Archiv der Kategorie: Bässlergut

Bern: Feuer gegen Implenia

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In der Nacht auf Dienstag, 11. Dezember, wurde in der Lorraine in Bern ein Firmenauto der Baufirma Implenia angezündet.

Dieses Feuer ist unteranderem Teil des Widerstandes gegen den Erweiterungsbau des Bässlergut-Knastes in Basel und somit auch Teil des Kampfes gegen alle Knäste und Lager. Implenia ist bei dem Bau des Erweiterung-Knastes mitbeteiligt.

Über die Gründe gegen den Erweiterungsbau, sowie gegen alle Knäste, zu kämpfen und über die Verantwortung der Baufirma Implenia wurde schon viel geschrieben:

- Brandanschlag auf Implenia in Weil am Rhein: https://barrikade.info/Brandanschlag-auf-Implenia-in-Weil-am-Rhein-722
- Zündwürfel für Implenia: https://barrikade.info/Zundwurfel-fur-Implenia-735
- Über den Kampf gegen das Bässlergut und aufständische Praktiken: https://barrikade.info/Uber-den-Kampf-gegen-das-Basslergut-und-aufstandische-Praktiken-1597

Basel: Stein für Stein reissen wir das Gefängnis ein

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In Basel wurde am Samstag (04.08.18) an der Dreirosenbrücke ein Transpi gegen Gefängnisse aufgehängt. Gleichzeitig wurde den Menschen am Ufer ein Flyer mit untenstehendem Text verteilt.

Stein für Stein reissen wir das Gefängnis ein

Gefängnisse sind allgegenwärtig. Ihre Existenz aber ist unnötig und destruktiv. In einer Welt der Freiheit, Selbstbestimmung und Solidarität haben sie keinen Platz. Es gibt zahlreiche Gründe diese Institution und das mit ihr verbundene Justizsystem zu bekämpfen. Hier sind einige davon.

Gefängnisse sind rassistisch.
Der grosse Teil der Gefängnisinsass*innen in der Schweiz haben keinen Schweizer Pass. Das hängt damit zusammen, dass Menschen ohne Schweizer Pass eher kriminalisiert, prekarisiert, unterdrückt und zu Haftstrafen verurteilt werden. Ausserdem gibt es eigene Gefängnisse nur für Ausländer*innen – die Ausschaffungsgefängnisse.

Gefängnisse führen zu sozialer Zerstörung. Die blosse Existenz des Gefängnis ist eine stete Bedrohung. Vor allem Menschen am sozialen Rand bekommen dies zu spüren. Das Gefängnis stigmatisiert. Die angebliche Resozialisierung ist ein Mythos. Die Strafe hört nicht mit der Entlassung auf, sondern verfolgt ehemalige Insass*innen noch lange: sozial, beruflich und psychisch. Es zerstört Familien, Beziehungen, ja ganze soziale Milieus.

Gefängnisse unterdrücken.
Die Vermögenden und der Privatbesitz werden durch das Gesetz geschützt. Menschen ohne Vermögen werden benachteiligt. So sitzen auch die meisten Menschen wegen “Vermögensdelikten” im Gefängnis. Menschen, die staatliche Grenzen nicht respektieren und somit die nationale Herrschaft in Frage stellen, werden bis zu 18 Monate eingesperrt.

Gefängnisse dienen der Bekämpfung politischer Bewegungen.
Menschen, die sich politisch gegen das aktuelle System auflehnen, sind mit zahlreichen speziell für sie konzipierten Gesetzen konfrontiert. Landfriedensbruch (bei unbewilligten Demos) beispielsweise gibt bis zu drei Jahren Haft.

Gefängnisse dienen der Bereicherung zahlreicher Unternehmen. Hinter dem Gefängnissystem steht eine profitable Industrie. Der Bau, der Unterhalt und die Zulieferung von Gefängnissen spült Unternehmen rentable Aufträge in die Hände. Die Logik dahinter – je mehr Insass*innen, desto mehr Geld. Die Arbeit der Inhaftierten ist in die Privatwirtschaft eingegliedert, wird aber unter Zwang und praktisch ohne Lohn verrichtet.

Gefängnisse sind sexistisch. Das Gefängnissystem reproduziert die Unterdrückung anhand von Geschlechtern. Dies zeigt sich in der Kriminalisierung von Sexarbeit. Dies zeigt sich anhand zahlreicher sexueller Übergriffe im Gefängnis oder durch die Polizei. Während dem Mann eher der Täter vorgeworfen wird, gilt die Frau eher als die Wahnsinnige und landet deswegen in psychiatrischer Betreuung.

Gefängnisse sind in der Vergangenheit stecken geblieben. Das Gefängnis wurde im 18. Jahrhundert zur dominanten Form der Bestrafung. Es handelt sich um eine Weiterführung der Strafe am menschlichen Körper. Seither gab es immer eine radikale Gefängniskritik und die “Wirksamkeit” von Gefängnissen wird schon lange bestritten. Dennoch: Law and Order Politik ist in Mode und die Forderung nach härteren Strafen wird an allen Ecken und Enden laut.

Das Gefängnis bedroht die Freiheit. Wir lieben die Freiheit und wollen uns nicht einsperren lassen. Freiheitsliebenden Menschen (wer ist das nicht?) können schnell mal von einem Richter oder einer Richterin einige Monate oder Jahre der Freiheit genommen werden.

Gefängnisse sind gewaltvoll.
Das Gefängnis nimmt dem Menschen die Bewegungsfreiheit, schadet der menschlichen Psyche, fördert Selbstzerstümmelung und Suizid. Ausserdem steht Gewalt von Wärter*innen und unter Mitinsass*innen an der Tagesordnung. Eine Haftstrafe ist eine schwerwiegende und traumatisierende Gewalterfahrung.

Das Gefängnis ist keine Lösung für gar nichts. Es heisst immer wieder, es brauche Gefängnisse als Umgang mit Gewalt. Doch Gefängnisse verhindern nichts, sie strafen nur. Ein ernsthaftes Angehen dieser Probleme würde sich mit den Ursachen von Gewalt beschäftigen und diese bekämpfen. Das Problem einfach wegzusperren ist keine Lösung und ein Armutszeugnis dieser Gesellschaft.

