Archiv des Autors: nooneisillegal

Prozess in Paris – solidarische Messerstecherei in Basel

gefunden auf barrikade

Frühling 2016 in Frankreich: Im Zuge einer angekündigten Arbeitsmarktreform gehen in verschiedenen Städten tausende Menschen auf die Strassen, besetzen, blockieren, streiken, attackieren die Bullen und demolieren die Strukturen der Macht. Einige um für ihre Rechte innerhalb der Lohnsklaverei zu kämpfen, andere machen sich weniger Illusionen, wissen, dass es in dieser Welt der Arbeit und Gesetze nichts zu verteidigen gibt und gehen direkt zum Gegenangriff über. Am 18. Mai 2016, als die Bullen auf dem Place de la République gegen die Gewalt gegen die Polizei demonstrieren, wird eines ihrer Autos auf dem quai de Valmy in Brand gesteckt. Im Nachgang werden verschiedene Menschen angeklagt, einige sitzen über Monate hinweg im Knast, eine seit mehr als einem Jahr. Vom 19. Bis zum 22. September findet nun der Prozess in Paris gegen neun Personen statt, wobei eine angeklagte Person nie ausfindig gemacht werden konnte.

Mit dem im Hinterkopf sind wir in den letzten Tagen mit schlechten Absichten losgezogen und haben bei folgenden Firmenfahrzeugen die Reifen zerstochen:

  • Bouygues: Dieser Konzern baut und verwaltet vor allem in Frankreich Knäste und Abschiebelager. Weiter beteiligte sich dieses Unternehmen auch am Bau vom Nanotech-Center in Grenoble, bewacht die Protected-Site (Gentech-Freilandversuch) in der Nähe von Zürich, ist Teil von Medienunternehmen usw… Für diejenigen, die mehr über diesen Konzern und seine Tentakel wissen wollen, empfehlen wir einen Artikel in der 1. Ausgabe der Rhizom.
  • Adecco: Arbeitsvermittlungsbüro. Weil „die Arbeit für das Leben das ist, was das Erdöl für das Meer ist“ wie das ein Flyer, der während dieser Zeit verteilt wurde, so schön formulierte.

Weiter nach Saint-Louis, Frankreich (wir lassen uns weder in unseren Gedanken noch Taten von den Grenzen aufhalten):

  • Ein Auto des Conseil départemental du Haut-Rhin: Verwaltung. Wir verachten ganz einfach die Autorität.
  • Enedis: Französische Elektrizitätsfirma, die immer wieder Ziel von Angriffen geworden ist aufgrund ihrer Beteiligung am geplanten Atomklo in Bure oder wegen der Installation von Linky, einem intelligenten Stromzählungssystem. Die Überwachung und Kontrolle ist auf dem Weg in unsere Wohnungen.

Dies bringt uns wieder zurück nach Basel:

  • Siemens: Für ihre Arbeit zugunsten der ausgeweiteten Überwachung, zum Beispiel vernetzte Überwachungssysteme, Gesichtserkennung…
  • ABB: Ein führender Energie- und Automatisierungskonzern, der seine Roboter im Dienste des Kapitalismus auf der ganzen Welt verteilt hat und den Menschen selbst lieber als Maschine sehen würde.
  • Zum Schluss noch je ein Auto von Implenia, Alpiq und der EAGB, die sich alle am allseits unbeliebten Ausbau des Bässlerguts beteiligen.

Die Formen und Strukturen der Überwachung, Kontrolle und Einsperrung sind überall. Lasst es uns auch sein.

So. Genug gesagt. Auf zu weiteren Taten.


