gefunden auf barrikade
Der Waaghof, Sitz der Staatsanwaltschaft Basel, aber auch Untersuchungsgefängnis und Abschiebegefängnis für Frauen: Dort drin ist es passiert und dort wird es wieder passieren. Eine 29-jährige Frau aus Sri Lanka hat sich das Leben genommen.
Sie wurde soeben verhaftet und hätte abgeschoben werden sollen. Wir kennen ihre Geschichte nicht. Wahrscheinlich kennt sie niemand so richtig. Eine unter vielen, die ohne Gesicht in dieser Mühle umherwandern und manchmal von ihr zermalmt werden. Als wäre es das erste Mal. Als wäre es das letzte Mal. Nein. Knapp ein Monat ist es her, als sich ein 73-Jähriger im Untersuchungsgefängnis Waaghof erhängt hat.
Eingesperrt, hoffnungslos, voller Angst… Man kann sich gut vorstellen, wieso sich Menschen im Knast für den Selbsttod entscheiden. Doch vergessen wir nicht, dass es nicht nur in den Gefängnissen zu solchen Vorfällen kommt. Es gibt wohl kaum jemand, der im eigenen Umfeld oder über ein zwei Ecken niemanden kennt, der sich selbst getötet hat. Unzählige Tote. Unzählige Gründe. Unterscheidet sich denn das Eingesperrtsein überhaupt von In-Freiheit-sein? Gewiss. Doch gibt es auch hier draussen unzählige Gründe, weggehen zu wollen. Das Leben lang krüppeln, buckeln, hinterherrennen und niemals genau wissen, wieso eigentlich das Ganze… Ein Leben lang gestresst, ausgebeutet, gepeinigt. Ein ständiges Warten, bis es endlich vorbei ist…
Aber genug der Trauer! Genug der Klagen!
Am anderen Ende der Stadt steht ein anderes Gefängnis und ein Zweites bauen sie gleich noch nebenan hin: Das Bässlergut, Abschiebehaft und reguläre Haft. Seit letztem Jahr bereiten verstreute Vandaleakte den Bossen der Stadt grosse Sorgen. Die verschiedenen Baufirmen, die Politik und die Polizei wurden unzählige Male angegriffen. Vielleicht können wir diese Akte als Vorschlag verstehen: Nicht auf bessere Zeiten warten, sich nicht auf die ewigen, nichtssagenden Lumpen der Politik verlassen, aber selber machen, hier und jetzt, seiner eigenen Kraft und Kreativität vertrauen, sich selbst in die Lage versetzen, über sein eigenes Leben zu verfügen. Aus der Realität desertieren, um sich eine neue Realität zu schaffen, in der man weiss, wieso und für was man lebt.
Vielleicht würde das Ende dieser Welt, wie wir sie heute kennen, mehr Möglichkeiten als Schrecken hervorbringen… Wagen wir es!
Es gibt unzählige Gründe, dieser Realität entfliehen zu wollen.
Es gibt unzählige Gründe, diese Realität zerstören zu wollen.
Basel, Mitte Juni 2018