Was wollt ihr dann?
Was machen wir dann mit Gewalt, sexuellem Missbrauch und so weiter, wenn es keine Gefängnisse mehr gibt? Was kann es für eine Alternative für diese gewaltvolle und entmündigende Art unser Zusammenleben zu organisieren geben? Wie können wir trotzdem auf das Bedürfnis nach Sicherheit eingehen?
Es gibt zahlreiche Ansätze von Bildung bis zu Prävention, von Awareness bis zu gemeinschaftlicher Konfliktlösungen. Dabei steht die Selbstbestimmung der Überlenden von Gewalt, der Dialog, das Verstehen und der Prozess im Vordergurnd. Das Umfeld der betroffenen Personen wird miteinbezogen und es besteht die Möglichkeit nach Verhaltensänderung statt Strafe. Werte und Praktiken, die gegen Gewalt und Unterdrückung gerichtet sind, werden gestärkt. Gesellschaftliche und politische Strukturen werden eingerichtet, die die Bedingungen für Gewalt verringern. Es müssen Räume geschaffen werden, in denen solche Ansätze ausprobiert, getestet und weiterentwickelt werden können.

Nieder mit der Gefängnisgesellschaft!
Weg mit dem Bässlergut!
Keine Grenzen! Keine Staaten! Keine Nationen!

St.Gallen: Scheibenbruch bei Sicherheitsplaner für Bässlergut

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Als wir im vergangenen Herbst in St. Gallen waren, besuchten wir auch kurz das Gebäude der Firma Amstein + Walthert Sicherheits Ag. Diese beteiligt sich am Erweiterungsbau des Gefängnisses Bässergut in Basel. Wir haben Fensterglas dieser firma zerbrechen lassen und schicken so solidarische Grüsse für den Widerstand gegen das Bässlergut.

Für eine Welt ohne Käfige und Knäste!

Weggehen ausbrechen desertieren

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Der Waaghof, Sitz der Staatsanwaltschaft Basel, aber auch Untersuchungsgefängnis und Abschiebegefängnis für Frauen: Dort drin ist es passiert und dort wird es wieder passieren. Eine 29-jährige Frau aus Sri Lanka hat sich das Leben genommen.

Sie wurde soeben verhaftet und hätte abgeschoben werden sollen. Wir kennen ihre Geschichte nicht. Wahrscheinlich kennt sie niemand so richtig. Eine unter vielen, die ohne Gesicht in dieser Mühle umherwandern und manchmal von ihr zermalmt werden. Als wäre es das erste Mal. Als wäre es das letzte Mal. Nein. Knapp ein Monat ist es her, als sich ein 73-Jähriger im Untersuchungsgefängnis Waaghof erhängt hat.

Eingesperrt, hoffnungslos, voller Angst… Man kann sich gut vorstellen, wieso sich Menschen im Knast für den Selbsttod entscheiden. Doch vergessen wir nicht, dass es nicht nur in den Gefängnissen zu solchen Vorfällen kommt. Es gibt wohl kaum jemand, der im eigenen Umfeld oder über ein zwei Ecken niemanden kennt, der sich selbst getötet hat. Unzählige Tote. Unzählige Gründe. Unterscheidet sich denn das Eingesperrtsein überhaupt von In-Freiheit-sein? Gewiss. Doch gibt es auch hier draussen unzählige Gründe, weggehen zu wollen. Das Leben lang krüppeln, buckeln, hinterherrennen und niemals genau wissen, wieso eigentlich das Ganze… Ein Leben lang gestresst, ausgebeutet, gepeinigt. Ein ständiges Warten, bis es endlich vorbei ist…

Aber genug der Trauer! Genug der Klagen!

Am anderen Ende der Stadt steht ein anderes Gefängnis und ein Zweites bauen sie gleich noch nebenan hin: Das Bässlergut, Abschiebehaft und reguläre Haft. Seit letztem Jahr bereiten verstreute Vandaleakte den Bossen der Stadt grosse Sorgen. Die verschiedenen Baufirmen, die Politik und die Polizei wurden unzählige Male angegriffen. Vielleicht können wir diese Akte als Vorschlag verstehen: Nicht auf bessere Zeiten warten, sich nicht auf die ewigen, nichtssagenden Lumpen der Politik verlassen, aber selber machen, hier und jetzt, seiner eigenen Kraft und Kreativität vertrauen, sich selbst in die Lage versetzen, über sein eigenes Leben zu verfügen. Aus der Realität desertieren, um sich eine neue Realität zu schaffen, in der man weiss, wieso und für was man lebt.

Vielleicht würde das Ende dieser Welt, wie wir sie heute kennen, mehr Möglichkeiten als Schrecken hervorbringen… Wagen wir es!

Es gibt unzählige Gründe, dieser Realität entfliehen zu wollen.
Es gibt unzählige Gründe, diese Realität zerstören zu wollen.

Basel, Mitte Juni 2018

Basel: Weg mit dem Bässlergut!

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Auch in den letzten Wochen ging der Widerstand gegen das Bässlergut weiter. Die Mauer des Neubaus wurde vor ein paar Tagen mit Farbflaschen beworfen und vor einiger Zeit erschien der Spruch „Prison Sucks“ in grossen Buchstaben an derselben Mauer.

Der Bau schreitet voran, der Rohbau des Gefängnisses steht bereits. Machen auch wir voran mit dem Widerstand gegen diesen neuen Knast, gegen das Ausschaffungsgefängnis und gegen das Bundeslager, das sich gleich daneben im Bau befindet!

Und zwar mit den Mitteln, die wir für richtig halten, breit und vielseitig… Direkte Aktionen, Gegeninformationen, Demonstrationen, Auf der Strasse, im Alltag mit Solidarität und zivilem oder unzivilisiertem Ungehorsam.

Kämpfen wir weiter für eine freie Welt ohne Knäste und Lager!

Basel: Spaziergang zum Bässlergut

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Der Bau des Bässlerguts II in Basel schreitet voran. Das imposante Gebäude hat sich in die Höhe geschraubt, umgeben von einer ebenfalls imposanten Mauer. In ungefähr zwei Jahren soll es fertiggestellt werden, bereit, es mit Menschen zu füllen.

Das Voranschreiten dieses Baus hält uns aber nicht davon ab, weiterhin gegen diesen Knast sowie die gesamte staatliche Repression zu kämpfen.

Deshalb zogen vergangenen Samstag, 26. Mai, rund zwei Dutzend Menschen vors Bässlergut und grüssten die Gefangenen mit Feuerwerk und Parolen. Mit ein paar zurückgelassenen Sprüchen an den Bauwänden verschwanden die Vermummten nach kurzer Zeit wieder im Wald.

Wir nutzen die Möglichkeit, unsere Solidarität mit denen auszudrücken, die in der letzten Woche im Zuge der G20-Ermittlungen von den Bullen geweckt wurden.

Freitheit für alle, inner- und ausserhalb der Knäste!

Thun: Securitas angreifen

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Zwei Autos der Firma „Securitas“ wurden in der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai in Thun dem Feuer überlassen. Dies ist eine Reaktion auf diverse Tätigkeiten, welche diese Firma verrichtet.