Schön wie ein brennendes Bullenauto

gefunden auf attaque

Dieses Plakat wurden in Solidarität mit den beiden Gefährt*innen Kara und Krème, die immer noch in Fleury-Mérogis wegen der Affäre « Quai de Valmy » (Brandanschlag auf ein Bullenauto am 18. Mai 2016 in Paris) inhaftiert werden, auf den Strassen von Saint-Malo, Rennes, Paris, Clermont-Ferrand, Dijon und Besançon aufgeklebt:

Schön wie ein brennendes Bullenauto

Frühjahr 2016: Die Wut auf der Straße erschüttert dieses resignierte Land, wie das seit mehr als zehn Jahren nicht mehr geschehen ist. Ein weiteres Gesetz, das eine unserer Ketten – die Lohnsklaverei – noch kürzer macht, ist der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, ein Fass voller Ausbeutung, Ausnahmezustand, polizeilicher Allmacht, der Paranoia, des virtuellen Lebens und einer versprochenen Zukunft, die allzu sehr dieser düsteren Gegenwart gleicht. Die Städte Frankreichs werden von zerstörerischen Demos durchzogen, kurze Momente des Lebens bilden sich auf der Zerstörung dessen, was uns jeden Tag unterdrückt.

Am 18. Mai 2016 antwortet eine wilde Demo angemessen auf eine Versammlung der Bullen in Paris, die darüber klagen, dass die ganze Welt die Polizei hasst. Ein Streifenwagen der Polizei wird angegriffen, die Fenster eingeschmissen, einer der beiden Bullen steckt ein paar Schläge ein und dann fäng der Polizeiwagen an zu brennen. Sofort nach diesem Angriff und während des folgenden Jahres werden neun Personen wegen diesem Freudenfeuer angeklagt. Einige von ihnen verbrachten ein lange Zeit in Haft, während eine andere unauffindbar für die Justiz bleibt. Alle werden vom 19. bis zum 22. September 2017 vor Gericht in Paris kommen.

Beide Anarchist*innen, Kara und Krème, befinden sich derzeit noch immer in Haft.

Unsere Gedanken richten sich insbesondere an sie, weil wir den Traum einer Welt der Freiheit teilen, in welcher die Polizei, sowie jede Autorität und alles, was die umfassende und unteilbare Freiheit aller Individuen hemmt, nur noch eine alte Erinnerung ist.

Weil die Polizei im Dienste der Reichen und der Mächtigen steht und dies ihre Existenzberechtigung ist.

Weil es keine gute Polizei geben kann. Die Polizei demütigt, sperrt ein, vergewaltigt und ermordet tagtäglich.

Weil wir viele sind, die die Polizei hassen, auch wenn es nicht immer aus Liebe für die Freiheit Aller ist.

Weil wir uns den Unterdrückern und ihren Dienern in Uniform (die nicht immer
blau ist) auf verschiedene Weise widersetzen können…

Weil ein brennendes Bullenauto ein guter Anfang ist, führen wir die Feindseligkeiten also weiter!

Feuer und Flammen für diese Welt der Autorität!

Freiheit für Kara und Krème!
Freiheit für alle!

Steenokkerzeel, Belgien: Kleiner Aufruhr im Centre 127 bis für Ausländer

übersetzt von rtbf.be

Ein kleiner Aufruhr ist am 25. August im geschlossenen Zentrum für Ausländer 127 bis in Steenokkerzeel ausgebrochen. Etwa ein dutzend Personen verursachten Schäden im Speisesaal, zerschlugen den Fernseher, Heizungen und andere Gegenstände.

Gemäss der Ausländerbehörde handelte es sich um Personen, deren Aufenthalt im 127 bis kürzlich verlängert wurde, diese allerdings mit ihre Freilassung gerechnet hatten. Die Situation sei unter Kontrolle. Eine Person wurde in Isolation verlegt.

