gefunden auf NZZ, 18.08.17
Weshalb ein Baukonzern zur Zielscheibe von Linksextremen geworden ist
Unbekannte haben auf einer Baustelle in Zürich Bagger des Implenia-Konzerns angezündet. Die Firma ist in den letzten Monaten immer wieder zur Zielscheibe Linksautonomer geraten – aber nicht nur sie.
Plötzlich lodern Flammen auf der Greencity-Baustelle in Zürich Leimbach. Obwohl die Einsatzkräfte das Feuer am frühen Donnerstagmorgen rasch löschen können, brennen zwei Bagger komplett aus, ein dritter wird beschädigt. Schnell ist klar: Die Baumaschinen brannten nicht wegen eines technischen Defekts, das Feuer wurde absichtlich gelegt. Es hinterlässt einen Sachschaden in der Höhe von hunderttausend Franken.
Die Bagger gehören dem Bauunternehmen Implenia. Nicht zum ersten Mal ist die Firma Ziel eines Brandanschlags geworden. Bereits Anfang August zündeten Unbekannte einen Implenia-Bagger auf einer Baustelle in Schlieren an, im Juni brannte zudem ein Lieferwagen des Unternehmens in Zürich.
Implenia-Sprecherin Natascha Mathyl bestätigte auf Anfrage, dass mehrere Fahrzeuge des Unternehmens beschädigt worden sind. Die Firma habe deswegen Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Wie sich der Konzern künftig gegen die Attacken schützen will, wollte Mathyl mit Verweis auf die laufenden Strafverfahren nicht beantworten.
Zum Feindbild erklärt
Die Stadtpolizei Zürich ermittelt zwar im jüngsten Fall noch in verschiedene Richtungen, wie Sprecher Marco Cortesi sagt. Doch auch der Polizei sind die Vorfälle der letzten Monate und die dazu publizierten Erklärungen nicht entgangen. Wie diversen, einschlägig bekannten Websites zu entnehmen ist, haben linksextreme Kreise das Bauunternehmen zum Feindbild erklärt, weil es sich am Bau des neuen Zürcher Polizei- und Justizzentrums (PJZ) sowie am Ausbau des Ausschaffungsgefängnisses Bässlergut beteiligt. «Alle Unternehmen, Institutionen und Individuen, die Lager und Knäste planen, bauen und verwalten, sind mitverantwortlich für die Erhaltung dieser repressiven Strukturen», heisst es auf einer Website beispielsweise.
Neben Implenia wurden auch andere private Unternehmen und Behörden zum Ziel von Brandanschlägen. Anfang Juli etwa legten Unbekannte auf der Baustelle des PJZ Feuer. Dieses sprang auf eine Trafoanlage des EWZ über und führte zu einem Stromausfall. Mehrere laute Explosionen waren zu hören. Marco Cortesi spricht von einer Häufung solcher Vorfälle in den vergangenen Monaten.
Dass die Linksautonomen auf das Mittel Brandstiftung setzen, kommt nicht von ungefähr: Die Angriffe sind relativ einfach durchführbar und mit wenig Risiko verbunden. Die bisher weitreichendsten Folgen hatte ein Sabotageakt am SBB-Netz in Zürich Nord im Juni 2016. Die Brandstiftung in einem Kabelkanal legte den Bahnverkehr in Zürich während Stunden lahm. Bis heute konnten die Ermittler die Täter jedoch nicht fassen. Einen Monat später erfolgte nach demselben Muster ein Brandanschlag auf einen Funkturm der Polizei in Zürich. Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) verortet die Täterschaft in seinem jüngsten Lagebericht explizit in der anarchistischen Szene. Die SBB und private Unternehmen wie die Implenia werden demnach zur Zielscheibe, weil sie von Linksextremen als Teil der «Ausschaffungsmaschinerie» betrachtet würden, schreibt der NDB.
Nicht nur in Zürich kommt es in regelmässigen Abständen zu Sabotageakten. Auch in Basel findet eine ähnliche Serie statt, wie die «Schweiz am Wochenende» schreibt. Auf einer Internetplattform ist unter anderem eine Liste von am Ausbau des Bässlergut-Gefängnisses beteiligten Firmen aufgeschaltet. Darauf befinden sich die involvierten Bauunternehmen, Architekten und die Privatadresse des Basler Sicherheitsdirektors Baschi Dürr (fdp.). Laut «Schweiz am Wochenende» wurde ein Teil der auf der Liste genannten Personen und Unternehmen bereits Ziel von Attacken: Firmenwagen wurden angezündet, Reifen plattgestochen und Fassaden verschmiert.