Dazu einige Beispiele:

Sie führen zusammen mit der SBB einen Grossteil der Gefangenentransporte durch, d.h. sie transportieren die Gefangenen in Käfigen von einem Knast in den nächsten oder helfen mit, Menschen, die ausgeschafft werden sollen, unter Zwang zum Flughafen zu fahren und sie dort ab zu laden. Sie tragen somit eine grosse Verantwortung innerhalb der Knast- und Ausschaffungsmaschinerie. Dabei werden Menschen wie Produkte behandelt und nach kapitalistischer Logik aussortiert und zerstört.

Sie machen den Sicherheitsdienst in den Bundeslager, sowie in etlichen Asylzentren. Dort sind sie zu einem grossen Teil verantwortlich für die Einsperrung der asylsuchenden Menschen. In diesen Zentren herrschen strenge, knastähnliche Strukturen, welche die Securitas durchsetzt. Es gibt Ein- und Ausgangskontrollen, die Menschen müssen Kassenzettel für Waren, welche sie mit reinnehmen wollen vorzeigen, Esswaren sind nicht erlaubt. Dies sind nur ein paar Beispiele. Die Securitas kontrolliert, überwacht und schliesst die Menschen ein und verdient damit ihr Geld.

Durch ihre Tätigkeit als privater Sicherheitsdienst hilft sie bei der stetig wachsenden Überwachung und Kontrolle mit, welche alles was nicht den herrschenden Normen entspricht, ausradieren soll. Zum Beispiel hat die Securitas in den Jahren 2008 bis 2009, im Auftrag von Nestlé, zwei Akivist*innengruppen aus Lausanne duch zwei Agentinnen bespitzelt.

Sie sind eines der vielen Gesichter der Autoritäten dieser Welt, die unsere Freiheit unterdrücken.

Dies sind einige Beispiele einer viel längeren Liste an Gründen, weshalb wir uns entschieden haben in der gestrigen Nacht einen verhältnismässig geringen Schaden anzurichten.

Diese Aktion ist ein kleiner Beitrag an einen breiten Kampf gegen Knäste, Lager, Käfige und deren Welt, welcher überall auf verschiedenste Weise geführt wird. So zum Beispiel auch gegen die Knasterweiterung des Bässlergutes in Basel, gegen den ein breiter Widerstand besteht. Oder auch in Afrin und allg. Nordsyrien, wo sich Menschen gegen die Unterdrückung und Vertreibung durch die türkische Armee und dschihadistische Gruppierungen verteidigen und eine selbstbestimmte Gesellschaft aufbauen. Wir schicken an all diese kämpferischen Menschen solidarische Grüsse und viel Kraft im Kampf gegen Unterdrückungen und Herrschaft.

Über den Kampf gegen das Bässlergut und aufständische Praktiken

erschienen in der Avalanche – anarchistische Korrespondenz Nr. 13

Dieser kleine Text, der vielleicht eine kleine Übersicht über die Kämpfe gegen das Bässlergut in Basel verschafft sowie ein paar Gedanken zu dieser spezifischen Art des Kämpfens formuliert, wurde von mir als Einzelperson geschrieben. Es sind meine Gedanken und meine Geschichte, die sich darin widerspiegeln. Der Text spricht, selbstverständlich, nicht für den gesamten Kampf. Andere würden wohl andere Dinge hervorheben und/oder anders gewichten.

***

Es ist Freitagabend und einmal mehr versammeln sich auf einer Lichtung im Wald mehrere Personen und machen sich auf den Weg zu einem nahegelegenen Knast in Basel (eine kleine, reiche Stadt im Norden der kleinen, reichen Schweiz). Es ist der 11. September 2015 und die Leute rennen in Richtung Bässlergut, ein Knast am Rande der Stadt, aufgeteilt in 30 Plätze Abschiebehaft und 43 Plätze Strafvollzug. Beim Knast angekommen, werden Feuerwerke gezündet, ein Transparent mit der Aufschrift „Directeur Arschloch – Politik fasciste“ (ein Spruch, der bei einem der letzten Besuche von einem Gefangenen gerufen wurde) wird an den Zaun gehangen und Parolen gerufen. Die Gefangenen schreien ebenfalls zurück und schlagen mit voller Wucht gegen die verriegelten Fenster, so, wie sie das immer tun bei solchen wiederkehrenden solidarischen Besuchen. Bevor die kleine Meute nach wenigen Minuten wieder im Wald verschwindet, wird noch ein Kameramasten auf dem Parkplatz vor dem Gefängnis sabotiert. Im Anschluss an diesen Knastspaziergang wird dazu aufgerufen, sich dem geplanten Bau eines zweiten Gefängnisses direkt daneben zu widersetzen.

Die Geschichte spielt eine Woche vor einer angekündigten Demo gegen eine Militärübung ‚Conex15‘ in der Region Basel, bei der ein fiktives Szenario eines zusammenbrechenden Europas geprobt werden soll. „Wirtschaftskrise“, „Sabotagen auf und Plünderungen von Öl-, Gas- und Getreidevorräten“, „Flüchtlingsströme“ sind einige Stichworte aus diesem Szenario. Die Demo zieht wiederrum zum Bässslergut, bei dem es zu Zusammenstössen mit den Bullen kommt, auf dem weiteren Weg wird alles, was kaputt gehört und in kurzer Zeit kaputt gemacht werden kann, auch kaputt gemacht (nur oberflächlich und kurzfristig, wie sich wohl von selbst versteht, nach wenigen Tagen bis Wochen strahlt die Fassade des sozialen Friedens wieder).

Seither sind mehr als zwei Jahre vergangen. Seit dem Frühjahr 2017 wird neben dem Bässlergut an einem zweiten Knast gebaut. In diesem soll voraussichtlich der Strafvollzug mit 78 Haftplätzen untergebracht werden. Die zwei Arten der Inhaftierung (Abschiebehaft und Strafvollzug) werden dann wieder in voneinander getrennten Gebäuden untergebracht sein. In den nächsten Jahren soll dann auch das Empfangszentrum, das sich ebenfalls direkt daneben befindet, zu einem sogenannten Bundesasylzentrum umfunktioniert werden, in der die verschiedenen Verwaltungsstellen der Asylmaschine zentralisiert werden. Mehrere solcher Bundesasylzentren werden in den nächsten Jahren auf dem gesamten schweizer Territorium entstehen und werden auch an verschiedenen Orten bekämpft. In Zürich zum Beispiel, wo diese moderne Form der Lagerpolitik seit Anfang 2014 getestet wird, entfaltete sich ein radikaler und direkter Kampf dagegen. Und auch an anderen Orten kam es zu Aktionen, Sabotagen und Besetzungen, noch bevor die Lager überhaupt eröffnet wurden.