Eine Frist von 8 Monaten, erneurbar im Falle von Rebellion
Die im geschlossenen Zentrum Eingesperrten sind abgewiesene Asylbewerber. Am Ende des Verfahrens bekommen sie eine Anordnung, dass sie das Territorium verlassen müssen. Die illegalen Ausländer werden, wenn ihre Personalien überpüft werden (meistens in der Folge einer Polizeikontrolle), in ein geschlossenes Zentrum gebracht, wo sie auf die Abschiebung in ihr Herkunftsland warten. Das Gesetz legt eine Maximaldauer der Haft in einem geschlossenem Zentrum von 8 Monaten fest. Wenn ein Ausländer aber angesichts einer Rückführung rebelliert, beginnt diese Periode wieder von Neuem. Nach unseren Information ist der Krawall ausgebrochen, als ein Marokkaner in den Kerker gebracht werden sollte und dieser dann anfing, den Speisesaal zu plündern. Der Mann möchte seit Tagen zurückgeschafft werden, um dem Begräbnis seines Bruders und Vaters, die vor kurzem verstorben sind, beizuwohnen. Als er erfuhr, dass sein Aufenthalt im Zentrum verlängert wurde, sind ihm „die Sicherungen durchgebrannt“ und hat sich am Speisesaal zu schaffen gemacht. Andere Häftlinge haben dann ebenfalls angefangen zu rebellieren. Einige haben beschlossen, einen Hungerstreik zu machen.

Die Polizei vor Ort
Gegen 14 Uhr sind Anti-Riot-Cops mit Hunden ins Zentrum eingedrungen. Gemäss einem Zeugen haben die Polizisten einen der „Randalierer“ geschlagen und verhaftet. Dieser war gegenüber der Direktion ein Sprecher der Gruppe und klagte die prekären Bedingungen an: schlechtes und zu wenig Essen, übelriechende Toiletten, etc. Die Polizei konnte die drei Personen, die als Anführer des Krawalls ausgemacht wurden, isolieren und in andere geschlossene Zentren verlegen.

Jyväskylä, Finnland: Versuchte Blockade einer Ausschaffung

übersetzt von yle.fi, via dialectical delinquents

Die Polizei ist am Montag Nachmittag (04.09.17) in Zentralfinnland mit einer Gruppe Demonstrant_innen zusammengestossen, als Beamte eine Ausschaffung einer jungen Familie aus Afghanistan durchsetzen wollten, die in einem Asylzentrum in Jyväskylä untergebracht waren. Die Familie sollte gegen Mittag von der Einrichtung abgeholt werden. Das Ganze dauerte dann allerdings sieben Stunden und verursachte den Einsatz von dutzenden Beamten in Riot-Uniform, die Pfefferspray und brutale Gewalt einsetzte, um die wachsende Anzahl Demonstrant_innen abzuwehren.

Aufgrund einer Gruppe, die sich den Beamten in den Weg stellte, die eine Ausschaffung durchsezten wollten, mussten gegen Nachmittag zusätzlich sieben Polizeieinheiten gerufen werden. Einige Beamte versuchten die Situation mittels Verhandlungen und Gesprächen zu entschärfen. Nachdem die Gespräche allerdings keine Verbesserungen versprachen, trafen später am Nachmittag dutzende Polizisten in Riot-Uniform und weitere Polizeifahrzeuge ein.

Vor Ort aufgenommene Videoaufnahmen zeigen Beamte, die Pfefferspray und physische Gewalt einsetzten, um die Demonstrant_innen auseinanderzutreiben, die die Strasse blockierten und „no deportations“ schrien.

Zwei Demonstranten wurden vorübergehend festgenommen – einer wegen Ungehorsam gegen Beamte und ein anderer wegen ungeordnetem Verhalten. Die Polizei meldete ebenfalls, dass es zu keinen materiellen oder menschlichen Schäden gekommen sei.

Die afghanische Familie – Vater, Mutter und ein acht Monate junges Baby – wurde dann am frühen Abend von der Polizei mitgenommen.

Calais, Frankreich: Zusammenstösse zwischen Migranten und der Polizei

übersetzt von brèves du désordre

Etwa 50 Migranten profitierten am Samstag (02.09.17) von einen Stau, um in die Lastwagen auf der Autobahn zu klettern, was zu einem Eingriff der Polizei führte, die die Gruppe auseinandertrieb.

