Archiv für den Monat: Juni 2018

Drei Tote in weniger als 20 Tagen

gefunden auf barrikade

Blessing, 21-jährig, tot in einem Fluss gefunden – er wollte der Police National entkommen. Mamadou wurde nach einer polizeilichen Abschiebung tot im Wald aufgefunden. Gestern wurde eine weitere Leiche im Orridio du Fréjus, auf der italienischen Seite, gefunden. Eine Leiche im fortgeschrittenen Verwesungsstadium wurde erst gefunden, nachdem der Schnee geschmolzen ist.

Drei Tote in weniger als 20 Tagen. Diese Grenze wird schnell zum Friedhof.

Polizei. Gendarmerie. PAF (Police aux Frontieres, Franz. Grenzpolizei, Anm. d. Übersetzenden). Alpenjäger. Sie sind direkt für diese Todesfälle verantwortlich. Die Grenze tötet durch seine uniformierten Hände. Die Ordnungskräfte sind der bewaffnete Arm dieses Systems der Selektion und Ausgrenzung, das zum Attentäter wird.

Ohne die Polizei wäre es jedem freigestellt, einen Zug, einen Bus oder ein Flugzeug zu nehmen.

Die Repression der Ordnungskräfte gegen die «Migrant*innen», die «Sans-Papiers», hat sich auf diesen Bergen sichtbar in Tötung übersetzt. Aber sie ist auch überall sonst. Dabei handelt es sich um Razzien in Städten, in denen die Polizei spezifisch Blockaden durchführt, um diejenigen, die keine Dokumente haben, zu jagen, zu bedrohen und in Gefangenenlagern einzusperren. Es sind die Wärter des «Centre Permanent pour le Repatriement», des neuen CIE (Centres d´Internement pour Etrangers, Anm. d. Übesetzenden), multipliziert mit Minniti und neben den Flughäfen platziert, um Abschiebungen zu erleichtern. Angestellte der Ämter haben die Macht zu entscheiden, ob sie Asylbewerber*innen ein Blatt Papier geben oder nicht. Es ist jede Uniform, die gemäss der Konformität der beabsichtigten Selektion durch politische und wirtschaftliche Institutionen handelt.

Die Grenze hat wieder getötet.
Die Ordnungskräfte sind die Vollstrecker.
Wie vergessen nicht, wie vergeben nicht.

Berlin, Deutschland: Farbe und Steine gegen Bundesinnenministerium

gefunden auf chronik

Es gibt viele Gründe das Bundesministerium des Inneren anzugreifen.
Wir nennen exemplarisch 4 Punkte.

Punkt 1:
Da wäre die Verschärfung der Repression gegenüber linksradikalen und anarchistischen Zusammenhängen seit dem G20-Gipfel, die umfangreichen Hausdurchsuchungen und die massive Öffentlichkeitsfahndung. Gestern gab es in vier europäischen Ländern Razzien die im Zusammenhang mit dem G20 stehen, was uns nur mehr zeigt, dass versucht wird unsere kompromisslose Haltung gegenüber dem Bestehenden zu zersetzen. Weitere Gründe sehen wir in dem Verbot von Indymedia Linksunten, angeordnet vom BMI, und der Verschärfung des §114, also des Strafrahmens bei Widerstand gegen die Staatsgewalt.

Punkt 2:
Die aktuelle politische Situation ermöglicht es die Repression gegen emanzipatorische Bestrebungen aber auch bei nur abweichendem Verhalten auf eine neue Stufe zu heben und sich auf dieser zu manifestieren. Wir haben nichts anderes erwartet in den herrschenden Diskursen die sich an einer deutschen Traditionslinie orientieren. Als Ausdruck dessen kann das Polizeiaufgabengesetz (PAG) verstanden werden, in dem die polizeilichen Befugnisse so weit ausgeweitet werden wie seit `45 nicht mehr. Von Haft auf Grundlage von Vermutungen bis hin zu weitgehenden Befugnissen bzgl. verschiedenster versteckter Eingriffe in die Privatsphäre gibt das PAG den Bullen einiges an die Hand um ihre Sicherheit repressiv durchzusetzen. Diese Ermächtigungsgrundlage wünscht sich das rassistische Arschloch Seehofer nicht nur in Bayern sondern in allen Bundesländern. Berlin regelt die Aufgaben von den Bullen im ASOG, abseits von einer juristischen Legitimation können Observationen, Durchsuchungen und Kriminalitätsbelastete Orte festgelegt werden. Andere Bundesländer wollen sich zudem an Seehofers Vorgaben orientieren und ihren Bullen noch mehr Befugnisse zugestehen.

Punkt 3:
In Zeiten des Reaktionären Backclash ist die Motivation der Sicherheitskräfte gerade „migrantische“ linke Bewegungen öffentlich und hart anzugreifen stringent. Zumal es in den letzten Jahren starke Bemühungen gab die verschiedenen Kämpfe von verschiedenen Communities einander näher zu bringen und zu vernetzen. So ist es nur konsequent, dass der Staat in seinem bestreben autoritäre Strukturen auszubauen die kurdische Bewegung gesondert Kriminalisiert und angreift. Neben Panzerdeals mit der Türkei, Grenzsicherung und Schutz vor Flüchtenden, die Erdogan garantiert, sind es größtenteils Abhängigkeiten in denen wirtschaftliche und politische Interessen eine große Rolle spielen. Aber nicht nur diese Eigeninteressen sind ausschlaggebend für die Zerschlagung von emanzipatorischen Lebensrealitäten. Rojava als Projekt, in welchem andere gesellschaftliche Strukturen gelebt und weiterentwickelt werden, stellt als Alternative eine Gefahr für die westliche Gesellschaft dar, die durch patriarchale, rassistische und kapitalistische Strukturen geprägt ist.