In diesen zwei Jahren haben also nicht nur die Herrschenden an ihrem repressiven Projekt gearbeitet. Neben dem Aufruf zum Widerstand gegen das Bässlergut II im Anschluss an den erwähnten Knastspaziergang, machte Anfang 2016 auch ein Flyer und Plakat unter dem Titel „Wenn die Feind_innen der Freiheit einen Gang zulegen…“ die Runde. Darin werden die Entwicklungen in Basel in einen grösseren Kontext gestellt, in dem sich ähnliche Lager und Knäste sowohl in Europa wie auch ausserhalb verbreiten werden und in dem dieses weitere Lager und dieser weitere Knast nur ein kleines, lokales Abbild eines viel breiter geführten Kriegs der herrschenden Ordnung darstellt. Aus dem Text: „…ohne weiteres wäre es möglich, weitere Beispiele des gegen Migrant_innen geführten Kriegs aufzuführen, der bereits tausenden Menschen den Tod brachte. Leider ist dieser im noch jungen 21. Jahrhundert geführte Krieg nicht der einzige, und so reihen sich die verschiedenen Überwachungsgesetze in den verschiedenen Ländern, die militärischen und polizeilichen Aufrüstungen, die Bauten von verschiedenen Knästen in ganz Europa und die sich in Knäste unter offenem Himmel verwandelnden Städte, die zunehmende Repression gegen Widerständige in die gleiche Offensive der Mächtigen ein. Ein Krieg, der so normal geworden ist, dass er nicht mehr erklärt werden muss und, die Maschen der Kontrollgesellschaft enger schnallend, auf allen Ebenen die bestehende Privilegienherrschaft sichern soll; alle auf ihren Plätzen, registriert und durchleuchtet, um schon beim kleinsten Anzeichen eines Kontrollverlusts oder eines Ausbruchs aus diesen Reihen genügend Mittel zur Verfügung zu haben, um möglichst schnell und effizient die Ordnung wieder herzustellen oder die störenden Elemente unschädlich zu machen.“

Ein Angriff auf einen lokalen Auswuchs der bestehenden Verhältnisse (in diesem konkreten Fall das Bässlergut) kann, unter anarchistischem Blickpunkt, nur als Angriff auf diese internationale Entwicklung betrachtet werden und sollte dies, wenn möglich, auch in den Kämpfen enthalten. Ein lokales Projekt der Mächtigen zu bekämpfen, ist schlicht ein Mittel, ein abstraktes, global verflochtenes, historisch gewachsenes und zu oft verwirrendes System an einer konkreten Manifestierung fest und sichtbar zu machen. Ein spezifischer Kampf ist vor allem ein Anfang.

Die Nächte fangen Feuer

Das Gefängnis Bässlergut wird erst seit dem Jahr 2000 als solches genutzt und steht seit dann auch in der Kritik und ist somit zu einem Referenzpunkt des lokalen Widerstands gegen die massive Abschiebepraxis, das europäische Grenzregime wie auch gegen das staatliche Bestrafen und Einsperren von Menschen im Allgemeinen geworden. An diesem Punkt muss angefügt werden, dass man nicht von einer verbreiteten feindseligen Stimmung in Basel gegen dieses Gefängnis oder gegen die Autorität im Allgemeinen reden kann und dass auch die Knäste in Basel oder der Schweiz in den letzten Jahren nicht von kleineren oder gar grösseren Revolten erschüttert wurden. Dieser Kampf kann also nicht als anarchistische Intervention in eine bestehende soziale Spannung verstanden werden. Eine solche Spannung ist hier ganz einfach nicht vorhanden, zumindest nicht sichtbar.

Mit der Vorgeschichte war es aber dennoch klar, dass der Erweiterungsbau nicht in voller Ruhe gebaut werden kann und auch nicht wird. Auch wenn die Kämpfe gegen dieses Gefängnis, sowie die verschiedenen Logiken, für die es sinnbildlich steht, so alt sind, wie der Knast selbst und auch wenn schon früh zum Widerstand gegen den Erweiterungsbau aufgerufen wurde, so haben sich die Kämpfe dagegen seit Baubeginn definitiv intensiviert, die Angriffe auf die Verantwortlichen gehäuft. Was mit kleineren Angriffen in Form gestochener Autoreifen bei am Bau beteiligter Firmen begann, entwickelte sich relativ rasch in zerstreute Brandanschläge auf die Autos dieser Firmen. Man konnte dies in Basel in den letzten Jahren wohl relativ selten sehen, dass an einem Wochenende gleich zwei Autos (ein Zivilauto der Basler Polizei und ein Auto von Swisscom, ein Telekommunikationsunternehmen) sowie ein Bohrkran (der Baufirma Implenia, welche die Bauleitung übernommen hat) an unterschiedlichen Orten Feuer fangen.

Die destruktiven Angriffe auf die verantwortlichen Akteure stellen sicherlich ein zentrales Element in diesem Kampf dar, doch war das letzte Jahr von diversen Formen des Widerstands geprägt. Mittels Plakaten „Gegen den Staat, seine Grenzen und Knäste“ wird dazu ermutigt, „sich mit Freunden und Gleichgesinnten zusammen zu tun, sich zu organisieren, sich Pläne auszuhecken und all denjenigen, die uns als passive Zuschauer gegenüber ihrem permanenten Machtausbau sehen wollen, das Spiel zu verderben und diese anzugreifen“ und „entgegen dem, was die Herrschenden uns glauben machen wollen, dass sie allmächtig und unantastbar seien“, auch bekräftigt, „dass die Revolte möglich ist, dass das Feuer der Freiheit lebt, solange es Individuen gibt, die sich voller Entschlossenheit und Freude gegen ihre eigene Unterdrückung stellen“. Eine Liste mit den Verantwortlichen und ihren Adressen wird im Internet (und eher wenig auf den Strassen) verbreitet. In der ganzen Stadt tauchen Sticker und Sprüche gegen das Bässlergut auf. An verschiedenen Veranstaltungen und Diskussionsrunden wird über dieses weitere Gefängnis sowie unsere Möglichkeiten des Widerstands diskutiert. Zu „Unehren“ des Nationalfeiertags werden erneut die Gefangenen gegrüsst und die Baustellenwand vollgesprayt. Im Mai ziehen 200 Menschen unter der Parole „Bässlergut einreissen – nicht erweitern“ in Richtung Baustelle, werden allerdings von den Bullen aufgehalten. Ein paar Tage vor der Demo brennt auf der Baustelle ein Bagger von Implenia ab, die Medien nehmen die Serie der Angriffe auf, die Stimmung ist spürbar angeheizt.

