es war eine geringe Antwort auf den elenden und erbärmlichen Angriff des Syrizastaates – lokal und zentral – in Bezug auf die Rämung des Selbstverwalteten Sozialen Raums Villa Zougrafou und der zwei selbstorganisierten besetzten Treffpunkte von Migranten/Flüchtlingen in der Acharnonstraße.

Damit es sich gut in den Köpfen eines jeden Gehilfen des Staates und des Kapitals einprägt: kein Angriff gegen Menschen, die sich im Kampf befinden, Einheimische und Migranten, gegen unsere Häuser wird unbeantwortet bleiben!

Solidarität mit den Besetzungen und Selbstorganisierten Räumen!
Andauernder Kampf gegen den Staat und das Kapital!
Für die soziale Befreiung und die Anarchie!

Anarchistinnen/Anarchisten

Berlin: Solidarität mit den Squats in Athen – Bullenkarre in der Rigaer Strasse angegriffen

übersetzt von linksunten

Am Abend des 15. März, dem internationalen Tag gegen Polizeigewalt, haben wir ein herumstreunendes Auto von Riotcops in der ‚Gefahrenzone‘ (das Gebiet in Friedrichshain wird von den Behörden so bezeichnet) der Rigaer Strasse mit vielen Steinen angegriffen.

Dies um den geräumten Squats in Athen, Villa Zografou und Alkiviadou Squat, ein kleines Zeichen der Solidarität zu senden.

Nach dem Angriff verliessen wir das Gebiet und hörten von den Drecksmedien, dass ein Polizeihelikopter uns suchte und dass dieser mit Laserpointern angegriffen wurde, was zur Verhaftung von drei Menschen führte. (A.d.Ü.: Laut Medienberichten wurde ein 34-jähriger, der das Blenden gestand, dem Landeskriminalamt übergeben. Die anderen zwei Personen wurden wieder entlassen.)

Die Polizei begann den Krieg in unseren Gebieten schon vor langer Zeit, wir müssen uns dieser Aggression stellen. Die Exekution von Hussam Fadel Hossein, einem irakischen Flüchtling im Flüchtlingsheim an der Kruppstrasse in Berlin am 27. September 2016 durch Polizeibeamte ist eine von vielen Verbindungen zu dem geräumten Alkividaou Squat, bei dem mehrere Flüchtlinge verhaftet wurden.

Und die Räumung der Villa Zografou ist die Verbindung zu dem Kampf der Hausprojekte in Friedrichshain gegen die täglichen Aggressionen der Polizei.

Anarchie und Angriff

Polizei räumt linke Hausprojekte in Athen

gefunden auf neues-deutschland

Selbstverwaltete Geflüchtetenunterkunft aufgelöst / Polizei nimmt sieben Aktivisten fest / Linke Szene macht SYRIZA-Regierung verantwortlich

Mit Protesten in mehreren Städten reagierte die radikale Linke in Griechenland auf die Räumungen von besetzten Projekten am Montag. Im Athener Stadtteil Zografou folgten über 1.000 Demonstranten dem spontanen Aufruf anarchistischer und außerparlamentarischer Gruppen. Es kam zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Demonstranten errichteten mit Barrikaden aus Müllcontainern, zerstörten die Scheiben von Bankfilialen und griffen die Polizeibeamten mit Steinen an. Die Beamten reagierten mit dem Einsatz von Tränengas und Schockgranaten.

Die griechische Polizei hatte am Montag mehrere besetzte Häuser in Athen geräumt. In den frühen Morgenstunden ging sie unter anderem gegen eine selbstverwaltete Flüchtlingsunterkunft im Zentrum Athens vor. Etwa 130 Geflüchtete, darunter Frauen und Kinder, wurden auf die Polizeistation Petrou Ralli gebracht. Der Großteil der Syrer wurde auf die Strasse gesetzt, nachdem ihre Identität aufgenommen wurde. Nur 31 Geflüchtete wurden in den staatlichen Einrichtungen untergebracht. Für die anderen Geflüchteten hatten die Behörden keine Lösung.

Bei einer zweiten Räumung der besetzten »Villa Zografou« im Stadtteil Zografou wurden sieben Menschen in Gewahrsam genommen. Die Villa diente in den letzten Jahren als Treffpunkt für soziale Bewegungen. Dort wurden regelmäßig kulturpolitische Veranstaltungen veranstaltet.