„Unsere britischen Kollegen haben dieses Wochenende, an dem wir 9000 Fahrzeuge beim Eurotunnel und 7500 beim Hafen erwarteten, nur 9 von 14 Fahrtspuren geöffnet“, erklärte der Unterpräfekt Jean-Philippe Vennin.

Als die CRS eingriff kam es zu einem „Katz- und Mausspiel“ sowie zum Einsatz von Tränengas, um die Migranten auseinanderzutreiben. Drei Polizisten wurden durch Flaschenwürfe verletzt. Diejenigen, die in die Lastwagen gelangten, wurden von den Beamten, dank den Signalisierungen der Autofahrer, hinausgejagt.

Die Versuche während den Tagen mit starkem Verkehr, nach England zu kommen, seien zur Normalität geworden. Vor der Räumung des „Jungle“ im Oktober 2016 kam es sogar häufig dazu. Bereits in der Nacht zuvor mussten drei Strassensperren auf der A16 geräumt werden, sagte eine Quelle.


Seit Mai-Juni steigt die Zahl der Migranten, die, besonders in der Nacht, in den Lastwagen entdeckt werden, wieder an. Nach den Zahlen von UNSA-Police wurden im Mai 250 Fahrzeuge, im Gegensatz zu 190 im April, „positiv“ (also mit darin gefundenen Migranten) kontrolliert. Seit Mai sind die Zahlen weiter gestiegen: 280 im Juni, 350 im Juli und 230 bis zum 24. August. Im April wurden 700 Migranten in den Lastwagen entdeckt, im Mai 1000, im Juni 1100, im Juli 1250 und bereits 900 bis zum 24. August.

 

Brandanschlag auf Implenia in Weil am Rhein

gefunden auf barrikade.info:

In der Nacht vom 4. auf den 5. September 2017 haben wir in Weil am Rhein am Bahnhof eine Baumaschine von Implenia angezündet. Dabei entstand ein Sachschaden von mehreren zehntausend Euros. Diesen Brand sehen wir als Beitrag zum Kampf gegen die Erweiterung des Gefängnisses Bässlergut beim Zoll Otterbach in Basel. Implenia übernimmt bei diesem Umbau die Bauleitung. Seit März 2017 wird bis 2020 an einer Erweiterung neben dem bestehenden Gefängnis gebaut. Das neue Gebäude wird 78 Haftplätze für Strafgefangene enthalten, womit das bisherige Gefängnis zu einem kompletten Ausschaffungsgefängnis umfunkioniert wird. Die Kapazitäten an Straf- und Ausschaffungshaftplätzen erhöhen sich. Weil wir darin keinen Gewinn, sondern einen Verlust an Sicherheit für die Menschen sehen, kämpfen wir dagegen an. Der Gefängnisbau ist Teil einer Logik, die davon ausgeht, dass andere Leute über unser Leben bestimmen, um eine Welt aufrecht zu erhalten, die auf Ausbeutung und Unterdrückung basiert.

Gefängnisse im Nationalstaat
Unser Kampf gegen die Erweiterung des Gefängnises Bässlergut geht von einer grundlegenden Kritik der Ein- und Ausschlussinstitution Gefängnis und den damit zusammenhängenden repressiven Entwicklungen aus. Wir trachten nach einer Welt, in der es nicht mehr Praxis (und auch nicht mehr „erforderlich“) sein wird, Menschen einzusperren. Damit meinen wir nicht nur Gefängnisse, sondern in abgeschwächter Form genauso all die anderen Lager, welche bestimmte soziale Gruppen isolieren und konzentrieren. Solche Lager existieren überall auf der Welt, als hätten sie nicht eine höchst problematische Geschichte und Funktion.