Die Angriffe sowie auch die mediale Stimmungsmache gehen weiter. Die unter Druck stehenden Behörden können keine Ergebnisse vorweisen. Eine Sonderkommission wird eingerichtet. Die Frage ist nicht mehr, ob, sondern wann und wo sie zuschlagen. Am 5. Oktober 2017 kommt es dann in den Kantonen Basel-Stadt, Basel-Land sowie Zürich zu sechs Hausdurchsuchungen, teilweise werden Computer, Handys und Kleidungsstücke beschlagnahmt, die Beschuldigten auf dem Posten befragt und, nachdem die DNA abgenommen wurde, auch wieder entlassen. (In der Schweiz ist das Sammeln von DNA-Spuren sowohl bei Tatorten wie auch bei beschuldigten Personen allgegenwärtig. Schon bei kleineren Verbrechen wie zum Beispiel Ladendiebstahl kann es zur Entnahme kommen. Bei Delikten, die im Zusammenhang mit subversiven Taten stehen, wird sie definitiv genommen. Bei einer Verweigerung der Entnahme sind die Behörden berechtigt, ‚verhältnismässige‘ Gewalt anzuwenden. Die Repressionsbehörden sind stets darum bemüht, die Datenbank bei allem Scheiss zu erweitern, gerade wenn es sich um potentiell Aufständische oder deren Taten handelt. Ein DNA-Hit (also die Übereinstimmung von Spuren am Tatort mit denen einer Person) genügt in den meisten Fällen, um verurteilt zu werden.) Die durchsuchten Personen werden wegen der Beteiligung an der erwähnten Demo im Mai des Landfriedensbruches angeklagt. Es ist klar, dass es bei dieser Anklage nicht wirklich um diese Demo geht, an der neben kleineren Sachbeschädigungen (Sprayereien) nichts weiteres passiert ist. Und so versuchen die Behörden, die Demo mit den diversen Bränden und Angriffen in Zusammenhang zu stellen. Im besten Fall hätten sie bei den Durchsuchungen etwas belastendes gefunden oder die abgenommenen DNA-Spuren werden ein bisschen Licht ins Dunkel bringen. Andernfalls ist es ein warnendes Signal und eine weitere Drohung an all diejenigen, die diesen Kampf beleben oder nach Möglichkeiten suchen, dazu beizutragen.
Am 30. November 2017 wird die anarchistische Bibliothek ‚Fermento‘ in Zürich durchsucht. „Im Schaufenster der Bibliothek werde zu Verbrechen und Vergehen gegen Firmen und Privatpersonen aufgerufen, was im Zusammenhang zu sehen sei mit jüngsten Brandanschlägen gegen den Bau des PJZ und des Gefängnisses „Bässlergut“ in Basel“, schreiben die ‚Anarchisten vom Fermento‘. Das Polizei- und Justizzentrum (PJZ) wird momentan in Zürich gebaut. Auch dieses Projekt wird seit Ankündigung verbal wie physisch angegriffen. Auch hier ist die Baufirma Implenia beteiligt. Auch in Zürich brannten im letzten Jahr diverse Bagger oder Fahrzeuge dieses Unternehmens.

Aufständische Praktiken

Ein solcher Kampf, der nicht nur diese eine Manifestierung der Macht angreifen und verhindern will, sondern zum selbst-organisierten Kampf mit den Mitteln der unmittelbaren praktischen Kritik jenseits der Repräsentation und Delegation einlädt und diesen zu Stärken sucht, kann nicht von der Stimme oder der Kraft einer Organisation oder was auch immer abhängen. Ein solcher Kampf, der über einen spezifischen Ausgangspunkt zur Zerstörung der gesamten Ordnung aufruft, lebt von der Kreativität und der Initiative der verschiedenen informellen Gruppen oder Einzelpersonen, die ihren eigenen Wegen und Ideen folgen und den dezentralen Angriff dennoch auf ein gemeinsames Ziel lenken und sich darin ergänzen und koordinieren können. Wie weiter oben schon erwähnt, sind offensiv geführte Kämpfe, die sich auf ein konkretes Projekt der Herrschaft konzentrieren, ein Mittel, um Kritik an dieser sichtbar zu machen, sowie um Methoden, die diese Herrschaft ins Wanken bringen und zertrümmern könnten, vorzuschlagen und aufzuzeigen. Die Sichtbarkeit unserer Kämpfe ist sicherlich eine Stärke, zur gleichen Zeit aber auch eine Gefahr. In Basel konnte man das sehr deutlich beobachten. Im Jahr 2016 brannten diverse Fahrzeuge und Container in der Stadt und auch andere Mittel des direkten Angriffs wurden angewandt. Teilweise wurden Schreiben zu diesen Aktionen verfasst. In vielen Fällen aber liessen die unbekannt Gebliebenen das Feuer oder die Scherben für sich selber sprechen. Niemand konnte wirklich wissen, wer hier was und aus welchen Beweggründen angreift, dennoch haben diese Taten eine gewisse Stimmung in diese allzu ruhige, befriedete Stadt gebracht. Man kann über die Motivationen dahinter also nur spekulieren, was sich aber gezeigt hat, war, dass auch wenn die Medien von einer Serie von verschiedenen Brandstiftungen berichten mussten, nie ein Zusammenhang hergestellt werden konnte. Die Ermittlungsbehörden hatten keine Anhaltspunkte.

2017 brannten wieder verschiedene Fahrzeuge und auch andere Mittel des direkten Angriffs wurden angewandt. Viele davon stehen im Zusammenhang mit dem Kampf gegen das Bässlergut, wie das die trotzdem unbekannt Gebliebenen im Internet schrieben, und wie das sowieso klar war, ging es doch sehr häufig um die immer gleichen Firmen und die immer gleichen Mittel (Kreativität in den Formen des Angriffs scheint ganz generell nicht die grösste Stärke der anarchistischen Welt zu sein…). Der Zusammenhang ist hergestellt. Auch wenn die Ermittlungsbehörden bezüglich den Angriffen bisher im Dunkeln tappen, können sie diese mit einer öffentlichen Demo gegen den gleichen Knast in Verbindung bringen. Nächtliche Angriffe aufzuklären, ist bei einer gewissen Ausführung relativ schwierig. Eine öffentlich angekündigte Demo abzufotografieren und die Leute zu identifizieren hingegen ziemlich einfach. Dies soll keine Argumentation dafür sein, unsere Kämpfe in grösst möglicher Klandestinität zu führen und auch keine Argumenation, die sich in jedem Falle gegen Communiqués richtet. Diese Zeiten werden vielleicht irgendwann kommen. Solange wir aber die Möglichkeit haben, anarchistische Ideen zu propagieren und zum direkten, destruktiven Angriff aufzurufen oder Gedanken und Reflexionen zu diesen Kämpfen zu teilen, sei es via Mitteilungen über ausgeführte Aktionen oder in Form dieser internationalen Korrespondenz, sollten wir diese auch wahrnehmen. Vielmehr stellt sich die Frage, wie Sichtbarkeit mit Zerstreutheit, Klarheit mit Diffusität einhergehen können. Sichtbarkeit und Klarheit, sodass es allen Menschen klar ist, was hier aus welchen Gründen bekämpft wird. Zerstreutheit und Diffusität, weil der Widerstand kein Zentrum (weder in der Organisierung noch in den Zielen des Angriffs) kennen darf, sondern sich ausbreiten und verstreuen soll und muss, weil die Attacken von allen Seiten, mit allen Mitteln, von überall und gleichzeitig nirgendwo kommen sollten.