Die Polizei ging außerdem gegen ein weiteres besetztes Haus im Stadtteil Agrinio vor. Nach Angaben der Besetzer brachen Einheiten der Polizei das Schloss auf und durchsuchten das gesamte Gebäude. Dabei entstanden Schäden an der Einrichtung, zudem wurde versucht, den Strom abzustellen. In der Erklärung wird auch der Diebstahl von 600 Euro beklagt, die für Gerichtskosten eines der Besetzungsmitglieder vorgesehen war.

Die anarchistische Szene Athens befindet sich seit den drei Räumungen in Aufruhr. Auf dem Aktivistenportal »Indymedia« wurden mehrere Solidaritätserklärungen veröffentlicht, in denen die linke Regierung von Alexis Tsipras für die Rämungen verantwortlich gemacht wird. Die »Antiautoritäre Bewegung Athen« erinnert dabei auch an die Räumungen der Besetzungen von Geflüchteten im Juli 2016 in Thessaloniki nach dem antirassistischen »No Border Camp«. Sie erklärte, dass »der Staat wieder einmal sein wahres Gesicht gezeigt hat«.

Kritisiert wird in den sozialen Medien auch die Haltung der griechischen Medien, die behaupteten, dass die Gebäude seit langem leer stünden. »Für die Anarchisten ist diese Entwicklung keine Überraschung. Den radikalen Menschen ist und war die Rolle der Sozialdemokratie, deren ständigen Taktiken und Lüge, immer bekannt« erklärt die »Anarchistische Federation«. In Athen und anderen griechischen Städten wird zu Solidaritätskundgebungen aufgerufen – erste fanden bereits am Montagabend statt.

Im Radiosender »Praktorio 104,9« der Athener-Mazedonischen Nachrichtenagentur verteidigte der Minister für Bürgerschutz, Nikos Toskas, die polizeilichen Aktionen: »Das erste Gebäude in Zografou, gehört der Gemeinde Athen und sie möchte es als kulturellen Raum nutzen. Die Besetzer, fünf bis sechs Leute, waren dort schon sein langer Zeit aktiv. Das zweite Gebäude gehört dem Roten Kreuz, das es für unbegleitete Minderjährige nutzen möchte.« Die Flüchtlinge im Gebäude sollten »sowieso in organisierten Räumen sein«. Toskas sieht beide Operationen als »vollständig gerechtfertigt« an.

Die Räumungen der griechischen Polizei folgten wenige Tage nach einer Auseinandersetzung zwischen Regierung und Opposition. Letztere hatte sich verstärkt für die Notwendigkeit von mehr Sicherheit und Ordnung ausgesprochen. Die konservative Partei Nea Dimokratia von Konstantinos Mitsotakis forderte wiederholt die Entfernung des Ministers Toskas, weil »er seine Arbeit nicht gut mache«. Im vergangenen Jahr thematisierte Mitsotakis mehrfach die häufigen Auseinandersetzungen zwischen Anarchisten und der Polizei im linksgerichteten Stadtteil Exarchia. Einer seiner meistzitierten Sätze, »wenn ich an die Regierung komme, werde ich Exarchia aufräumen«, macht bis heute in sozialen Medien die Runde.


Stellungnahmen auf englisch findet ihr auf act for freedom now

Paris: Und jetzt, wo die Misere nicht mehr ins Auge springt?

übersetzt von non-fides

Mitten in Paris, zwischen Jaurès und Stalingrad bestand über längere Zeit ein Camp von Migrant_innen, das immer wieder geräumt und wiederbelebt wurde. Nach einer Räumungsaktion am 16. September 2016, bei der über 2000 Flüchtlinge vertrieben wurden, hat sich das Camp dann aber wieder neu gebildet. Rund um die 2000 Migrant_innen übernachteten dann wieder in diesem Camp. Anfang November 2016 wurde das Camp dann endgültig geräumt.

Folgendes Flugblatt wurde nach der Räumung in Paris verteilt.