Zunächst ist unsere Kritik eine anarchistische. Wir werden in einer Gesellschaft sozialisiert, in welcher der Staat als legitimer Verwalter unserer aller Leben unhinterfragt akzeptiert wird. Die Aufgabe, die Sicherheit aller Gesellschaftsmitglieder zu garantieren, gilt der Institution Gefängnis, indem versucht wird, sogenannt „kriminelle“ Subjekte wegzusperren und zu disziplinieren. Dass das Gefängnis historisch gesehen darin noch nie besonders gut war, zeigt sich in seiner über 200-jährigen Geschichte, in der es wohl mehr Delinquenz gefördert als verhindert hat. Noch heute können Menschen als Kleinkriminelle ins Gefängnis gehen und als organisierte Delinquent_innen voller neuer Kontakte, Strategien, Techniken und Ideen wieder raus kommen.

Funktionen des Gefängnisses
Darum geht es allerdings nicht. Denn der liberale Nationalstaat ist keinesfalls ein neutraler Akteur, der bloss im Interesse der Gesellschaft die soziale Ordnung aufrecht erhält, in dem er die Freiheit einzelner einschränkt (auch wenn wir selbst diese Vorstellung ablehnen müssten, da sie von der Annahme ausgeht, dass Menschen eine übergeordnete Macht benötigen, um friedlich untereinander leben zu können).
Es ist noch viel schlimmer: Der Staat wahrt eine soziale Ordnung gewaltsam, die auf Unterdrückung und Ausbeutung beruht und von welcher der Staat und seine Vertreter_innen selber profitieren. Staaten sind unserer Ansicht nach ein Herrschaftsverhältnis, das den Interessen der Mächtigen und Reichen dient.

In diesem Umfeld übernimmt das Gefängnis verschiedene Aufgaben. Es befriedigt einerseits die nach mehr „Sicherheit“ fordernden Rufe, in denen es Menschen, welche gegen die bestehenden Gesetze verstossen, einsperrt und den „nicht-kriminellen“ ein Gefühl von Sicherheit vermittelt. Dadurch galt das Gefängnis lange als eine Art Lösung für alle Probleme. Viele unterschiedliche Strafformen sind zugunsten der Gefängnisse abgeschafft worden. Unabhängig der Ursache des Deliktes, wird die Wegsperrung der Delinquent_innen gefordert und so steigt die Illusion von Sicherheit, sobald diese Menschen hinter Gefängnismauern sitzen.
Andererseits dient es als Abschreckung. Menschen sollen die Übertretung, den Ungehorsam oder auch den bewussten Gesetzesbruch nicht ausüben, denn am Ende einer langen Reihe verschiedener Disziplinierungs- und Repressionsmassnahmen steht das Gefängnis. Das Gefängnis, ein Ort, wo Menschen weggesperrt, ihren früheren Leben, ihren Beziehungen und jeglicher Autonomie beraubt werden; ein Ort, an dem ihnen alles genommen wird.

Sozialer Krieg gegen die Armen
Ferner ist das Gefängnis Ausdruck einer ständig vorhandenen Spannung zwischen den Reichen und Mächtigen auf der einen und den Armen und Ausgegrenzten dieser Welt auf der anderen Seite. Dies zeigt sich aktuell beispielsweise anhand ganz spezifischer Entwicklungen im schweizerischen Asyl- und Rechtswesen. Als Folge der Restrukturierung des Asylwesens bis 2019, werden die Verfahren zentralisiert und in sogenannten „Bundeszentren“ alle Verfahrensschritte durchgeführt werden. Ob es einen positiven oder negativen Asylentscheid gibt, wird innerhalb von höchstens 140 Tagen entschieden. Menschen, die den Asylanforderungen nicht entsprechen, weil sie beispielsweise über ein anderes Dublin-Land eingereist sind, werden bereits in den Bundeszentren einen negativen Asylentscheid erhalten und sogleich in Ausschaffungshaft überführt. Die Überwachung und Kontrolle von Asylbewerber_innen wird mit den Zentren weiter verstärkt und die Verwalter_innen in den beteiligten Departementen glauben, so das „Abtauchen“ von Menschen verhindern zu können. Diese Revision schränkt die Bewegungsfreiheit von Migrant_innen noch weiter ein und unterstützt zudem die Lagerisierung so vieler weiterer Leben.