Kreise ziehen

In anderen Kontexten mit einer weiter verbreiteten Feindseligkeit gegenüber den Strukturen der Macht stellt sich diese Frage bezüglich der Gefahr von spezifischen Kämpfen vielleicht weniger. Es sollte auch klar sein, dass wir unsere Kämpfe nicht nach potentiellen Gefahren ausrichten können. Wenn wir uns dazu entscheiden, eine potentielle (oder auch tatsächliche) Gefahr für das Bestehende zu sein, dann gehen wir auch aktiv das Risiko ein, dass die Keule zurückschlägt. Dies heisst wiederrum aber nicht, dass wir nicht darum bemüht sein sollten, zumindest zu versuchen, die Richtung der Repressionskeule abzuschätzen, vorauszusehen, sie zu verwirren und ihr so möglichst auszuweichen. Die folgenden Überlegungen können unabhängig davon vielleicht dennoch als Anlass genommen werden, um über aufständische Theorien und Praxen zu reflektieren und diese weiterzuentwickeln. Bleiben wir beim Kampf gegen das Bässlergut in Basel. Die Brandanschläge trafen im letzten Jahr sehr häufig ein paar wenige Firmen, die am Bau beteiligt sind und wurden in den meisten Fällen über Communiquées im Internet auch in diesen Zusammenhang gestellt. Angriffe auf die Polizei, die Politik oder auch andere Institutionen und Firmen, die zwar nicht direkt am Bau beteiligt aber auf andere Weise für das Funktionieren des Kontroll-, Bestrafungs- und Abschiebeapparates unabdingbar sind oder sich am gesamten Komplex der Unterdrückung beteiligen, blieben selten. Kapazitäten sind beschränkt und so ist es schwierig, an allen Ecken, in denen wir die Mechanismen der Herrschaft ausmachen, mit unseren Gedanken und Taten präsent zu sein. Gleichzeitig könnte dies auch schnell dazu führen, erneut in das Loch der wirren Verzettelung abzudriften.

Spezifische Kämpfe werden aber genau im Gegensatz dazu geführt. In Basel wird in erster Linie das Bässlergut bekämpft und nicht die Mauer an der Grenze zwischen den USA und Mexico. Der Bau genau dieses Knastes steht im Mittelpunkt dieses Kampfes und so sollen auch diejenigen, die für den Bau genau dieses Knastes verantwortlich sind, im Mittelpunkt der Angriffe stehen. Um diesen Mittelpunkt reihen sich aber verschiedenste, miteinander verwobene Kreise. Das Bässlergut ist ein Gebäude mit Zellen, Eingesperrten, Wärter*innen und Zäunen, das von der Politik beschlossen, von einigen Unternehmen umgesetzt und dann von anderen Unternehmen oder Institutionen verwaltet, beliefert und bewacht wird. Es befindet sich aber in einem grösseren Kontext, es ist Teil eines sozialen Verhältnisses der Beherrschung und Unterwürfigkeit, der Teilnahme und Akzeptanz, das wiederrum von teilweise klar benennbaren Akteur*innen genährt, produziert und reproduziert wird. Es ist dieses soziale Verhältnis, das den Laden am Laufen hält und das schlussendlich untergraben und zerstört gehört.

Nicht alle sehen sich selbst oder ihre Bekannten der direkten Gefahr ausgesetzt, eingesperrt oder ausgeschafft zu werden, aber absolut niemand kann sich vollständig den Griffen der Macht entziehen, die alles und alle eingenommen und integriert hat (Justiz, Arbeit, Religion, Technologie und ihre unendlichen Möglichkeiten in der Zukunft, Stadt, Geld, Familie, Schule, Geschlecht, Eigentum, Nation, Medien, Konsum, Produktion, Medizin, Daten, Militarismus, Wissenschaft, Energieversorgung, Ressourcengewinung oder was auch immer – die Griffe der Macht sind überall, es gibt kein ausserhalb). Das Gefängnis spielt dabei sicherlich eine bedeutende Rolle. Doch auch wenn alle Knäste abgeschafft werden würden, dann nur, weil die Justiz effektiverere und sozial noch verträglicherere Formen der Drohung und der Bestrafung gefunden hätte. Dass wir alle in dieser eintönigen, durchstrukturierten, vorgegebenen Gesellschaft leben müssen, die uns alle in den gleichen Gesetzen, den gleichen Werten, den gleichen Fiktionen, der gleichen verstörenden Realität, der gleichen Leere, der gleichen Gleichheit gefangen hält, daran würde sich genau gar nichts ändern. Die Gesellschaft würde uns alle weiterhin dazu verdammen, diesen einen Weg der Gesellschaft zu befolgen und unsere Träume ihren anzugleichen. Vielleicht ist es auch gerade das, wodurch sich Gesellschaft auszeichnet. Wenn wir also nicht für das Ende dieser Zivilisation, für die Zerstörung der Macht in all ihren Formen und für die Möglichkeit des selbstbestimmten Experimentierens, für die vollständige Eroberung des Lebens mit all seiner Pracht wie auch seinen Schattenseiten kämpfen, wofür dann? Etwa für ein bisschen weniger Rassimus, für mehr ‚Menschlichkeit‘, für die Zerstörung eines Knastes, für ein besseres Überleben, gegen die Plünderung eines geplünderten Planeten, gegen die Gier der Gierigsten, für die Selbst-Verwaltung des Bestehenden? Ja, viel Spass dann!