Über die Camps für Migranten und „uns“ alle

Man glaubte sich schon an den täglichen Anblick gewöhnt zu haben… Tausende von den Verdammten dieser Erde, die den Entschluss gefasst haben, ihre Familien, Freunde und Angehörigen zurückzulassen und die mit der Erwartung auf Hoffnung in den Strassen Paris` gelandet sind. Das Elend, das keinesfalls neu ist, befindet sich nun also durch den Zufall der Umstände vor den Augen aller. In diesem Elend, das die Verwalter „den Migrations-Parcours“ nennen, sind die Camps nicht der erste und auch nicht der letzte Schritt.

Nun ist es geregelt: die Gewalt des Gesetzes wurde mobilisiert, um die Armen einzuladen und abzutransportieren, niemand weiss wohin, weg von unserem täglichen Blickfeld, weg von unseren kleineren oder grösseren Sorgen der Trauer, der Empörung, der Übertreibung, der Machtlosigkeit oder der Gleichgültigkeit. Das Leben ist endlich wieder zur Normalität zurückgekehrt: Die Jugend kann sich wieder dem Sport zuwenden, so wie sie es gemacht hatte, die Familien können wieder unter dem Geruch der Tannen spazieren gehen, und all das in der Sicherheit der vom Bürgermeisteramt aufgestellten Gitter.

Das Elend besteht weiterhin, so, wie es auch schon vor den Camps in den Strassen von Stalingrad bestanden hat. Die Bullen, die regelmässig kamen, um zu kontrollieren, wegzuschicken, zu schlagen oder einfach, um die Menschen zu terrorisieren, haben ihre dreckige Arbeit nicht ausgesetzt. Die Behörden des OFPRA (Office française de protection des réfugiés et apatrides, Französisches Amt zum Schutz von Flüchtlingen und Heimatlosen) haben nicht aufgehört, unter denjenigen Einteilungen vorzunehemen, die es, nach ihnen, verdienen, als Flüchtlinge angesehen zu werden und dem Rest, dem die Kontrollen, die Einsperrung in den CRAs, die Abschiebungen und in der Zwischenzeit auch die beschleunigte Ausbeutung und der soziale Ausschluss vorenthalten werden. Die Bau- und Unterhaltungsfirmen der CRAs, wie Vinci, die Banken, die die Sans-Papiers verpfeifen, wie LCL, La Poste und BNP, diejenigen, die abschieben, wie SNCF oder Air France, sowie eine ganze Palette an Zeitarbeitsfirmen, bilden ein Geschäftsfeld, für das die Misere der Migranten nur eine weitere rentable Marktlücke ist. Und nicht zu vergessen die netten, karitativen und kommunalen Geister, das Bürgermeisteramt an vorderster Stelle, die alles dafür tun, dass dieser Schrecken hinter den sportlichen und familiären Aktivitäten vergessen geht.
Und nun?

Ein Schritt
Auch wenn wir in einer Zeit leben, in der die ganze Welt, von der extremen Rechten bis zur extremen Linken, uns nach Herkunft, dem schwachsinnigen Glauben, der ins Unendliche teilbaren Leiter der sozialen Hierarchie, den Identitäten, die eine leerer als die andere, nach den „Rassen“ einzuteilen versucht, halten wir daran fest, dass die Solidarität von allen Verdammten dieser Erde geteilt wird. Wir weisen es zurück, die Migranten ohne Papiere als getrennt von uns selbst zu betrachten. Wir akzeptieren es nicht, „wir“ ohne Anführungszeichen zu sagen.

Angesichts des extremen Elends, wie diesen Sommer in den Strassen rund um Stalingrad, kann das Gefühl der Solidarität mit uneingestandem Mitleid, ungeschickter Herablassung, ohnmächtiger Verzweiflung wirr durchsetzt sein. Das ist nicht heroisch aber auch keine Schande.

Aber kann man nur mit denen solidarisch sein, die „uns“ ähnlich sind? Vielleicht. Sollte man betonen, dass die Ausbeutung der Migranten eine intensivere Version dessen ist, was jeder Prolet bei der Arbeit erlebt? Oder dass auch die Gefängnisse, gleich wie die CRAs, für all diejenigen reserviert sind, die es nicht schaffen zu beweisen, dass sie einen Platz in dieser „bessten“ aller Gesellschaften haben? Man weiss es nicht.