Punkt 4:
Flucht als Folge des Kapitalismus, Ausbeutung und Vertreibung reißt Menschen aus ihren sozialen Verankerungen. Menschen die hier ankommen sollen nun wieder in Lager gesperrt werden. Jahrelange gemeinsame Kämpfe gegen Lager und Residenzpflicht sind nur noch am Rande vernehmbar. Durch die rassistische Mobilmachung aller Parteien wurde sich auf Ankerzentren geeinigt. Hermetisch abgeriegelte Gefängnisse an den Landesgrenzen, abseits vom urbanen Raum sollen hunderte bis tausende Angekommene effizient und bürokratisch bearbeitet werden. Ganz in deutscher Tradition sollen diese Menschen abseits von den Blicken der Bevölkerung zurück in den Tod geschickt werden.

Mit unserer Wut über diese Zustände im Bauch und mit Steinen und Farbflaschen in unseren Händen haben wir in der Nacht auf gestern (28.05.18) die Zweigstelle des Bundesinnenministeriums (BMI) in Berlin-Wilmersdorf angegriffen.

Solidarische Grüße an Peike, Nero und Isa

Der autoritären Zuspitzung entgegentreten

Update zur repressiven Operation vom 29.5.18

gefunden auf barrikade

Dienstag Morgen (29.5.2018) um 6:00 Uhr fand eine koordinierte Polizeiaktion in vier verschiedenen europäischen Ländern statt, die im Zusammenhang mit den Geschehnissen rund um den G20-Gipfel letzten Junis in Hamburg stehen. Dabei kam es in der Schweiz – soweit wir wissen – zu drei zeitgleichen Einsätzen.

Auf der Suche nach einem Tatverdächtigen wurden in Bremgarten AG eine Privatwohnung sowie das Kulturzentrum Bremgarten (KuZeB) gerazzt; gleichzeitig wurde auch ein Wohnhaus in der Nähe von Winterthur durchsucht, wo die gesuchte Person aufgeriffen wurde.
Im Verlauf dieser Razzia wurden drei weitere Personen verhaftet, eine davon aufgrund fehlender Aufenthaltsbewilligung, die zwei weiteren waren wegen anderen Vorwürfen offenbar polizeilich gesucht. Die beiden letzteren wurden heute Mittwoch der Staatsanwaltschaft in Zürich vorgeführt, und es wurde Untersuchungshaft beantragt. Das Haftgericht wird in den nächsten Tagen darüber entscheiden, bis dahin bleiben sie im Provisorischen Polizeigefängnis (ProPoG) in Zürich.
Ebenfalls heute Mittwoch hat die Polizei die dritte Person an das Migrationsamt überstellt und wenig später mit einem Strafbefehl wegen Verstosses gegen das Aufenthaltsrecht entlassen.
Ebenso befindet sich die ursprünglich gesuchte Person wieder auf freiem Fuss. Sie wurde aufgrund eines Rechtshilfegesuchs aus Hambrug der Staatsanwaltschaft in Baden AG vorgeführt und nach einer kurzen Befragung wieder entlassen.

Die gross angelgte Operation war wohl von langer Hand geplant: eine Kooperation der Hamburger Polizei, der europäischen Justizbehörde Eurojust und der Polizei in den jeweiligen Ländern. In der Schweiz beteiligt waren die Kantonspolizeien Aargau und Zürich, geleitet und koordiniert durch die Bundespolizei Fedpol.
Insgesamt waren wohl um die 150 Bullen im Einsatz – inklusive einer mobilen Einsatzzentrale. Dabei war auch das Spezialkommando Argus beteiligt, welches die Privatwohnung in Bremgarten gestürmt und sämtlichen Bewohner*innen Handschellen und Augenbinden angeleg hat. Gleichzeitig haben sich ca. 60 grösstenteils vermummte Polizist*innen Zutritt zum KuZeB verschafft, haben dabei sämtliche Türen aufgebrochen und waren während einer knappen Stunde ohne Ansprechsperson von Bremgarten oder Benutzer*innen des Kulturzentrums im Haus ungestört. Letztendlich haben sie zwei Anhänger voll mit diversen Gegenständen konfisziert und und abtransportiert.

Es geht nicht darum, diese Polizeiaktion als „unverhältnismässig“ anzuprangern, denn jeder Bulleneinsatz ist einer zuviel! Doch scheint es offensichtlich, dass ein Aufhänger als Gelegenheit für eine massive Übung benutzt wurde und gezielt medial aufgebauscht wird, um vermeintliche Stärke zu demonstrieren und uns einzuschüchtern.

Ob die betroffenen Personen „schuldig“ sind oder nicht interessiert uns nicht. Unsere Solidarität kennt keine staatliche Logik und gilt allen Angeklagten des G20.

Nieder mit dem Staat! Schiis Bulle!