Aber wir waren bei unseren Kämpfen. Die Gratwanderung besteht darin, den Mittelpunkt klar im Visier zu haben und trotzdem fähig zu sein, die Kreise rundherum, die soziale Dynamik, als integralen Bestandteil und Bedingung dieses Mittelpunktes zu benennen und anzugreifen. Sowohl, um die Kritik auszuweiten als auch, um die unterschiedlichsten Menschen zum Kämpfen anzuregen. Einfaches Beispiel: Hätte es neben den Angriffen auf die Verantwortlichen dieses Baus auch vermehrt destruktive Akte gegen irgendwelche Überwachungskameras in der Stadt oder Unternehmen, die das Geschäft der Überwachung ankurbeln und daran verdienen, gegeben und wären diese Angriffe wiederrum in die Kritik einer ‚Knastgesellschaft‘ (grosses Wort) einbezogen worden, so würde der Kampf die Kritik auf ein breiteres Feld übertragen. Der Kampf wäre eher fähig, die soziale Dynamik der Unterdrückung, die sich in verschiedensten Formen an verschiedensten Orten wiederfindet, zu benennen und gleichzeitig zu einem Sturm auf ein konkretes, noch nicht bestehendes Gebäude, das diese Dynamik verkörpert, aufzurufen und zu ermutigen. Vielleicht würden Menschen, die einen riesen Groll auf all diese Überwachungskameras haben, auch verstehen, warum andere Menschen so energisch einen Knast bekämpfen. Vielleicht würden diese Menschen keinen Unterschied mehr aus diesen zwei Formen der Drohung und Kontrolle machen. Vielleicht, vielleicht… Die Kreise liessen sich beliebig weiterspinnen. Der Angriff auf das Bässlergut ist am Schluss eben doch auch ein Angriff auf diese verdammte Mauer zwischen den USA und Mexico, weil er ganz einfach ein Angriff auf die Welt der Herrschaft ist.

Nie wird es vorbei sein!

Anarchistische Kritik bezieht sich bereits seit Jahren auf das Bässlergut und wird dies wohl auch weiterhin tun. Egal in welche Richtungen sich diese Kämpfe entwickeln werden, kann schon heute gesagt werden, dass dieser Knast nicht nur die Geschichte der allumfassenden, auch wenn manchmal subtilen, Unterdrückung erzählt, sondern auch immer diejenige eines radikalen Widerstands dagegen.

Realistische Stimmen mögen behaupten, dieser Knast wird so oder so gebaut werden und es wäre gewiss schwierig bis unmöglich, diese Stimmen vom Gegenteil zu überzeugen. Doch kann dies nicht der Ausgangspunkt und schon gar nicht die Motivation für rebellische, anarchistische Herzen sein. Die widerständige Saat wurde und wird auch weiterhin verstreut, das Streben nach einer anderen, einer komplett anderen Welt sowie die Möglichkeit des direkten Angriffs haben hier wohl die meisten wahrgenommen. Was damit passiert, was andere Menschen damit machen, kann nicht in meinen noch in anderen Händen liegen. Die Frage, die uns zu betreffen hat, ist, wo und wie wir diese Samen der Rebellion streuen und wie wir sie kultivieren und pflegen können. Es ist niemals ausgeschlossen, dass die Ideen Verbreitung finden, dass sich Leute dazu entschliessen, nicht mehr zu gehorchen, nicht mehr zu warten und hier und jetzt damit beginnen, die Bedingungen ihres eigenen Lebens und ihrer Umgebung zu definieren und zu prägen. Wenn die Anarchie keine simple Meinung, kein Philosophieren über eine mögliche, bessere Zukunft, und noch weniger ein Programm, ein klar definiertes Ziel sein kann, dann ist sie die konstante Entdeckung und Prägung seines vielfältigen und chaotischen Selbst in Konfrontation mit allen hegemonialen Wahrheiten oder autoritären Dynamiken. Unter herrschaftsfreien Bedingungen wäre es uns allen einfacher möglich, uns selbst und unsere Mitwelt neu zu erkunden und nach unseren Vorstellungen zu gestalten und zu entwickeln. Unter dem Gewicht der bestehenden staatlich, kapitalistischen Bedingungen zu leben, ist aber nicht das Ende unserer lebens- und freiheitsliebenden Existenz oder der Anarchie.
Sie werden sich auch unter diesen widerlichen Voraussetzungen ihren Weg suchen.
Und sie werden ihren Weg finden. So oder so.

Es sollen sich alle herzlichst umarmt fühlen, die sich im Laufe dieser Kämpfe in den letzten Jahren dazu entschieden haben, das Weite zu suchen.

Januar 2018

Das Gefängnis ‹Bässlergut› ist nicht gerade das, was eine freie Gesellschaft auszeichnet

gefunden auf barrikade

In den letzten Monaten wurden über 6000 Exemplare des nachfolgenden Flyers in Basler Briefkästen verteilt. Ein weiterer Versuch, eine grundlegende Kritik am Gefängnis- und Ausschaffungswesen und dem Bau des Bässlergut II sichtbar zu machen und zu verbreiten.

Das Gefängnis ‹Bässlergut› ist nicht gerade das, was eine freie Gesellschaft auszeichnet

Sicher hast du in den letzten Monaten mal was dazu gelesen. Nachfolgend eine kurze Übersicht über den Erweiterungsbau, warum es richtig ist dagegen Widerstand zu leisten und über vieles mehr!

Bässler–was? Niemert wöt das! Das im Jahre 2000 erbaute Straf- und Ausschaffungsgefängnis ‹Bässlergut› nahe der deutschen Grenze wird derzeit erweitert. Der Neubau wird 78 Plätze für den regulären Strafvollzug bieten, wodurch im bisherigen Gebäude neu 73 Plätze der Ausschaffungshaft zur Verfügung stehen.
Seit Anfang 2017 versuchen Unbekannte, den Bau direkt und indirekt aufzuhalten. Die Mittel sind vielfältig: Eine Demonstration, verschiedene Diskussionsrunden, Texte und direkte Angriffe (insbesondere Brandanschläge auf Firmenfahrzeuge) haben stattgefunden, um die Beteiligten zu einem Ausstieg aus dem Bauprojekt zu bewegen und um gleichzeitig eine praktische Kritik am Gefängnis- und Ausschaffungswesen zu üben.

Herrschaftssicherig – kennsch? Es wird einem seit Kindheitstagen beigebracht, dass das Gefängnis für Kriminelle gedacht ist. Für Menschen, die weggesperrt werden müssen, weil sie eine Gefahr für unsere Gesellschaft darstellen. Doch die meisten Häftlinge kommen von ‹unten›, das heisst: arm und ohne Privilegien, meistens migrantisch – und/oder mit den ‹falschen› oder gar keinen Papieren.
Gefahr also für wen? Für den Reichtum, der aus mehreren hundert Jahren Kolonialismus und Kriegen stammt. Für das Eigentum, das hierzulande besser geschützt ist als ein (migrantisches) Menschenleben. Für die Reichen also, die nicht teilen wollen. Wer kein Stück vom Kuchen bekommt, nimmt es sich halt. Und wer sich nicht an die Regeln hält, sei es aus freien Stücken oder aus Überlebenszwang, wird zum ‹Kriminellen›. Und auf diesen wartet in unserer vordergründig friedlichen Gesellschaft in letzter Instanz nur eines: das Gefängnis. Eine ziemlich primitive und gewalttätige Lösung – oder wie sollte die Einsperrung sonst bezeichnet werden? Für Migrant*innen mit einer ‹falschen› Herkunft hält der Staat zudem die Deportation bereit.