Es sollte jedoch nicht darum gehen, aufgrund der Ähnlichkeit des Elends ein Argument für die Solidarität zu machen. Und dies für einen guten Grund: Unser Problem ist weniger das Elend, sondern vielmehr seine Akkzeptanz. Die Solidarität stützt sich demnach nicht auf der gemeinsamen Misere, sondern auf der geteilten Ablehnung derjenigen.

Angesichts der in letzter Zeit künstlich erzeugten Leere, war die Gleichung eine einfache: Dem lebendigen Mensch folgt ein nach Tanne riechender Wald, danke der Poesie – angesicht der Leere also, erfordert die Idee der Solidarität mehr von allen: Sie erfordert einen bewussten Schritt, eine aktive Bejahung. Der falsche Inhalt und die reale Leere der Strassen im Quartier um Stalingrad antworten nicht mehr auf die alltäglichen Gesten der Empathie und dies aus dem gleichen Grund, der sie unzureichend, ja, auch wenn bis vor ein paar Wochen verständlich, sogar lächerlich machte: Es ist der Staat und seine Zöllner der menschlichen Ware, die tausende von Menschen dazu bringen, sich auf den Strassen niederzulassen; es sind die Eigentümer und die Ausbeuter, die sie davon abhalten, von dort aufzubrechen; es ist der Staat und seine Wärter, die sie schliesslich einsammeln, einsperren und abschieben.
Die federführenden Autoritäten bringen diese menschliche Katastrophe hervor und haben dann die Frechheit, sich bei denen zu bedanken, die, angetrieben von der menschlichen Empathie, das Elend „austragen“, das sie geschaffen haben?

Zweiter Schritt
Was tun also? Werden wir es der makaberen Inszenierung vergeben, die alles tut, damit man die Katastrophe vergisst, wenn man durch die Strassen Paris` schlendert? Werden wir uns bei unseren Herren bedanken, die das Elend verborgen haben, während wir weiterhin in den Knästen, in den Strassen und an den Grenzen zu Grunde gehen? Werden wir uns weiterhin an die für diesen Zustand verantwortliche Gewalt wenden und auf eine unwahrscheinliche Lösung ihrerseits lauern?
Nein. Beginnen wir mit dem.

Die Strassen von Stalingrad bis Jaurès sind leer, wenden wir den Blick ab, folgen wir der Aussicht der klaren Gegenwart, ziehen wir eine Grenze, ziehen wir die Schlussfolgerungen. Wir erachten all diejenigen für verantwortlich, die, schlicht durch ihren Beruf, andere zum Elend verdammen, das in Stalingrad bis vor kurzem sichtbar war. Wir erachten all diejenigen für verantwortlich, die in der Inhaftierung und den Abschiebungen einen profitablen Markt gefunden haben. Wir erachten diejenigen für verantwortlich, die das groteske Maskenspiel anführen, dessen Ziel das Vergessen und die Entlastung aus der Verantwortung ist. Wir erachten sie für verantwortlich für das uns gemeinsame Elend.

Wir appellieren nicht an die Beseitigung des Leids. Wir appellieren nicht an die abstrakte und leere Liebe zwischen allem und allen. Doch schlagen wir die Absage von all dem vor, was sich gegen die Möglichkeit des Glücks, der menschlichen Solidarität und der Freiheit richtet.
Die aktive Absage, die jeder auf seine eigene Art und Weise finden und realisieren kann.

Das Elend ist uns gemeinsam, doch teilen wir nur die Wut, die sich gegen das Gegenüber richtet.
Auf das alles, was dies hervorbringt, untergeht.

Dritter Schritt

Thessaloniki, Griechenland: 22 Freisprüche im Prozess um Kirchen-Protestaktion gegen die Räumung des Orfanotrofeio

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Aus Protest gegen die Räumung der migrantischen Hausbesetzung „Orfanotrofeio“ durch die griechische Kirche und Polizei in Thessaloniki im Juli 2016 verteilten geflüchtete und solidarische Aktivist*innen am 31. Juli 2016 Flugblätter während einer Messe in der Kirche Agia Sofia (Thessaloniki). Dabei wurden 26 Aktivist*innen festgenommen. und inhaftiert, Bereits am folgenden Tag fand ein Gerichtsverfahren statt, in dem die 22 angeklagten Aktivist*innen vom Vorwurf der „Beleidigung der Kirche“, für den Haftstrafen bis zu 2 Jahren zu erwarten gewesen wären,  freigesprochen wurden.