Mit der Realisierung der Asylgesetzrevision steigt der Bedarf an Administrativhaftplätzen, in denen Menschen ohne strafrechtliche Verurteilung in Ausschaffungshaft genommen werden. Deswegen sollen die Kantone bis Ende 2018 700 neue Haftplätze schaffen. Auch die Erweiterung des Bässlerguts ist Teil dieser Entwicklung. Durch das neue Gebäude wird das gesamte bestehende Gefängnis in Administrativhaft und damit in Ausschaffungsplätze umgewandelt.

Durch den starken Anstieg kurzer Haftstrafen steht der Neubau eines Gefängnisses für herkömmliche „Strafhäftlinge“, in direktem Zusammenhang. Der Kanton selbst betont in einem Schreiben an den Grossen Rat, dass die kurzen Haftstrafen von 1-6 Monaten vervierfacht und diejenigen von 6-12 Monaten verdoppelt werden. Dies hat unterschiedliche Gründe: Vermehrt sitzen Menschen ihre Bussen, welche sie nicht bezahlen können, ab. Dies betrifft beispielsweise einfache Eigentumsdelikte oder den Verstoss gegen Ausländerregeln wie der sogenannte „illegale Aufenthalt“.

Die Gefängnisse füllen sich mit Armen und Migrant_innen, welche sich entweder einfach frei bewegen, hier leben oder dieselben Privilegien geniessen wollen. Das Gefängnis ist somit, bis auf einige Ausnahmen, ebenso wie das Polizei- und Justizwesen als Teil des Krieges des Staates (und damit der Reichen und Mächtigen) gegen die Armen und Ausgegrenzten zu verstehen. Die Gefängnisse sind gefüllt mit Menschen, die aufgrund ihrer sozialen Herkunft entweder in die sogenannte Kriminalität „abrutschen“ oder aber sich zu guter Recht etwas davon zu nehmen versuchen, was ihnen verwehrt wird. Häufig trifft beides genauso zu.

Widerstand und Suizid
Seit der Etablierung und Entwicklung der modernen Gefängnisse sind diese von Widerstand begleitet. Auch das Bässlergut wird seit seiner Entstehung durch verschiedene Formen von Widerstand gegen die Wärter_innen und gegen die Institution bekämpft. Das kann vom Vermeiden des Blickkontakts mit den Wärter_innen, über die Verweigerung und den Hungerstreik bis zum Anzünden der eigenen Zelle gehen. Die meisten Akte des Widerstands sind für die Mehrheit der Bevölkerung unsichtbar und werden es auch immer bleiben: weggesperrt hinter hohen Mauern und NATO-Draht. Wir sehen uns als Teil dieses Widerstands, den wir je nach Situation von innen oder von aussen führen.
Im Gefängnis zu sitzen und jeglicher Selbstbestimmung beraubt zu sein, ist eine enorme psychische Belastung, weswegen Suizidalität stark verbreitet ist. In dem neu gebauten Vorzeigeobjekt Gefängnis Muttenz haben sich vor kurzem mehrere Menschen das Leben genommen. Dies ist im Bässlergut wohl deswegen noch nicht geschehen, weil die Gefängnisleitung mit äusserst starker Unterdrückung gegen Anzeichen von Suizidalität vorgeht: Wird ein Gefangener bei einem Suizidversuch „erwischt“, wird er häufig nackt in Isolationshaft, dem sogenannten „Bunker“ überführt: Ein leerer, kleiner und fensterloser Raum ohne Kontakt zu anderen Menschen ausser denjenigen, die einen eingesperrt haben. Um die Häftlinge am Leben und die Administrativhäftlinge fit genug für die Ausschaffung zu halten, ist der Gefängnispsychiater sehr freizügig mit der Vergabe von Beruhigungsmitteln und Psychopharmaka. Dabei ist es nicht erstaunlich, dass die Mithäftlinge Suizidversuche häufig geheim halten: Sie wollen ihren Freunden die Tortur ersparen. Meist bräuchte es nicht viel, um den psychischen Problemen zu begegnen: Das Öffnen der Türen wäre in jedem Fall ein Minimum.