Sich nit ybinde lo. Jede Gesellschaft funktioniert nur dann, wenn ein grosser Teil der Bevölkerung mitspielt. Das schliesst sowohl die Armen als auch die Reichen mit ein. Eine glitzernde Welt voller Waren, die gekauft werden müssen, Karrieren, die in Angriff genommen werden müssen, die angebliche Möglichkeit zur politischen und sozialen Teilhabe, Freiheiten (aber keine Freiheit). Aber wehe dem, der nicht mitspielen will. Zuckerbrot und Peitsche!
Der Widerstand gegen das ‹Bässlergut› lässt sich glücklicherweise nicht in geordnete Bahnen lenken. Also bleibt den Autoritäten nur die Möglichkeit, den Widerstand als eine Serie von «kriminellen Gewaltakten» darzustellen. Hauptsache, niemand spricht von der professionalisierten Gewalt, die eine Einsperrung aufgrund von einfachen Eigentumsdelikten oder fehlenden Papieren bedeutet.

Ufmache, Polizei! Getrieben von der bisherigen staatlichen Unfähigkeit, die geschehenen Angriffe aufzuklären, gab es Anfang Oktober mehrere Hausdurchsuchungen im Kanton Basel-Stadt und Zürich. Der Vorwurf: Beteiligung an der Demonstration gegen das ‹Bässlergut› im Mai 2017. Vermummt drang eine Horde Zivil­polizist*innen frühmorgens in sieben Privaträume ein, stahl Unterlagen, Computer und Kleidungsstücke, schikanierte die Anwesenden und zwang die Beschuldigten nach Verhören zu einer DNA-Entnahme.
«Und das nur wegen einer friedlichen Demonstration, was söll dä Scheiss?», magst du dich jetzt fragen. Dabei ist die Demonstration doch bloss ein Vorwand, um einzuschüchtern – mit der leisen Hoffnung, irgendwann doch noch Ermittlungserfolge präsentieren zu können. Einige würden sich nun darüber empören und die fehlende Verhältnismässigkeit anprangern, doch darum geht es nicht. Denn egal auf welchem Flecken Erde und zu welcher Zeit: Überall dort, wo Menschen Widerstand gegen unerträgliche Zustände leisten, ist die – teils willkürliche – Gewalt des Staates nicht weit. Je vehementer der Widerstand, desto energischer der staatliche Gegenangriff.

Und was mache d’Medie? Diese lassen sich gerne vor den staatlichen Karren spannen und schüren Angst: «Autonome greifen Basel an» und ähnliche Schlagzeilen sollen ein Droh­szenario schaffen, welche die Politik und die Polizei zum Handeln gegen «Linksextreme» bewegen soll. Die Inhalte der einzelnen Aktionen geraten in den Hintergrund. Das liegt nicht am Mass der ausgeübten ‹Gewalt›, sondern am fehlenden journalistischen Willen und Mut, sich detailliert mit einer Kritik am Gefängnis und dem Schweizer Migrationsregime auseinanderzusetzen. Die Verhinderung von Widerstand, das heisst die Aufrechterhaltung des sozialen Friedens, hat auch in den Medien offenbar Priorität.

Handligsfähig wärde! Die Logik des Gefängnisses, das heisst der Autorität und der Kontrolle, hört nicht an seinen meterhohen Mauern auf. Auch in der Schule, der Familie, auf der Arbeit, auf Ämtern und in der Psychi­atrie lässt sich diese beobachten. Solange es Institutionen gibt, die auf Menschen Zwang ausüben, wird es weder Freiheit noch Sicherheit geben (auch wenn das Gegenteil behauptet wird). Nicht für dich, nicht für mich und auch nicht für alle anderen Habenichtse. Und trotz oder gerade wegen dieser ziemlich aussichtslosen Situa­tion wird es immer Menschen geben, welche sich zusammen tun, sich wehren, ohne um Erlaubnis zu betteln. Wär jo au absurd, oder?

Auf dass es also weiter geht, damit irgendwann auf den Ruinen des Staates und all seinen Institutionen eine neue, freie, solidarische Gesellschaft entstehen kann.

P.S. Geschrieben von einem losen Zusammenhang von Rebell*innen, deren Ziel die Überwindung von Staat und Kapitalismus ist. Wir sprechen nicht für andere, sondern nur für uns selbst!

Bern: Nächtlicher Besuch beim Knastprofiteur CSD Ingenieure

gefunden auf barrikade

Am Morgen vom 19.03.18 haben wir der CSD Ingenieure an der Hessstrasse in Bern einen kleinen Besuch ab gestattet, um ihre Beteiligung an der Bässlergut-Erweiterung sichtbar zu machen. Wir haben die Wände und Türen mit „CSD Knastprofiteure sabotieren / Bässlergut einreissen“ versprayt sowie das Schloss der Eingangstüre zugeklebt.

Zu diesem Besuch möchten wir der CSD Ingenieure noch das offene Mail an die involvierten Firmen der Bässlergut Erweiterung weitergeben.


„An die Entscheidungsträger*innen der CSD Ingenieure

Ihre Firma beteiligt sich an der Erweiterung des Gefängnis Bässlergut. Sie sind also Teil eines Bauprojektes, welches dafür sorgen wird, dass künftig noch mehr Menschen eingesperrt werden. Für euch ist dies nur ein weiterer Auftrag, mit dem ihr die Füsse der Herrschenden küsst und der eure Kassen füllen soll. Für viele Menschen hat dieser Bau und alle Mechanismen, die sich darin manifestieren, aber weitreichende Konsequenzen.

Ihr könnt euch noch lange vorgaukeln, dass ihr darin keine Verantwortung trägt, dass dies nur ein Auftrag ist, so wie niemand die Verantwortung tragen will für all die Menschen, die eingesperrt, ausgeschafft, erniedrigt werden – genauso wie niemand verantwortlich ist für die fallenden Bomben.
Faktisch baut ihr aber diesen Knast, die Behörden geben ihn in Auftrag, die Bullen und die Justiz füllen ihn und das Personal sorgt für seinen möglichst reibungslosen Ablauf.
Man kann sich dieser Verantwortung also auch stellen und sich aus dem Bauprojekt öffentlich zurückziehen – dann kann der Nichtsnutz Baschi die ganze Drecksarbeit selber übernehmen.
Solange ihr dies nicht tut, braucht ihr euch aber auch nicht zu wundern, dass Leute, die sich selbst bedroht fühlen von diesen Zellen oder es nicht akzeptieren, dass Menschen eingesperrt und ausgeschafft werden, euch diese Verantwortung vor Augen führen.
Ihr könnt euch entscheiden.
Bis dahin grüssen wir euch überhaupt nicht.“