Gegen dieses Urteil ist nun am heutigen Freitag, den 13.01.2017, die griechische Staatsanwaltschaft erneut vor Gericht gezogen. Von dem Vorwurf der „Beleidigung der Kirche“ wurden alle Angeklagten nach mehrstündiger Verhandlung freigesprochen. Es waren bis zu 100 Unterstützer*innen vor Ort.

Im Juli 2016 wurden drei zentrale Hausbesetzungen der internationalen Geflüchteten-Selbstorganisation und Solidaritätsbewegung in Thessaloniki (Griechenland) vom griechischen Staat und, in einem Fall, im Auftrag der griechischen Kirche geräumt. Aus Protest gegen die Räumung der Besetzung „Orfanotrofeio“ durch die griechische Kirche verteilten geflüchtete und solidarische Aktivist*innen am 31. Juli 2016 Flugblätter während einer Messe in der Kirche Agia Sofia (Thessaloniki). Dabei wurden 26 Aktivist*innen festgenommen.

Am 31. Juli 2016 wurden zunächst diejenigen Aktivist*innen vorübergehend inhaftiert, die die Abgabe ihrer Fingerabdrücke zur erkennungsdienstlichen Behandlung verweigert hatten. Unter ihnen befanden sich sowohl solidarische Aktivist*innen als auch Geflüchtete. Bei der Gerichtsverhandlung am 1. August 2016 hatten die Richter*innen den Vorwurf der „Beleidigung der Kirche“ durch Störung religiöser Handlungen gegen die 22 Angeklagten fallen gelassen. Der Vorwurf „Beleidigung der Kirche“ stellt in Griechenland einen gravierenden Rechtsverstoß dar, der mit bis zu mehreren Jahren Haft geahndet wird. Dagegen ging der griechische Staatsanwalt überraschend in Revision

Im heutigen Prozess wurden alle 22 Angeklagten, von denen 19 anwesend waren, vom Vorwurf der „Beleidigung der Kirche“ freigesprochen. Die Richter sahen es als nicht erwiesen an, wer genau die Kirche betreten hatte. Dazu zweifelten sie – sehr zum Missfallen der anwesenden Kirchenvertreter – an, inwiefern diese, in ihren Augen in einer Kirche zwar unangemessene, aber politische, Protestaktion eine Verletzung religiöser Gefühle und Beleidigung der Kirche dargestellt hatte. Es waren bis zu 100 Unterstützer*innen vor Ort, die den Prozess lautstark und kritisch begleiteten.

Die Agia Sofia Kirche war Ziel der Öffentlichkeits-Aktion der Aktivist*innen geworden, da sich eines der Ende Juli geräumten Häuser, das von bis zu 100 Geflüchteten und Unterstützer*innen bewohnte „Orfanotrofeio“, im Besitz der Kirche befand. Diese ließ die Räumung anordnen und das Gebäude unmittelbar danach vollständig zerstören. In ihren Flugblättern kritisierten die Aktivist*innen die Zusammenarbeit der Kirche mit dem griechischen Staat, der durch die Räumungen versuchte, die Kontrolle über die Migrationsbewegung wiederzuerlangen. In Griechenland, sowie in zahlreichen anderen Ländern entlang der Fluchtrouten, stellen besetzte Häuser immer wichtigere Alternativen zu repressiver, staatlicher Migrationspolitik dar.

Die Repressionen gegen die Aktivist*innen der Agia-Sofia-Kirchenaktion reihen sich ein in weitere Urteile und laufende Prozesse zu den Räumungen der  migrantischen Hausbesetzungen in Thessaloniki vom Juli 2016. Insgesamt stehen fast 100 Menschen vor Gericht. Die nächsten großen Prozesstermine nach der heutigen Revisionsverhandlung werden am 26.01. die Besetzer*innen des im Juli besetzten Gebäudes „Hurriya“, und im Mai die Besetzer*innen des „Orfanotrofeio“ betreffen.

Mehr Informationen zu den Häuserräumungen und zur Situation in Griechenland finden sich unter: https://cantevictsolidarity.noblogs.org/

Berlin: Angriff auf Thales

gefunden auf linksunten

8719038005-thumbnailEs wird wärmer, was die Vorbereitungen zu einem heißen Juli gegen den G20 betrifft.
In der Nacht vom 11. auf den 12.November wurde Firmeneigentum von Thales zerstört.