Märchen von Sicherheit
Sogenannte „Sicherheit“ ist nur möglich in einer gerechten und solidarischen Gesellschaft, welche auf die Herrschafts- und Ausgrenzungsmechanismen verzichtet, welche die heutige Welt prägen. Deswegen verstehen wir Gefängnisse und insbesondere das Bässlergut als eine Gefahr und einen Feind von Sicherheit. Auch weil unser Kampf für die Freiheit und gegen die Ausbeutungsmechanismen unsere eigene Sicherheit bedroht. Wie so viele Widerständige vor uns werden wohl auch wir eines Tages im Gefängnis landen, wenn wir diesen Text nicht bereits aus dem Gefängnis schreiben.

Weswegen greifen wir nun die Firmen, welche die Aufträge angenommen und sich am Gefängnisbau beteiligen, an? Es gibt sicherlich auch andere Möglichkeiten, sich gegen so ein Gefängnis zu wehren. Jedem und jeder ist es selbst überlassen, andere Mittel zu wählen. Für uns stehen diese Unternehmen jedoch exemplarisch für eine Welt, in der viel zu wenig über Strukturen wie Lager oder Gefängnisse geredet wird und solche Gebäude widerstandslos gebaut werden. Die am Bau des Bässlerguts beteiligten Firmen schlagen Profit aus der Unterdrückung von Menschen und sind dadurch mitverantwortlich für den Erhalt eben dieser Strukturen. Sie haben sich bewusst dafür entschieden, diese Arbeit auszuführen und sind damit zu einem angreifbaren Ziel geworden. Es bleibt dabei: Alle Firmen können sich jederzeit aus dem Auftrag zurückziehen, womit sie dann keine Zielscheibe mehr wären. Das würde auch ihre eigene Sicherheit erhöhen.

Wir erhoffen uns von diesem Akt der Sabotage auch eine Debatte über die Art, wie unsere Gesellschaft organisiert ist. Viel zu wenig wird grundsätzlich darüber geredet, in was für einer Welt wir eigentlich leben und leben wollen. Unterdrückungs- und Ausbeutungsstrukturen können sichtbar gemacht und in verschiedenen Formen angegriffen werden. Diese Aktion ist eine dieser Formen und ermöglicht uns, die eigene Kritik in eine Praxis zu übertragen und gleichzeitig eine Auseinandersetzung zu den hier erwähnten Fragen zu haben.

Wir wollen kein humaneres Gefängnis, wir fordern nicht bessere Haftbedingungen. Wir wollen keine faireren Richter_innen oder eine zuverlässigere Justiz. Wir kämpfen für eine freie, gerechte Welt ohne Richter_innen, Chef_innen und Wärter_innen. Eine solche Welt ist für uns nur denkbar mit der Abschaffung von Gefängnissen, Justiz und dem Staat.

Wir sind Teil des Widerstands gegen die Einschliessung und Fremdbestimmung von Menschen. Wir erklären uns solidarisch mit allen Knastkämpfen weltweit, seien es die revoltierenden Refugees von Moria auf Lesbos, die Gefangenen des G20 in Hamburg oder die Hungerstreikenden in den türkischen Kerkern.

Zu jeder Zeit und an jedem Ort für eine Welt ohne Knäste und Paläste.
Bässlergut einreissen!