Thales ist eines der elfgrößten Rüstungskonzerne mit einem Jahresumsatz von 14 Milliarden Euro und darüber hinaus Teil etlicher Technologieprogramme, wie an dem Satellitenprogramm Galileo:

Anfänglich nur für zivile Zwecke konzipiert, wie Smartphones, Navigationsgeräte, etc. beschloss das europäische Parlament im Juli 2008, dass diese Technik auch für Operationen im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) „zur Verfügung stehen“ sollte.

Thales entwickelte auch das Projekt „watchkeeper“. Hier wurde im Auftrag der britischen Streikräfte eine unbemannte Drohne (Thales Watchkeeper WK450) hergestellt. Die 2012 fertiggestellten Drohnen flogen bis 2014 an die 140 mal über Afghanistan und konsequenterweise wurde die Drohne 2016 weiterentwickelt. Seit diesem Jahr ist es möglich die Drohne mit einem 2-kg-Gefechtskopf und Laser- sowie GPS-Steuerung auszurüsten. So kann die Technologie von Thales endlich auch direkt töten.

Mit ihrem Drohnenprogramm sind sie aber auch schon im Jungle von Calais aufgefallen, dort sind ihre Produkte auch herumgeflogen. (eine Liste von bei der Räumung Beteiligter findet sich hier)

Dies war unser eigentlicher Anlass, den antiken griechischen Philosophen Thales beim Wort zu nehmen: Ἀνιαρὸν ἀργία. (Untätigkeit ist eine Qual). Deshalb mussten wir ein Auto des Rüstungskonzerns in Weißensee abbrennen.

So freute uns auch die Nachricht der letzten Woche, von dem brennenden Bohrbagger auf der Cuvrybrache in Berlin. Und möchten uns hier den Worten der Gefährt_innen anschließen: “In Hamburg und auf dem Weg dort hin, wollen wir genau über diese Fragen und Konflikte auf globaler Ebene in Austausch und Diskussion kommen. Denn so wie Gentrification nicht an einer Landesgrenze endet, sollte unser Widerstand nicht an einem Ort enden, sondern vielmehr gemeinsam mit vielen Orten und Konflikten pulsieren. Auf das wir eine Gemeinsame taktung finden und ein staccato des Angriffes entsteht.”

Wir sind überall. Kämpfe verbinden. G20 zum Desaster machen.

(weiterführend auch: anarchistischer Aufruf G20 https://linksunten.indymedia.org/en/node/188436 )

dazu entsteht in den Reihen des Feindes eine Verwirrung, weil mehrere Brennpunkte des Konfliktes ausbrechen und nicht nur dort, wo er es erwartet und sich darauf vorbereitet hat, sondern auch an anderen Punkten, die im strategischen Lageplan der Bullenoperationen unvorhersehbar waren.”
Verschwörung der Feuerzellen – Schwarze Internationale

Marseille, Frankreich: Weder Knäste noch Räumungen

übersetzt von le chat noir émeutier

In letzter Zeit haben sich die Räumungen in Marseille vervielfacht und eine Person wurde bei einer solchen im Knast von Baumettes eingesperrt…

In den letzten Tagen wurden bei einem Immobilienbüro von Vinci am boulevard de la Corderie alle Scheiben eingeschlagen. Vinci beteiligt sich am Bau von mehreren Gefängnissen und hat jüngst die migrantenfeindliche Mauer und ein Teil des Containercamps in Calais erstellt, nebst all dem war Vinci bei der Zerstörung von einem Teil des „Jungle“ beteiligt.

Das Architekturbüro Tangram (rue Virgile Marron) bekam ebenfalls einen feindseligen Besuch: „Weder Gentrifizierung noch Befriedung“ und „Vollidioten“ wurde auf die Türe geschrieben, währenddem die Fassade und die Scheiben mit Motorenöl überdeckt wurden. Tangram Architekten ist unter anderem am Bau von einem Luxushotel zwischen Canebière und Noailles beteiligt, das gemäss diversen Verantwortlichen, „das Quartier säubern und befrieden soll“…

Die, die uns in einen Käfig sperren wollen, haben Namen und Adressen: machen wir ihnen das Leben schwer!