Basel: Zivilauto der Basler Polizei angezündet

gefunden auf barrikade

03. September. Auch dieses Feuer steht im Zusammenhang mit dem Kampf gegen den Ausbau des Bässlerguts. Vor lauter Baufirmen kommt unserer Meinung nach die Rolle der Polizei viel zu kurz: Sie sind diejenigen, die, auch mit Racial Profiling, die Leute in den Strassen jagen und das Gefängnis füllen.

No Cops! No Police Control!
Auf einen heissen Herbst.


In der Nacht auf Montag (04.09.17) brannte dann erneut ein Auto in der Johanniterstrasse in Basel. Wie ein Augenzeuge in der Zeitung 20min berichtet, handelte es sich dabei vermutlich um ein Firmenfahrzeug der Swisscom.

Italien: versuchte Brandstiftung im CPR von Caltanissetta, Ausbrüche in Brindisi

übersetzt von hurriya

CPR di Pian del Lago – Caltanissetta
Einige Migranten zündeten gestern (31.08.17) kurz vor Mitternacht im CPR, centro per i rimpatri (Abschiebezentrum, ehemals CIE) Pian del Lago Kleider und Bettwäsche an, um gegen ihre bevorstehende Abschiebung zu protestieren.

Zwei oder drei Insassen versuchten auch die Matratzen in Brand zu setzen, doch aufgrund früherer Vorfälle ist das ganze Material im Zentrum, einschliesslich der Matratzen, feuerfest. Der angerichtete Schaden belief sich also lediglich auf eine angeschwärtzte Mauer.

Das Personal von Auxilium, die das Lager betreiben, konnten den Betrieb am nächsten Morgen normal weiterführen.

Ausbrüche aus dem CPR von Brindisi-Restinco
Vier Migranten konnten in der Nacht des 12. Augusts aus dem CPR von Brindisi-Restinco entkommen, nachdem sie ein Loch in den Zaun schneiden konnten.

Auf der Flucht in die Freiheit hatten sie genug Zeit, damit sich ihre Spuren verlieren. Das Sicherheitspersonal im Lager bemerkte den Vorfall erst am nächsten Morgen.

Seit das Zentrum im Oktober 2015 den Betrieb wieder aufgenommen hat, gab es zahlreiche Berichte über die harten Bedingungen, denen die Eingesperrten ausgesetzt sind (schlechtes Essen, schlechte Hygiene, Bedrohungen durch Aufseher und Personal…). In einigen Fällen versuchten verärgerte Häftlinge sich selbst zu verletzen oder umzubringen. Erst am 16. August versuchte ein marokkanischer Gefangener sich aufgrund der schrecklichen Bedingungen sein Leben zu nehmen.

Ein Brand vor einem Jahr, der nach starken Protesten ausgebrochen ist, hinterliess ein Teil des CPR (damals noch CIE genannt) unbrauchbar, was die Kapazität des Staates zur Einsperrung und Deportation erheblich einschränkte.

Mit der Flucht von einigen Unbeugsamen zur Eroberung der Freiheit.

Nantes, Frankreich: Bonzenkarren in Solidarität mit Abgeschobenen angemacht

übersetzt von attaque

Direkte Aktion und Klassenkampf

In der Nacht vom 27. auf den 28. August bin ich durch das Zentrum von Nantes gezogen, wo noch zahlreiche Strassen den Namen von verherrlichten Sklavenhaltern tragen. Bereits entschieden, die Bourgeoisie zu ficken, habe ich einen fetten 4x4er eines grossen Spiessbürgers in einem spiessigen Quartier ausgemacht und dieses mit Freude angezündet. Die 99% der netten Bürger gegen das 1% der bösen Spekulanten, das Volk vereint, all das ist doch Quatsch. Die ganze Bourgeoisie, die grosse, die mittlere, die kleine und alle, die so sein wollen, wie sie, gehören angegriffen.

Ein Gedanke an die in den letzten Tagen ausgeschafften Sudanesen und alle anderen.